Protocol of the Session on April 15, 2021

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Ulrich Singer für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, geschätzte Kollegen! Der besondere Dank der AfD-Fraktion geht hinaus an alle Menschen in diesem Land, die sich für uns sozial engagieren. Die Menschen in diesem Land lassen sich trotz der aktuell unverhältnismäßigen und teilweise auch schikanösen staatlich verordneten Corona-Maßnahmen und trotz der derzeitigen inakzeptablen Grundrechtseinschränkung nicht davon abhalten, sich täglich aufs Neue für die Gesellschaft und für ihre Mitmenschen zu engagieren, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind.

(Beifall bei der AfD)

Seit Jahren werden die Beschäftigten in der Pflege und in den Sozialberufen in zunehmender Art und Weise in eine Situation gebracht, die auf Dauer so weder physisch noch psychisch zu bewältigen ist. Seit Jahren hören wir die immer gleichen Warnungen. Ende 2019 schlugen bereits Experten Alarm. Schon damals fehlten in Bayern etwa 5.000 Pflegekräfte. Man sprach von großen Versorgungsengpässen und -defiziten.

Der Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, Herr Georg Sigl-Lehner, wies uns im vergangenen Jahr bei einer Anhörung hier im Landtag darauf hin, dass sich auch Bayern in einem besorgniserregenden Pflegezustand befindet, und sagte, es müsse endlich etwas passieren. In Gesprächen mit der freien und öffentlichen Wohlfahrtspflege haben wir vernommen, dass man keine Menschen mehr finden würde, die anderen Menschen helfen wollten. Abgesehen von Lippenbekenntnissen seitens der Politik ist nichts passiert, um diese Situation nachhaltig zu verbessern. Obwohl Sie von den Altparteien die Zuwanderung Hunderttausender angeblicher Fachkräfte in den letzten Jahren beklatscht und gefeiert haben, hat sich der Fachkräftemangel hierzulande im Sozialbereich nur noch weiter verschärft.

(Beifall bei der AfD)

In Wahrheit haben Sie schlicht und einfach Massen illegaler Migranten ins Land gelassen und unser Sozialsystem noch weiter bluten lassen. Da muss natürlich schon die Frage erlaubt sein, ob Sie wirklich die richtigen Menschen ins Land gelassen haben.

Gleichzeitig erleben wir, dass sich gut ausgebildete deutsche Fachkräfte oft für eine Tätigkeit im Ausland entscheiden, zum Beispiel in der nahe gelegenen Schweiz, weil dort die Konditionen schlicht und einfach wesentlich besser sind. Anstatt gerade in einer vermeintlichen Pandemie vulnerable Gruppen vernünftig zu schützen – auch dabei hat die Staatsregierung versagt – und dafür zu sorgen, dass es mehr Beschäftigte in der Pflege gibt, wurde von Ihnen genau das Gegenteil verursacht.

Geschätzte Kollegen, was ist denn das Resultat des letzten Jahres, des Jahrs der Corona-Aussperrungen, des Jahrs der historisch einmaligen Grundrechtsbeschränkungen? Was ist das nicht überraschende Ergebnis? – 9.000 Pflegekräfte in Deutschland haben hingeschmissen; viele davon aufgrund der zunehmend unerträglichen Arbeitsbedingungen.

(Beifall bei der AfD)

Ausgerechnet in Krankenhäusern, in Alten- und Pflegeheimen, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Kinderbetreuung, in der Pflege und in den Gesundheitsberufen fehlen uns die Arbeitskräfte; das aber auch schon vor der angeblich schlimmsten Pandemie aller Zeiten. Man hätte auch schon vor dieser Pandemie und vor dieser aktuellen Krise die sozialen Berufe in Bayern derartig und nachhaltig stärken müssen, um die vom Kollegen Krahl angesprochene hohe Zahl der Ausbildungsabbrüche zurückzufahren, damit zum Beispiel eine Abwanderung ins nahe gelegene Ausland gar nicht mehr attraktiv sein kann. Herr Kollege Huber, die von Ihnen ausgesprochene Selbstbeweihräucherung der CSU hilft uns auch nicht weiter. Der Corona-Bonus ist zwar schön, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein und schon längst verdampft. Wir müssen die Arbeitsbedingungen im sozialen Bereich nachhaltig und dauerhaft verbessern.

