In der Sportdeputation hat der Senator — heute nicht anwesend — dann einfach geantwortet, na ja, das wäre kein Problem, man müsse erst einmal die Grundsatzbeschlüsse fassen, und das mit der Finanzierung würde auf jeden Fall kommen, schließlich wäre die Bewerbung durch das Büro und durch den Leiter des Bewerbungsbüros, Herrn Schulke von der Bremer Uni, auf dem besten Weg.
Exakt drei Wochen später beschließt der gleiche Senat: Wir bewerben uns nicht für das Turnfest 2006, die ganze Sache ist abgeblasen, das war es, viel Spaß dabei! Das ist die Politik, die der Senat hier in dieser Stadt macht.
Jetzt komme ich zu dem anderen Punkt: Natürlich hat der Senat alle die, die er in den zwei Jahren seit der Bewerbungszeit mitgenommen hat auf diesem Weg, die er sogar begeistern konnte auf diesem Weg — den Bremer Turnverband, den Landessportbund, die ganzen Menschen und Verbände, die sich hier dann teilweise auch nach gewissem Ringen zu einer Beteiligung an dieser Euphorie durchgerungen haben —, einfach mit einem Federstrich bloßgestellt und hat sie sozusagen lächerlich gemacht, weil sie bundesweit überall herumgelaufen sind und gesagt haben, wir stehen dafür, dass Bremen sich hierfür bewirbt. Diese Menschen hat er im Regen stehen lassen, weil ihm eingefallen ist, dass man 24 Millionen DM ja auch noch haben muss, wenn man das beschließt.
Wenn ich Sie einmal direkt anspreche als Abgeordnete, wenn Sie einmal für einen Augenblick, wir sind ja unter uns, vergessen, dass Sie Abgeordnete der großen Koalition sind, wenn Sie als Bürgerinnen und Bürger und als Sportlerinnen und Sportler diese Geschichte, die ja so stimmt, wie ich sie vorgetragen habe, und die man auch in Publikationen des Landessportbundes nachlesen kann, der eine exakte Chronologie dieser Geschichte aufgelistet hat, einmal nehmen, ich glaube, Sie würden genauso reagieren, wie die Sportlerinnen und Sportler in Bremen und die Bürger in dieser Stadt reagiert haben, gar nicht anders.
Lassen Sie mich einen kleinen Schlenker zu der Frage der beiden Gutachten machen, die hier eine Rolle spielen! Beide sind nach meiner Auffassung, wenn man sie sich heute anschaut, vor allen Dingen, wenn man sie gegeneinander stellt, reine Auftrags- und Phantasiegutachten. Da kommt das eine Gutachten zu dem Schluss, dass man die kompletten 24 Millionen DM eben einmal so in den Tagen des Turnfestes und durch ein paar indirekte Effekte wieder einnehmen könnte. Wenn man dann kalte Füße bekommt, weil man sagt, vielleicht ist das doch nicht so ganz richtig, dass wir da 24 Millionen DM Einnahmen haben, beauftragt man den BAW und Herrn Haller. Der macht in ganz kurzer Zeit ein Gutachten, das besagt, nein, wir nehmen nur zwei Millionen DM ein, und das wäre dann doch ein bisschen wenig.
Ich glaube, dass wir auch von dieser Stelle, und das ist vielleicht auch in Ihrem Interesse, den BAW und Herrn Haller auffordern sollten, nicht so fahrlässig mit ihrem Ruf umzugehen. Ich glaube, es tut dem BAW, Herrn Haller und dieser Stadt überhaupt keinen Gefallen, wenn wir derartige, ich nenne sie einmal so, Gesäßgutachten bekommen,
die rein für einen bestimmten Zweck erstellt werden. Bei dem letzten Gutachten kann man deutlich nachvollziehen, dass sich überhaupt nicht die Mühe gegeben worden ist, seriöse Berechnungen tatsächlich einzubeziehen.
Der Landessportbund hat das, was hier passiert ist, auf eine Formel gebracht: Hier wurden die Sportlerinnen und Sportler in Bremen als Manövriermasse der Politik missbraucht! Dies hat einen großen Imageschaden für den Bremer Sport zur Folge. Der Landessportbund kommt am Ende zu dem Schluss: Wir haben hier in Bremen ein Lehrstück vorgeführt bekommen, wie Politik nicht mit dem Sport umgehen darf. Sie können das nur machen, weil Sie hier eine neunzigprozentige Mehrheit im Parlament einerseits und andererseits viele Milliarden DM aus Berlin im Rücken haben, die Sie in der Regel verteilen können. Beides wird sich in den nächsten Jahren ändern. — Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Frühjahr des Jahres 2006 findet jetzt zum zweiunddreißigsten Mal ein deutsches
Turnfest statt. Ich möchte einleitend versuchen, die Chronologie auf wirkliche Kernpunkte zurückzuführen, wie sich eigentlich die Diskussion hier im Parlament, in den Sportvereinen und Verbänden entwickelt hat. Es ist wichtig, um auch Schlüsse daraus zu ziehen. Ich möchte den sachlichen Kerngehalt dessen aufnehmen, was auch der Kollege Dr. Güldner gesagt hat, dass wir alle gemeinsam prüfen müssen, wie wir weitere sportpolitische Großprojekte in der Zukunft positiv gestalten können.
