Protocol of the Session on March 13, 2019

Bayern barrierefrei, was für ein hochgelobtes Ziel. Dafür hat Ihre Partei längst die Marke 2023 gesetzt. Aber wo bleibt denn die Barrierefreiheit? – 835.000 Euro für kleine Baumaßnahmen – ist das ein Witz? Sie zählen im Einzelplan 10 alles zur Barrierefreiheit, damit dieser Plan überhaupt nach etwas ausschaut. Die Linienbusse tauchen zum Beispiel gleich dreimal im Haushaltsplan auf, nämlich beim Klimaschutz, bei der Mobilität und bei der Barrierefreiheit. In Wirklichkeit ist das nur eine Ersatzbeschaffung. So wird getrickst. Es wäre schön gewesen, wenn Sie dreimal so viel dafür ausgegeben hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Investitionen an unseren Schulen für die Barrierefreiheit im Bestand sind mit der Gesamthöhe von 11 Millionen Euro im ersten und 13,3 Millionen Euro im zweiten Jahr geradezu lächerlich. Das reicht für einen Handlauf an jeder Schule, dann ist es schon wieder aus mit dem Menschenrecht der Teilhabe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unterstützen Sie endlich unsere Kommunen bei der Nachrüstung öffentlicher Gebäude. Wir GRÜNE haben schon für den letzten Doppelhaushalt 20 Millionen Euro gefordert. Mit Ihrer Verweigerungshaltung schaffen Sie nur einen weiteren Investitionsstau.

Nennen Sie mir bitte einen guten Grund für den zweiten Dienstsitz des Gesundheitsministeriums in Nürnberg. Dieser ist völlig überflüssig. Allein die Mieten und Pachten steigen dadurch um eine weitere Million Euro. Herr Ministerpräsident, das ist ein sinnfreies Projekt, rein zur Selbstdarstellung in Ihrer eigenen Heimat. Ich nenne gleich noch ein weiteres sinnfreies Projekt, nämlich den Umzug des Staatsarchivs nach Kitzingen mit dem dazugehörigen Neubau. Das alles für knapp 20 verlagerte Arbeitsplätze. Die ohnehin schon exorbitanten Kosten in Höhe von 33 Millionen Euro sind bereits auf 50 Millionen Euro gestiegen. Das zeigt ein weiteres Mal, wie wenig kostenbewusst die Staatsregierung mit öffentlichem Geld umgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind uns sicher einig: Ein mit gewaltiger Wucht auf uns zudonnerndes Problem ist die Pflege. Das ist keine Überraschung. Schauen Sie sich um: Pflegekräfte, Betroffene und Angehörige, sie alle sind am Limit. Und warum? – Erst in der vergangenen Woche wurden über 100.000 Unterschriften für das Volksbegehren für eine bessere Pflege übergeben. Jetzt gibt es aber das Landespflegegeld. Jetzt werden jedem Pflegebedürftigen über das Landespflegegeld ein paar Scheine in die Hand gedrückt. Haben wir dadurch nur eine einzige Pflegekraft mehr? – Nein.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tanja Schorer-Dremel (CSU): Sie haben keine Ahnung! – Alexander König (CSU): Informieren Sie sich erst einmal, bevor Sie zu reden anfangen! – Ministerpräsident Dr. Markus Söder: Das ist menschenverachtend!)

Sie wissen ja nicht einmal, wie viel Euro das versprochene Landespflegegeld ausmacht. Das steht auch so in Ihrem Entwurf: "Unklarer Bedarf", "Flexibilität im Haushaltsvollzug". Ich bitte Sie: Flexibilität bei angesetzten 748 Millionen Euro in zwei

Jahren. Was hätten wir für 748 Millionen Euro in zwei Jahren in der Pflege alles auf den Weg bringen können?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und dann gibt es gleich noch eine neue Behörde, die nur dafür da ist, um das Geld auszuzahlen. Auch diese Stellen wären besser in die Pflege direkt investiert worden. Und jetzt haben Sie, liebe FREIE WÄHLER, auch noch einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz festgezurrt. Wie das geht, darüber sollen sich die Kommunen den Kopf zerbrechen. Sie wissen ganz genau, dass nur belegte Pflegeplätze bezuschusst werden. Wie sollen da unsere Kommunen leere Plätze für den kurzfristigen Bedarf vorhalten? – Auch hier bräuchten wir Personal und keine Taschengeldverteilung an die Betroffenen. Was nützt das Landespflegegeld, wenn ich für meine Angehörigen keinen Pflegeplatz finde?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Brauchen Sie zu jedem Thema, das unserer Gesellschaft auf den Nägeln brennt, erst ein Volksbegehren, damit Sie aktiv werden? Das scheint Ihnen alles nicht so wichtig zu sein.

(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Wir lehnen das Volksbegehren wenigstens nicht ab!)

