Protocol of the Session on June 6, 2000

Meine Damen und Herren, fangen wir doch jetzt einmal bei der Frage Schuldenentwicklung an! Am Beginn der Sanierung hatten wir 17 Milliarden DM, ich betone es noch einmal laut, 17 Milliarden DM, und langsam, 17 Milliarden DM Schulden. Am Ende der Sanierung werden wir, damit der Bürger es auch mitbekommt, 20 Milliarden DM Schulden haben, meine Damen und Herren.

Obwohl diverse Schuldentitel in Schattenhaushalten der öffentlichen Gesellschaften und den Kapitaldienstfonds versteckt worden sind, nimmt der Schuldenstand in dem ordentlichen Haushalt um etwa drei Milliarden DM zu. Allein daraus ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung von zirka 180 Millionen DM. Nehmen wir die Schattenhaushalte dazu, sind es zirka 250 Millionen DM, und das, meine Damen und Herren, Jahr für Jahr konstant! Diese Tatsache ist unverantwortlich.

CDU und SPD haben für zirka zwei Milliarden DM bremisches Vermögen verkauft. Sie haben von Bonn und dann von Berlin über 16 Milliarden DM Sanierungshilfe erhalten. Sie haben es trotzdem geschafft, den Schuldenstand des Landes Bremen erheblich auszuweiten. Herr Senator, das ist keine Sanierung, das ist ein Desaster!

Genauso negativ ist Ihre Einschätzung über die zu erzielenden Vermögensveräußerungen im Jahr 2000 mit 51,4 Millionen DM und im Jahr 2001 mit 105,3 Millionen DM. Sie verscherbeln das letzte Tafelsilber, und wir haben dann trotzdem im Jahre 2002 und darüber hinaus immer noch ein immenses Finanzierungsloch. Sie können einen Haushalt nicht durch Verkäufe von Tafelsilber finanzieren. Man kann das, was man hat, nur einmal verkaufen, und dann ist Ende, Schichtende.

Meine Damen und Herren, bei der Frage von Personalausgaben stimmt Ihre Rechnung doch jetzt schon hinten und vorn nicht mehr. Sie haben bei den Dienst- und Versorgungsbezügen eine Steigerung von jährlich 1,5 Prozent einkalkuliert. Nach dem Stand der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst

ist Ihre Rechnung grundlegend falsch und unseriös. Auch Ihre Berechnungen der Steuereinnahmen sind doch wie das Pfeifen im dunklen Keller zu verstehen. Ihre Steigerungsrate in 2001 um 3,5 Prozent entspricht doch in keiner Weise der Realität.

(Glocke)

Ich beende jetzt den ersten Teil, ich habe leider nur zehn Minuten. Ich melde mich gleich noch einmal zu Wort. Also seien Sie beruhigt, Sie sind mich noch nicht los. Freuen Sie sich nicht zu früh! — Ich danke Ihnen!

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es fällt schon ein bisschen schwer, nach diesem Redebeitrag hier fortzusetzen, aber ich denke, er ist es in keiner Weise wert, überhaupt darauf einzugehen.

(Beifall bei der SPD — Abg. T i t t m a n n [DVU]: Schön, genau wieder den Nerv ge- troffen!)

