Protocol of the Session on July 21, 2021

Keine Frage: Wir wollen und müssen unsere Anstrengungen zum Klimaschutz weiter verstärken. Wir dürfen aber bei all diesen Bemühungen nicht vergessen, dass Bayern ein herausragender Industrie- und Technologiestandort ist. Das soll auch so bleiben. Wir leben vom Export. Wir wollen unsere Klimaziele erreichen. Wir müssen dabei aber auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben.

Unsere Wirtschaft steht aktuell vor enormen Herausforderungen. Viele bayerische Unternehmen und Selbstständige sind durch die Corona-Pandemie immer noch stark belastet. Das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft sind unsere mittelständischen Unternehmen. Sie dürfen nicht abgehängt werden; denn nur der Erhalt von Wohlstand und sozialer Sicherheit schafft auf Dauer auch die nötige Akzeptanz der Menschen für mehr Klimaschutz.

Wer Klimaschutzpolitik gegen die Menschen macht, wird die Menschen auf diesem Weg verlieren. Gegen die Menschen ist in einer Demokratie auf Dauer keine Politik durchzusetzen. Wir müssen die Menschen deswegen mitnehmen.

(Beifall bei der CSU)

Wir sagen deshalb, dass wir Klimaschutz mit Wertschöpfung für unsere Wirtschaft und für die Menschen, die in Bayern leben und arbeiten, verbinden wollen. Für uns als CSU-Landtagsfraktion und die Regierungsfraktionen insgesamt gilt der Dreiklang aus Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz und sozialer Verträglichkeit. Unser Ziel ist und bleibt das ökologische Wirtschaften in einer sozialen Marktwirtschaft.

Der Wirtschaftsstandort Bayern bleibt international nur dann wettbewerbsfähig, wenn wir unsere bayerischen Unternehmen bei der Transformation hin zur CO2Neutralität unterstützen und nicht aus Bayern verdrängen. Dies hätte auch ökologisch ganz große Nachteile und würde uns zurückwerfen.

Ich nenne als ein Beispiel von vielen nur Wacker Chemie Burghausen. Das Unternehmen ist heute Weltmarktführer bei Solarzellen. Wir brauchen eine Energiepolitik, die dafür sorgt, dass Wacker auch in Zukunft noch in Burghausen Solarzellen produzieren kann. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass jedes Solarpanel, das statt in Burghausen in China hergestellt wird, aufgrund anderer Produktionsart in der Produktion bis zu 75 % mehr CO2-Emissionen als hierzulande verursacht und damit den Klimaschutz konterkariert.

Meine Damen und Herren, wenn die Dekarbonisierung am Ende zur Deindustrialisierung in Deutschland und Bayern führt, dann verlieren wir die Arbeitsplätze, verlieren aber auch im Kampf um den Klimaschutz. Das dürfen wir nicht zulassen.

Wir setzen auf Wasserstoff. Wir setzen auch auf saubere Technologien und Innovationen, damit Klimaschutz für Bayern auch zum wirtschaftlichen Erfolg wird. Es ist gut und richtig, dass wir mit der Hightech Agenda Bayern einen wichtigen Grundstein für Forschung und Entwicklung gerade auch in diesem Bereich gelegt haben.

Wir setzen neben dem sinnvollen Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Entwicklung intelligenter Netze, innovativer Technologien und synthetischer Kraftstoffe für die Mobilität der Zukunft. Auch beim nachhaltigen Bauen entstehen enorme Potenziale durch weniger Ressourcenverbrauch, heimische Baustoffe und nachwachsende Rohstoffe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen uns in Bayern seit vielen Jahren bewusst mit Veränderungen des Klimas auseinander. Nötiger denn je sind Klimaforschung auf allen Ebenen und Maßnahmen zur Klimaanpassung. Auch früher hat es schon Unwetter mit katastrophalen Folgen gegeben. An der Ahr, die aktuell so schwer betroffen war, sind extreme Hochwässer beispielsweise aus den Jahren 1910 und 1804 dokumentiert.

