Sehr geehrter Herr Kollege, Sie haben kritisiert, wir hätten die Gastronomen zu stark belastet. Nachdem die Umsatzsteuer von 7 % wieder auf früheren Satz von 19 % zurückgegangen ist, hat die Bayerische Staatsregierung 300 Millionen Euro Mehreinnahmen gehabt. Sie wären glaubwürdig, wenn Sie jetzt die Mehrwertsteuer an die Gastronomie zurückgäben. Aber leichter ist es natürlich, nach Berlin zu zeigen, als das zu tun, was man selbst in der Hand hat.
Lieber Herr Kollege, ich kann nur wieder darauf hinweisen: Den Leuten erst das Geld durch Steuererhöhungen aus der Tasche zu ziehen und dann hinterher wieder neu zu verteilen, das ist der völlig falsche Ansatz. In diesem Bereich zeigt sich, dass es der Branche schwer geschadet hat.
Wir werden – das kann ich Ihnen jetzt noch sagen – diese Mehrwertsteuererhöhung wieder rückgängig machen. Dann bleibt das Geld bei den Gastronomen, damit diese wettbewerbsfähig sind und investieren. Sie haben diese Steuererhöhung gemacht und haben es zu verantworten, dass viele Gaststätten seitdem nicht mehr geöffnet haben. Das ist die Wahrheit.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, erst einmal vielen Dank für Ihre interessanten Ausführungen. Vieles davon ist von unserem Parteiprogramm abgekupfert worden, nicht andersherum.
Kann ich noch reden? Sie haben jetzt auch gemerkt, dass Ihnen die Felle davonschwimmen. Man sieht es: Jetzt haben wir bundesweit über 20 %. Jeder fünfte Wähler da draußen wählt uns. Viele geben sich natürlich nicht zu erkennen. Das ist auch klar. Wahrscheinlich sitzt der eine oder andere auch hier unter den Zuschauern. Was ich aber sagen möchte: Sie haben von uns abgeschrieben. Wir sind für den Binnenmarkt; wir sind für Deutschland. Wir haben zu beiden Seiten, zu den USA und zu Russland, gute Beziehungen.
Wir wollen eine Reform der EU. Das wissen Sie. Sie brauchen das hier nicht zu verfälschen. Ich frage mich nur, mit wem Sie Ihre guten Forderungen umsetzen wollen. Mit Rot, Grün oder doch vielleicht Violett?
Lieber Herr Kollege Lipp, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie es jetzt noch einmal bestätigt haben. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Wer die Europäische Union, den europäischen Binnenmarkt, den Euro infrage stellt und sagt, wir pflegen gute Beziehungen nach Moskau – das haben Sie gerade getan –, und wer Ausländerfeindlichkeit offen vor sich herträgt, der schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, wie es schlimmer nicht geht. Wenn es nach Ihnen geht, macht sich Deutschland zum Spielball der Großmächte. Sie leisten für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts mit diesem Konzept null Komma null Beitrag. Wir hatten in Bayern schon einen erfolgreichen Mittelstand und eine starke Wirtschafts- und Finanzpolitik, da hat es Sie noch gar nicht gegeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Hierzu werden die Anträge wieder getrennt.
Zunächst der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 19/5001: Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der CSU und der AfD. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wer dem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 19/5024 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist das restliche Hohe Haus. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Klaus Holetschek, Michael Hofmann, Prof. Dr. Winfried Bausback u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Felix Locke, Thomas Zöller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Pflegt die Pflege! Ein Weckruf für mehr Aufmerksamkeit - auch und gerade auf Bundesebene (Drs. 19/5002)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute gibt es einen Dringlichkeitsantrag zum Thema Pflege. Warum? – Weil das Thema dringlich ist und weil es vor der Bundestagswahl noch einmal explizit in den Mittelpunkt gerückt werden muss, weil die Menschen da draußen sich für dieses Thema interessieren, weil es ihnen auf der Seele brennt. Es verdient einfach mehr Aufmerksamkeit.
Was bedeutet es für einen Menschen, pflegebedürftig zu werden? Was bedeutet es, wenn man sich im Alltag nicht mehr selbst um alles kümmern kann, wenn man jeden Tag Unterstützung braucht? Versetzen wir uns in die Situation. Wie wertvoll ist es dann, wenn wir einen Menschen haben, der liebevoll pflegt, der einem vertraut ist, der einen bei den intimsten Dingen unterstützt, der Essen eingibt, der Medikamente gibt, sich einfach kümmert, die Wange streicht, die Hand hält, zuhört, mit einem redet, sich mitfreut oder tröstet.
Diesen unglaublich wichtigen Dienst, diesen wertvollen Dienst am Mitmenschen leisten pflegende Angehörige jeden Tag, jede Woche, rund um die Uhr. Dafür verdienen sie höchsten Respekt, höchste Wertschätzung, und deshalb ein ganz großes Vergelts Gott an diese pflegenden Angehörigen!