Was brauchen wir? – Wir brauchen keine Anerkennung der Leistung durch einen feuchten Händedruck und die Dankesbekundungen, die wir hier alle aussprechen, sondern wir brauchen vielmehr eine echte Anerkennung durch eine angemessene Bezahlung. Was brauchen wir noch? – Wir brauchen allem voran eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung der sozialen Berufe. Das Ansehen der sozialen Berufe muss nachhaltig gesteigert werden. Wir brauchen eine massive Entbürokratisierung. Wir brauchen bessere Arbeitszeiten. Wir brauchen Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Ein Schichtbetrieb bedarf eines höheren Ausgleichs in Form von Geld, aber auch in Form von Freizeit. Wir brauchen im Sozialbereich ganz dringend eine bessere Work-Life-Balance. Denn gerade in diesem Bereich treten oft Depressionen und Burn-outs auf, die auch wieder dazu führen, dass gut ausgebildete Menschen in ihrem Beruf ausfallen und keine Freude mehr daran haben.

Deutschland ist Spitzenreiter, was die Steuer- und Abgabenlast angeht. Liebe Kollegen, auch davon ist der Sozialbereich betroffen; auch hier müssen wir ansetzen. Unsere Beschäftigten brauchen mehr Netto vom Brutto.

Herr Kollege, ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Abschließend sage ich noch ein letztes Wort zu den Plänen der GRÜNEN zur Akademisierung der Pflege. Pflege braucht aktive Menschen, sie braucht Praktiker und eine echte Aufwertung und keine akademisierten Eliten.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Abgeordnete Tobias Gotthardt für die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Yes, we care! Wenn wir das als Politikerinnen und Politiker sagen, dann muss das heißen: Ja, wir sorgen und kümmern uns ganz konkret um die Situation der Pflege und aller sozialen Berufe in unserem Land mit einer verdammt großen Verantwortung. Pflege ist vieles, aber "Pflege ist "#NichtSelbstverständlich", so der Titel der fünfzehnminütigen Sondersendung im Rahmen der Sieben-Stunden-Doku von Joko und Klaas auf ProSieben. Ich nehme an, diese Sendung war ein Stück weit auch Pate dieser Aktuellen Stunde.

Ich habe heute keine sieben Stunden, sondern zehn Minuten, und zwar hier im Plenarsaal und nicht im TV. Dennoch möchte ich diese Zeit nutzen, um meine ganz persönliche, aber auch unsere Lanze für die pflegenden und die sozialen Berufe in Bayern und in Deutschland zu brechen, für Anerkennung und Gerechtigkeit in unseren Heimen, Kliniken, Kitas, in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und, ja, auch daheim am Pflegebett der Oma oder des Vaters. Pflege sorgt an vielen, vielen Orten. "#Menschlichkeit hat ihren Wert", und er ist hoch, wenn wir ehrlich sind. Eigentlich ist er unbezahlbar. Unsere Debatte, die sich vordergründig um Stundenlohn, Überstunden, Burn-out und Überforderung dreht, hat eigentlich einen ganz anderen Kern; sie hat eine ethische Dimension. Ich verweise auf Artikel 1 des Grundgesetzes, die EU-Grundrechtecharta und die Präambel der Bayerischen Verfassung: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." – Genau darum geht es, um nichts anderes, wenn wir heute über die Stärkung der sozialen Berufe reden. Darum muss es auch gehen, wenn wir heute das konkrete politische Handeln in Bayern, vielmehr aber noch das des Bundes bewerten.

Anders als manch anderer hier möchte ich das Klatschen auf den Balkonen zu Beginn der Corona-Pandemie nicht kleinreden. In den meisten Fällen war das ein verzweifeltes, aber doch ehrliches Zeichen, Wertschätzung für all das auszusprechen, was in den sozialen Berufen und in der Pflege geleistet und getragen wird. Viele von uns können sich das sicher noch nicht einmal im Ansatz selbst vorstellen. Die andere, den anderen zu pflegen, zu betreuen, auch in Krankheit, im Alter und in Notlagen für sie da zu sein, darum geht es. Ich selbst durfte nach meiner Schulzeit im Zivildienst einen kleinen, einen klitzekleinen Einblick bekommen. Ich durfte 13 Monate lang in der Tages- und Intensivpflege des BRK-Seniorenheimes in Burglengenfeld mithelfen. Diese wertvolle Zeit prägt mich bis heute. Ich will mich hier aber nicht in Worten verlieren, die am Ende wie das Klatschen am Balkon verhallen. Wir handeln und fordern deshalb hier, nicht auf den Balkonen, endlich eine angemessene Entlohnung von Pflegekräften. Wir brauchen zeitnah den neuen Versuch für einen allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag in der Pflege.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich sehe es dabei wie der Bremer Caritasdirektor Martin Böckmann: Ein allgemeinverbindlicher Tarif wäre der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle einigen, nicht nur die Träger der Einrichtungen, sondern eben auch die Kostenträger. Auch hier, in diesem speziellen Fall gilt, im Kern reden wir über die Menschenwürde. Deshalb fällt es mir – und das will ich hier ganz offen sagen – schwer, die Blockadehaltung der Caritas zu akzeptieren, wohl wissend, dass dahinter institutionelle

