Die elfte Anfrage trägt die Überschrift „Präsenzpflicht für Richter“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Dr. Kuhn, Zachau und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Welche Initiativen zur Änderung gesetzlicher Normen wird der Senat ergreifen, um eine „Präsenzpflicht für Richter“ einzuführen, wie dies der Senator für Justiz und Verfassung Dr. Scherf als seine Absicht erklärt hat?
Der Senat beabsichtigt nicht, Initiativen zur Änderung gesetzlicher Normen zur Einführung einer „Präsenzpflicht für Richter“ zu ergreifen. Richter sind bereits nach geltendem Recht verpflichtet, im Gericht anwesend zu sein, wenn dies zur Erfüllung ihrer richterlichen Aufgaben erforderlich ist. Der Richter hat seine Anwesenheit im Gericht so einzurichten, dass er sein Richteramt ordnungsgemäß wahrnehmen, die anberaumten Termine durchführen, bei neu eingegangenen Sachen und Schriftsätzen die erforderlichen Verfügungen ohne Verzögerung treffen, Eilsachen sofort behandeln und an den Beratungen teilnehmen kann.
Der Senator für Justiz und Verfassung beabsichtigt, im Dialog mit den Gerichten und den Richtern Organisationsformen zu entwickeln, die sowohl in
nerhalb des Gerichts die Zusammenarbeit zwischen Richtern und Service-Einheiten weiter verbessern als auch die Kommunikation zwischen Gerichten und Verfahrensbeteiligten, insbesondere den Rechtsanwälten, erleichtern. Dazu bedarf es keiner Änderung bestehender gesetzlicher Regelungen.
Herr Staatsrat, der Senator für Justiz und Verfassung hat in der Zeitung „Die Zeit“ vom 24. Februar geschrieben, ich darf zitieren: „Wir brauchen eine Präsenzpflicht für Richter“, also eindeutig in dem Sinne, dass sie eingeführt werden soll. Er hat doch damit nicht gemeint, dass der Richter bei der Befragung von Zeugen, bei der Verhandlung und bei der Verkündung seiner Urteile präsent sein soll. Die Beteiligten in Bremen haben es doch richtig verstanden, dass er gemeint hat, er wolle feste Dienst- und Bürozeiten für Richter einführen? Können Sie das bestätigen?
Dass Sie das nicht zu Ihrem Thema machen, überrascht mich keineswegs! Ich sage Ihnen aber in aller Deutlichkeit, dass wir die Justiz bei diesen Fragen nicht außen vor lassen können. Das heißt, uns geht es darum, die Justiz leistungsfähiger und kostengünstiger zu machen. Dazu sind viele Maßnahmen notwendig, und die Einführung der Präsenzpflicht ist ein Beitrag dazu. Es ist mit Sicherheit nicht der einzige Weg. Vor diesem Hintergrund sind die Fragen gestellt worden.
Ich darf wiederholen, Herr Staatsrat, das Ressort will die von mir so beschriebene Präsenzpflicht für Richter, als Pflicht der Richter zu festen Dienst- und Bürozeiten im Gericht anwesend zu sein, einführen?
Es geht nicht um feste Bürozeiten, das ist eine Erfindung Ihrerseits. Es geht darum, dass wir in der eingerichteten Sachverständigenkommission uns darüber unterhalten, wie wir die Leistungsfähigkeit der Gerichte verbessern können. Dazu sind Technik, andere Kommunikationsformen
und vieles andere mehr notwendig. In diesem Zusammenhang wird man auch über die Frage diskutieren müssen, wann in der Tat so etwas wie eine Präsenzpflicht erforderlich ist und was das sein kann. Darüber muss man sich im Einzelnen unterhalten.
Das hängt wohl damit zusammen, dass Sie ein Ergebnis haben wollen, das wir Ihnen heute noch nicht präsentieren können.
