Es ist von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt worden, das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übertragung von Aufgaben staatlicher Förderung auf juristische Personen des privaten Rechts zu überweisen an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss bei Unterbrechung der zweiten Lesung. Über diesen Überweisungsantrag lasse ich zunächst abstimmen.
Wer einer Überweisung des Gesetzentwurfs mit der Drucksachen-Nummer 15/380 an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übertragung von Aufgaben staatlicher Förderung auf juristische Personen des privaten Rechts in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses mit der Drucksachen-Nummer 15/430 und von der Mitteilung des Senats mit der Drucksachen-Nummer 15/483 Kenntnis.
Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU vom 12. September 2000 (Drucksache 15/458)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Sommerferien ereilte die Bremer, natürlich auch die niedersächsische und die gesamte bundesdeutsche Öffentlichkeit die Nachricht, dass zum Fahrplanwechsel im Juni 2001 die Deutsche Bahn AG einen beträchtlichen Teil ihrer Interregio-Zugverbindungen – das sind diese blaugrauen Züge, die Sie auch immer auf dem Bahnhof sehen – einstellen will. Im Moment sehen wir sie in Bremen noch häufig, aber das wird sich wahrscheinlich bald ändern.
(Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Leider! – Präsident W e b e r über- nimmt wieder den Vorsitz.)
Bündnis 90/Die Grünen hat damals einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der den Senat auffordert, erstens zusammen vor allen Dingen mit dem Land Niedersachsen, aber auch mit anderen betroffenen Ländern, mit der Bahn AG zu verhandeln und darauf hinzuweisen, dass diese vorgeschlagenen Einschränkungen im Interregioverkehr nicht stattfinden dürfen, zweitens, der Bürgerschaft darüber zu berichten und zudem auch zu berichten, wie mittelfristig die schnellen Verbindungen zwischen Bre––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Drittens wurde der Senat aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass aus den zusätzlichen Milliarden – es sind immerhin zwei Milliarden DM jährlich, die der Bundesverkehrsminister aus den Zinsgewinnen nach dem Verkauf der UMTS-Lizenzen erhält – auch Mittel in diese Region kommen, damit das regionale Schienennetz erneuert und verbessert werden kann, so dass ein ordentlicher Nah-, Regional- und Fernverkehr entsprechend den Bedürfnissen der Region Bremen stattfinden kann.
Diesem Antrag haben sich die anderen Koalitionen dieses Hauses angeschlossen, und er ist heute nötiger denn je. Mit Stand vom 29. September 2000, so habe ich es den Unterlagen der Bahn AG entnommen, stellt die Bahn AG nämlich fest, dass sie nach wie vor zum 1. Juni des kommenden Jahres erstens die ICE-Verbindung zwischen Bremerhaven, Bremen und so weiter, die es einmal am Tag hin und zurück gibt, einstellen will, dass zweitens alle Interregiozüge von Cuxhaven über Bremerhaven, Bremen und dann weiter nach Münster und ins Ruhrgebiet, Saarbrücken oder Luxemburg nicht mehr bis Bremen oder gar Bremerhaven oder Cuxhaven fahren, sondern nur noch bis Münster, und dass drittens die Interregioverbindungen, die derzeit über den Bremer Hauptbahnhof, aus dem Osten der Republik kommend, über Oldenburg nach Wilhelmshaven laufen, ebenfalls eingestellt werden und künftig nur noch bis Oldenburg fahren.
Im Klartext: Der gesamte nordwestdeutsche Küstenraum wird von schnellen durchgehenden Fernverbindungszügen, die kein Umsteigen in Bremen oder Oldenburg erfordern, abgekoppelt. Die Stadtgemeinde Bremerhaven, ein Teil des Sanierungslandes Bremen, hat in Zukunft keinen Fernverbindungsverkehr mehr. Das ist der Vorschlag der Bahn AG, wie er im Moment auf dem Tisch liegt und den Herr Mehdorn trotz Gesprächen in Bremen mit Herrn Hattig und mit Herrn Scherf offensichtlich durchsetzen will. Ich sage es noch einmal: Bremen, ein Sanierungsland, die gesamte nordwestdeutsche Region, eine Touristenregion, wird vom überregionalen Fernverkehr weitgehend abgekoppelt.