Erwägungen stehen und nicht die Ablehnung gerechterer Löhne. Trotzdem: Würde steht über der Institution. Wir brauchen Lösungen und Bewegung.

Aktuell gelten für viele Beschäftigte in der Pflege keine verlässlichen tarifvertraglichen Regelungen, sondern allein der Branchenmindestlohn. Der aber ist weit, weit hinter dem zurück, was die Menschen auch in Deutschland durch ihr solidarisches Klatschen auf den Balkonen unterstützt und eingefordert haben. Sie haben geklatscht, und wir müssen handeln.

Ein weiterer konkreter Punkt, der uns FREIEN WÄHLERN wichtig ist, das ist die Schaffung einer Pflegekammer für die unabhängige Interessenvertretung in der Pflege. Nur durch eine Pflegekammer mit einer verpflichtenden Mitgliedschaft kann ein Gremium geschaffen werden, das ohne Fremdbestimmung auf Augenhöhe mit den Heilberufen für die Interessen der Pflegekräfte eintreten kann. Insbesondere finanziell ist die Pflegevereinigung – und das sagen wir auch in der Rolle als Regierungsfraktion – von der Staatsregierung abhängig. Das ist nicht optimal, das geht besser. Wir haben im Koalitionsvertrag die Evaluation der Vereinigung der Pflegenden in Bayern zur Mitte der Legislaturperiode vereinbart, und wir werden das auch entsprechend tun. Wir FREIEN WÄHLER arbeiten für bessere Rahmenbedingungen für die Pflege, insbesondere für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Pflegekräfte. Wir sind für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen insgesamt, etwa durch eine Prüfung, ob und wie die Einrichtungsträger einen Drei-Schicht-Dienst einführen und durchführen können. Wir sind für das Modellprojekt "Buurtzorg" – Nachbarschaftshilfe – zur Steigerung der selbstbestimmten Tätigkeit von Pflegekräften.

Ich komme zu den Hebammen. Wir waren Motor zur Akademisierung der Hebammenausbildung. Ich erinnere mich noch gut an den gemeinsamen Termin mit Hubert Aiwanger beim Hebammenverband in Regensburg 2017. Seit damals haben wir für die Umsetzung der EU-Vorgaben gekämpft, und wir haben sie zum Januar 2020 in der Regierung erreicht. Herzlichen Dank an Wissenschaftsminister Bernd Sibler für die Umsetzung der Hebammenausbildung an den Hochschulen in Regensburg, Landshut, München und später in Nürnberg, Coburg, Bamberg, Würzburg, Aschaffenburg und Augsburg bei gleichzeitiger Fortführung der beruflichen Ausbildung an den Hebammenschulen bis Dezember 2022.

Hebammen und Entbindungshelfer werden künftig in einem dualen Studium auf ihren Beruf vorbereitet. Das ist gut für die wohnortnahe Geburtshilfe. Sie ist in meinen Augen ein unverzichtbares Element der Daseinsvorsorge. Deshalb haben wir auch das Gründerpaket für Hebammen mit Niederlassungsprämien in Höhe von 5.000 Euro für freiberufliche Hebammen geschnürt. Klar ist: Wir lassen unsere werdenden Mütter am Start jungen Lebens nicht alleine – bayernweit und flächendeckend.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zu den Erzieherinnen und Erziehern: Wir haben in dieser Pandemie ein umfassendes Test- und Impfangebot für Erzieherinnen und Erzieher geschaffen. Das Testen ist nach unserer Auffassung eine wichtige Voraussetzung für verantwortungsvolle Lockerungen und ein möglichst gutes Leben mit dem Virus, bis Corona durch Impfungen und Therapien final überwunden werden kann. Deshalb hat sich die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER bereits frühzeitig mit einem bayerischen Weg heraus aus dem Lockdown und zurück in Richtung Normalität befasst. Testen in großem Umfang ist dabei ein Kernelement unseres Bayernplans. Testen ist sowohl für das Personal an den Schulen und in den Kinderbetreuungseinrichtungen als auch für die Schülerinnen und Schüler sowie für die betreuten Kinder ein wichtiger Beitrag für mehr Sicherheit. Die Selbsttests werden vom Freistaat Bayern über das Gesundheitsministerium kostenlos zur Verfügung gestellt. Übrigens halte ich auch

