Wir haben zehn konkrete Forderungen; denn es muss Schluss damit sein, soziale Berufe automatisch mit wenig Lohn, Burn-out, geringen Karrierechancen und wenig Anerkennung zu assoziieren. Ich sage zum Schluss: Yes we care. Und eigentlich auch: Yes we can.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist für die FDP-Fraktion die Abgeordnete Julika Sandt. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute hören, was auf den Intensivstationen los ist, dann müssen wir den Pflegekräften dort von Herzen danken und ihnen unseren höchsten Respekt zollen. Aber auch viele andere Personen in den sozialen Berufen standen in den letzten Jahren und stehen auch noch in den nächsten Monaten vor ganz großen Herausforderungen. Dazu zählen nicht nur alle Pflegekräfte, sondern auch Erzieherinnen und Erzieher, Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, Menschen in der Behindertenarbeit und Sozialarbeiter. Besonders die Jugendsozialarbeiter, die wir stärken wollen und von denen wir noch mehr brauchen, genauso wie Erziehungsberater, Jugendamtsmitarbeiter, Arbeitsvermittler und Schuldnerberater, also alle, die sich um andere Menschen kümmern, sind sehr stark gefordert. Ihnen gilt unser größter Dank. Ihnen allen zollen wir höchsten Respekt.
Care-Arbeit ist mehr als nur ein Job, sie ist eine Herzensangelegenheit. Bei dieser Arbeit wird man oft mit Leid und Verzweiflung konfrontiert und – nicht nur zu Corona-Zeiten, sondern auch sonst – auch mit dem Tod. Die Care-Arbeit geht sehr an die Substanz. Deshalb ist Wertschätzung unermesslich wichtig. Es geht aber um mehr als Wertschätzung. Es geht nicht nur um warme Worte, sondern es geht auch um eine leistungsgerechte Bezahlung und um gute Arbeitsbedingungen.
Eigentlich ist vieles, was unter das heutige Thema fällt, Aufgabe der Gewerkschaften. Wir Freien Demokraten sind große Fans der Tarifvertragsfreiheit, und wir wünschen uns anders als die GRÜNEN, die durch Eingriffe in die Tarifvertragsfreiheit – wir haben gerade ihr Wahlprogramm zu lesen bekommen – die Rolle der Tarifpartner verkleinern wollen, starke Gewerkschaften. Auch das grüne und sozialdemokratische Allheilmittel der Zwangsmitgliedschaft in Kammern ist beispielsweise in Schleswig-Holstein gerade vor die Wand gefahren. 90 % der Pflegekräfte wollen aus der Pflegekammer wieder raus.
Selbstverständlich muss die Politik ihre Hausaufgaben machen. Die Politik hat Hausaufgaben. Gerade in der Pflege haben wir einen massiven Fachkräftemangel. Alleine in Bayern fehlen 5.000 Fachkräfte. In der Altenpflege dauert die Besetzung einer freien Stelle im Schnitt 250 Tage. Fast drei Viertel aller offenen Stellen sind seit mehr als drei Monaten unbesetzt. Viele verlassen ihren Beruf. Dann wird der Personalmangel noch größer, dann entsteht noch mehr Stress, und dann steigen noch mehr aus. Wir müssen dringend diesen Teufelskreis durchbrechen und den Pflegeberuf wieder attraktiv machen. Während die Gewerkschaften dafür sorgen müssen, dass hohe Löhne vereinbart werden, müssen wir in der Politik dafür sorgen, dass diese Löhne bei den Trägern refinanziert werden. Leistung muss sich lohnen. Das gilt auch und gerade in diesen Zeiten für diese Heldinnen und Krisenmanagerinnen!
Im Übrigen werden Menschen auch nicht nur zum Pfleger, weil sie Formulare ausfüllen müssen. Der Bürokratieabbau ist längst überfällig. Digitale Lösungen sind nötig. Wir brauchen aber auch einen besseren Personalschlüssel, eine flexible Kin
derbetreuung, ein besseres betriebliches Gesundheitsmanagement, eine bessere Ausbildungsvergütung, die Herausnahme der Azubis aus dem Personalschlüssel und Ausbildungsprämien. Alles das wären Wege zu mehr Attraktivität des Berufs.
Da es aber bei allen diesen Maßnahmen schwer wird, den Fachkräftebedarf zu decken, brauchen wir ein besseres Einwanderungsrecht. Die Chance, ein besseres Einwanderungsrecht aus einem Guss mit einem Punktesystem zu schaffen, hat die GroKo leider gerade verspielt.
