Protocol of the Session on June 8, 2000

Erstens: Wir wollen eine solide Finanzierung. Auch das ist in der Haushaltsdebatte ja noch einmal deutlich gemacht worden. Wir speisen das Programm aus Privatisierungserlösen, nicht aus Luftbuchungen, was der Fraktionsvorsitzende gestern auch in den Haushaltsberatungen gesagt hat.

Meine Damen und Herren, zu diesen 25 Millionen DM jährlich kommen Drittmittel und soll privates Kapital mobilisiert werden. Das ist wichtig. Hinzu kommen, und das sollten wir nicht verschweigen,

die Mittel in den Ressorts, die sich jetzt bereits mit den neuen Medien beschäftigen. Das sind jährlich zwischen 80 Millionen DM und 100 Millionen DM. Das ist im Programm nachzulesen. Deshalb finde ich es auch Quatsch, was Sie erzählen, Frau Stahmann, dass das Landesprogramm mit diesen 25 Millionen DM erst im Jahr 2001 loslegt. Das ist in der Sache richtig, aber da den Eindruck zu erwecken, hier passiere nichts, ist falsch, denn wir haben bereits in den Ressorts über 100 Millionen DM.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Die Ausrichtung des Landesprogramms hat deutliche Schwerpunkte im Bereich der wirtschaftlichen Standortentwicklung und -förderung. Das wird von den Grünen bemängelt. Wir sehen das so, dass das so sein muss. Wir richten uns als Sanierungsland nicht nach einem Wunschzettel im Sinne von nice to have, sondern nach den dringend notwendigen und chancenreichsten Entwicklungspotentialen für Bremerhaven und Bremen.

Wir mobilisieren privates Kapital, denn ich sage ganz deutlich, wir haben keine Lust mehr auf diese staatlich selbstreferentielle Alimentationsveranstaltung, die es da durchaus gibt. Wir wollen das auch beim Stadtinformationssystem abschaffen. Das haben wir, glaube ich, deutlich gemacht. Bei Weiterbildungsträgern, bei Fördergesellschaften sind diese Netzwerke weiter voranzutreiben. Nicht, dass das alles staatliche Veranstaltungen werden! Das ist für uns ganz wichtig!

(Beifall bei der CDU)

Drittens: Wir wollen auch kein Gießkannenprinzip über die von den Ressorts definierten Bedarfe hinweg, sondern querschnitts- und aufgabenbezogene Darstellung der verschiedenen Handlungsfelder. So macht es keinen Sinn, Qualifizierung in der Fläche zu betreiben, sondern diese Qualifizierung muss sich auf regionale Branchen und Geschäftsprozesse konzentrieren. Gerade hier ist einiges in Angriff genommen. Wir wollen klare Verantwortungsbereiche. Wir hoffen, dass der jetzt vorgeschlagene Weg ein gangbarer Kompromiss ist, der allerdings noch leben muss. Wir werden sehen, was daraus wird. Richtig ist, dass das operative Geschäft in die Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts beziehungsweise der BIA und der BIS fällt. Ich denke, da ist es gut aufgehoben.

Viertens müssen wir die Verwaltungsreformbemühungen fortsetzen. Bohnerwachs, lange Amtsflure und der Zettelkasten, an dem man sich seine Nummer zieht, gehören hoffentlich bald der Vergangenheit an. Vielleicht gehen wir nicht noch alternativ ins Internet, sondern gleich, und das deutet sich ja an, ganze Geschäftsprozesse im öffentlichen Dienst reorganisieren. Wir setzen auf die Multimedia-Of

fensive an bremischen Schulen und auch an den Hochschulen. In diesem Sinne wollen wir da natürlich noch weiter privates Kapital mobilisieren. Das geschieht aber jetzt auch in den letzten Wochen, das erkennen wir an.

(Beifall bei der CDU)

Ein Masterplan muss her, das, Frau Stahmann, haben wir auch schon lange gefordert in Pressemitteilungen. Das ist jetzt im Vollzug natürlich sicherzustellen. Die Öffentlichkeitsarbeit ist zu verbessern. Auch das ist richtig. Was wir vor allen Dingen jetzt brauchen, ist aber ein inhaltliches Konzept für die Multimedia-Offensive an den bremischen Schulen. Ich habe schon in der Bildungsdeputation in der vergangenen Legislaturperiode gefragt: Was ist eigentlich, wenn wir einen Wunschzettel schreiben könnten, was würden wir eigentlich machen?

