Protocol of the Session on May 10, 2000

(Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU)

und mit goldenem Pinsel der Erinnerung zeichnenden Beitrag habe ich nicht erwartet.

Natürlich weigern wir uns — wir haben das deutlich gemacht in der Debatte, und wir haben das auch dadurch deutlich gemacht, dass wir diese Anfrage gestellt haben —, die CDU-Politik, die Sie uns mit Ihrem Antrag vorgelegt haben, mitzumachen und umzusetzen. Wir haben dafür gute Gründe, Frau Arnold-Cramer hat diese genannt. Es ist allerdings schon abenteuerlich, und ich bin sicher, Herr Bürger, das glaubt Ihnen keiner in der gesamten Stadt, zu behaupten, die SPD-Fraktion würde sich einer Qualitätsdebatte entziehen, ganz im Gegenteil!

(Beifall bei der SPD)

Ich will nur zwei Punkte herausgreifen. Wir haben 1998, übrigens gemeinsam und in Übereinstimmung, die Richtlinien der gymnasialen Oberstufe verändert. Wir haben in diese Richtlinien aus gutem Grund auf Initiative meiner Fraktion aufgenommen, dass die Schulen verpflichtet werden, eine umfassende Information über Berufsfelder, Strukturen und Anforderungen des Arbeitsmarkts zu vermitteln. Die Frage der Berufs- und Studierfähigkeit ist doch keine, die vom Himmel gefallen ist, sondern wir wissen, dass viele Abgänger der gymnasialen Oberstufe eben nicht orientiert sind und eben nicht den Anforderungen einer Weichenstellung gewachsen und darauf vorbereitet sind.

Sie führen als Beispiel, das finde ich besonders apart, die Green-Card-Diskussion an. Wir haben ja nun morgen die Debatte, aber ich frage Sie ernsthaft, Kolleginnen und Kollegen aus der CDU: Warum haben wir denn diese Debatte? Warum ist es denn so, dass wir nicht selbst diese Stellen besetzen können? Warum müssen wir uns denn auf ausländischen Arbeitsmärkten orientieren, um unsere Zukunftsfähigkeit zu sichern? Das liegt doch mit Sicherheit nicht daran, dass Frau Bulmahn, Bildungsministerin seit nicht einmal zwei Jahren, die Entwicklung verschlafen hat!

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil, von ihr ist sofort gehandelt worden!

Ich möchte es nicht zu sehr verlängern, aber die Art Ihres Beitrags, Herr Bürger, zeigt mir, dass Ihnen mit der erfolgreichen Bildungspolitik, repräsentiert durch Senator Lemke und durch den großen Konsens innerhalb Ihres Koalitionspartners, irgendwie ein politischer Prügelknabe abhanden gekommen ist. Das ist Ihr Problem! Ich sage Ihnen, wir werden diese erfolgreiche Bildungspolitik im Interesse der Jugendlichen fortsetzen. Mich irritieren Ihre Anwürfe, aber sie beunruhigen mich nicht. — Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Bürger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Zachau, ich habe in keiner Weise das Bremer Abitur schlecht geredet.

(Zurufe von der SPD: Doch!)

Nein, ich habe darauf hingewiesen, dass wir möglicherweise, wenn wir nichts in Richtung KMK verändern, den Anschluss in Bremen verlieren und Gefahr laufen, dass unsere bremischen Abiturienten den übrigen Abiturienten im Bundesgebiet hinterherhinken. Genau das möchten wir verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hövelmann, es geht schon um die Qualität, und das stelle ich noch einmal fest, Sie verweigern sich in der Richtung, was die KMK an Möglichkeiten der Umstrukturierung in der gymnasialen Oberstufe zugelassen hat, in jeder Hinsicht.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das ist schlicht falsch!)

Sie waren überhaupt nicht bereit, auch nur einen Punkt unseres CDU-Antrags vom Oktober 1999 zu diskutieren.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Weil der von vorn bis hinten einen falschen Duk- tus hat!)

Das hätten Sie ja dann ändern können, Sie hätten ja Vorschläge machen können! Es ist doch von Ihnen rundweg abgelehnt worden.

Das Dritte, was Sie eben angesprochen haben, Frau Hövelmann, die Green-Card-Diskussion machte doch deutlich, dass wir innerhalb des Bundesgebiets — übrigens ist die Bildungspolitik Ländersache und hat mit Frau Bulmahn gar nichts zu tun — durchaus feststellen müssen, dass gerade in SPDregierten Ländern ein Nachholbedarf besteht. Das ist nun einmal so!

(Beifall bei der CDU — Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der SPD, ein pseudomodernistischer Touch in der Bildungspolitik reicht doch bei weitem nicht aus, um die Zukunft zu gewinnen. Die Qualität, das sage ich noch einmal, kommt in Ihren Fragen und erst recht in den Antworten zu kurz.