Das zeigt auch die peinliche Situation bei der versprochenen Schulgeldfreiheit für Heilmittelberufe. Erst haben Sie versprochen, dass das Schulgeld abgeschafft wird, und dann fliegt das Ganze wieder aus dem Haushalt raus. Die Schulen vor Ort, die angehenden Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern hatten sich auf Sie verlassen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Man kann gebührenfreie Kitas, Baukindergeld, Landespflegegeld und Familiengeld einführen. Das kann man alles machen, wenn es mal richtig läuft. Aber zuerst brauchen wir Erzieherinnen und Erzieher, Wohnungen, Pflegeplätze und das Personal dafür. Erst dann kann übriges Geld mit der Gießkanne verteilt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun komme ich zum Stichwort "personelle Unterbesetzung". Bei der Justiz sind der Mittelbau und der Unterbau nach wie vor schlecht ausgestattet. Für eine funktionierende Justiz sind aber nicht nur genügend Richterstellen, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Rechtspfleger, Verwaltungspersonal, Justizvollzugsbeamte, Anwärterinnen und Anwärter notwendig.

Das Gleiche gilt für unsere Finanzämter. Sogar die Bayerische Finanzgewerkschaft fordert mittlerweile nicht mehr so viel. Dort wurde nämlich erkannt, wie tief schon jetzt in die Rücklagen gegriffen wurde. Derzeit macht die Schaffung zusätzlicher Stellen auch überhaupt keinen Sinn, weil schon so viele vorhandene Stellen unbesetzt sind. Wir müssen mehr junge Leute ausbilden, diese gut bezahlen und an uns binden. Wir müssen dafür sorgen, dass Fachwissen nicht abwandert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch ein gebrochenes Versprechen: In der letzten Legislaturperiode gab es eine interfraktionelle Entschließung. Demnach sollte der Zugang zu Bildung für alle offen sein, auch für Erwachsene. Das ist auch logisch; denn bessere Bildung auch von Erwachsenen dient der Sicherung der Demokratie. Am Konzept für die Erwachsenenbildung waren alle vier Fraktionen beteiligt, und alle waren sich einig, die Volkshochschulen in den kommenden Jahren strukturell zu unterstützen. Diese Erklärung war eine Sternstunde des Parlaments. Sie wurden dafür geehrt und haben dafür einen Preis bekommen. Dabei geht es um 5 Millionen Euro im Jahr. Was ist geschehen? – Der Posten wurde kurzfristig

aus dem Haushaltsplan gestrichen. Herr Minister Piazolo – er ist gerade nicht im Saal – war bei den Gesprächen für die Entschließungserklärung dabei. Auf was soll man sich noch verlassen können, wenn nicht auf das gemeinsame Wort von Regierung und Opposition?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Verlassen Sie sich darauf: Wir werden alles tun, damit diese Beträge wieder in den Haushaltsplan kommen, damit unsere Volkshochschulen, die eine so wichtige Arbeit für unsere Gesellschaft leisten, nicht im Regen stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Seit Neuestem sind Sie für den Klimaschutz in Bayern. Ich möchte gleich fragen: Warum sind im Haushaltsplan so wenig Mittel für die Nahwärmenetze zu finden? – Unsere Kommunen und Landkreise brauchen Zuschüsse für nachhaltige Mobilitätskonzepte und das Flächenmanagement. Wir brauchen in den Landkreisen Energieagenturen. Die Bürgerinnen und Bürger sind für den Klimaschutz längst bereit, aber sie brauchen Hilfestellung vor Ort.

Sie haben viel über die Bauern und deren Rolle für die nachhaltige Landwirtschaft und den Artenschutz gesprochen. Fördern Sie dann bitte die entsprechenden Maßnahmen, und zwar ordentlich. Fördern Sie Öko-Modellregionen, entfristen Sie endlich die Försterstellen für den Waldumbau, kümmern Sie sich um die Umsetzung der Stellen für die Bergwaldoffensive! – Das wären nachhaltige Maßnahmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und zum nachhaltigen Gewässerschutz in Bayern. Interessieren Sie diese Themen nicht? Bayern ist völlig in Verzug mit der Umsetzung dieser Richtlinie.