Über 80 % der Pflegebedürftigen werden in Bayern zu Hause gepflegt. Die Gesellschaft wird älter. Sehen wir uns das an: Die Zahl der Pflegebedürftigen wird eklatant steigen. Wenn wir den Bericht der Barmer anschauen, dann wissen wir, dass für 2040 bereits 870.000 Pflegebedürftige prognostiziert werden; für das Jahr 2060 kann das eine Million Pflegebedürftige bedeuten. Das war absehbar und kommt gar nicht überraschend. Um dieser immensen Aufgabe wirklich gerecht werden zu können, müssen wir gemeinsam intensiv und sofort Lösungen erarbeiten.
Natürlich braucht es eine Pflege der Pflegenden, damit würdevolles Leben auch bis in die letzten Tage möglich ist. Das heißt, wir brauchen attraktive Rahmenbedingungen, wir brauchen attraktive Pflegeberufe. Das heißt, wir brauchen neben ausreichend Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeplätzen auch Notdienste für Engpässe bei pflegenden Angehörigen. Wir brauchen eine Care-Zeit, ähnlich aufgesetzt wie eine Elternzeit. Wir brauchen Lohnersatzleistungen, wir brauchen auch Reha-Angebote für pflegende Angehörige; denn was nutzt der ausgebrannte Pflegende? – Gar nichts. Das muss durch die Krankenkassen auch finanziert werden. Wir brauchen natürlich die üblichen Dinge, die wir schon allgemein für alle Pflegekräfte fordern: Wir brauchen immens weniger Bürokratie, und wir brauchen einen sinnvollen Einsatz von modernen Technologien.
Nicht zu unterschätzen ist der Aspekt der Prävention und natürlich auch gut finanzierte, gut ausgestattete Reha-Angebote; denn jeder einzelne Tag, jeder einzelne Monat, jedes einzelne Jahr, das die Pflegebedürftigkeit nach hinten verschiebt, bedeutet nicht nur einen unermesslichen Gewinn an Lebensqualität für jeden einzelnen Menschen, sondern trägt dazu bei, dass wir dieser Aufgabe gerecht werden können.
Ja, diese Aufgaben müssen finanziell abgedeckt sein. Auch das ist wichtig. Es braucht die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung, die jetzt nach 30 Jahren schon ein gewisses Update notwendig hat. Nachdem die Sozialversicherungsbeiträge nicht ins Unermessliche steigen können, sondern wir die Obergrenze von 40 % einhalten müssen, braucht es sicherlich auch mehr Steuermittel im System.
Wie kann das alles gelingen? – Am besten, wenn alle Akteure, alle Experten – auch die Praktiker im Übrigen – ihr Wissen, ihre Kompetenz und ihre Erfahrung gemeinsam einbringen. Wir fordern daher im Bund die Einrichtung einer Zukunfts
kommission für die Pflege, in der diese vorgenannten Themen dringend bearbeitet werden, die sich diese Themen vornimmt und löst. Neben den Akteuren aus Bund und Ländern gehören dazu alle an den Tisch, die mit dem Thema Pflege befasst sind. Dazu gehören die Kranken- und Pflegekassen, dazu gehören die Anbieter von Pflegediensten, dazu gehören Pflegeexperten, natürlich Vertreter der Pflegeberufe, ganz klar, und ja, auch Vertreter der pflegenden Angehörigen. Es braucht dringend einen großen Wurf. Es braucht dringend eine große Pflegereform, damit Pflege auch in Zukunft menschenwürdig und auch bezahlbar bleibt. Pflege darf auch kein Armutsrisiko sein.
Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und aus der kann sich auch keiner rausziehen; denn das wird jeden Einzelnen von uns betreffen. Wir haben Verantwortung für die Menschen, die sich ein Leben lang – in der Arbeit, in der Familie, in der Gesellschaft – eingebracht haben und im Alter dann selbst Unterstützung brauchen. Lassen Sie uns diese Herausforderung jetzt gemeinsam angehen. Solidarität, Generationengerechtigkeit, Lösungswillen und Umsetzungsstärke sind jetzt das Gebot der Stunde. Es ist Zeit für ein gelingendes und zielführendes Miteinander.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Pflege ist eigentlich das zentrale Thema und die größte Herausforderung unserer Zeit. Leider ist mir die Redezeit von meinem Vorredner ziemlich runtergekürzt worden, sodass das ein ganz kurzer Auftritt wird, obwohl das ein ganz wichtiges Thema wäre. Die CSU und die FREIEN WÄHLER haben mit ihrem Antrag wichtige Punkte angesprochen, die definitiv Unterstützung verdienen, die wir hiermit auch anzeigen.