Wir haben heute die zweite Lesung des Haushaltes vor uns, und ich glaube, mit Recht sagen zu dürfen, dass wir mit den vorgelegten Haushalten für 2000 und 2001 nicht nur einen Silberstreifen am Horizont aufzuweisen haben, sondern dass dies wirklich ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Haushaltssanierung unseres Landes und der Kommunen Bremen und Bremerhaven ist. Vorab möchte ich noch etwas zu den Rahmenbedingungen sagen. Auch die Rahmenbedingungen der Sanierung Bremens haben sich entscheidend geändert. In den vergangenen Haushaltsberatungen haben wir regelmäßig hier gestanden und zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Steuerschätzungen nach unten zu revidieren waren, was immer mit immensen zusätzlichen Anstrengungen verbunden war. Der Sanierungsbericht gibt Auskunft darüber und beziffert auch die unveränderte Größe 6,5 Milliarden DM, die in den letzten Jahren der Stadt Bremen, der Stadt Bremerhaven und dem Land an Einnahmen gefehlt haben und die zusätzlich zu einer Verzögerung beim Erreichen des Sanierungsziels geführt haben. Heute können wir feststellen, dass es auch dank der neuen Bundesregierung gelungen ist, Planungssicherheit zu schaffen, auch was die Steuerschätzungen anbelangt, und dass wir in der glücklichen Situation sind, abschließende Sanierungszahlungen vom Bund und den Ländern zu erhalten. Wir Sozialdemokraten sind willens und fähig, diese Chance für Bremen zu nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Die jetzt vorgelegten Haushalte sind ein Ausdruck einer verantwortungsbewussten Haushaltssanierungspolitik. Die Anträge der Koalitionsfraktionen, die Ihnen heute vorliegen und von denen ich ausgehe, dass wir sie auch beschließen werden, werden zu einer Veränderung des Haushaltsvolumens, das der Senat uns vorgelegt hat, in Höhe von 25 Millionen DM führen. Ich denke, das ist ein Ausdruck äußerster Zurückhaltung. Ich kann mich als Haushälterin nur bei allen Kollegen in den Fachdeputationen dafür bedanken, wie verantwortungsbewusst doch mit den einzelnen Haushalten umgegangen wurde und dass sich die Verbesserungen, die wir hier herbeiführen, auf das Wesentliche beschränken. Ich glaube, wir stehen in Kontinuität der vergangenen Haushalte im Sanierungszeitraum, und dies ist auch der Garant dafür, dass diese Sanierung mit Erfolg zu Ende gebracht wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Politik zukunftsfähig zu gestalten heißt auch, in Kinder und Jugend zu investieren. Das führen ja auch Sie in Ihrem Antrag auf, Frau Linnert. Ich bin allerdings im Gegensatz zu Ihnen der Meinung, dass dieser vorgelegte Haushalt der Koalitionsfraktionen mit den Änderungsanträgen auch eindeutig in die richtige Richtung weist. Wir werden mit der Offensive im Bildungsbereich, aber auch mit dem Programm T.I.M.E. gerade auch diese Qualifikation hier im Lande erzeugen, die wir benötigen, damit wir auch zukünftig Wachstum generieren können und unseren Kindern eine Stadt und ein Land mit Zukunft bieten können.

(Beifall bei der SPD)

Dies, liebe Frau Linnert, sind keine Investitionen in Beton, wie Sie uns ja gern vorwerfen, sondern das sind Investitionen in Köpfe. Das ist die wichtigste Ressource, die wir hier überhaupt, auch als begrenzter Stadtstaat, zu bieten haben. Diese Investitionen werden wir tätigen. Wer allerdings, wie in Ihrem Antrag — Herr Eckhoff ist darauf schon eingegangen —, die derzeitige Notwendigkeit von Hochschulbauten anzweifelt und aus dem Wissenschaftsbereich vorgesehene Investitionen einsparen will, um damit konsumtive Ausgaben zu tätigen, wer diese Umschichtung von dem Wissenschaftsbereich für die wichtigen Investitionen in konsumtive Bereiche tätigen will, der vergeht sich hier sträflich an der Zukunft unserer Kinder. Nichts anderes wollen Sie, schauen Sie nach, wo Sie mit Ihrem großen Bedauern anführen, wo gespart werden muss und weshalb Sie gegensteuern wollen! Sie selbst haben vorhin das Beispiel gebracht, Sie wollen als Grüne erst einmal essen und trinken. Das sind eindeutig konsumtive Sachen, dafür wollen Sie dieses Geld verwenden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir Sozialdemokraten sind jedenfalls stolz darauf, dass es uns auch mit der Verabschiedung des HGP 3 gelungen ist, einen entscheidenden Beitrag zur Umstrukturierung unserer Haushalte zu leisten. Zukünftig wird es im Wissenschaftsbereich vermehrt Ausgaben geben, das ist uns seit längerem bekannt, und das ist eine gewollte Umstrukturierung von konsumtiven Ausgaben hin zu investiven, die auch zukünftige Generationen voranbringen und die auch den Nutzen davon haben werden.

Sie haben in den Haushaltsberatungen die Anträge, die Sie hier als einen Antrag einbringen, schon im Einzelnen vorgestellt. Ich sehe es genauso wie meine Vorredner, dass Sie die Absicht haben, hier bei den Investitionen zu kürzen. Das machen Sie einfach pauschal, Sie stellen sich nach wie vor hin, Sie haben in den ganzen Jahren nichts gelernt, und sagen, die Investitionen sind zu hoch, wir streichen da etwas weg. Nun reden Sie sich heraus und sagen, das sind ja nur zehn Prozent, damit stimmen Sie 90 Prozent des Investitionsvolumens zu. Sie stimmen ja noch nicht einmal unseren Maßnahmen zu, sondern lediglich dem Investitionsvolumen. Das haben Sie eben hier noch einmal ganz deutlich gesagt.

