Protocol of the Session on September 14, 2000

(Drucksache 15/436)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Wischer.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Frau Senatorin, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten.

(Senatorin W i s c h e r : Ja!)

Meine Damen und Herren, wir treten dann in die Aussprache ein.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Henkel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben meinen Namen richtig ausgesprochen, unter der Anfrage war damals ein kleiner Druckfehler. Henkel ist mein Name!

Es geht hier um das Thema, das uns ja eigentlich immer begleitet, Umwelt, Zukunft, Klimaschutz. Ich will einmal, bevor ich auf die Einzelheiten eingehe, vorweg sagen, welches Ziel wir eigentlich verfolgen. Ich habe mitbekommen, dass es in der letzten Legislaturperiode gelungen ist, im Bereich Umweltschutz zum Thema Windenergie hier einen Konsens quer durch alle Fraktionen herzustellen und dort auch eine Initiative auf den Weg zu bringen, die diesem Ziel dient. Wir hoffen, dass es auch hier gelingt, zu diesem Thema einen Konsens herzustellen, um eine Entwicklung, von der wir meinen, sie sei sinn

voll, vorwärts zu treiben, und das auch hier im Land Bremen.

Nun im Einzelnen zum Thema! Wir hatten die Anfrage zum Einsatz von Rapsölmethylester, kurz RME, auch als Biodiesel bekannt, eigentlich in der Hoffnung an den Senat gerichtet, dass dort noch einmal eine gründliche Prüfung dieses Themas erfolgt. Ich muss ganz ehrlich sagen, von dem Ergebnis sind wir enttäuscht.

Die Antwort ist sehr mager. In vielen Punkten, die ich im Einzelnen noch nennen werde, ist die Anfrage meines Erachtens überhaupt nicht beantwortet. Im Übrigen wurde mehr oder weniger aus einer Stellungnahme des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2000 zitiert, die sich inhaltlich nicht wesentlich von der aus dem Jahr 1993 unterscheidet, darauf komme ich aber gleich noch einmal zurück. Es wird hier im Grunde genommen gesagt, das Ganze bringt eigentlich nicht viel, und am Ende steht: Aber prüfen werden wir es trotzdem. Man kann sich vorstellen, wie solch eine Prüfung aussieht, wenn man schon vorher in der Antwort auf die Anfrage gesagt hat, dass das ein Thema sei, das eigentlich überhaupt nicht interessiert.

Ich muss das in Anbetracht der Zeit etwas kurz fassen, ich kann nicht die ganze Breite dieses Themas darstellen, möglicherweise kommen wir in der Diskussion noch auf die spannenden Punkte. Ich will jetzt noch einmal die Kritik an der Antwort des Senats, die ich für unbefriedigend halte, etwas präzisieren. Insbesondere vermissen wir Antworten auf die Fragen nach dem Schadstoffausstoß. Auf das sehr wichtige Thema CO2, das für die Frage des Klimas ganz entscheidend ist, das brauche ich jetzt hier nicht im Einzelnen zu erläutern, ist überhaupt nicht eingegangen worden, obwohl wir hier beim Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen ja das Phänomen haben, dass kein Kohlenstoff, der in Jahrmillionen festgesetzt und gespeichert worden ist, in die Atmosphäre freigesetzt wird. Hier handelt es sich bei dem verbrannten Kohlenstoff um solchen, der durch die Photosynthese von der Pflanze gebunden wird und in dem Maß wieder freigesetzt wird.

Unbestreitbar wird bei der Herstellung von Rapsöl, bei der Anpflanzung und bei der Verarbeitung, noch zusätzlich Energie aufgewandt, aber das gilt natürlich auch für andere Brennstoffe. Oder glaubt irgendjemand, dass eine Raffinerie noch funktioniert, wenn ich den Strom ausschalte? Oder dass ich Öl herstellen kann, Erdöl umwandeln kann in seine verschiedenen Endprodukte — Benzin, Diesel, und wie sie alle heißen —, ohne Energie zuzuführen?