Im Juni 1998, also vor zwei Jahren, wurde unter Leitung der damaligen Sportsenatorin mit Vertretern der Sportorganisationen, der Behörden und weiterer interessierter Kreise ein runder Tisch eingerichtet, um die Rahmenbedingungen für die Bewerbung zum Deutschen Turnfest zu sondieren und auch verlässliche Grundlagen zu erarbeiten, um in ein Bewerbungsverfahren einzusteigen. Im Mai 1999, also vor gut einem Jahr, wurde von der Bremischen Bürgerschaft und vom Senat der Beschluss gefasst, eine Bewerbung voranzutreiben und die Machbarkeit einer Bewerbung zu überprüfen.
In der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD wurde die Durchführung eines Turnfestes in Bremen befürwortet. Im Sommer des letzten Jahres wurde ein Bewerbungsbüro mit dem Ziel eingerichtet, dem Senat und dem Parlament bis Ende des Jahres 1999 die Machbarkeit einer Bewerbung vorzulegen. Das Bewerbungsbüro hat auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse von Professor Menning aus Berlin die letzten Turnfeste gründlich analysiert und ist auch von den Eckdaten des Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung, BAW, ausgegangen. In einer dreihundertseitigen Machbarkeitsstudie ist man zu dem Schluss gekommen, dass die Bewerbung Bremens finanziell und organisatorisch möglich ist. Die Sportdeputation hat sich davon ausgehend einstimmig für diese Bewerbung ausgesprochen.
Im Februar 2000 befürwortete der Senat prinzipiell eine Bewerbung des Bundeslandes Bremen und verwies auf die endgültige Beschlussfassung im Rahmen der Finanzverhandlungen im März 2000. Die sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion hatte sich nach einer gründlichen und intensiven Diskussion am 6. März dieses Jahres in Bremerhaven für die Bewerbung ausgesprochen.
Dies war eine intensive Diskussion, in ihr wurde das Für und Wider behandelt. Wir haben uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für eine Bewerbung ausgesprochen und den Senat aufgefordert, die Bewerbung für das Turnfest auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie intensiv zu betreiben und, falls das Land Bremen im November 2000 den Zuschlag für das Turnfest im Jahr 2006 bekommt, den Finanzsenator aufzufordern, die notwendigen Mittel für Organisation, Durchführung und Entwicklung einer überregionalen PR-Konzeption bereitzustellen. Darüber hinaus hatten wir es als notwendig erachtet, den Sanierungsbedarf an Sport- und Schul
sportstätten konkret festzustellen und in den Haushaltsjahren 2002 bis 2006 gegebenenfalls einen Sonderfonds für die Bedarfe einzurichten.
Es ist richtig, in dieser Zeitspanne, über die ich eben berichtet habe, sprachen sich der Senator für Inneres, Kultur und Sport sowie weitere Mitglieder des Senats öffentlich für eine Bewerbung aus. Mitte März legte dann der BAW eine eigene Analyse zu den Kosten des Turnfestes dem Senat direkt vor.
Dieses Papier, das die regionalwirtschaftliche Analyse für ein Deutsches Turnfest in Bremen im Jahre 2006 beurteilt, das einen Gesamtumfang von vierzehneinhalb Seiten hatte, also ein relativer Schnellschuss, und dem Senat, den Sportdeputierten und allen Interessierten dann zur Verfügung gestellt wurde, hat, und das ist vollkommen richtig, in einer tendenziösen Art und Weise die finanzpolitische und organisatorische Möglichkeit dieses Sportfestes in Frage gestellt.
Für mich, das möchte ich ganz eindeutig sagen, auch als Sprecher der Sportdeputation, als sportpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, stellt sich die Frage, ob es richtig ist, in Zukunft Institute, die in bestimmten Bereichen auch sehr tendenziös oder sehr befangen sind, in Fragen der Entwicklung bremischer Politik zu beauftragen.
Ich bin der Auffassung, das möchte ich hier noch einmal betonen, dass in der Sportdeputation diese Position einhellig von allen vertreten worden ist, dass wir in Zukunft dort auf eine solidere Basis kommen.
Ende März dieses Jahres hat der Senat die Bewerbung abgelehnt. Wir haben einen großen Imageschaden für den Bremer Sport und auch für die politische Öffentlichkeit dieses Bundeslandes in der bundesweiten Sportbewegung erlitten.