Wir wären gern bereit gewesen, auch über Ihre Vorschläge der Einsparmöglichkeiten bei den Investitionen zu diskutieren, und ich kann mich gut daran erinnern, dass wir dies auch im Rahmen der Haushaltsberatungen getan haben, zum Beispiel bei der Frage des Baggerguts, bei der wir uns alle gemeinsam seit Jahren darüber ärgern, wieviel Geld wir eigentlich in der Stadt, in diesem Land ausgeben müssen, um Matsch zu beseitigen. Dieses Geld könnten wir auch woanders sinnvoll einsetzen.

Hier kommt von Ihnen der Vorschlag, man kann diese Position kürzen. Wir haben allen Ernstes im Haushaltsausschuss nachgefragt, was denn dahinter steckt, weil man vielleicht von den Grünen etwas hätte lernen können und man dann gemeinsam hätte entscheiden können, wie dieses Geld anderweitig hätte genutzt werden können. Da gab es schlicht und einfach keine Antwort. Es war ganz klar, das war heiße Luft und weiter nichts!

(Beifall bei der SPD)

Auch Sie zeigen hier weiterhin keine Alternativen auf. Der von uns vorgelegte Haushalt ist alternativlos. Von Ihnen jedenfalls kommt keine! Zu den einzelnen Schwerpunkten ist etwas gesagt worden. Ich gehe auch davon aus, dass das die Fachpolitiker noch einmal aufgreifen wollen.

Ich möchte auch noch auf etwas anderes eingehen. Sie haben hier kritisiert, dass wir es mit den Haushaltsgesetzen nicht so ernst nehmen. Das weise ich hier ganz entschieden zurück.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das müssen Sie ja!)

Das muss ich nicht nur, davon bin ich auch überzeugt! Wir Parlamentarier werden selbstverständlich darauf achten, dass hier die Haushaltsgesetze eingehalten werden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir bestätigen das auch noch ganz ausdrücklich mit einem weiteren Antrag, der Ihnen hier seitens der Koalitionsfraktionen vorliegt. Er bezieht sich nämlich auf den Kapitaldienstfonds, auf die Richtlinien zum Kapitaldienstfonds und auch auf das jetzt genutzte Instrument der Vorfinanzierung aus dem Kapitaldienstfonds. Wir stehen ausdrücklich zu der Möglichkeit, Maßnahmen, die uns schon heute etwas bringen, aus beschlossenen Programmen der Zukunft vorzuziehen. Hierfür soll es klare Kriterien geben, die hat der Senat auch in seiner Vorlage aufgeführt. Wir als Haushaltsgesetzgeber gehen so weit und legen Ihnen heute den Antrag vor, diese Kriterien auch ins Haushaltsgesetz zu nehmen. Das heißt, wir geben dem Ganzen auch noch einen gesetzlich verbindlichen Charakter.

Es ist richtig, dass wir Maßnahmen, von denen wir heute schon profitieren können, vorziehen und dass wir die Möglichkeiten dafür nutzen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir irgendwelche dubiosen Schattenhaushalte machen würden, und das wissen Sie ganz genau. Hinsichtlich der Transparenz ist wirklich jede einzelne Maßnahme in dem Volumen auch aufgeführt und auch Bestandteil der Kreditermächtigung, die wir hier erteilen. Das ist nichts Nebulöses, was da geschieht, das ist richtig.

(Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Auch Nebel ist richtig!)

Ja, auch Nebel kann richtig sein, natürlich! Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir es hier mit einem verantwortungsbewussten Umgang, auch mit der Mittelbindung für zukünftige Haushalte, zu tun haben.