Es tut mir Leid, Herr Kollege Schramm, ich kann dazu im Moment nichts sagen. Ich sehe ihn nicht, aber vielleicht wird Herr Hattig nachher noch etwas dazu sagen.
Es ist eine Situation, die nicht nur unsere Region betrifft, es wird auch in anderen Regionen Einschränkungen geben. Deshalb haben die Verkehrsminister
der Länder vor zwei Wochen unter anderem – sie haben auch vieles andere beschlossen – auch angemeldet, dass sie sich weiterhin für die Bahn einsetzen und sie unterstützen wollen und dass sie gegen die Einschränkungen der Interregioverkehre sind. Die Bahn AG, das muss man auch sagen, argumentiert dagegen, dass diese Interregios doch in Wirklichkeit nur Züge des Nahverkehrs oder des Regionalverkehrs sind, und seit 1996 sind die Länder dafür zuständig, da sollen doch die Länder sehen, was sie da machen.
Meine Damen und Herren, das ist eine Position, die einfach in einer Situation finanzieller Enge – die hat die Bahn AG, das will man ja nicht bestreiten – den schwarzen Peter jemand anderem zuschiebt. Gesetzlich ist die Deutsche Bahn AG und damit der Bund als Eigentümer für den Fernverkehr zuständig, für den Regional- und Nahverkehr sind die Bundesländer zuständig, so halten wir es bisher auch in Bremen. Für den regionalen Nahverkehr bekommen die einzelnen Länder rund 12 Milliarden DM im Jahr vom Bund erstattet. Der Fernverkehr ist Sache der Bahn AG. Das ist die Situation, die wir haben.
Diese Situation ist in der politischen Lage nur ein bisschen kompliziert dadurch, dass die Bahn AG als Aktiengesellschaft, das ist sie nun einmal seit 1996, selbständig wirtschaftlich handelt und sich zudem noch das Ziel gesetzt hat, darin ist sie auch von der alten und auch der jetzigen Bundesregierung politisch unterstützt worden, im Jahr 2004 an die Börse zu gehen, was letztendlich heißt, eigentlich Gewinne machen zu müssen. Sie verfolgen ja täglich den DAX und den NEMAX und wie das so alles in der Welt aussieht. Nach diesen Gesetzen soll sich die Bahn AG auch richten. Also will sie alles abstoßen, was für diese Situation irgendwie nicht genügend Geld bringt. In der Lage sind wir, das muss man erst einmal zur Kenntnis nehmen.
In dieser Frage, und so lautet auch unser Antrag, ist nicht nur die Bahn AG gefordert, sondern es sind die Regierungen gefordert. In Berlin ist die Bundesregierung immerhin bereit, die Bahn durch Bereitstellung zusätzlicher Investitionsmittel kräftig zu unterstützen. Das heißt, diese muss die Bahn nicht mehr alle finanzieren oder vorfinanzieren, sondern sie bekommt finanziellen Spielraum dadurch, dass jährlich 2,5 Milliarden DM in Investitionen, die unbedingt nötig sind, in Schiene und andere technische Anlagen, gesteckt werden.
Die Länder sind natürlich auch gefordert, darum führt kein Weg herum. Die Länder müssen sich entscheiden, wo sie ihren Bahnverkehr künftig kaufen wollen. Die Bahn AG ist im Moment im Wesentlichen noch der einzige Anbieter. Im Regionalverkehr, das haben Sie in der Presse gelesen, gibt es nun auch hier in der Region andere Anbieter. Die Nordwestbahn zwischen Bremen-Hauptbahnhof, Delmenhorst und Osnabrück ist nun praktisch auf die Schiene
Was verlangen wir jetzt heute? Nach wie vor verlangen wir, weil die Entscheidungen ja nicht endgültig getroffen sind, dass die Politik dieses Landes – bis jetzt tut sie es geschlossen, ich habe es von den Bundestagsabgeordneten sowohl der Grünen als auch der CDU und der SPD gehört – genauso entschieden dahinter steht, dass die Interregioverbindungen hier in der Region erhalten werden müssen. Stellen Sie sich das doch einmal praktisch vor: Der ICE und der Fernverkehr nach Bremerhaven fallen weg, die Interregios stehen immer noch bis zum Jahr 2004 endgültig auf der Abschussliste, dann kommt man auch nicht mehr mit dem Interregio nach Hannover!
