Protocol of the Session on March 9, 2017

Darüber hinaus verspreche ich Ihnen schon heute, dass sich unser künftiger Bundeskanzler Martin Schulz nicht scheuen wird, das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen nachzubessern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sehen in diesem Gesetz nicht nur einen ersten Schritt in Sachen Lohngerechtigkeit, sondern vor allem auch einen Schritt in Richtung Angleichung der Renten von Männern und Frauen; denn auch hier gibt es, bedingt durch die unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Männern und Frauen, deutliche Unterschiede. Erhält ein durchschnittlicher Bayer am Ende seines Erwerbslebens 1.049 Euro Rente, so sind es bei einer bayerischen Frau nur 616 Euro. In Niederbayern, wo ich herstamme, ist das Rentenniveau noch deutlich niedriger. Eine niederbayerische Frau erhält bei uns nur durchschnittlich 501 Euro Rente.

Das liegt allerdings nicht daran, dass die Frauen nichts arbeiteten; denn sie arbeiten mindestens genauso viel, wenn nicht mehr, als jeder Mann. Häufig arbeiten sie aber mit einem niedrigeren Einkommen, unentgeltlich im Ehrenamt oder in der Sorgearbeit, sei es für die Kinder oder für pflegebedürftige Angehörige. Einem Sachverständigengutachten zufolge, das unsere Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig vorgestellt hat, leisten Frauen in diesen Bereichen täglich 52 % mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Frauen erzielen deshalb über den Lebensverlauf hinweg weniger Rente; denn den Gender Care Gap holen sie am Ende ihres Erwerbslebens nicht mehr auf.

Für mich ist daher auch nicht nachzuvollziehen, dass mir die Ministerin auf eine Anfrage an die Staatsregierung antwortet, das werde gar nicht so als großes Problem gesehen; denn in der Antwort hieß es: Meistens leben Frauen in einer gemischtgeschlechtlichen Beziehung und haben aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung später Ansprüche auf eine Witwenrente. – Ich finde, es darf nicht die Perspektive von modernen Frauen in einem modernen Bayern sein, eine möglichst gute Partie zu machen und auf die Witwenrente zu warten.

(Beifall bei der SPD)

In einem modernen Bayern und in einem modernen Deutschland müssen wir uns endlich auf den Weg machen, Lohngerechtigkeit herzustellen, damit die Unterschiede im Einkommen und in der Rente ausgeglichen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, unterschiedliche Einkommen haben bei Paaren auch langfristig Folgen, zum Beispiel bei der Entscheidung, wer bei der Kindererziehung die Hauptarbeit leistet. Wer weniger verdient, bleibt bei den Kindern zu Hause, und das führt letztendlich dazu, dass Deutschland das Schlusslicht bildet, was den Anteil betrifft, den Frauen zum Familieneinkommen beitragen. Durchschnittlich beträgt dieser gerade einmal 22,6 %, in unserem skandinavischen Nachbarland Dänemark liegt er immerhin bei 42 %.

Unsere Landtagspräsidentin forderte familienfreundliche Arbeitsstrukturen. Frau Stamm, da sind wir ganz an Ihrer Seite. Wir haben gesehen, wie sich eine Gesellschaft verändern kann, wenn sich Eltern die Arbeits- und Erziehungszeit teilen können und müssen und die Betreuungsmöglichkeiten gleichzeitig hervorragend sind. In Schweden gibt es Firmen – wir haben uns das im Rahmen einer Reise angesehen –, die Eltern nach der Rückkehr aus der Elternzeit befördern, da sie – man höre und staune – während dieser Elternzeit Qualifikationen und Kompetenzen erwerben konnten, die man sich während eines normalen Be

rufslebens nicht aneignen kann. Diese Kompetenzen werden in Schweden von den Arbeitgebern und der Gesellschaft honoriert.

(Beifall bei der SPD)

Beim Blick über die Grenzen zeigt sich allerdings nicht nur Positives. Ich möchte eindringlich daran erinnern, dass es derzeit in vielen Teilen der Welt wieder eine Rückwärtsbewegung in Sachen Gleichstellungspolitik gibt. Wenn ein amerikanischer Milliardär trotz frauenverachtender Parolen zum Präsidenten gewählt wird und Russland die Strafen für Gewalt in der Familie mildert, sollten wir alle wachsam sein und gemeinsam für mehr Gerechtigkeit, nicht nur bei der Bezahlung von Frauen, kämpfen.