Ich habe noch gar keine Frage gestellt, Herr Staatsrat! Lassen Sie mich bitte die Frage stellen: Halten Sie es für richtig, dass, bevor die Kommission überhaupt zusammengetreten ist, der zuständige Senator in der Presse erklärt, was er denn als Ergebnis haben will, unter anderem den von mir zitierten Satz: „Wir brauchen eine Präsenzpflicht“, den alle so verstanden haben, dass er feste Zeiten der Anwesenheit für Richter einführen will?
Ich denke, dass man einen Diskussionsprozess auch so beginnen kann, dass man seine Position sehr deutlich formuliert, und dann muss man einfach abwarten, was am Ende dabei herauskommt.
Die zentrale Frage war ja, ob das mit dem geltenden Recht zu vereinbaren ist. Darf ich Sie fragen, ob Sie der Auffassung des Justizministers von Thüringen, Herrn Dr. Birkmann, der sich ja auch in der letzten Zeit geäußert hat, zustimmen, ich darf zitieren: „Eine Präsenzpflicht für Richterinnen und Richter oder gar die zwangsweise angeordnete Nutzung von Computertechnik“ — in Klammern, das war ja auch angedeutet — „durch Richter sind mit der richterlichen Unabhängigkeit, wie fast jeder Jurist weiß, nicht zu vereinbaren.“?
Ich halte dies für eine Schutzbehauptung. Hinter der Unabhängigkeit kann man sich wunderbar verstecken. Ich glaube nicht, dass
Ja, ich habe eine weitere Zusatzfrage. Ich würde den Staatsrat gern fragen, ob er bereit ist, folgendes Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. November 1990 in seinem Haupttenor zur Kenntnis zu nehmen, in dem das Gericht ausführt, immerhin das höchste Gericht dort: „Es entspricht der herrschenden Auffassung, der sich der Senat“, also des Gerichts, „anschließt, dass der Richter zur Einhaltung allgemein festgesetzter Dienststunden nicht verpflichtet ist. Er hat ebenso wie der Beamte seine ganze Kraft dem Amt zu widmen. Aus seiner Unabhängigkeit, Artikel 97 Grundgesetz, folgt jedoch, dass er, soweit nicht bestimmte Tätigkeiten seine Präsenz erfordern, Sitzungen, Beratung, Abwicklung des Dezernats, Sofortund Eilsachen, seine Arbeit nicht innerhalb fester Dienstzeiten und nicht an Gerichtsstelle zu erledigen braucht. Es handelt sich hierbei um einen Ausfluss nicht der persönlichen, sondern der sachlichen Unabhängigkeit.“ Ich frage Sie, ob Sie bereit sind, diese Ausführung des höchsten Gerichtes, des Bundesgerichtshofes, zur Kenntnis zu nehmen?
Gehen Sie einmal davon aus, dass uns diese Entscheidung bekannt ist. Ich frage aber: Was wollen Sie? Wollen Sie mehr Leistungsfähigkeit in den Gerichten haben? Dann müssten Sie ja eigentlich unserer Initiative zustimmen!
Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass wir hier bestimmte Regularien haben. Sie sind Vizepräsident dieses Hauses, und Sie wissen genau, wie Fragestunden ablaufen. Ich würde Ihnen empfehlen, zu diesem Thema hier dann einen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung dieses Hauses zu setzen, dann könnten wir uns dieses Frage-und-Antwort-Spiel ersparen. Sie stellen jetzt die sechste Zusatzfrage. Es wäre meine Empfehlung an Sie, das zu thematisieren. Ich bitte Sie, dass Sie die Frage des Abgeordneten Dr. Kuhn noch beantworten, Herr Staatsrat!
Ich muss dann noch zur Geschäftsordnung erklären, dass die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft eine Beschränkung von Zusatzfragen nicht vorsieht.
Herr Kollege, wir haben heute 20 Anfragen in der Fragestunde. Ich glaube, Sie müssten mit mir übereinstimmen, dass wir bemüht sein sollten, einen Großteil dieser Fragen auch in der Fragestunde beantwortet zu bekommen.
Die zwölfte Anfrage trägt die Überschrift „Dienstpflichten von Professorinnen und Professoren“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Dr. Kuhn, Zachau und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.