Klar ist aber auch, dass wir mit solchen Ereignissen in Zukunft häufiger zu rechnen haben werden, als dies in der Geschichte der Fall war. Die extremen Starkregen der vergangenen Tage haben deutlich gezeigt, dass es hier sehr schnell um wirtschaftliche Existenzen und leider auch um viele Menschenleben geht.

An erster Stelle muss deshalb stehen, den unverschuldet in Not geratenen Menschen jetzt schnell und unbürokratisch zu helfen. Ich danke deshalb der Staatsregierung für ihr Hilfsprogramm für die Hochwassergeschädigten in Bayern, das sie gestern beschlossen hat. Meine Damen und Herren, dies war der richtige Schritt.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen uns darüber hinaus künftig noch besser auf solche Wetterextreme vorbereiten. Wir müssen beispielsweise das Starkregenmanagement noch deutlich verstärken. Ich gebe dem Ministerpräsidenten recht: Lieber Herr Umweltminister, das gilt gerade für Gebiete und Dörfer, in denen man bisher nicht so daran gedacht hat. Wenn ich beispielsweise das Allgäu anschaue und sehe, was in Oberstdorf, in Kempten oder in den Poldern dazwischen gemacht worden ist: Da ist natürlich enorm viel investiert worden. Die Dinge treffen ja aber gerade Städte und Gemeinden, in denen man so etwas seit Menschengedenken nicht erlebt hat und sich somit nicht vorbereitet.

Ich fordere die Wasserwirtschaftsämter deshalb auf – und bin dankbar dafür –, dies voranzutreiben. Es ist nicht so, dass dort nichts geschieht. In meiner Heimat wird eine Gemeinde nach der anderen mit einem Polder oder einem Umlaufgraben geschützt. Wir müssen das weitermachen. Das ist unbedingt notwendig; denn, wie es der Ministerpräsident gesagt hat, auch kleine Flüsse können zu reißenden Tsunamis werden. Wir brauchen deshalb auch hier die entsprechenden Schutzmaßnahmen.

Herr Kollege Hartmann, es geht aber gar nicht zu behaupten, die deutsche Politik habe die Starkregenereignisse der letzten Jahre verursacht oder Armin Laschet sei für die Hitzetoten in Kanada verantwortlich. Das hat immerhin ein Fraktionsvize der GRÜNEN im Deutschen Bundestag behauptet. – Das ist nicht nur in der Sache absurd. Das ist ein schäbiger Wahlkampf, der Naturkatastrophen und deren Opfer zum eigenen politischen Vorteil instrumentalisiert. Wir lehnen das entschieden ab.

(Beifall bei der CSU)

Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Weder seine Ursachen noch seine Folgen machen an irgendwelchen Grenzen halt. Herr Kollege Hartmann, Bayern alleine kann, auch wenn gern der Eindruck erweckt wird, den Klimawandel auch mit noch so großen Anstrengungen nicht aufhalten. Auf Deutschland entfallen gerade einmal 2 % der globalen CO2-Emissionen. Deshalb brauchen wir gerade hier ein international abgestimmtes Vorgehen. Damit ich hier nicht missverstanden werde: Wir müssen und wollen natürlich auch unseren eigenen Beitrag leisten. Aber das Klima können wir nur dann wirksam schützen, wenn auch China, Amerika, Russland, Indien und gerade auch Afrika mit seinem riesigen Bevölkerungswachstum entsprechend mitziehen und entsprechend durch die westliche Welt unterstützt werden, weil sie diese Herausforderung alleine wahrscheinlich nicht bewältigen können.

Entscheidend ist auch: Wir müssen die Menschen mitnehmen, mit Anreizen und Innovationen statt mit Verboten und Bevormundung, wie es die GRÜNEN machen. Kampf gegen Kurzstreckenflüge, Kampf gegen Einfamilienhäuser, Kampf gegen den Straßenbau, Kampf gegen den Fleischkonsum: Das sind Stichworte, die bei den GRÜNEN fallen, wenn es einmal konkret wird in der Klimapolitik. Damit schrecken sie aber viele Menschen ab, statt sie zu motivieren.