Großen Nachholbedarf in Sachen Gleichstellung gibt es wohl noch bei polnischen Europaabgeordneten. Eigentlich ist es unfassbar, dass im Jahr 2017 ein Abgeordneter sagen kann: "Natürlich müssen Frauen weniger verdienen als Männer, denn Frauen sind schwächer, sie sind kleiner, und sie sind weniger intelligent." – Solche Ansichten gehören ins Mittelalter, und Männer mit solchen Ansichten sicher nicht in ein Europaparlament des 21. Jahrhunderts.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo!)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Kollegin Osgyan vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Abgeordnete sind eigentlich in einer recht komfortablen Situation: Wir verdienen alle das Gleiche. Wir müssen nicht darüber verhandeln. Alles ist transparent und offengelegt. Wie ich das sehe, kommen wir damit auch alle ganz gut zurecht. Die Transparenzpflichten, die wir haben, gelten nur für uns, für den öffentlichen Dienst und für bestimmte Berufe. In der Wirtschaft ist das komplett anders. Die Arbeitnehmer verhandeln dort mit den Arbeitgebern individuell über ihren Verdienst. In den Arbeitsverträgen sind oft Verschwiegenheitsklauseln niedergelegt. Diese Intransparenz führt dazu, dass sich der Verdienst von Männern und Frauen im Durchschnitt um 24 % unterscheidet. Bei gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation liegt der Unterschied immer noch bei 7 %.

Ich finde, das können wir uns nicht mehr länger bieten lassen. Dieser Missstand ist seit über 100 Jahren bekannt. Bereits im Jahre 1906 hat die Ökonomin Alice Salomon eine Dissertation mit dem Titel "Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und

Frauenarbeit" verfasst. Das ist inzwischen 101 Jahre her. Die Ursachen sind bekannt, und sie sind vielschichtig: Ich nenne die höhere Teilzeitquote bei Frauen, die schlechtere Bezahlung von angeblichen Frauenberufen und viele andere Ursachen wie die Tatsache, dass wir in Bayern bei der Betreuungsquote im bundesweiten Vergleich immer noch ganz hinten liegen. Damit ist aber nicht der immer noch sehr harte Gender Pay Gap von 7 % bei gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation zu erklären. In den letzten 100 Jahren ist es nicht gelungen, diesen Missstand durch freiwillige Maßnahmen zu beseitigen.

Meine Kollegin Müller hat gerade ganz richtig gesagt, dass ohne eine gleiche Bezahlung die Gesamtgesellschaft für die Altersarmut der Frauen aufkommen muss; denn die Altersarmut von Frauen wird durch die ungleiche Bezahlung potenziert. 60 % Unterschied bei Renten und Pensionen sind eminent. Das kann auch nicht durch irgendwelche Witwenrenten aufgefangen werden. Ich halte es für bizarr, darauf zu hoffen, dass ein Mann die Versorgung übernehmen wird. Das ist finsterstes Mittelalter und unserer Gesellschaft nicht würdig. Letztlich müsste dieses Problem von der Gesamtgesellschaft aufgefangen werden. Wir müssen hier mit gesetzlichen Maßnahmen nachhelfen, um Frauen eine eigene Existenzsicherung zu ermöglichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Problem hat inzwischen auch die UN festgestellt. Bei dem Bericht über die Umsetzung der UNFrauenrechtskonvention im Jahr 2015 wurde die Bundesregierung wieder gerügt, weil sie keine wirksamen gesetzlichen Maßnahmen zur Entgeltgleichheit durchgeführt hat.