Die Pflegeberufe sind aber nur ein Teil der sozialen Berufe. Auch die Erzieherinnen und Erzieher brauchen Verbesserungen. Jetzt hört man, dass die CSU eine Abschaffung des Anstellungsschlüssels und der fünf Weiterbildungstage plant. Stimmt das? Geht’s euch noch gut? Genau das Gegenteil davon brauchen doch die Erzieherinnen und Erzieher. Der Anstellungsschlüssel muss zu einem Fachkräfteschlüssel weiterentwickelt werden, und Weiterbildung muss zu einem festen Bestandteil des Berufs werden. Das gilt nicht nur für Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch für Tagespflegepersonen, denn die müssen immer noch Urlaub nehmen und tief in die Tasche greifen, wenn sie sich weiterbilden wollen.
Die Verbesserung der Ausbildung ist nun Gott sei Dank beschlossene Sache. Auch wir waren sehr für OptiPrax. Auch hier mussten wir Sie zum Jagen tragen. Wir haben entsprechende Anträge gestellt, und das alles ist nur sehr langsam vorangegangen. Schon jetzt fehlen im Erzieherberuf über 7.000 Fachkräfte. Mit dem Ausbau der Ganztagsschule wird sich dieses Problem noch verschärfen. Das wird noch viel zu wenig berücksichtigt.
Bei den sozialen Berufen denke ich aber auch an die Fallmanager und die Arbeitsvermittler in den Jobcentern. Ein Arbeitsvermittler betreut an die 300 Menschen. Wie kann da noch eine individuelle Betreuung möglich sein? Alles in allem ist im sozialen Bereich eine überbordende Bürokratie festzustellen. Die Sozialgerichte sind überfordert. Es gibt sehr viel zu tun.
Danke schön. – Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Raimund Swoboda. Herr Kollege Swoboda, Sie haben das Wort.
Hohes Haus! Jede Arbeit hat den gleichen sittlichen Wert. Aber welchen Wert hat die Arbeit der Pflegefachkräfte, und ist dieser richtig bemessen? Die Arbeitgeber denken ökonomisch und stellen Kosten, Nutzen und Wertschöpfung in den Vordergrund. Entsprechend schmal sind die Gehälter bemessen. Genau da setzen die GRÜNEN mit der heutigen Aktuellen Stunde an, und zwar auch mit ihrer marxistischen Gedankenwelt, wonach der Mehrwert der Arbeit nicht auf Profit abstellt, sondern auf dessen Bedeutung für die Gesellschaft schlechthin, aber auch für das Individuum. Im Vordergrund sehen Sie, eigentlich übersetzt: Wir leben, um zu arbeiten, nicht: Wir arbeiten, um zu leben.
Was stimmt da jetzt eigentlich bei den GRÜNEN? Sie sehen auf jeden Fall Gerechtigkeit, Sozialität und Solidarität als ideelle, wichtige Wertfaktoren. Sie wollen, dass diese auch ordentlich bezahlt werden. Aber in ihrem Bundeswahlprogramm 2021 hat sich das bisher so nicht niedergeschlagen. Dort ist zwar etwas über gleichen Lohn für Mann und Frau und für die gleiche Arbeit zu lesen, aber die Forderung
bezüglich des Einkommens bezieht sich nur auf die sofortige Anhebung der Mindestlöhne auf 12 Euro. Sie wollen ganz allgemein die Bezahlung anständiger Löhne im Rahmen der tariflichen Mitbestimmung. Konkretes zu unserem momentanen Kernproblem unserer Dienstleistungsgesellschaft findet man aber nicht: nämlich Einkommensverbesserungen für soziale, nicht akademisierte Berufe, die unmittelbar am Menschen wirken. Richtig ist: Wertschätzung, auch Löhne, braucht diesen Wert in guten Tarifverträgen. Die BfA-Statistik weist bei vollzeitbeschäftigten Fachkräften derzeit Nettogehälter –
– von circa 2.000 bis 3.000 Euro aus. Das ist nicht genügend Wertschätzung. Die Folge ist, dass Billigkräfte aus Osteuropa zu uns kommen. Dagegen hilft nur eine Einkommensvitaminspritze materieller Art, die Pflegeberufe wirklich anerkennt.