Es ist notwendig, noch einmal zu erwähnen — und damit komme ich zum Schluss —, was es eigentlich bedeutet hätte, wenn wir dieses Sportfest hier durchgeführt hätten. Es wären 100 000 sportlich fröhliche Menschen leibhaftig in dieser Stadt gewesen. Es wäre eine gute Voraussetzung gewesen, um auch den Evangelischen Kirchentag gut vorzubereiten und nach Bremen zu holen, und wir hätten ganz konkret hier bestimmte Tourismuseffekte erzielt, wo wir in anderen Bereichen — das haben wir gestern auch
diskutiert — erst einmal den Beleg bringen müssen. Hier haben wir auch ganz konkrete Zahlen von anderen Turnfeststädten, die in ihrer Spannweite belegen, dass es möglich gewesen wäre.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, möchte ich noch einmal abschließend im Namen der sozialdemokratischen Bürgerschaftsfraktion betonen: Wir stehen inhaltlich zu dem, was wir auch in der Begründung unserer Zustimmung für eine Bewerbung Bremens zum Deutschen Turnfest gesagt haben, und wir werden auch weiterhin im Rahmen unserer politischen Arbeit alles dafür tun, dass es möglich ist, sportliche Großveranstaltungen im Sinne der Sportvereine und der Bevölkerung dieser Stadt durchzuführen! — Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bewerbung um die Ausrichtung des Deutschen Turnfestes 2006 im Bundesland Bremen war ein Traum! Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports liegt natürlich in erster Linie in seinen positiven Wirkungen auf die Volksgesundheit, im Lustgewinn der Sportler und der Sportkonsumenten und in seiner erzieherischen Wirkung insbesondere für die Jugend. Daneben ist Sport auch eine ökonomische Veranstaltung, bei der es Anbieter und Nachfrager von Sportleistungen gibt, bei der Lohn- und Gewinneinkommen entstehen, Konsum- und Investitionsentscheidungen getroffen werden, Steuern gezahlt und Subventionen gewährt werden. Vielfältige ökonomische Aktivitäten sind auch in der Welt des Sports zugegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 100 000 Menschen sollten eine Woche lang zu Gast in unserem schönen Bundesland sein. Es wäre eine Chance zur Entwicklung unserer Städte gewesen. Die Medien berichteten tagelang von den Ereignissen in den Turnstädten. Die Geräte und Anlagen sollten in einen Topzustand versetzt werden. Die Infrastruktur der Schulen und Sportstätten wäre in einen Zustand versetzt worden, den wir mit unserem Stadtreparaturfonds in Jahren nicht geleistet hätten. Das Ehrenamt sollte hier voll zum Tragen kommen, denn wir hätten die Last der Veranstaltung gern übernommen.
Das Turnfest hätte ein touristisches Ereignis werden können. Viele Menschen sollten unsere Städte und Region kennen lernen. Nach dem Anforde––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
rungsprofil des Deutschen Turnerbunds sind für die Städte Bremen und Bremerhaven keine schwerwiegenden Defizite zu erkennen gewesen.
Letztmals im Mai 1999 befasste sich die Bremische Bürgerschaft mit der Bewerbung zum Deutschen Turnfest 2006 in Bremen und Bremerhaven. Folgender Beschluss wurde gefasst: „Die Bürgerschaft unterstützt grundsätzlich die Bewerbung für das Deutsche Turnfest 2006.“
Die Bürgerschaft, der Landtag, forderte damals den Senat auf, in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Seestadt Bremerhaven bis zum 31. Dezember 1999 einen mit allen Betroffenen abgestimmten Bericht vorzulegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage war, unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Turnfestes in Bremen und Bremerhaven gemeinsam eventuell mit dem Umland möglich wäre. Es sollten wichtige Gesichtspunkte berücksichtigt werden, regionalwirtschaftliche Effekte, allgemeine Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten und Beteiligungen finanzieller Art durch Wirtschaft, Werbeträger und vor allen Dingen durch die Sportverbände.
Bei der Sportinfrastruktur sollte gefragt werden: Eignen sich die Sportstätten im Lande Bremen für die Wettkämpfe? Gibt es eventuelle Sanierungs-, Neubau- und Umbaumaßnahmen? Weiterhin sollte nach den Unterbringungsmöglichkeiten für die Teilnehmer und vor allen Dingen den zu erwartenden Teilnehmerzahlen, den Transportmöglichkeiten in den Regionen zu den Sportstätten und zu den Rahmenveranstaltungen, ebenfalls nach der erforderlichen oder noch zu schaffenden infrastrukturellen Voraussetzung gefragt werden. Nach Beantwortung dieser Fragen sollte eine Entscheidung des Senats getroffen werden.
Meine Damen und Herren, zwischenzeitlich hat der Senator für Sport in Abstimmung mit der Deputation für Sport ein so genanntes Bewerbungsbüro eingerichtet. Für die Leitung des Bewerbungsbüros konnte der erfahrene Sportwissenschaftler Dr. Schulke gewonnen werden. In mehreren Workshops haben Experten des Deutschen Turnerbundes, Vertreter des Kreis- und Landessportbundes und der Behörde eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Die Studie wurde dem Senat am 15. Februar dieses Jahres zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt. Es stellte sich heraus, dass wichtige Sanierungskosten für Schulen und Turnhallen nicht beziffert wurden. Hierfür werden zirka sechs Millionen DM geschätzt. Meiner Auffassung nach ist für eine Sanierung ein Betrag von zirka 20 Millionen DM einzustellen.