Protocol of the Session on February 23, 2000

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die einzige verständliche Ursache dieses eigenartigen Fehlers einer so hochprofessionellen Verwaltung ist wohl allein die Tatsache, dass Sie um jeden Preis politisch vermeiden wollten, dass jedermann und jede Frau im Gesetzblatt nachlesen kann, dass der Senat künftig aus neun Mitgliedern bestehen

wird statt aus sieben oder aus acht, wie wir vorgeschlagen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, Sie vergrößern heute den Senat, Sie können noch so viel darum herumreden! Er wird, wenn Sie das so durchziehen, aus sieben Senatoren und zwei weiteren Mitgliedern des Senats bestehen, und das gibt zusammengerechnet neun! Sie müssen mir nachsehen, dass dieser Punkt ein bisschen ernst geraten ist, weil es offensichtlich ein Problem ist, das wir noch lösen müssen.

Ich werde wieder nicht so ganz ernst. Wir bedanken uns ganz herzlich beim Bürgermeister und Senator für Justiz und Verfassung, dass die Oppositionsfraktion sich heute an der Debatte über dieses Gesetz beteiligen und auch mitwählen beziehungsweise nicht wählen darf!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Senator für Justiz und Verfassung hatte uns doch im Januar unter Hinweis auf sein Studium erklärt, wir hätten als Opposition kein Mandat dafür, ich darf zitieren, „die Zahl der Senatsmitglieder und dann auch die Besetzung zu entscheiden“. Das, so hat er uns erklärt, wäre sonst ja in der Verfassungsgeschichte ein Novum.

(Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

In der Tat, Herr Dr. Scherf, das ist ein Novum, das ist das Novum der parlamentarischen Demokratie, es ist bloß nicht mehr ganz von heute, Gott sei Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aber das hätten Sie sicherlich auch gewusst, wenn Nachdenken die Oberhand behalten hätte in dieser Sitzung. Aber dann ganz in Ruhe und ohne jede Erregung haben Sie uns noch vorgeschlagen, mit den Staatsräten de Luxe doch an die Tradition der Syndici anzuknüpfen, die ganz früher, jahrhundertelang, im Auftrag des Senats handelten und verhandelten. Das waren ganz sicher ehrenwerte, bedeutende Bürger der Stadt, aber ich glaube, das Ganze spielte doch in der Zeit der vorrepublikanischen Verfassung, das denke ich doch. Aber es ist ja so, dass der Bürgermeister der Stadt sich dieser Zeiten gern und zunehmend lieber erinnert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, vom ersten Senatsantrag von vor einem Jahr, der als verfassungswidrig zurückgewiesen werden musste, und zwar von allen Fraktionen dieses Hauses, über ständige Nach

besserungen und diese unsäglichen Debatten bis zum heute vorliegenden Gesetzentwurf, das ist Murks von Anfang bis zum Ende! Auf diesem Unternehmen liegt kein Segen und schon gar keine Vernunft. Wir werden jedenfalls nicht die Hand dafür heben, und wir hoffen im Interesse des Parlaments, dass die Koalitionsfraktionen sich endlich daran erinnern, dass sie eine eigene und eine selbständige Rolle gegenüber dem Senat wahrzunehmen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Teiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kuhn, nachdem Sie uns zu Beginn Ihres Beitrages ein lustiges Nachspiel versprochen hatten, hatte ich mich schon so ein bisschen darauf gefreut, weil ich dachte, die inhaltliche Debatte ist ja mehrmals hier im Haus und im Ausschuss ausgiebig geführt worden, so dass Ihnen da auch nicht viel mehr hätte einfallen können. Sie sind aber doch mehr oder minder ernst geworden und haben dann versucht zu graben, wo Sie noch irgendetwas finden können, denn Sie wussten natürlich selbst, dass Sie nicht noch einmal mit Ihrem Beitrag aus dem Ausschuss und mit Ihren beiden Redebeiträgen hier in der Bremischen Bürgerschaft heute das Parlament und die Öffentlichkeit hätten beglükken können.

Dass alle Äußerungen aus einer etwas erregten Debatte des Bürgermeisters Scherf heraus nun im Nachhinein noch einmal seziert werden müssen! Es ist völlig richtig, die Rolle und das Selbstverständnis des Parlaments haben sich nicht in jeder Äußerung der seinerzeitigen Debatte so wieder gefunden.

(Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aber Sie wissen auch, warum das so war! Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass das Gesamtverfahren, das haben Sie angesprochen, hätte optimaler ablaufen können.

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: War deutlich suboptimal!)

Bei entsprechenden Vorberatungen enger mit dem Senat zusammen hätte man vielleicht gar nicht erst dazu kommen müssen, Gesetzentwürfe noch einmal so gravierend zu ändern. Aber es ist so, wie es ist, und es ändert auch nichts an der Tatsache, dass wir hier, ich will die Debatte nicht wiederholen, sehr ausdrücklich und nachdrücklich und, ich glaube, auch nachvollziehbar deutlich gemacht haben, aus _______

) Vom Redner nicht überprüft.

welchen Gründen diese Änderung der Landesverfassung sowie die Änderung des Senatsgesetzes erforderlich sind.