Danke schön, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Barbara Becker für die CSU-Fraktion. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Herausforderungen der Corona-Krise haben offenbart, dass wir etwas angehen müssen. Deutsche Krankenhäuser sind nicht, wie die in Italien oder New York, völlig kollabiert. Unser Kliniksystem konnte in kurzer Zeit in einen Krisenmodus umschalten. Wem ist das zu verdanken? – Den Beschäftigten in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen, die der Gesellschaft vor Augen geführt haben, was der viel zitierte Begriff "systemrelevant" wirklich bedeutet. Sie sind es auch, die jetzt, gerade in diesen Minuten, auf den Intensivstationen um Menschenleben kämpfen. Sie sind es, die in den Arztpraxen Impfungen und Tests organisieren, um uns aus dieser Krise herauszuführen. Pflegefachberufe und medizinische Berufe sind nicht nur in der Corona-Pandemie wichtig. Deshalb muss es ein zentrales Anliegen sein, den Fachkräftemangel in diesem Bereich entschieden anzugehen und die Attraktivität der Berufsbilder weiter zu verbessern.
Manche mokieren sich über den Applaus. Der Applaus für die Pflegekräfte war und ist für viele die einzige Anerkennung, die sie aussprechen können. Wir hier im Parlament sind sozusagen die Übersetzer dieses Applauses in konkrete Maßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel der Zugang zur Ausbildung. Mit der Einführung des Studiengangs Pflegemanagement hat schon 1995 die im selben Jahr gegründete Fakultät Gesundheit und Pflege an der KSH in München den historisch ersten Pflegestudiengang in Bayern initiiert. Die Akademisierung ist seit 2012 durch Europarecht beschlossen, und wir haben sie in Bayern auch umgesetzt. Gut ist die von der Branche unbedingt gewünschte generalistische Ausbildung, in der die Altenpflege bereits schon enthalten ist, liebe Vertreter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Der Zugang zur Ausbildung wird durch mehr Berufsfachschulen für Altenpflege erleichtert. Das kommt aus einem Antragspaket der Christsozialen aus dem Jahr 2018. Richtig ist auch, dass die Arbeitsbedingungen weiter verbessert werden müssen. Kurz gesagt: Stunden runter, Euros rauf! Wobei "Stunden runter!" den Pflegekräften viel wichtiger ist. Sie brauchen verlässliche, planbare Arbeitszeiten deutlich unter 40 Stunden pro Woche. Dazu gehören aber auch kreative Ideen wie zum Beispiel die bayernweit einmalige Genossenschaft "Habt ein Herz für soziale Berufe!", die im Landkreis Dachau Wohnungen anmietet und an Angehörige sozialer Berufe weiter vermietet.
Deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir Christsoziale energisch die Umsetzung unserer Anträge aus dem Sommer 2018 verfolgen, als Corona noch eine Biersorte
war. Der Titel des Antragspakets war "Fachkräftemangel bekämpfen – Pflegequalität stärken". Darin ging es um die Tarifwende in der Pflege, um bessere Bezahlung für Pflegekräfte, um die Verbesserung des Pflegepersonalschlüssels. Es ging darum, die Bürokratie zu verringern. Da müssen wir auch über den Auftrag an den MDK und seine Haltung gegenüber Pflegekräften nachdenken. Es ging auch um ein Stipendienprogramm, um den Zugang zur Ausbildung, um Entlastung der Pflegekräfte durch Digitalisierung, wie es vorhin Ministerin Gerlach gesagt hat: Weg mit der Zettelwirtschaft! Mehr Zeit für die Patienten!
Wir als CSU wollen aber auch die Medizinischen Fachangestellten besserstellen, das erste Lächeln, das die Patienten beim Betreten der Praxis sehen. Das ist eine bisher wenig beachtete Berufsgruppe, die unersetzlich für die Gesamtleistung der Arztpraxen ist. Offene Stellen können oft nicht nachbesetzt werden. Der Verbleib im Beruf ist eher gering, die Abbrecherquote ist hoch bei einem Berufsbild, das für Berufsanfängerinnen eigentlich immer noch sehr attraktiv ist. Was wünschen sich die MFA selbst? – Eine bessere Wertschätzung des Berufsbildes. Das drückt sich auch in besseren Gehältern, aber vor allem auch in besseren Aufstiegschancen aus, in der Gleichstellung mit den stationären Kräften, zum Beispiel beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Das haben wir als Christsoziale zum Thema gemacht und vorgestern für die MFA eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet: Tarifsteigerungen müssen von den Kostenträgern übernommen werden. Die Ausbildung muss verbessert und aktualisiert werden. Wo ist beispielsweise der Bereich Telemedizin? Nötig sind Maßnahmen, mit denen sich MFA in diesem auch körperlich anspruchsvollen Beruf gesund und fit halten können, und Weiterbildung, die Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet.