Dann komme ich zu dem ganz entscheidenden Punkt der Rußpartikel. Die Ausführung hierzu fand ich sehr enttäuschend. Wir wissen alle, dass in einigen Bereichen der Einsatz von Diesel mitunter strittig ist, weil bekannt ist, dass Krebs erregende Rußpartikel freigesetzt werden. Gerade da ist zum Bei

spiel RME, Biodiesel, Kraftstoff, der ein anderes Verhalten zeigt, auf das ich gleich noch eingehe.

Dann wurde auf die Frage nach Erfahrungen anderer Anwender nicht tiefer eingegangen, die zwar in der Großen Anfrage nicht aufgelistet worden waren, aber ich habe zehn Großanwender noch einmal dem Ressort nachgereicht und quasi die Quellen angegeben, wo man wirklich vergleichen kann. Es gibt beispielsweise einen großen Verkehrsbetrieb in Geilenkirchen, ich könnte sie alle auflisten, bis hin zu Graz, wo es mittlerweile ein Projekt gibt, das auch auf der Expo unter dem Titel „Von der Pfanne in den Tank“ vorgestellt wurde, wo Gebrauchtfette von der Gastronomie abgeholt und verwendet werden, um Biodiesel herzustellen. All diese Dinge sind hier nicht geprüft worden. Es wurde lediglich auf einen nicht näher beschriebenen und dokumentierten Versuch in Bremerhaven hingewiesen, aber ohne präzise Angaben, und damit im Grunde das Thema beendet. Kurzum: Das kann nicht alles gewesen sein!

Ich möchte, ohne jetzt noch weiter darauf einzugehen, ich könnte dazu noch sehr viel sagen, vielleicht einen Gesichtspunkt doch noch nennen. In der Stellungnahme des Umweltbundesamtes, auf die das Ressort Bezug nimmt, wird behauptet, das Substitutionspotential Diesel durch RME, Mineraldiesel, betrage in Deutschland 0,5 Prozent. Dies wird auch wieder vom Ressort übernommen. Das ist nachweislich falsch! Nur um einmal zu zeigen, mit welchen Werten da gearbeitet wird: Selbst ESSO, Rockefellers alte Standard Oil, die im Internet fürchterlich aus nachvollziehbaren Gründen gegen Biodiesel polemisieren, gestehen zu, dass das Substitutionspotential in Deutschland zwischen fünf und sieben Prozent liegt.

In Frankreich, ich weiß nicht, ob das jedem bekannt ist, ist dem Diesel grundsätzlich fünf Prozent Biodiesel beigemischt. In Frankreich sind die Verhältnisse nicht so viel anders als in Deutschland. Dort hat man die Frage einfach auf diese Art und Weise gelöst.

Das heißt also, ich kann das dann auch im Einzelnen mit Hektarangaben und so weiter belegen, dass die Zahlen definitiv falsch sind, dass diese Stellungnahme des Umweltbundesamtes mehr als fragwürdig ist. Das kann ich Ihnen auch noch an anderen Punkten belegen. Man kann nur zu dem Ergebnis kommen: Nicht immer wenn Umwelt darauf steht, ist auch Umwelt darin. Das gilt für das Umweltbundesamt ganz besonders!

(Beifall bei der CDU)

Jetzt gestatten Sie mir, dass ich noch einmal auf das eigentliche Thema, was ist Biodiesel, wieso haben wir das hier in die Diskussion gebracht, eingehe! Biodiesel wird, wie ich schon gesagt habe, aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, aus Raps

öl. Wobei man gleich dazu sagen muss, dass auch andere Pflanzenöle geeignet sind. Nur in dem geographischen Zusammenhang — in den USA sieht es ein bisschen anders aus, da kann man auch mit Soja arbeiten — ist Raps die Pflanze, die sich anbietet.

Raps ist eine ökologisch wertvolle Alternative zu Flächenstilllegungen. Die Stilllegungsfläche in Deutschland beträgt 1,5 Millionen Hektar. Ich brauche nur eine Million Hektar mit Raps zu bebauen und in Biodiesel umzuwandeln, dann habe ich schon die fünf Prozent erzeugt, von denen ich anfangs gesprochen habe.

Raps ist ein Tiefwurzler, er durchdringt auch verdichtete Böden und sorgt für eine bessere Bodendurchlüftung. Er fördert die biologische Bodenaktivität und verbessert damit auch die Bodenstruktur für Nachfolgefrüchte. Raps nutzt organische Dünger hervorragend, das hängt mit der sehr feinfasrigen Wurzelstruktur zusammen, wodurch auch der Einsatz mineralischen Düngers auf ein Minimum reduziert oder sogar ganz vermieden werden kann.