Ich will Ihnen auch ein Beispiel sagen. In der Antwort des Senats, darauf sind Sie nicht eingegangen,

Frau Arnold-Cramer, steht etwas über die Schüler, die aus dem Ausland nach der elften Klasse zurückkehren. In der Regel halten sie sich während des elften Schuljahrs im englischsprachigen Ausland auf, USA, Kanada, Australien, Neuseeland, und bringen in der Regel auch sehr gute bis gute Englischkenntnisse mit. Jetzt überlegen Sie, so habe ich jedenfalls die Antwort verstanden, ob man nicht diese Schülerinnen und Schüler vom Englischunterricht in der gymnasialen Oberstufe, was die Auflagen angeht, befreien kann. Damit würden Sie natürlich enorm viel Geld sparen, weil diese Kurse dann nicht mehr belegt werden müssten.

Das passt natürlich so richtig in die Debatte und in Ihre Äußerung von gestern Nachmittag hinein. Bei Ihnen kommt es ja auf eine Million nicht an. Nur, ich finde, hier sparen Sie am falschen Ende. Ich finde, gerade die Schülerinnen und Schüler, die mit guten und sehr guten Englischkenntnissen zurückkommen, müssen auch die Chance haben, in der Oberstufe, in der zwölften und der dreizehnten Jahrgangsstufe, dann auch diese Kenntnisse weiter zu vertiefen, weiter anzuwenden, um auch in der Sprache zu bleiben. Das verhindern Sie damit, und ich finde, das hat schon etwas mit Qualität von Unterricht zu tun und mit Qualität von Schule, und das, sage ich ganz deutlich, ist der falsche Weg, wenn Sie so verfahren wollen.

(Beifall bei der CDU — Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Das ist ja sehr überzeugend!)

Ein weiterer Punkt! Die Erfolgsquote bei den bremischen Abiturienten, Herr Zachau hat das angedeutet, könnte sicherlich größer sein, nicht von den absoluten Zahlen, sondern von der Qualität der Erfolgsquote. Dies darzustellen wäre in der Antwort durchaus Gelegenheit gewesen. Wir vermissen hier eine klare Aussage. Das hätte durchaus, Herr Senator, verknüpft sein können mit der Frage, wo eigentlich der Rest bleibt. Das ist völlig offen. Auch bei der Wiederholerquote, auch zu den Abgängern sagen Sie nichts, was aus diesen Schülerinnen und Schülern wird. Stehen Qualität und Aufwand in einem richtigen Verhältnis? Frau Hövelmann, auch das war ein Punkt, den ich Ihnen vorgeschlagen hatte bei Ihrer Großen Anfrage zur Reform der gemeinsamen Oberstufe, doch das haben Sie ebenfalls abgelehnt.

Woran werden sich die Abnehmer von Abiturienten, Frau Hövelmann, zukünftig orientieren? Sie werden sich natürlich erst einmal an den Formalien orientieren, als da sind fünftes Prüfungsfach, Facharbeit, möglicherweise mit welchem Thema, zweite Fremdsprache, Belegung von Naturwissenschaften, natürlich auch mit Schlüsselqualifikationen und natürlich auch mit den Kopfnoten. Auch da haben wir mit Ihnen einen Kompromiss erzielen können, aber

wir stellen fest, in Niedersachsen wird das flächendeckend mit Beginn des neuen Schuljahres gemacht.

(Abg. B r u m m a [SPD]: Wir sind in Bremen!)

Das werden Qualifikationen sein, meine Damen und Herren, die zunehmend nachgefragt werden, auch nach Bewerbern mit verkürzter Schulzeit, aber da zeigt sich, dass die Stufenschule sich schwer tut mit Kürzungsmodellen. Vertrösten, abwarten und verschieben, meine Damen und Herren, Herr Senator Lemke, das wird nicht ausreichen, und ich sage noch einmal, wir wollen die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler in Bremen nicht verspielen. Lassen Sie uns Rahmenbedingungen für bremische Schüler schaffen, die auch andere Bundesländer ihren Schülern bieten, um zu verhindern, dass bremische Absolventen und Schulabgänger zukünftig benachteiligt sind! Diese Schülerinnen und Schüler müssen mit den Besten erfolgreich in der Bundesrepublik konkurrieren können, und dazu wollen wir beitragen. Ich will Ihnen noch ein Beispiel sagen, was Qualität angeht. Die Grund- und Leistungskurse sind in der Stundenzahl gekürzt worden, ohne dass verbindlich festgelegt worden ist, was denn wegfallen soll, Herr Senator. Es gibt nichts gemeinsam Verbindliches mehr, es fehlt ein Konzept. Wollen Sie da noch von Qualität in der gymnasialen Oberstufe reden? Ich meine, das können Sie guten Gewissens nicht tun. Wenn aber das Verbindliche im Lehrplan fehlt, führt das letztlich dazu, dass man bei den Abituraufgaben sich nur noch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt, aber das kann nicht im Sinne von Schülern und deren Leistungsfähigkeit, Leistungsmöglichkeit und Leistungsvermögen sein. In der Antwort zu Frage vier wird auf die neuen, in der abschließenden Diskussion mit den Schulen befindlichen Rahmenlehrpläne hingewiesen. Diese haben keine inhaltlichen Festschreibungen mehr, sondern nur noch allgemeine Lernziele, Herr Senator. Auch das ist zukünftig ein Negativqualitätsmerkmal, das sage ich ganz deutlich. Dieses Vorhaben halte ich für völlig absurd. Herr Senator, Sie wollen einen diffusen Rahmen vorgeben, und die Schulen sollen dann die Inhalte entwickeln. Schlussfolgerung: Jede Schule darf dann ihr eigenes Curriculum entwickeln. Das kann doch wohl nicht ernsthaft gemeint sein!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Das sind die Ansätze, die am LIS zum Beispiel diskutiert werden und in der Behörde, da müssen Sie sich dann einmal erkundigen!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Es wird so viel diskutiert, zum Glück wird das nicht alles umgesetzt!)