Seit Kurzem fahren Sie auch noch gerne S-Bahn. Haben Sie schon bemerkt, wie fehleranfällig und unzuverlässig das ganze System ist? Ganz oben auf der To-doListe steht Folgendes: Verkehrsverbünde fördern und günstigere Tarife für die Pendlerinnen und Pendler, die bislang mit dem Auto gefahren sind. Verkehrsverbünde müssen endlich in ganz Bayern geschaffen werden, um den vorsintflutlichen öffentlichen Personennahverkehr auf dem Land ins 21. Jahrhundert zu holen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Schienenpersonennahverkehr muss ausgebaut werden. Außenäste und Ringe sind notwendig. Wir müssen noch viel stärker ausbauen. Dies muss auch in freiwilliger Vorfinanzierung durch den Freistaat geschehen. Wir müssen viel höhere Bestellerentgelte für die Bayerische Eisenbahngesellschaft einkalkulieren. Die Züge werden nämlich nur so gut fahren, wie sie der Staat bestellt. Ich würde sagen: Schicken Sie sich, bevor auch hier der letzte Zug abgefahren ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wo bleiben denn die nennenswerten Investitionen in den Radverkehr über das derzeit homöopathische Maß hinaus? Für Vorschläge stellen wir Ihnen gerne unsere Anträge zur Verfügung.

Nun komme ich zum Pensionsfonds. Eigentlich hätten Sie in all den Jahren schon viel mehr in den Pensionsfonds einzahlen müssen. Ihre Schuldentilgung ist nämlich ein Ersatz für den Pensionsfonds, den wir brauchen, weil so viele Personen eingestellt worden sind. Wie wollen Sie die Lücke in der Altersversorgung je wieder schließen? Im Jahr 2019 werden statt 600 Millionen nur 100 Millionen einbezahlt.

Da ist also ein weiteres Loch, das Sie zukünftigen Generationen hinterlassen. Nun wird aber auch klar, warum sich Ministerpräsident Söder derart vehement für eine Amtszeitbegrenzung einsetzt. Wenn im Jahr 2030 die Pensionen zu zahlen sein werden und die angekündigte Schuldentilgung nicht erreicht sein wird, dann wird Herr Söder schon über alle Berge sein.

(Beifall bei den GRÜNEN – Lachen der Abgeordneten Katharina Schulze (GRÜNE))

Er wird wahrscheinlich nicht über alle Berge sein, sondern in den Talkshows, in denen er uns dann die Welt erklären wird. Ich habe schon jetzt ein Déjà-vu.

(Alexander König (CSU): Absolut lächerlich!)

Es hieß immer, dass Sie 3,6 Milliarden Euro aus der Rücklage nehmen. Wenn man jedoch genau nachliest, dann sind es 3,652 Milliarden. Rundet man ordentlich, dann kommt man auf 3,7 Milliarden. Mit den 2,43 Milliarden, die Sie schnell noch 2018 rausgenommen haben, entspricht das de facto einer Rücklagenentnahme von über 6 Milliarden Euro bis 2020, um die Wahlgeschenke zu finanzieren. Sie haben also etwa 6 Milliarden Euro aus der Rücklage genommen, ohne strukturell nachhaltige Verbesserungen zu schaffen, und das bei boomender Wirtschaft und sprudelnden Steuereinnahmen. Ich frage Sie: Was nehmen Sie sich eigentlich noch alles raus?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben ja erklärt, Sie würden tilgen und alles sei grundsolide. Sie sagen, Sie tilgen in zwei Jahren eine Milliarde Euro. Jeder denkt, dass wir pro Jahr 500 Millionen Euro tilgen. Nein, das stimmt auch nicht! Im Jahr 2019 wird nämlich nur die Hälfte getilgt werden, nämlich 250 Millionen. Ansonsten wäre die Rechnung wieder nicht aufgegangen. Anders bekommen Sie es nämlich nicht hin. Der Haushaltsplan strotzt vor purer Verzweiflung. 250 Millionen Euro sind viel zu wenig, um 2030 fertig zu sein. Das ist viel zu wenig. Das ist die niedrigste Tilgung seit 2012.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die von Ihnen so gelobte Schuldentilgung ist sehr leicht zu demaskieren; denn sie ist eigentlich keine. Liebe FREIE WÄHLER, in Sachen Bilanzkosmetik haben Sie nun Erfahrung. Darum müssen Sie auch 700.000 Euro zurückzahlen.

(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): O mei, o mei!)

Ich sage Ihnen: Die Schummelei ist schon bei Ihrem Staatsanleihenkauf und -verkauf nicht aufgegangen, und sie wird auch im Doppelhaushalt nicht aufgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Ihren Versprechungen haben Sie leichtfertig viele Möglichkeiten der Umschichtung zugunsten nachhaltiger, vorwärtsgewandter Politik für die Menschen verspielt. Das Schlimme ist, dass Sie so viel Geld gebunden haben. Mit den Wahlgeschenken wie Familiengeld, Landespflegegeld, Baukindergeld, Gebührenfreiheit usw. haben Sie das Geld nicht nur einmal ausgegeben, sondern die Ausgaben langfristig mit Gesetzen festgezurrt.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wahlgeschenke? Das ist Ihre Ideologie!)

Die Wahlgeschenke werden unseren Haushalt auf Jahre belasten, ohne strukturelle Verbesserungen zu schaffen.

(Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Das ist ja Quatsch!)