Schon heute hieße das für Bremerhaven, wenn jemand nach Berlin fahren will, er steigt um 8.30 Uhr, sagen wir einmal, in einen Stadtexpress, um 9.45 Uhr dann in Bremen in einen Regionalexpress nach Hannover, er ist dann um 11.15 Uhr in Hannover, um zwölf Uhr fährt der Zug nach Berlin und ist dann schließlich drei Stunden später dort. Das ist grotesk!
Früher aufstehen ist gut! Ich sage, jeder vernünftige Mensch, wenn er nicht ein völlig überzeugter Ökologe ist, keinen Führerschein hat, zu alt oder zu jung dafür ist, wird sich dann in ein Auto setzen und sogar einen Stau in Kauf nehmen. Das ist die Konsequenz dieser Politik.
Wir Grüne haben im Interregio nach Bremerhaven Unterschriften gesammelt. Dort haben wir erstens festgestellt, dass über die Hälfte der Fahrgäste keine Pendler zwischen Bremen und Bremerhaven sind, sondern tatsächlich Leute, die von weiter herkommen und gesagt haben: Haben die denn einen Knall? Wie soll ich denn nach Bremerhaven, Cuxhaven oder von Bremerhaven weg nach BadenWürttemberg oder Ostdeutschland kommen? Wenn diese Regelung kommt, dann muss ich Auto fahren. Das haben sie uns reihum erzählt, und man kann da kaum widersprechen, ehrlich gesagt. Ich glaube nicht, dass das eine vernünftige Verkehrspolitik ist. Deshalb ist nach unserer Meinung, und da stimmen wir überein, der Senat gefordert.
Meine Damen und Herren, ich will noch auf einen Punkt hinweisen: Was passiert denn, wenn der Senat keinen Erfolg bei dieser Politik hat? Das kann ja auch sein. Dann sieht das erst schlecht aus, aber ich glaube, dann ist eigene Initiative gefragt. Das steht jetzt nicht in unserem Antrag. Für die eigene
Initiative gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, wir versuchen, darauf hinzuwirken, das geht nur über den Bund, dass hier diese Strecken dem Wettbewerb unterliegen und dass auch Fernverkehrszüge von Bremerhaven nach wohin auch immer, das müssen wir politisch entscheiden, ausgeschrieben werden, und wir schauen, ob es Wettbewerber gibt, die Interesse haben, diese Region überregional anzubinden und dann unter Umständen auch gegen die Bahn AG, wenn sie nicht bereit ist, das zu tun – das allerdings kostet Geld, das muss man sagen –, oder aber wir machen es, wie Frau Linnert jetzt eben hier in einer anderen Debatte erläutert hat, wir gründen eine Gesellschaft, allein oder mit Niedersachsen zusammen oder mit der niedersächsischen Nahverkehrsgesellschaft, und versuchen selbst, Interregiozüge zu betreiben. Auch das ginge natürlich, auch das kostet Geld.
Jetzt will ich noch etwas zu dem Geld sagen, weil das natürlich weit weggewiesen wird, alle Bundesländer sagen, das muss der Bund bezahlen. Das finde ich in erster Linie richtig. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass alle Bundesländer zusammen von 1998 bis zum Jahr 2001, jährlich wachsend, mittlerweile 1,5 Milliarden DM mehr Bundesgelder bekommen, weil die Mehrwertsteuereinnahmen des Bundes steigen, und die Gelder, die die Länder für die Bahn kassieren, wohlgemerkt für die Bahn, aus dem Eisenbahnneuordnungsgesetz steigen einfach auch. Mit jedem Bierchen, das ich mehr trinke, mit jedem Essengehen, mit jedem Pkw-Kauf, mit jedem Kleiderkauf steigen die Mehrwertsteuereinnahmen, und davon bekommen das Land Bremen und das Land Niedersachsen einen Teil für die Bahn.