Wir sind uns einig, dass wir die Pflegeberufe, die medizinischen Berufe, weiter stärken müssen, dass wir mehr Menschen für diese tollen Jobs begeistern müssen. Yes we care, ist ein guter Impuls. Was wir als Christsoziale anbieten, ist: Yes we can! Wir Christsoziale können gemeinsam mit Ihnen für die Gesundheits- und Sozialberufe noch viel erreichen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Johannes Becher. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Immer wieder sonntags und auch heute wieder ein paar Mal in dieser Debatte habe ich Sätze gehört wie: Die Fachkräfte in den Kitas verdienen Wertschätzung für ihre wichtige Arbeit. – Nur fragt man sich halt: Wie fühlt sich diese Wertschätzung in der Praxis an? Ist es so, dass die Fachkräfte in der Kita von der Gesellschaft eine hohe Wertschätzung bekommen? Ist es so, dass man Erzieherinnen und Erziehern zuhört, dass man sie ernst nimmt, dass man Arbeitsbedingungen und Qualität in der Kita strukturell verbessert? – Nein. Die Realität schaut anders aus. Das zeigen nicht nur die Rückmeldungen, die ich bekomme, sondern auch Studien und Befragungen. Ich möchte bloß eine zitieren, die Studie des DKLK, der regelmäßig Befragungen macht, Befragungen zur Wertschätzung und zur Anerkennung von Kitaleitungen. 76 % der Kitaleitungen sagen zum Beispiel: In der Gesellschaft gibt es ein realitätsfernes Bild frühpädagogischer Arbeit. 76 %! Wie schaut es mit der Wertschätzung durch die Politik aus? – 2019 haben sich 3,4 % der Kitaleitungen angemessen wertgeschätzt gefühlt. 2020 waren es 2,9 %. Es gibt zu wenig Wertschätzung, und die Wertschätzung kommt in der Praxis überhaupt nicht an. Es fehlt an Zeit, es fehlt an Gehalt, und die Fachkräfte arbeiten an der Belastungsgrenze. Das ist die Realität, und die muss man ganz klar so ansprechen.
Wenn man das hört, erkennt man, dass dringend Handlungsbedarf besteht. Unsere Fachkräfte in den Kitas verdienen eine tatsächliche Wertschätzung, und das bedeutet auch mit Blick auf die Kinder bestmögliche Arbeitsbedingungen. Die ersten Jahre im Leben eines Kindes sind unwahrscheinlich relevant. Das ist das Geschenk, das wir unseren Kindern für ihre Entwicklung der nächsten Jahre, für ihre Zukunftschancen und für ihre Bildung mitgeben, und deshalb ist klar, dass die Menschen, die diese wichtige Aufgabe erledigen, gute Arbeitsbedingungen haben müssen, damit ihnen diese Aufgabe Spaß macht und damit sie die bestmögliche Qualität abliefern können. Das ist der Anspruch, den wir als Politik haben müssen, meine Damen und Herren!
Was können wir tun? – Erstens. Wir müssen für mehr Zeit und für mehr Entlastung sorgen. Es bedarf dringend einer Anpassung der Fördervorgaben. Für ein Elterngespräch, für die Vor- und Nachbereitung, für die Dokumentation muss Zeit zur Verfügung stehen. Das muss einkalkuliert sein. Herr Kollege Huber, es braucht tatsächlich kleinere Gruppen und mehr Fachkräfte. Dazu stehen wir als GRÜNE, und dass die CSU das anders sieht, wissen wir. Uns hindert das aber nicht, weil kleinere Gruppen tatsächlich ein Schlüssel sind, den wir hier haben.
Es braucht auch Entlastungsstrukturen für ältere Mitarbeiterinnen, weil sie, wenn die Belastung zu hoch wird, aufhören. Außerdem braucht es eine Stärkung der Leitungen mit zusätzlichen Zeitkontingenten, weil sich die Menschen nicht zerreißen können.
Zweitens. Es bedarf Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten; denn es geht grundsätzlich darum: Wie schauen die Weiterbildung und die Aufstiegsperspektiven für Kita-Fachkräfte aus? Gibt es irgendwann endlich Funktionsstellen mit Schwerpunktaufgaben? Es geht auch um mehr Vielfalt in den Kitas. Wir brauchen mehr Männer – die Kollegin Rauscher hat das angesprochen –; eine rare Spezies, aber wir brauchen mehr von ihnen. Außerdem brauchen wir mehr Menschen mit Migrationshintergrund bei den Fachkräften. Das ist ein Ziel. Des Weiteren geht es darum, Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen in die Kitas zu holen. Wenn die Rahmenbedingungen attraktiv sind, dann schaffen wir das, und dann schaffen wir hier Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten.