Testungen für Kinder ab drei Jahren in Kitas für durchaus sinnvoll und durchführbar. Allerdings brauchen wir dafür dringend – und hier geht mein ernster Blick nach Berlin – die Zulassung der Gurgel- und Lollipop-Tests. Wenn inzwischen zwar 30, 40 Schnelltests zugelassen sind, aber etwa 250 noch in der Warteschleife hängen, Tests, die andere Länder seit Monaten bereits erfolgreich einsetzen, dann kann ich nicht zufrieden sein mit der Leistung in den verantwortlichen Amtsstuben in Berlin.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Beschäftigte in der Kindertagesbetreuung bedürfen aufgrund der körperlichen Nähe zu den Kindern des besonderen Schutzes. Sie brauchen deshalb auch so schnell wie möglich den Impfschutz. Die Regeln haben wir entsprechend geändert. Nun aber muss es vor Ort umgesetzt werden. Ich hoffe und gehe davon aus, sehr bald.

Kommen wir zurück zur Wertschätzung. Menschlichkeit hat ihren Wert. Berufe, bei denen es um Menschen geht, müssen angemessen bezahlt werden. Sie sollen eine entsprechende gesellschaftliche Wertschätzung erfahren. Das gilt auch für die frühkindliche Bildung. Aus diesem Grund haben wir ein Bündnis für frühkindliche Bildung in Bayern etabliert. Das Bündnis bietet die Gelegenheit, Kompetenzen zu bündeln mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Kommunen, Trägern und der Staatsregierung. Sie sollen Maßnahmen identifizieren, damit die Kindertagesbetreuung weiter verbessert wird. Dazu zählt auch die leistungsgerechte Bezahlung. Eine wichtige Stellschraube sind die tarifvertraglichen Regelungen. Die Politik kann – und das hat der Kollege von der CSU schon gesagt – hier jedoch nur bedingt Einfluss nehmen. Aufgrund der Tarifautonomie hat die Staatsregierung keine Möglichkeit, direkt auf die Löhne der Beschäftigten in sozialen Berufen einzuwirken. Trotzdem sage ich hier klipp und klar: Wir, die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER, tragen Tariferhöhungen für unsere Erzieherinnen und Erzieher jederzeit voll mit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zusätzlich ergreifen wir weitere Maßnahmen. Wir erhöhen den Leitungs- und Verwaltungsbonus, wir forcieren den Ausbau der Tagespflege und stellen zusätzlich 2.000 Tagespflegepersonen ein. Wir ermöglichen alternative Modelle der Erzieherausbildung über die Fortführung von OptiPrax durch das Kultusministerium. Wir flexibilisieren die staatliche Förderung, um kleine Betreuungseinheiten wie die MiniKita zu fördern.

All das, Kolleginnen und Kollegen, sind nur Schlaglichter unserer Arbeit, um die Situation der Pflegenden und der sozialen Berufe in Bayern zu verbessern. Klar ist aber auch, den Rahmen gibt hier vielfach der Bund vor. Auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen lautet unsere klare Botschaft nach Berlin: Hier sind noch viele, viele Hausaufgaben zu erledigen, Hausaufgaben, die allesamt einem dienen müssen: dem Erhalt der Würde des Menschen in allen Lebensaltern und allen Lebenslagen. Das ist eine große, aber auch eine schöne, eine ehrenvolle Aufgabe des Staates und der Politik. Kommen wir ihr gemeinsam nach, denn "#Menschlichkeit hat ihren Wert".