Bei der Verbrennung von Biodiesel entsteht etwa so viel CO, wie die Pflanze in der Photosynthese beim Wachstum aufgenommen hat. Das heißt, wir können hier von einem weitgehend geschlossenen CO2Kreislauf reden. Biodiesel ist fast schwefelfrei, der Anteil liegt unter 0,001 Prozent, weshalb Schwefeldioxidemissionen sehr gering sind, und es auch möglich ist, darauf komme ich auch gleich noch, Oxidationsfilter in den Fahrzeugen einzusetzen.

Biodiesel verbrennt besser als Diesel, weshalb die Rußemissionen ohne irgendwelche Filter bereits um 50 Prozent reduziert werden. Das hängt damit zusammen, dass Sie im Molekül von RME zwei Sauerstoffatome haben, die bereits bei der Verbrennung zur Verfügung stehen und von daher eine intensivere Verbrennung haben, die rückstandsfrei ist.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich höre Ihren Ausführungen sehr gern zu, aber Ihre Redezeit läuft ganz langsam ab.

(Heiterkeit bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Entschuldigung, aber es ist ein spannendes Thema, und ich habe Schwierigkeiten, alles unterzubringen.

(Heiterkeit bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will noch einmal ein paar Punkte nennen, und dann komme ich zum Schluss. Biodiesel ist ein Stoff, der biologisch leicht abbaubar ist. Ich sage nur Boden- und Wasserschutz! Ich brauche nicht darzustel

len, welche Probleme wir durch die großen Tankerunfälle haben, wenn Erdöl um den halben Erdball transportiert wird. Biodiesel als Öl wird durch Bakterien abgebaut, wenn es wirklich einmal in das Wasser gelangt, und es muss nicht um die ganze Welt transportiert werden. Ich denke, ich mache damit erst einmal Schluss und setze voraus, dass Sie sich schon mit dem Thema befasst haben. Ich warte ganz gespannt, wie das von den anderen Fraktionen beurteilt wird. Ich bin gern bereit, dann in die weitere Diskussion wieder einzusteigen. Vielleicht haben wir den Konsens, den wir uns wünschen. — Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wilts.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Henkel, Ihre Begeisterung reißt einen geradezu mit, aber man muss hier und da auch noch gewisse Bedenken berücksichtigen. Das will ich einmal versuchen darzustellen. Es klingt zunächst beeindruckend, wenn man hört, Biodiesel aus nachwachsenden Rohstoffen kann das gebräuchliche Dieselöl aus fossilen Vorkommen ersetzen, die in Millionen von Jahren entstandenen Energiereserven bleiben erhalten, stattdessen wird die Energie für Fahrzeuge direkt aus erneuerbaren, regenerativen Quellen geschöpft. Ein faszinierender Gedanke! Leuchtend gelbe Rapsfelder im Sommer, und im Herbst wird aus den Samen Öl gepresst.

(Abg. T ö p f e r [SPD]: Und Honig!)

Auch Honig, aber den kann man in den Motoren nicht so gut verwenden! Hier soll ja Rapsmethylester, RME, gewonnen werden, der als Biodiesel in jedem Dieselmotor, wie Sie richtig gesagt haben, verbrannt werden kann. Biodiesel hat eine Menge gleicher Eigenschaften wie Diesel aus Erdöl. Er ist zum Beispiel leicht entzündlich, es bilden sich mit Luft und dem Sauerstoff, der dort ohnehin schon gebunden ist, explosive Gemische, die bei ausreichender Kompression im Motor ohne Zündkerzen auskommen, wie beim Dieselmotor ja auch.