Drittens. Wir müssen die Ausbildung weiter ausbauen. Sie haben die Ausbildung verkürzt. Ich hoffe, das bringt den gewünschten Effekt und wir verlieren nicht an Qualität. Entscheidend ist zwar auch, dass wir die räumlichen Kapazitäten zur Verfügung stellen und dass wir die Lehrkräfte haben, damit die ganze Geschichte nicht verpufft, aber wir müssen mehr ausbilden. Außerdem müssen wir die OptiPrax-Träger dabei unterstützen, das OptiPrax-Modell anzunehmen. Ich glaube, hier gibt es noch viel Potenzial.
Mehr Zeit und mehr Entlastung, Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten, diese Ausbildung weiter ausbauen – das ist der Weg, meine Damen und Herren!
Das wäre das, was aus unserer Sicht konkret zu tun ist. Gleichzeitig müssen wir auch an der Wertschätzung arbeiten. Es gilt, nicht immer nur von Systemrelevanz zu reden, sondern sie zu leben, und dazu wird es ein wenig mehr brauchen als ein Influencer-Video und eine Herzwerker-Kampagne, die, ehrlich gesagt, mehr schlecht als recht ist. Eine echte Wertschätzung schaut anders aus, und eine echte Wertschätzung ist auch dringend erforderlich.
Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an diesem Thema dauerhaft dranbleiben, weil wir unsere sozialen Berufe wegen der Fachkräfte und im Sinne der gesamten Gesellschaft für ein Netz, das uns alle trägt, stärken müssen. Vergessen Sie das nicht!
Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Der nächste Redner ist für die CSU-Fraktion der Abgeordnete Prof. Dr. Winfried Bausback. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon von einigen Vorrednern gesagt: Es ist ein gutes Thema. Es ist ein zentrales Thema und eines, bei dem uns unter anderem, aber auch im Besonderen die Corona-Krise darauf hinweist, wo es in Deutschland und in Bayern Strukturen gibt, die wir als Lehre aus der Pandemie verändern, verbessern müssen.
Positiv an der Debatte finde ich, dass wir demokratischen Fraktionen uns bei den grundsätzlichen Zielen einig sind. Die Ausnahme ist, ehrlich gesagt, wieder einmal der Kollege Singer. Ich kann wirklich nicht begreifen, dass in einer Situation, in der in den Krankenhäusern und auf den Pflegestationen die Intensivkrankenschwestern und in den Kindertagesstätten die Pflegerinnen und Pfleger täglich mit dieser Pandemie konfrontiert sind und sich gemeinsam mit den Trägern über eigene Schutzmaßnahmen Gedanken machen müssen, ein Redner der AfD im Rahmen dieser Aktuellen Stunde von einer "vermeintlichen" Pandemie, von übertriebenen Maßnahmen reden kann. Eine Krankenschwester, die auf der Intensivstation in Aschaffenburg tätig ist und die das hört, fühlt sich, glaube ich, ohnegleichen veräppelt. Da hätten Sie besser geschwiegen, als hier mit so einem Beitrag aufzuwarten, Herr Kollege.
Kolleginnen und Kollegen, bei dieser Debatte ist hingegen nicht schön, dass manche hier versuchen, ein politisches Spielchen zu betreiben. Wir sind uns einig: Die sozialen Berufe brauchen mehr Wertschätzung. Wir wissen aber auch alle, dass die Gehaltsstrukturen von der Politik nicht direkt beeinflusst werden. Natürlich brauchen wir Verbesserungen in den Strukturen der Kindergärten. Ich bin selber stellvertretender Vorsitzender eines Kindergartenträgervereins im Ehrenamt und kann die Strukturen der Praxis ein wenig nachvollziehen. Allerdings ist es nicht richtig, Kolleginnen und Kollegen, wenn man so tut, als sei überhaupt nichts passiert.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus dem Bereich der Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten nennen. 2006 hatten wir 21.803 Fachkräfte und 21.884 Ergänzungskräfte, von denen 17.068 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger waren. 2020 haben wir 54.946 Fachkräfte, 51.356 Ergänzungskräfte, davon 37.738 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger. Wir haben bei den Fachkräften also eine Steigerung um 131 % und bei den Ergänzungskräften um 134,7 %. Man sagen kann, dass in den vergangenen 14, 15 Jahren Gravierendes passiert ist, weil sich natürlich auch die Gesellschaft gravierend verändert hat.