Bloß reichen Worte allein in dem Fall eben nicht. Es braucht entschlossenes Handeln, und das am besten sofort. Weniger Bürokratie wurde angesprochen. Pflege darf auf keinen Fall ein Armutsrisiko sein. Da sind wir definitiv mit dabei.
Was ich explizit in der Kürze der Zeit rauspicken möchte, ist die Zukunftskommission Pflege. Ja, aber bitte nicht als Verzögerungstaktik. Die CSU fordert eine Zukunftskommission, um die Pflege langfristig sicherzustellen. Das ist eine sehr gute Idee, aber nur, wenn diese Kommission nicht zum Alibi für weiteres Hinausschieben wird. Wir brauchen keine jahrelangen Berichte, wir brauchen Entscheidungen, und zwar jetzt.
Deshalb fordern wir, dass die Kommission klare Fristen hat und dann konkrete Maßnahmen liefert. Innerhalb von höchstens sechs Monaten sollte ein Konzept zur Entlastung von Pflegebedürftigen und Angehörigen vorliegen. Innerhalb von einem Jahr sollte es möglich sein, dass ein Reformpaket zur Sicherstellung der Pflegefinanzierung vorliegt. Eine sofortige Initiative für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege ist absolut unerlässlich.
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Andreas Hanna-Krahl für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als kleine Replik auf die Ausführungen der Kollegin Carolina Trautner: Solange wir dreijährig ausgebildete examinierte Pflegefachkräfte, die danach vielleicht noch eine zweijährige Fachweiterbildung gemacht haben, und solange wir Menschen, die sich für eine akademische Laufbahn im Pflegeberuf entschieden haben, im politischen Diskurs auf Wangenstreicher reduzieren, werden wir dieser Berufsgruppe, die aktuell die größte Gruppe im Gesundheitssystem in Bayern und in Deutschland stellt, definitiv nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, das passt aber eigentlich ganz gut zu diesem Wahlkampfgetöse der CSU. In diesem Dringlichkeitsantrag stehen große Worte; inhaltlich ist er allerdings leer. Schauen wir uns die Wahrheit an. Frau Kollegin Trautner, die Expertinnen und Experten, die Sie zitiert haben und die Sie alle mit einbeziehen wollen, haben in den letzten Jahren alle reihum im Land und im Bund ihre Meinung abgegeben, und zwar seit Monaten. Seit genau diesen Monaten blockiert die Union auf Bundesebene die notwendigen Pflegegesetzreformen.
Ich nenne zuerst das Pflegekompetenzgesetz. Eine zentrale Forderung sämtlicher Vertreterinnen und Vertreter der Berufsgruppe wurde von der Union ausgebremst. Des Weiteren: Pflegeassistenz stärken, Berufsbilder aufwerten, alle Qualifikationen nutzen – das wurde alles von der Union auf Bundesebene blockiert. Pflegekräfte endlich eigenständig arbeiten lassen, statt sie weiter an veraltete Strukturen – Sie erinnern sich: Reduktion auf Wangestreicher – zu binden. – Auch das wurde von der Union torpediert. Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist.
Jenseits meines gerechtfertigten Geschimpfes zurück zum Dringlichkeitsantrag der Union. Was könnte man auf bayerischer Ebene machen? – Wir könnten bzw. die Staatsregierung könnte in Bayern die Pflegeinfrastruktur ausbauen, anstatt sie nur zu verwalten. Sie könnte Pflegestützpunkte einrichten. In den sieben Jahren, die ich im Bayerischen Landtag sitze, reden wir davon, dass wir flächendeckend Pflegestützpunkte brauchen; wir haben sie aber immer noch nicht. Die Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege müssen wir in Bayern massiv fördern. Außer "PflegesoNah" haben wir in dem Bereich nichts im Freistaat. Mobile multiprofessionelle Versorgungsteams müssen wir aufbauen; denn es braucht nicht jeder einen Heimplatz. Präventionsmanagerinnen und Präventionsmanager müssen wir in den Gesundheitsämtern einsetzen. Die Kommunen müssen wir unterstützen, damit sie bei der Pflegeplanung vorwärtskommen. Die Quartiersentwicklung müssen wir vorantreiben, um Pflege wohnortnah aufzustellen. Alternative Wohn- und Versorgungskonzepte müssen wir fördern, weil nicht jede bzw. jeder in ein großes Pflegeheim möchte. Zu guter Letzt müssen wir ein Modellprojekt wie eine bayerische Landespflegegesellschaft, wie wir es seit Jahren fordern, endlich umsetzen.
Langer Rede kurzer Sinn, mein Fazit lautet: Mit diesem Dringlichkeitsantrag macht die CSU hier im Bayerischen Landtag Bundestagswahlkampf, anstatt sachgerechter und zielgerichteter Pflegepolitik. Solche sinnlosen Anträge lehnen wir zu dieser Zeit ab.