Herr Zachau, ich möchte mich ausdrücklich für die Rede, die Sie als Berichterstatter gehalten haben, bei Ihnen bedanken. Ich glaube, in einigen Punkten hat Frau Linnert das sicherlich nicht so geteilt. Ich verstehe zumindest ihren Angriff auf den Haushaltsausschuss hinsichtlich des Kulturhaushaltes nicht. Sie hat uns vorgeworfen, dass wir im Haushaltsausschuss im Kulturbereich die Leute in Angst und Schrecken versetzt haben. Das kann ich als Haushälterin nur entschieden zurückweisen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ganz im Gegenteil, wir haben diesem Bereich, dem zuständigen Senator und der Fachdeputation zusätzliche Möglichkeiten eingeräumt, die Probleme dort zu lösen! Wir haben uns bereit erklärt, eine

Sondersitzung zu machen, und Herr Zachau hat es ja vorhin richtig festgestellt: Wir als Haushälter haben die Aufgabe, haushaltstechnisch zu überwachen und umzusetzen, dass die Haushalte im Rahmen der vorgegebenen Eckwerte aufgestellt werden. Das war in diesem Bereich leider nicht der Fall und ist es leider auch noch nicht für das Jahr 2001.

Ich glaube aber, dass wir gemeinsam mit den Fachdeputierten auch hier zu einer Lösung kommen werden. Wir werden im September dann darüber zu entscheiden haben, wie das für den Kulturbereich im Einzelnen auszusehen hat. Ich weise aber hiermit die Kritik am Haushaltsausschuss zurück! Das ist nicht unser Problem gewesen, und nicht wir sind diejenigen gewesen, die die Leute in Angst und Schrecken versetzt haben. Fassen Sie sich an die eigene Nase! Wer hier populistisch durch die Stadt rennt, alles kaputt redet und alles schon daniederliegen sieht, der verbreitet Angst und Schrecken, nicht wir als Haushälter.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Sie können sich mit denjenigen zusammentun, die heute in der „taz“ einen Artikel geschrieben haben unter der Überschrift „Ein Jahr Koalitionsneuauflage“, die die große Koalition hier nur noch als Verwalter einer finanzpolitischen Misere sehen und die uns eigentlich nahe legen, sich Gedanken über das Ende eines Bundeslandes zu machen. Diese Worte könnten aus Ihrer Feder stammen.

Wir sind weit davon entfernt. Wir gestalten die Zukunft dieses Landes. Wir legen Ihnen einen Haushalt vor und diskutieren den Finanzplan des Senats, der eindeutig aufzeigt, dass es uns gelingen wird, im Jahre 2005 diesen wichtigen Schritt im Rahmen der Haushaltskonsolidierung zu machen.

Was die Frage von Vorfinanzierung anbelangt, an dieser Stelle noch ein Zitat: „Genau zu wissen, wieviel von der Zukunft in die Gegenwart eingehen kann, ist das Geheimnis einer guten Regierung.“ Das ist von Victor Hugo, der lange vor unserer Zeit gelebt hat. Man könnte meinen, es ist geradezu für unsere Diskussion um die Vorfinanzierung von Investitionsvorhaben geschrieben. — Danke!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schramm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin etwas erstaunt, muss ich schon sagen, dass Sie nach dem Beginn der großen Koalition und bei der Abgabe der Regierungserklärung des Präsidenten des Senats ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bremerhaven in der Regierungserklärung einen Stellenwert einräumen, der bisher noch nicht da gewesen war, und jetzt in einer Haushaltsdebatte Bremerhaven ganz außer Acht lassen. Das erstaunt mich schon.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Vielleicht habe ich ja ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie die Versprechen, die durch die Regierungserklärung abgegeben worden sind, wirklich nicht einhalten werden und dass Sie den schlechten Start, der Bremerhaven betrifft, so ein bisschen vertuschen wollen und dass die Liebeserklärungen, die abgegeben worden sind, nicht eingehalten worden sind. Wenn man zum Beispiel an die Rede des Präsidenten des Senats vor dem Schaffermahl denkt, die Bevölkerung von Weddewarden als Piraten zu bezeichnen, glaube ich nicht, dass man das mit einer Liebeserklärung verwechseln kann, meine Damen und Herren.

Ich kann auch verstehen, wenn Sie auf eine Bremerhaven-Debatte verzichten wollen, um den Kollegen Töpfer zu schonen, der sich ja sehr exponiert zum Ausbau von CT IV geäußert hat, auch eine sehr interessante Debatte, die hier in diese Runde gehört, meine Damen und Herren, und die Sie einfach nicht verdecken können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. T ö p f e r [SPD]: Das hat doch mit Bremerhaven nichts zu tun!)

Sie haben einfach Angst vor den realen Fakten. Herr Eckhoff, wenn Sie sich hier hinstellen, wie Sie das eben getan haben, und den Superflop OceanPark jetzt auch noch als zukünftige Stärke hinstellen, dann lässt das nichts Gutes für den Neuanfang vermuten, meine Damen und Herren.