Ich sage es noch mal: Wir werden dieses große Ziel nur mit einem Engagement aller Menschen erreichen, und es wird natürlich auch die einzelnen Menschen in gewisser Beziehung treffen. Sie werden ihre Mobilität etwas zurücknehmen müssen, sie werden Energie einsparen müssen. Vielleicht werden sie auch an ihren Ernährungsgewohnheiten etwas ändern müssen. Aber wir müssen sie dazu motivieren und nicht glauben, wir könnten ihnen dies vorschreiben. Ein solcher Plan wird scheitern, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Deswegen ist dies nicht unsere Politik.

Bayern ist bei der Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens auf einem guten Weg, aber natürlich noch längst nicht am Ziel. Wir arbeiten an einem klimaneutralen Bayern, das Klimaschutz, wirtschaftliche Vernunft und soziale Absicherung der Menschen miteinander verbindet. Der Ministerpräsident hat heute den Weg dorthin aufgezeigt. Ich bin davon überzeugt: Erfolgreich beschreiten werden ihn nicht grüne Ideologen, sondern unsere bürgerliche Regierungskoalition in Bayern.

(Lebhafter Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Herr Kreuzer, Sie können am Rednerpult bleiben. Wir haben vier Zwischenbemerkungen.

Ich habe es mir schon gedacht!

Zur ersten hat sich der fraktionslose Abgeordnete Markus Plenk gemeldet. Herr Plenk, bitte.

Herr Kreuzer, inwieweit ist die CSU bereit, auch für den Klimaschutz Grundrechte und bürgerliche Freiheiten einzuschränken?

Klimaschutz muss sich im Rahmen der Gesetze bewegen. Grundrechte einzuschränken ist der falsche Weg. Man muss den Leuten natürlich auch das eine oder andere abverlangen. Das ist ganz klar. Klimaschutz geht nicht kostenlos oder ohne jede Anstrengung des Einzelnen. Aber eine Einschränkung von Grundrechten ist dazu aus meiner Sicht nicht möglich, und ich lehne dies ab.

Danke. – Die nächste Zwischenbemerkung macht der Abgeordnete Prof. Hahn von der AfD-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Vorsitzender Kreuzer, die heutige Regierungserklärung von Ihnen und Herrn Ministerpräsident Söder ist doch unlauter. Ist es denn nicht schändlich, dass Sie so etwas noch nicht mal eine Woche nach dieser Hochwasserkatastrophe hier platzieren und diese selbst mitverantwortete Hochwasserkatastrophe – wir wissen ja, dass wir 160 Tote haben – auch noch für Ihre Klimaideologie – denn das ist ja der Titel heute hier – nutzen? – Das ist doch mittlerweile eine Pauschalausrede. Der Klimawandel dient Ihnen als Ausrede für alles: für Migration, für Artensterben und jetzt eben auch für die Hochwassertoten. Nach der Flut haben Experten vom Deutschen Wetterdienst ganz klar gesagt, dass das eben nicht der Klimawandel, sondern das Wetter ist. Es ist völlig unlauter, das hier in so einen Zusammenhang zu stellen.

Meine Frage an Sie und an Herrn Söder lautet: Ist das nicht ein großes Ablenkungsmanöver, indem Sie mit dem Klimawandel den Umbau unserer Gesellschaft hin zu einer deindustrialisierten Gesellschaft vorantreiben wollen und vom Versagen der Regierungen bei diesem Hochwasser – 160 Tote im Jahr 2021 –

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

– und eine fehlende Warnung – ablenken wollen? Sind das nicht Ablenkungsmanöver?

Zunächst lege ich Wert darauf, dass der Ministerpräsident die Regierungserklärung gehalten hat und ich darauf geantwortet habe. So ist das in einer parlamentarischen Demokratie.