Können Sie sich vorstellen, wie klein die gemeinsame Schnittmenge, Herr Senator, schon an Schulen in einer Region ist, und dann noch an den Schulen im Lande Bremen? Eine Vergleichbarkeit wird dann überhaupt nicht mehr hergestellt werden können. Da sind wir schon der Meinung, wenn Sie denn so verfahren wollen, dann müssen Sie auch entsprechende Abschlüsse und Abschlussprüfungen ermöglichen am Ende der Klasse zehn, und dann müssen Sie auch zum Ergebnis kommen, ein Zentralabitur hat durchaus einen Sinn und einen Zweck.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie darauf hinweisen, dass eine regionale Abstimmung erfolgen soll, sage ich Ihnen nach Rücksprache mit vielen Lehrerinnen, Lehrern und Schulleitern, das wird kaum erfolgen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Stufenschule Qualität und Kontinuität verhindert, zumindest aber erheblich behindert. Die Schnittmengen des gemeinsam Gelernten sind äußerst gering, auch das müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen bei der Qualitätsdiskussion. Was wir brauchen, Herr Senator, sind Verbindlichkeiten für alle Schüler und für alle Schulen, die sind natürlich, das gebe ich zu, pädagogisch-inhaltlich nur schwer zu erreichen und zu einigen. Wir kennen diese schwierigen Diskussionen aus der Vergangenheit. Das ist mir schon bekannt. Nur, Herr Senator, Sie sollten sich nicht scheuen, entsprechend politische Vorgaben zu machen. Das kann man nicht dem Zufall, das kann man nicht der Diskussion auf breiter Ebene allein überlassen.

(Beifall bei der CDU)

Bremen muss, was Lehrplanausgestaltung angeht, nicht das Rad jedes Mal für jedes Fach neu erfinden. Schauen Sie über den Tellerrand Bremens hinaus, übernehmen Sie das, was in anderen Bundesländern bereits vorhanden ist, schreiben Sie das auf bremische Verhältnisse und Anforderungen um, und dann, meine ich, sind wir schon einen großen Schritt weiter!

(Beifall bei der CDU)

Der Kern eines Rahmenlehrplans muss ein verpflichtendes Minimalprogramm haben, muss ein unverzichtbarer Teil und verlässlich für Schüler und Lehrer sein. Das LIS könnte dazu durchaus beispielhafte Ausgestaltungen liefern. Wenn Pisa-Untersuchungen oder andere Leistungskontrollen einen Sinn machen und Vergleichbarkeit hergestellt werden soll, dann ist eine akzeptable und vernünftige Lehrplansituation unabdingbar, Stichwort Qualität von Lehrplaninhalten!

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Das hatten wir vorhin schon!)

Nein, nein! Ich habe noch ein weiteres Beispiel! Die Mängel sind sehr, sehr zahlreich. Nachdem in den letzten zwei Jahren, Herr Senator, keine Substitutionskurse in Bremen eingerichtet worden sind und es auch keine verwertbaren, ich zitiere, Erfahrungen aus den wenigen Bundesländern, die die Einrichtung von Substitutionskursen ermöglichen, vorliegen, meine ich, sollte man auf diese dann auch verzichten. Es hat sich keine gymnasiale Oberstufe in Bremen bereit erklärt, so etwas zu machen.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident!

Substitutionskurse einzurichten war von Anfang an eine abwegige Überlegung, gerade in einer Zeit, in der auch die Fächer und deren Inhalte an Bedeutung zunehmen, um auch eine entsprechende Vermittlung von Grundlagenwissen sicherzustellen, um dann überhaupt zu fächerübergreifendem und fächerverbindendem Lernen zu kommen. Ich meine, das macht das Ganze besonders deutlich.

Meine Damen und Herren, es gibt viele Punkte, die in der gymnasialen Oberstufe zu überdenken sind, das ist eben durch den Zwischenruf noch einmal deutlich geworden. Herr Senator und meine Damen und Herren von SPD-Fraktion, lassen Sie uns gemeinsam die Punkte, die in der Diskussion stehen, auch angehen in wohlverstandenem Sinne für die Schülerinnen und Schüler, um sie zukunftsorientiert in das Leben zu entlassen! — Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn es nicht so aussieht, ich spreche jetzt hier für die große Koalition,