Allerdings haben chemische Ester — und RME, Rapsmethylester gehört zu dieser Gruppe — auch ein paar Eigenschaften, die für den Gebrauch in Tanks und Motoren etwas ungünstig sind, wie ja auch aus der Antwort auf die Große Anfrage hervorgeht. Sie sind eine Vorstufe der Essigsäure und daher ein wenig aggressiv. Zu ihrer Herstellung wird unter anderem übrigens konzentrierte Schwefelsäure als Katalysator benötigt. Sie steckt dann am Ende zwar nicht mehr im Biodiesel in Form von irgend––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

welchen Schwefelverbindungen, muss aber ja auch irgendwie aufgefangen und bereitgestellt werden. RME emittiert allerdings eindeutig angenehmere Aromen als Diesel aus Erdöl. Sie haben das eben schon zitiert, obwohl der Duft nach Pommes Frites nicht zu vergleichen wäre mit dem anderer Ester, zum Beispiel Methylbutanat oder Ethylmethanat, Rumaroma.

Noch zu bedenken wäre, dass Dieselöl und Heizöl bei der Destillation und Fraktion von Erdöl ohnehin anfallen. Eine Einsparung bei einem Anteil der Erdölbehandlung muss immer auch im Zusammenhang mit den anderen Fraktionen gesehen werden. Wenn Sie weniger Dieselöl verwenden wollen, haben Sie am Ende auch weniger Benzin, weniger schweres Heizöl, weniger Kerosin und weniger Bitumen für den Straßenbau in Form von Teer.

Vergleicht man die Informationen, die man aus dem Internet, das Sie auch eben zitiert haben, zum Thema Biodiesel bekommt, so gibt es auffallende Übereinstimmungen mit der Großen Anfrage der CDU. Allerdings fehlen da schlicht die Erkenntnisse, die das Umweltbundesamt, wie der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, inzwischen veröffentlicht hat. Ich nehme zunächst einmal an, dass die Zahlen richtig sind. Solange kein Gegenbeweis angetreten worden ist, glaube ich zunächst einmal diesen Zahlen.

Da ist vor allen Dingen der hohe Flächenverbrauch. 10 000 Quadratkilometer Rapsanbau, Sie haben das auch zitiert, werden zur Treibstoffgewinnung benötigt, um fünf Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland zu ersetzen. Diese Zahlen haben Sie auch genannt, also werden sie wohl stimmen. Der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, und das ist entscheidend, ist bei einer solchen Monokultur beachtlich.

Nun kann man in diesen Tagen trefflich über die Höhe von Kraftstoffpreisen streiten, wie wir überall hören. Vorgestern kostete ein Liter Diesel an meiner Tankstelle 172,9 Pfennig. Das ist ein enorm hoher Preis, der eine Reihe von Ursachen hat, wie Sie alle wissen. Die Ökosteuer hat ja nur einen sehr geringen Anteil daran. Wenn Sie vielleicht Gelegenheit haben, ins europäische Ausland zu fahren, werden Sie bemerken, dass dort die Benzinpreise höher liegen als bei uns. Nach einem Bericht der „Nordsee-Zeitung“ vom 12. September liegt Deutschland bei den Benzin- und Dieselpreisen an neunter Stelle. In Portugal ist der Sprit allerdings noch billiger.

Ist eine Nutzung von Biodiesel für Fahrzeuge des Landes Bremen wirtschaftlich sinnvoll? Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, dass es im Land Bremen durchaus Versuche gegeben hat, Biodiesel zu nutzen. Die Ergebnisse waren eher negativ. Positiv werten sollten wir, dass demnächst eine Informationsveranstaltung zu alternativen Kraftstoffen, wie aus der Antwort zu entnehmen ist, vorgesehen ist.

Abschließend möchte ich noch auf eine Initiative aus dem Bundesverkehrsministerium hinweisen: Trainingskurse zu kraftstoffsparendem Autofahren! Leider wurden sie bisher wenig angenommen. Ich kann mich gut an einen Vergleich in der eigenen Familie erinnern, bei dem mit demselben Auto auf der gleichen Strecke bei gleicher Fahrzeit und gleichen Wetterbedingungen 25 Prozent weniger Sprit verbraucht werden konnte, von älteren Fahrern.

(Beifall bei der SPD — Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grünen]: Nicht jeder Por- schefahrer ist über 50!)

Da war ich noch nicht ganz 50!

Vielleicht wäre ein Fahrertraining mit der Intention, optimal zu fahren bei geringstem Spritverbrauch, für alle Fahrzeugführer der beiden Kommunen und des Landes am sinnvollsten. — Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.