100 Jahre, nachdem zu diesem Thema die ersten Analysen erstellt worden sind, ist auf Bundesebene nun eine gesetzliche Regelung in Sicht. Wir GRÜNE begrüßen das, weil das überfällig ist. Ich halte es für eine Schande, dass nicht eher gehandelt wurde. Das ist aber nur ein erster Schritt. Wirklich weiter sind wir bei diesem Thema noch nicht. Kleine Unternehmen mit weniger als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind von der vorgesehenen Regelung nicht betroffen, das sind immerhin 60 % der Arbeitnehmerinnen in Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Entgeltgleichheit muss für alle Frauen gelten. Die gesetzliche Regelung darf nicht nur für Großunternehmen gelten, weil sie dort vielleicht leichter durchzusetzen ist; denn in diesen Unternehmen ist der Gender Pay Gap nicht so stark ausgeprägt. Dort gibt es Diversity-Strategien und vielfältige Maßnahmen. An

setzen müssen wir bei den kleinen und mittleren Unternehmen. Eine gesetzliche Regelung ist natürlich immer mit Bürokratie verbunden. Das ist aber überall so. Das kann nicht als Grund dafür dienen, gar keine Regelung zu erlassen. Dass es ohne Regelung nicht geht, haben die letzten Jahrzehnte gezeigt.

Wir brauchen bei diesem Thema auch wirksame Sanktionsmöglichkeiten, um die Regelungen durchzusetzen. Hier sehen wir beim aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung sehr große Lücken. Stellen Sie sich einmal vor, eine Arbeitnehmerin soll ihren Arbeitgeber verklagen, um ihr Recht auf gleichen Lohn durchzusetzen. Die meisten Arbeitnehmerinnen werden das nicht tun, und zwar aus nachvollziehbaren Gründen. Zur wirksamen Umsetzung der Entgeltgleichheit brauchen wir deshalb ein Verbandsklagerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frauenrechte sind Menschenrechte. Bei diesem Thema geht es um unsere demokratische Verfasstheit. Dies wurde nicht zuletzt von der UN bestätigt. Sie gab uns einen eindeutigen Handlungsauftrag, jetzt nicht stehen zu bleiben. Das Gesetz ist ein erster Schritt. Sie haben in Ihrem Antrag aufgelistet, was dann auf Vorschlag der Bundesregierung hoffentlich im Bundestag beschlossen wird. Allerdings befindet sich dieses Gesetz jetzt in der Beratung. Jetzt können wir noch nachbessern und dafür sorgen, dass eine Entgeltgleichheit für alle Frauen gilt. Ich rufe Sie auf: Seien Sie mutig! Halten Sie nicht nur Sonntagsreden am Weltfrauentag für mehr Gerechtigkeit für Frauen! Wir brauchen an 365 Tagen im Jahr einen Weltfrauentag. Dazu gehört auch das Thema Entgeltgleichheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass zum Antrag der SPD namentliche Abstimmung beantragt worden ist. – Jetzt hat Frau Kollegin Gerlach von der CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau – dieses Thema kehrt alle Jahre zu Recht wieder, spätestens zum Equal Pay Day. Dieser Tag fällt heuer auf den 18. März. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen in Deutschland durchschnittlich 21 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Doch diese durchschnittliche Lohnlücke in der Gesamtwirtschaft ist wenig aussagekräftig. Berück

sichtigt man nämlich ihre Ursachen, so schmilzt der Gehaltsunterschied auf ungefähr 7 %. Die Ursachen dafür sind vielfältig.

Die Tatsache, dass Frauen weniger verdienen als Männer, hat die Ursachen, dass sie häufiger in sozialen und erzieherischen Berufen, aber seltener in den gut bezahlten naturwissenschaftlichen Berufen arbeiten, für die Familie ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder ihre Wochenarbeitszeiten reduzieren. Frauen steigen seltener in Führungspositionen auf und müssen, im Gegensatz zu den Vätern, häufiger familienbedingte Karrierebrüche und Stagnationen hinnehmen, weil sie lange Arbeitszeiten oftmals nicht mit Familienaufgaben vereinbaren können oder wollen. Im Übrigen ist der Begriff "Führung" in vielen Köpfen nach wie vor männlich besetzt.