Daraufhin gab es kein Konzept, und es gibt dieses Konzept heute nicht. Ich bin froh, dass Sie, Herr Lemke, inzwischen auch deutlich machen, dass es nicht mehr nur um die Anzahl der Computer geht, sondern dass es deutlich mehr ist. Aber selbst bei der Frage der Computer ist sich die Bildungsbehörde nicht einig. Einige sagen, wir wollen nur noch Apple-Eye-MAC-Computer haben, die nächsten Schulen sagen, wir wollen die Windows-Rechner, denn das haben die meisten Schulen. Da muss Orientierung gegeben werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube auch nicht, dass wir, wie Herr Lemke gesagt hat, in die Fläche gehen wollen. Wir müssen weiter die Schwerpunktschulen und die Multimediaschulen entwickeln, um hier Best-practice-Beispiele zu geben, an denen sich andere auch orientieren. Die Gefahr einer Gießkannenveranstaltung, sehe ich, ist immer noch gegeben. Da müssen wir aufpassen, und da gibt es noch unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Ansichten.

(Beifall bei der CDU)

Einen Multimedia- oder Internetführerschein hat das Bildungsressort auf die Große Anfrage der CDU im letzten Jahr nicht für notwendig erachtet. Jetzt hören wir gestern oder vorgestern von Bildungssenator Lemke in der Haushaltsdebatte, dass der erste Schub von 400 Lehrern in die Schulung geht. Das hätten wir früher haben können! Herzlichen Glückwunsch! Wir unterstützen Sie dabei, aber es hätte auch schneller gehen können.

(Beifall bei der CDU)

An die Schüler denkt kaum einer. Wir denken in Zahlen, aber der Schüler, der von einer Schulstufe

in die nächste geht und seine Schullaufbahn macht, wird wenig ins Blickfeld genommen. Da kommen wir nämlich wieder zum Problem der Stufenschule. Schüler werden mit unterschiedlicher Betriebssoftware, mit unterschiedlichen Rechnern, mit unterschiedlichen Lehrplänen — eigentlich gibt es gar keine im Bereich neue Medien —, mit solchen Dingen konfrontiert. Wir merken, die Stufenschule wird angesichts neuer Medien zum Bumerang sozialdemokratischer Bildungspolitik!

(Beifall bei der CDU — Widerspruch bei der SPD)

Ich habe schon gedacht, ob wir einmal fordern sollten, alle Lehrpläne ins Internet zu stellen, aber ich befürchte, man findet noch nicht einmal das Belegexemplar im verstaubten Keller, was da vielleicht vor 20 Jahren einmal verabschiedet wurde.

(Beifall bei der CDU — Abg. E c k h o f f [CDU]: Frau Jansen hat das bestimmt noch irgendwo abgeheftet! — Abg. B e c k - m e y e r [SPD]: Pflegen Sie man Ihre Vor- urteile!)

Auch daran müssen wir ernsthaft arbeiten!

Meine Damen und Herren, ich zähle nicht mehr die Einzelmaßnahmen im Landesprogramm auf. Wir brauchen eine neue Mentalität. Das ist richtig. Wir brauchen aber keine basisdemokratische Endlosveranstaltung, wo der Weg das Ziel ist, sondern wir brauchen ergebnisorientierte Entscheidungen und auch entsprechende Strukturen. Deshalb lehnen wir den Antrag der Grünen ab, die da mit Medienbeiräten und anderen Dingen möglicherweise wieder Quatschbuden initiieren, die es in dieser Stadt schon gegeben hat und die nicht funktioniert haben, das sage ich auch!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass es uns gelingt, diesen Mentalitätswechsel generationsfreundlich miteinander zu diskutieren, dass Junge und Alte sich auch weiterhin anhören angesichts der unterschiedlichen Erfahrungen, die da in Unternehmen und woanders auch aufeinander prallen. Wir erleben das ja oft in unseren Fraktionen, dass da neue Mentalitäten zueinander kommen. Ich hoffe auch, dass wir bald in eine Wertediskussion kommen.

