Protocol of the Session on May 11, 2000

ein zweiter Debattenbeitrag gar nicht erforderlich gewesen wäre, aber das, was sich hier die Redner vor uns — —.

(Abg. Frau J a n s e n [SPD]: Warum sol- len wir Ihnen mehr glauben als ihr?)

Weil das danach aussieht und nicht mit Schreibmaschine vorgeschrieben ist!

(Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das kann auch ein Trick sein!)

Stellen Sie sich einmal einen Moment vor, Sie würden am Radio sitzen und hätten sich diese Debatte angehört! Da sitzt eine Abgeordnete, die ruft neunmal, neunmal: Was ist mit Herrn Rüttgers, was ist mit Herrn Rüttgers?

(Heiterkeit bei der CDU — Zurufe von der SPD — Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Was ist denn mit Herrn Rütt- gers?)

Sensationeller Beitrag! Dann kommt der Abgeordnete Güldner und sagt, also, das ist ja alles ganz dramatisch, was die CDU sagt, aber jetzt wollen wir nach NRW sehen, das ist mir hier alles viel zu kurz gekommen. Dann kommt er nach Österreich, da gibt es ja auch wieder andere Probleme, darauf ist der Eckhoff gar nicht eingegangen!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Auf Herrn Stoiber auch nicht!)

Meine Damen und Herren, das alles ist symptomatisch für die Debatte, wie sie in Deutschland geführt wird. Da hätte ich mir gewünscht, Herr Dr. Kuhn, Sie hätten sich durchgesetzt mit Ihrer Schocküberschrift, weil es nämlich tatsächlich ein Schock war, Sie haben nicht spezifiziert für wen, aber es war für viele ein Schock.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie haben schon alles vorher ge- wusst!)

Nein, nein, es war für die Politik ein Schock, dass es dieses Problem gab, scheinbar selbst für die Wirtschaft, und ich hoffe, es ist ein heilsamer Schock auch für die Arbeitswelt in Deutschland insgesamt, die damit möglicherweise aus ihrer bisher vorhandenen Lethargie herausgerissen wird, dass wir in dem Trott, in dem wir seit 40 Jahren möglicherweise denken und arbeiten, nicht weitermachen können.

(Beifall bei der CDU)

Das war völlig richtig! Das hätten Sie auch darüberschreiben können. Sie haben dann die Debat

te, insbesondere bei den Grünen, Herr Güldner, muss ich sagen, und das geht auch durch viele Medien, missbraucht, indem Sie das Thema Zuwanderung, das über Jahre diskutiert worden ist, ausgenutzt haben für die Problematik der Green Card, indem Sie behaupten und unterstellen, wenn die CDU Ihren Vorstellungen, in Bonn seinerzeit, bei der Zuwanderung gefolgt wäre, dann wäre ja möglicherweise dieses Problem gar nicht aufgetaucht. Nun will ich Ihnen einmal aus Erfahrung von vier Jahren Innenausschuss des Deutschen Bundestages sagen, was der große Unterschied war in dem, was wir unter Zuwanderung verstanden haben und was Sie unter Zuwanderung verstanden haben und was auch einige Teile der SPD unter Zuwanderung verstanden haben.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Ihre Beiträge dazu haben wir noch in Erinnerung!)

Sie wollten alles das, was es an Zuwanderungsregelungen gibt, im Umfang erhalten, möglichst aufstocken, Asylbewerber unbegrenzt, Bürgerkriegsflüchtlinge, Kontingentflüchtlinge, illegale Zuwanderung, das sollte alles erhalten bleiben, und oben darauf wollten Sie Zuwanderung. Jetzt kommt der Kernunterschied zwischen uns. Während wir immer gesagt haben, man kann über Zuwanderung reden, die kann man erlauben, die Gehaltshöhe regelt in der Regel der Markt, dafür braucht man niemand anders, haben Ihre Vertreter im Innenausschuss sofort erklärt, Moment, von dem, was wir zusätzlich an Zuwanderung erlauben, muss ein Viertel aus sozialen Gründen kommen, da müssen 15 Prozent geschlechtsspezifisch sein. Sie haben den ganzen Bereich sofort aufgebröselt und haben damit praktisch jede Annäherung und Diskussionsgrundlage zwischen CDU, SPD und Grünen von vornherein kaputtgemacht, weil jeder wusste, das ist mit uns nicht zu machen.

(Glocke)

Sind Sie bereit, eine Zwischenfrage anzunehmen?

Bitte schön!

Bitte, Herr Dr. Güldner!

Herr Teiser, könnten Sie uns bitte die Anträge der CDU im Bund nennen, in denen die CDU im Sinne dessen, was Herr Eckhoff vorhin ausgeführt hat, eine zeitlich unbegrenzte und dauerhafte Einwanderung von Fachkräften oder wem auch immer gefordert hat? Könnten Sie uns das nennen, wann und wo Sie das gefordert haben?