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Doris Rauscher. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke für das Thema der Aktuellen Stunde. Corona zeigt uns: Die wahren Helden, Heldinnen und Krisenmanager*innen in unserem Land sind all diejenigen,

die in den sozialen Berufen arbeiten. Das breite Spektrum wurde vorher schon genannt. Sie sind insgesamt betrachtet leider schlecht bezahlt, weiblich, aber systemrelevant; denn wenn es hart auf hart kommt, dann sind genau diese Berufsgruppen wichtig, die Berufsgruppen, die sich mit der Versorgung von Menschen befassen. Erzieher*innen werden in der Krise mehr gebraucht als der Rechnungsprüfer, Pfleger mehr als Ingenieure, Krankenhauspersonal mehr als Fondsmanager.

Gerade in den sozialen Bereichen zeigt sich aktuell ganz deutlich: Alles, was bereits bisher auf Kante genäht war, wird so nicht lange halten. Wo das Personal schon im Normalbetrieb knapp ist, fehlt es in Ausnahmesituationen erst recht. Alle diese Themen sind nicht neu. Trotzdem versäumen Sie es immer und immer wieder, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir brauchen Rahmen- und Arbeitsbedingungen, die nicht zum Burn-out führen und die in der Krise nicht auf den Kollaps zulaufen. Dabei sind wir uns doch eigentlich alle einig, wie wir es jetzt schon gehört haben.

Der Anteil der Beschäftigten in sozialen Berufen am Bewältigen der Krise ist enorm. Sie sind – im Übrigen auch ohne Corona – eine wichtige Stütze im Alltag. Das stellen wir alle fest. Jeder von uns ist früher oder später selbst oder indirekt auf Fürsorge, Pflege, Erziehung, Begleitung, also auf Care-Arbeit, angewiesen. Das heißt auch, dass wir vor allem – zumindest derzeit noch – auf Frauen angewiesen sind. 75 % der Beschäftigten in sozialen Berufen sind Frauen. In der Pflege sind es sogar 80 %, also noch ein bisschen mehr. In der frühkindlichen Bildung, in unseren Kitas, liegt der Frauenanteil bei fast 96 %. Die Frauen kämpfen mit hoher Verantwortung und mit prekären und schwierigen Arbeitsbedingungen. Sie leisten viele Überstunden und oft anstrengende Schichtarbeit, sie müssen hohe körperliche und psychische Arbeitsbelastungen ertragen und haben mangelnde Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Sie haben keine Work-Life-Balance und dazu noch eine Bezahlung, die der großen Bedeutung dieser Berufe nicht gerecht wird.

Das alles hat Auswirkungen auf die Rente, weil wenig eingezahlt wird und weil viele wegen der Belastung irgendwann auf Teilzeit reduzieren und dann noch weniger einzahlen. Deshalb ist Altersarmut vor allem auch ein Frauenthema. Das alles zeigt noch mehr: Applaus und warme Worte für die sozialen Berufe reichen nicht aus. Sie brauchen endlich eine strukturelle Aufwertung und verbesserte, krisenunabhängige und nachhaltige Arbeitsbedingungen.

(Beifall bei der SPD)

Ich stelle mir schon die Frage, liebe CSU, wieso so viele Herzwerker ihren Herzensberuf verlassen. Die Attraktivität sinkt, die Arbeitsbelastung wird mehr, die Gehälter aber nicht. Wir, die SPD, wollen eine attraktivere Ausbildung. OptiPrax wurde übrigens mit einem Antrag von der SPD gefordert. Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen. Der Verwaltungs- und Leitungsbonus kam übrigens als Impuls vonseiten des Bundes über das Gute-KiTa-Gesetz. Aus den Reihen der Verantwortlichen auf Landesebene kam wenig. Der Kampf um jede Errungenschaft ist zäh und lang. Wir wollen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung. Wir wollen Beschäftigungsverhältnisse, die eine eigenständige Existenzsicherung ermöglichen, damit die Menschen von ihrem Gehalt auch leben können.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen eine angemessene Bezahlung auf Tarifniveau. Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit von Frauen und Männern. Wir wollen eine Erhöhung der Tarifbindung und eine Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen. Wir wollen eine Erhöhung des Mindestlohns und einen bayerischen Mindestlohn aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten.

Wir haben zehn konkrete Forderungen; denn es muss Schluss damit sein, soziale Berufe automatisch mit wenig Lohn, Burn-out, geringen Karrierechancen und wenig Anerkennung zu assoziieren. Ich sage zum Schluss: Yes we care. Und eigentlich auch: Yes we can.