Wenn Politik immer weniger regulieren und beeinflussen kann im Bereich neue Medien, dann ist das die Chance, wieder in eine Wertediskussion zu kommen, was ist eigentlich gut und böse, was ist schlecht. Da greift der Bereich der Medienkompetenz ein bisschen zu kurz. Ich denke, gerade wenn wir im Bereich Bildung und Erziehung an Eltern und

an Lehrer denken, dann müssen wir auch wieder über Wertevermittlung reden, weil Politik sich aus vielen Bereichen zurückziehen muss und wird. Deshalb ist das die Chance für die nächsten Debatten vielleicht hier auch in der Bremischen Bürgerschaft. — Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Busch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es etwas schade, wie dieses Rahmenprogramm hier in der Diskussion eigentlich missbraucht wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Redner der Grünen und der CDU versuchen, mit einigen Punkten des Rahmenprogramms ihre ureigensten Interessen zu vertreten, Herr Jäger eben so ein bisschen Kritik an der Bildungspolitik, und Frau Stahmann, muss ich nun leider sagen, hat irgendwie das Programm nicht so ganz verstanden. Es ist kein Internet-Programm, sondern es ist ein Rahmenprogramm T.I.M.E.. Die Buchstaben sind ja nun wirklich oft genug hier erläutert worden. Mit diesem Rahmenprogramm, das steht auch sehr deutlich darin, das finde ich wirklich ganz positiv formuliert, wird darauf eingegangen, dass die Gesellschaft mit dem Einzug in die Wissens- und Informationsgesellschaft tief greifende Veränderungen erfährt.

(Beifall bei der SPD — Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grünen]: Und das Medi- um ist das Internet!)

Gerade diese tief greifenden Veränderungen sind in diesem Programm genannt. Es ist ein Rahmenprogramm. Es enthält ziemlich viele Bereiche, die nicht konkret ausformuliert worden sind, und das ist auch gar nicht zu kritisieren. Das ist nämlich jetzt erst zu tun. Wir fangen jetzt an, mit diesem Rahmenprogramm zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Ehe man nun anfängt zu kritisieren, was alles nicht so in Ordnung ist, und fordert, dieses und jenes müsste noch gemacht werden, und kritisiert, dass das Programm nicht im Internet dargestellt ist, finde ich eigentlich besser, und das fordern wir sonst auch immer, dass wir es erst einmal im Parlament bereden und auch zur Kenntnis nehmen und dann sehen, was das Internet bereithält.

(Beifall bei der SPD — Zuruf der Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen])

Ich möchte es noch einmal erwähnen, damit wir nun von dieser Internetdiskussion ein bisschen wegkommen, welche Bereiche hier noch in diesem Rahmenprogramm erwähnt sind: Bereiche wie Gesundheitswesen, wie Freizeit, Touristik, Kultur. Auf die müssen wir eingehen, und die kann man nicht so behandeln wie Bereiche, die aus dem technologischen Feld kommen oder aus der Wirtschaftspolitik. Da sind auch andere Verfahren notwendig. Das müssen wir alles berücksichtigen, bearbeiten und beobachten!

Was mir ein bisschen Sorge macht, ist die Ausrichtung der Umsetzung des Programms bei den Gesellschaften BIA und BIS. Aus meiner jetzigen Kenntnis sind diese Gesellschaften mit Arbeit voll gestopft. Es muss dabei überlegt werden, wie sie das Programm umsetzen sollen, und ich kann Ihnen versprechen, dass die SPD-Fraktion sehr genau hinsieht, was diese Gesellschaften machen, wie sie dieses Rahmenprogramm in konkrete Programme umsetzen und wie dann ein Masterplan dort erarbeitet wird. Was ich wirklich zurückweisen möchte, ist die Kritik, die Herr Jäger geäußert hat, indem er sagte, der Datenschutz sei der Bremser dieses Rahmenprogramms oder der Technologiepolitik.