Durch dieses traditionelle Rollenbild stoßen Frauen an "gläserne Decken", die in den Unternehmen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. So können zwar gute zwei Drittel der Lohnunterschiede auf diese Weise erklärt werden, es bleibt jedoch ein nicht zu erklärender Rest. Um diesen zu untersuchen, wird die Bereinigungslücke betrachtet. Hier werden Männer und Frauen im gleichen Alter, mit vergleichbarer Ausbildung und Erfahrung, gleicher Tätigkeit und gleicher Arbeitszeit sowie in der Regel beim gleichen Arbeitgeber miteinander verglichen. Trotzdem beträgt der Gehaltsunterschied ungefähr 7 %.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Unterschied aufgrund bewusster, aber auch unbewusster Diskriminierung zustande kommt. Deshalb begrüßen wir es, dass die Bundesregierung am 11. Januar 2017 den Gesetzentwurf für mehr Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer beschlossen hat. Dennoch bleiben Zweifel, ob sich tatsächlich etwas ändert. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Frauen in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten Auskunft darüber verlangen können, nach welchen Kriterien sie bezahlt werden und wieviel Geld ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen. Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sollen den Stand der Lohngleichheit regelmäßig intern überprüfen und einen öffentlich einsehbaren Bericht vorlegen.

Die Frage ist nur, ob dieses Gesetz überhaupt an den eigentlichen Ursachen der Entgeltungleichheit ansetzt. Eine ungerechte Bezahlung von Frauen ist inakzeptabel. Darüber sind wir uns einig. Auch ein Unterschied von 7 % ist bereits zu viel. Wichtig ist aber, dass das, was gesetzlich geregelt wird, am Ende auch etwas bringt. Bürokratie um der Bürokratie willen hilft niemandem weiter. Daher begrüßen wir es, dass

das Gesetz in dieser Hinsicht auf ein vernünftiges Maß gebracht wurde, und lehnen darüber hinausgehende Forderungen, wie sie von den GRÜNEN eingebracht wurden, ab. Diese Forderungen sind aufgrund des dadurch drohenden massiven Bürokratieaufwandes einfach nicht mehr gerechtfertigt.

(Beifall bei der CSU)

Es wäre falsch, Unternehmen pauschal unter Generalverdacht zu stellen, dass sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlich und nicht gerecht bezahlen würden. Oftmals sind sich Unternehmen ihrer Strukturen und den damit verbundenen Lohnunterschieden gar nicht bewusst. Gerade deshalb ist es aber wichtig, dass offener mit dem Verdienst umgegangen wird; denn wie soll die ungleiche Bezahlung in einem Unternehmen aufgedeckt werden, wenn über Gehälter geschwiegen wird? Natürlich gibt es Firmen, die sagen, dass dieses Gesetz nur Misstrauen in den Unternehmen stiften würde. Aber ehrlich: Wer das Schüren von Unfrieden und Tumult in den Unternehmen befürchtet, dem kann ich nur sagen, dass dies gerade der Witz an der Sache ist. Natürlich sollen alle, die bei gleicher Arbeit weniger als ihr Kollege verdienen, unzufrieden sein, auf die Barrikaden gehen und mehr Lohn einfordern.

Denjenigen, die glauben, mit diesem Gesetz würde alles gut und ein Equal Pay Day wäre in Zukunft obsolet, sei gesagt: Den Frauen vorzumachen, die Lohndifferenz ließe sich mit diesem Gesetz oder mit noch stärkeren, strengeren bürokratischen Vorgaben aus der Welt regulieren, würde bedeuten, ihnen Sand in die Augen zu streuen.

(Beifall bei der CSU)

So sehe ich die Anträge der Opposition. Eine Gehaltsoffenlegung allein hilft Frauen nicht. Dazu sind die Einflussfaktoren auf Lohnunterschiede zu vielschichtig. Transparenz ist nur ein Aspekt für die Bekämpfung der Entgeltlücke. Ein Großteil der Lohnunterschiede beruht auf Faktoren, die nicht durch Auskunftsansprüche und Berichtspflichten zu beeinflussen sind. Lassen Sie uns also weiterhin den Blick über den Tellerrand dieses Gesetzes hinaus wagen. Lassen Sie uns weiter dafür einsetzen, dass eine Aufwertung frauentypischer Berufe stattfindet und dass flexible Arbeitsmodelle Fuß fassen, um Arbeits- und Familienpflichten besser miteinander vereinen zu können. Rollenstereotype bestimmen auch heute noch teilweise unser Denken. Wirkliche Gleichstellung kann nur dann erfolgreich und vor allem auf Dauer durchgesetzt werden, wenn sich auch in den Köpfen von Männern und Frauen ein Wandel vollzogen hat.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Kollegin Gottstein das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag der SPD, wie in den Ausschüssen beschlossen, zustimmen. Den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN werden wir wie in den Ausschüssen ablehnen.