Herr Kuhn, ob nun 17 oder 23 Stunden vorher, Sie haben die Rechtmäßigkeit nicht bestritten.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch, das haben wir!)

Insofern befinden wir uns in der Kontinuität der Rechtmäßigkeit, auch Ihre Überlegungen, ob man jetzt hätte hineinschreiben müssen neun Senatoren, können wir rechtlich nicht nachvollziehen. Insofern bleiben wir bei unserer Auffassung. Heute wird die sinnvolle Änderung der Landesverfassung und des Senatsgesetzes ihren Abschluss finden durch die Wahl zweier hoch kompetenter Kandidaten.

Das mit dem Wohnsitz, das Sie vorhin angesprochen haben, war sehr nett, war auch das Erste, was ich heute Morgen in unserer Fraktion gesagt habe, 6000 DM mehr pro Kopf beim Länderfinanzausgleich ist ja auch nicht schlecht. Trotzdem sollte das Senatsgesetz künftig nicht das alleinige politische Mittel sein, um die Einwohnerzahl Bremens zu erhöhen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Mit 60.000 zusätzlichen Staatsräten wäre Bremen wahrscheinlich nicht gedient.

Abschließend noch einmal: Wir stehen nach wie vor als CDU inhaltlich voll zu dieser Änderung der Landesverfassung und des Senatsgesetzes und bitten auch Sie, nach einer kurzen Bedenkzeit noch einmal zu überlegen, ob Sie nicht zustimmen können.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kuhn, das Schicksal im Parlament bringt es mit sich, dass man auch damit leben muss, dass man sich mit seiner eigenen Auffassung nicht durchsetzen kann. Ich habe den Eindruck, Sie können mit dieser parlamentarischen Selbstverständlichkeit nur schwer umgehen.

Zu Ihrer Bemerkung zum Wohnsitz des Staatsrats Bettermann! Herr Dr. Kuhn, was Sie uns hier dargelegt haben, ist schlicht falsch. Schauen Sie einmal in Artikel 107 der Landesverfassung in der jetzt geltenden und von diesem Parlament mit verfassungsändernder Mehrheit beschlossenen Fassung! Da _______

) Vom Redner nicht überprüft.

werden Sie sehen, dass die Zahl der Senatoren durch Gesetz festgelegt werden muss. Das ist der Fall, und das stellen wir heute noch einmal klar mit dem Gesetzänderungsantrag. Dass aber die Zahl der Staatsräte, die zu weiteren Mitgliedern im Senat zu wählen sind, nicht durch ein Extragesetz festgelegt werden muss, sondern dass diese Zahl sich daraus ergibt, dass der Senat entsprechende Staatsräte vorschlägt und diese Zahl nicht größer sein darf als ein Drittel der Zahl der Senatoren im Senat, das ist eine ganz schlichte Feststellung, die sich aus Artikel 107 der Landesverfassung ergibt.

Meine Damen und Herren, wir haben in drei Lesungen die Änderung der Landesverfassung hier ausreichend debattiert. Ich bleibe dabei, ich wiederhole, wir haben eine sinnvolle, eine vernünftige Regelung gefunden, die wir heute in die Praxis umsetzen.

Lassen Sie mich zum Abschluss nur sagen, ich freue mich, dass Staatsrat Erik Bettermann nicht nur weiterhin erfolgreich für Bremen tätig sein wird, sondern jetzt auch richtiger bremischer Staatsangehöriger geworden ist. — Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, die Koalitionsfraktionen hatten auch noch keine Zeit, das Gesetz zu studieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage Ihnen noch einmal, wenn Sie dieses Gesetz so ändern, wie Sie das machen wollen, dann wird erstens oben darüber stehen: „Gesetz über die Mitgliederzahl des Senats“. Es ist kein Gesetz über die Zahl der Senatoren, sondern es ist das Gesetz über die Mitgliederzahl des Senats. Das ist das eine. Da könnten Sie jetzt ja noch sagen, das, was darüber steht, ist nicht immer das, was darin ist.

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich weiß nicht, ob das so ganz richtig ist. Entscheidender ist aber, dass Paragraph 1 dieses Gesetzes dann folgenden Wortlaut haben wird: „Der Senat der Freien Hansestadt Bremen besteht aus sieben Senatoren.“ Das ist auch richtig, aber wenn Sie zwei Staatsräte zu weiteren Mitgliedern des Senats wählen, dann stimmt dieser Satz nicht,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

denn der Senat der Freien Hansestadt Bremen besteht dann nicht nur aus sieben Senatoren, sondern

er besteht aus sieben Senatoren und zwei weiteren Mitgliedern des Senats. Das steht aber nicht im Gesetz!

Sehr geehrter Kollege Böhrnsen, sehr geehrter Herr Teiser, Sie haben das Gesetz offensichtlich gar nicht studiert. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie, wenn Sie das Gesetz heute so verabschieden, nicht in der Lage sein werden, nachher zwei weitere Mitglieder des Senats zu wählen, weil Sie sich das selbst mit dem eben verabschiedeten Gesetz verbauen.