(Beifall bei der SPD)

Aus meiner Arbeit im Datenschutz konnte ich feststellen, dass dort sehr kompetente und technologisch kompetente Leute sitzen, die alles andere versuchen, als so ein Programm zu bremsen, sondern hilfreich mitarbeiten. Das möchte ich da nur noch einmal erwähnen.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, statt jetzt die Zeit hier zu nutzen, um dieses Programm noch einmal zu kritisieren, sollten wir es wirklich vereint so annehmen, wie es in mühevoller Kleinarbeit geschaffen worden ist, und es zügig umsetzen! — Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Staatsrat Dr. Färber.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Stahmann, wenn Sie fragen, wem Sie das Programm zu verdanken haben, dann gibt es da eine ganz simple und klare Antwort, und die lautet: dem Senat! Ich denke, weil Sie sich da wahrscheinlich wieder auf der Suche nach einem möglichen Streit befinden, dass das eben die Herausforderung war, dieses Programm zu gestalten, nämlich mehr daraus zu machen als die Summe der Beiträge der einzelnen Ressorts. Sie wissen auch, dass das Wirtschaftsressort vor einem halben

Jahr bereits seinen Beitrag dazu vorgelegt hat und dass es jetzt eine Herausforderung darstellt, ein integriertes Programm vorzulegen mit der Struktur, dass wir mit Qualifizierung, mit dem Ausbau regionaler Potentiale sowie mit dem Aufbau von Kompetenzzentren und Infrastruktur hier eine Ordnung gefunden haben — ich denke, dass das sehr gut gelungen ist —, diese Integration hier darzustellen. Eine zweite Herausforderung war es, mit der zeitlichen Dimension für ein Programm für einen Sektor, einen Markt, der eine solche Dynamik aufzeigt, wie sie, denke ich, Herr Jäger sehr eindringlich hier dargestellt hat, umzugehen. Da ist es natürlich ein Problem, jetzt hier Programmfestlegungen in die Zukunft zu machen, weil wir alle nicht wissen, was in drei, in fünf Jahren auf diesem Markt wirklich los ist. So war es also erforderlich, hier Handlungsfelder aufzuzeigen, die im Weiteren durch Projekte auszufüllen sind. Das führt mich gleich zu der dritten Herausforderung, wie organisiere ich es, diesen Prozess zu gestalten, das Programm mit seiner Offenheit und Flexibilität auch entsprechend ausfüllen zu können. Da haben wir Ihnen klar gesagt, es ist eine Struktur gefunden worden, wie das passieren soll. Die Federführung ist auch klargestellt, und ich meine, mit der BIA und für Bremerhaven mit der BIS haben wir da zwei ganz hervorragende Einrichtungen, um dieses Programm auch operativ umsetzen zu können. Eine vierte Herausforderung, auch das haben Sie angesprochen, war es, das Programm finanziell abzusichern. Ich denke, das ist auch dargestellt worden, dass das inzwischen passiert ist, und zwar mit zusätzlichem Geld. Wenn das keine Schwerpunktsetzung ist, dann weiß ich nicht, was Sie unter Schwerpunktsetzung verstehen! Diese Herausforderungen, denke ich, sind jetzt im Wesentlichen abgearbeitet. Die wahre Herausforderung liegt aber eigentlich vor uns, nämlich dieses Programm nun wirklich auszufüllen und es über die Laufzeit lebendig zu halten. Das ist eine Herausforderung, die wir nur gemeinsam gestalten können, nicht nur mit Ihnen, insbesondere mit der Wirtschaft, mit den Betroffenen. Wenn ich noch einmal auf die Finanzen sehe, sind da auch klare Vorstellungen über das Engagement Dritter, was das Geld anbetrifft. Wenn ich trotzdem hier einen Eindruck mitnehme auch von Seiten Ihrer Fraktionen, dann ist es doch so, dass das Thema hier sehr breit von Ihnen getragen wird, und das gibt mir eigentlich den Optimismus, dass wir dieses Programm auch vernünftig gestalten können. Noch ein paar kleinere Anmerkungen: Frau Stahmann, Sie haben sich hier sehr kritisch über die Verwaltung geäußert. Es ist gerade die bremische Verwaltung, die mit Media@Komm einen ersten Preis nach dem anderen gewinnt,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

und ich denke, dass die Kritik da völlig unangemessen war. Außerdem sehe ich ein Rahmenprogramm nicht als eine Versammlung von E-Mail-Adressen an.