(Beifall bei der SPD)

Sie geben sich die Antwort ja selbst, wenn Sie formulieren „oder von wem auch immer“. Natürlich gibt es keinen Gesetzentwurf, in dem die CDU beantragt hat, dass ein bestimmtes Kontingent, von wem auch immer, nach Deutschland kommen kann.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wann haben Sie die Fachkräfte beantragt?)

Sehen Sie, da sind wir wieder bei dem Punkt, den Sie für sich in Ihrer Überheblichkeit in Anspruch nehmen! Seit fünf Monaten erklärt die Wirtschaft, sie braucht diese hoch spezialisierten Fachkräfte mit Hochschulabschluss, die Besten der Besten, die fehlen bei uns.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Jetzt hat die Wirtschaft aber zugestimmt!)

Nach drei Monaten erklärt man, Hochschulabschlüsse sind vielleicht nicht das richtige Kriterium, angeblich weil das zu formalistisch ist, nehmen wir doch eine Gehaltshöhe von 100 000 DM! Da einigt man sich erst einmal im Vorfeld, dann kommt man und sagt, 100 000 DM, also ich meine, so ein hoch spezialierter Inder müsste doch eigentlich im Westen für 76 000 DM und im Osten für 64 000 DM arbeiten. Jetzt kommen die Nächsten und erklären, aber das muss gewerkschaftlich geregelt sein. Ich habe vorhin schon erklärt, lassen Sie uns doch BATTarifgruppen nehmen, das ist das Einfachste.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Seien Sie doch einmal konstruktiv!)

Da sagen wir, die müssten alle mindestens nach BAT I bezahlt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen, wir haben einen Arbeitsmarkt, der über Deutschlands Grenzen ja nun weit hinausgeht innerhalb der EU, 20 Millionen Menschen sind beschäftigungslos.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und wann haben Sie das bean- tragt?)

Herr Güldner, also, Sie sind wie Frau Hövelmann, und was ist mit Herrn Rüttgers!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU — Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Sagen Sie die Ant- wort!)

Wirklich! Also, das ist doch nicht Ihr Niveau! Nun setzen Sie sich schön hin, machen Zwischenrufe, und

dann ist das Thema durch! Das ist ja keine Zwischenfrage.Sie können die Antwort mit nach Hause nehmen, ich habe da nichts beantragt, obwohl ich im Innenausschuss gesessen habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, und jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem. Vor vier Monaten hat die Wirtschaft dies erklärt. Sie erklären sinngemäß, Sie hätten das schon ímmer gewusst, und Sie erklären, Sie hätten es auch gewusst, hätten es aber niemandem verraten, damit Sie hinterher sagen können, die alte Bundesregierung wäre Schuld gewesen,

(Beifall bei der CDU)

und der Rüttgers hat ja keinen gezwungen, das entsprechende Fach an Ingenieurwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Das hat er denen nicht gesagt, also haben die alle Jura studiert oder sind Lehrer geworden, jetzt haben wir den Mangel, aber das sind Rüttgers und Kohl gewesen. Jetzt, nachdem die Wirtschaft erklärt hat, wir schaffen neue Ausbildungsplätze, tun Sie so, als ob Ihre Ministerien das angeordnet hätten, dass die das zu tun haben! Also, sagen Sie einmal, wem wollen Sie das überhaupt erzählen, dass das noch halbwegs glaubwürdig ist?

(Abg. G ü n t h n e r [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage — Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Heiterkeit)

Der Abgeordnete Teiser meinte mit dieser Handbewegung, dass er keine Zwischenfrage zulässt. Herr Abgeordneter Teiser, ich möchte Sie schon fragen, das ist parlamentarisch üblich, dass ich Sie frage, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen oder nicht, und dann können Sie sagen, nein, und dann sage ich das so.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Und keine abfälligen Handbewegungen!)

Ich suche mir die Fragesteller aus!

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, Herr Eckhoff hat völlig zu Recht gesagt, dass es ein Irrglaube ist zu meinen, man könnte hoch spezialisierten Leuten, die sich

in einem anderen Land eine Zukunft suchen, mit ihrer Familie, erzählen, du kannst hier sogar eine Firma gründen und damit Arbeitsplätze für unsere Leute hier, die möglicherweise arbeitslos sind, schaffen, aber nach fünf Jahren packst du dich und deine Firma ein und deine Familie und gehst wieder nach Hause. Das ist doch völlig absurd! Da muss man sich wirklich dazu durchringen zu sagen, diese Leute wollen wir auf Dauer hier haben, die mögen sich nach Möglichkeit nach dem zweiten Takt des Aufenthalts integrieren und dann auf Dauer hier bleiben, da werden Sie bei großen Teilen der CDU nicht auf Widerstand stoßen.

(Zurufe von der SPD)