Es gibt das Sprichwort: Gut Ding will Weile haben. Jetzt könnte man natürlich sagen, dass die Weile für den Gesetzentwurf schon sehr lange dauert. Die Entwicklung dieses Gesetzentwurfes hat Ende 2015 begonnen. Das ist für einen Gesetzentwurf eine lange Zeit. Man muss aber auch sagen, dass die Entwicklung des Gesetzentwurfes unsere Demokratie widerspiegelt. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der zunächst vonseiten des Koalitionspartners CSU/CDU nicht akzeptiert worden ist. Es haben Nachbesserungen stattgefunden, und inzwischen geht der Gesetzentwurf auf jeden Fall in die richtige Richtung. Deswegen werden wir dem SPD-Antrag zustimmen. Aber eigentlich hat sich dieser Antrag erledigt, das muss man auch sagen. Im Bundesrat wurde bereits zugestimmt. Wir reden also über etwas, das bereits in trockenen Tüchern ist.

Aus unserer Sicht ist der aktuelle Entwurf ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Bei der ganzen Diskussion muss man manchmal etwas selbstkritisch sein. Ich finde es gut, dass inzwischen von einem bereinigten Lohnunterschied die Rede ist. Die Glaubwürdigkeit hängt auch in dieser Diskussion von korrekten Zahlen ab. Ein Lohnunterschied von 24 % ist aus den statistischen Werten errechnet. Auch ein bereinigter Lohnunterschied von 7 % ist noch schlimm genug. Man sollte aber bei diesem bereinigten Wert bleiben und versuchen, diesen Wert zu minimieren bzw. gegen null gehen zu lassen.

Die im aktuellen Gesetzentwurf vorgesehene Lohntransparenz ist natürlich eine Abhilfemöglichkeit. Vertrauen ist zwar gut, aber Kontrolle ist besser. Wenn ich mir schwarz auf weiß nachweisen lassen kann, was mein männlicher Kollege verdient, dann entsteht für die Unternehmen natürlich auch ein gewisser Zwang, sich an die Vorschrift zu halten, dass gleiche Arbeit gleich entgolten werden muss.

Der Grund für die Ablehnung des GRÜNEN-Antrags ist, dass wir in diesem Bereich auch vorsichtig sein und an die Konsequenzen denken müssen. Diese Transparenz zu gewährleisten, ist für mittelständische

Betriebe ein enormer Verwaltungsaufwand. Aus diesem Grund sind wir für den Kompromiss in der Koalition. Es ist sinnvoll, eine Grenze zwischen Betrieben mit mehr bzw. mit weniger als 200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu ziehen.

Bei all den wichtigen Dingen, die wir erstritten haben, wie Kündigungsschutz, Mutterschutz und Elternzeit, müssen wir auch an die Konsequenzen für den Arbeitgeber, auch für den kleinen Betrieb, denken. Durch solche Vorschriften sollen keine Hürden für Einstellungen entstehen. Natürlich darf ein Betrieb nie eine Frau deswegen nicht einstellen, weil sie vielleicht schwanger werden könnte. Aber dieser Gedanke ist dennoch in den Hinterköpfen mancher potenzieller Arbeitgeber. Daher muss man in diesem Bereich etwas vorsichtig sein. Wenn ein Arbeitgeber zahlreiche Formulare ausfüllen muss, dann ist das nicht gerade einstellungsförderlich. Deswegen und wegen des hohen Verwaltungsaufwands für den Mittelstand lehnen wir den Antrag der GRÜNEN ab und begrüßen gleichzeitig den Gesetzentwurf als Kompromiss, der in die richtige Richtung geht.