(Zuruf von der AfD)

Was Sie sagen, ist zu kurz gesprungen. Der Klimawandel findet statt. Zusätzliche Erwärmung des Klimas bedeutet Gefahren durch extreme Wetterereignisse. Wie weit das CO2-bedingt ist, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ich glaube, CO2 spielt eine große Rolle. Deswegen müssen wir alles tun, um den Klimawandel, soweit wie es möglich ist, zu bremsen oder zum Stehen zu bringen. Gleichzeitig müssen wir alles tun, um die Menschen auf Ereignisse vorzubereiten. Das ist die Anpassung an das Klima.

Was Sie hier machen, erstens das vollkommen zu leugnen – nach dem Motto: Wir machen nichts –, das ist unverantwortlich und hochriskant für die Menschen. Zweitens können Sie uns doch wohl überhaupt nicht für irgendwelche Ereignisse –

Herr Kreuzer, auch Ihre Redezeit geht zu Ende.

– in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verantwortlich machen. Das ist eine Unverschämtheit und polemischer, mistiger Wahlkampf, den Sie hier betreiben!

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Die nächste Zwischenbemerkung kommt nun vom Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN Ludwig Hartmann.

Sehr geehrter Herr Kreuzer, Sie haben ja gerade den Eindruck erweckt, als ob die Staatsregierung nichts dafür könnte, dass es mit der Windkraft in Bayern nicht vorangeht. Sie haben das mit anderen Bundesländern verglichen. Dass die Windkraft in Bayern nicht vorankommt, das liegt erstmal unstrittig an Ihrem "Windkraftverhinderungsgesetz", an der 10-H-Regel. Das kann man ganz deutlich im Ländervergleich sehen: In Bayern sind pro 1.000 Quadratkilometer 35,8 Megawatt Leistung installiert. In Baden-Württemberg sind es 45,8, in Hessen 107,8. Die Zunahme seit 2018 beträgt in Bayern 1 %, in Baden-Württemberg 14 %, in Hessen 15 %. Das zeigt, dass die Landesebene die Windkraft in Bayern zusätzlich massiv ausbremst. Ich bin ja bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass der Bund auch seinen Beitrag zu leisten hat. Da sind Sie ja auch mit in der Regierung.

Noch ganz kurz ein weiteres Beispiel: Reden wir doch mal von den Genehmigungsanträgen. Das sind doch genau die Punkte, die entscheiden, ob Investoren bereit sind, im Land in die Windkraft zu investieren. In Bayern gab es 8 Genehmigungsanträge 2017; in Baden-Württemberg waren es 42. 2018 waren es in Bayern 8 und in Baden-Württemberg 37. 2019 waren es in Bayern 7 und in Baden-Württemberg 43. 2020 waren es in Bayern 3 und in Baden-Württemberg 20 Genehmigungsanträge, insgesamt also das Fünf- bis Sechsfache wie in Bayern.

Herr Abgeordneter, auch Ihre Redezeit geht zu Ende.

Das zeigt: Man kann auch eine Pro-Windkraft-Politik machen und der Windkraft eine Heimat geben.

Baden-Württemberg hinkt mit 1.000 Megawatt installierter Leistung und viel weniger Anlagen meilenweit hinterher. Die haben einen enormen Aufholbedarf. Deswegen wundert es mich nicht, dass sie auch noch viele geeignete Standorte haben. Wenn Sie von genehmigten Anlagen reden, dann sprechen wir mal wieder darüber, wer wann welche Ausschreibung gewinnt und

was davon gebaut wird. Das ist nämlich das Nächste, über das überhaupt nicht gesprochen wird: Sie haben die Genehmigung in der Tasche und 100.000 Euro ausgegeben, aber das Windrad wird nie zur Verwirklichung kommen.

Wir sind dafür, einzelne Punkte, bei denen das der Fall ist, zu diskutieren. Wir gehen den Weg, die Gemeinden aufzufordern und dabei zu begleiten, die Abstände dort zu verkürzen, wo es tragbar ist. Wir gehen nicht den Weg, den Leuten in den Dörfern die Dinger gegen ihren Willen von irgendwelchen Großkonzernen wie RWE direkt vor die Nase setzen zu lassen.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)