Protocol of the Session on February 14, 2017

Die NO2Jahresmittelwerte weisen im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang auf. An der Inntal Autobahn, Streckenabschnitt Oberaudorf, wurde der Jahresmittelwert mit 40 Mikrogramm je Kubikmeter erstmals eingehalten. Zum ersten Mal seit Einführung des Grenzwerts wurde die zulässige Anzahl von Überschreitungen des Stundenmittelwertes für NO2 an allen Messstationen in Bayern eingehalten. An der Landshuter Allee in München wurde dieser Grenzwert bis dato sicherlich regelmäßig überschritten, doch 2016 lag dort erstmals an insgesamt 13 Stunden eine Konzentration von über 200 Mikrogramm je Kubikme ter Luft vor. Erlaubt sind 18 Stunden. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden an der Landshuter Allee noch 192 Überschreitungen des Stundenmittelwerts ver zeichnet. Sie sehen: Die Tendenz weist nach unten.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Dank der Umwelt zonen!)

Spätestens 2019/2020 haben wir die Grenzwerte im Griff.

Für die restlichen in der 39. BImSchV festgelegten Im missionsgrenzwerte für Schwefeldioxid, Blei, Benzol, CO – Kohlenmonoxid – wurden im Jahr 2016 wie auch in den letzten Jahren keine Überschreitungen festgestellt. Dies ist auch in Zukunft nicht zu erwarten.

Die Probleme hinsichtlich der Einhaltung der Grenz werte für Feinstaub und NO2 sind deutschlandweit und europaweit noch nicht gelöst. Um einen Erfolg si cherzustellen, muss die Maßnahmenplanung verursa cherbezogen ablaufen. Wichtig dabei ist, dass die Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Al lein auf die Kontrolle setzen wir nicht. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Ritt. – Nächste Wortmeldung: Herr Kolle ge von Brunn für die SPD. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über ein ernstes Thema. Schadstoffe aus Haus brand, Verkehr, Gewerbe und Industrie in der Luft ma

chen krank und sind weltweit für viele vorzeitige To desfälle verantwortlich. Stickoxid, Staub und Rußpartikel erhöhen das Risiko für Atemwegserkran kungen und verstärken Allergien; Rußpartikel wirken sogar krebserregend. Nach Studien am MaxPlanck Institut für Chemie in Mainz sterben in der Euro päischen Union jährlich 180.000 Menschen vorzeitig an Feinstaub und Ozon, davon 35.000 in Deutsch land. Rund 20 % dieser Todesfälle – so das Institut – sind auf Abgase von Autos zurückzuführen. Die Euro päische Umweltagentur ging 2015 sogar von 430.000 Todesfällen durch Feinstaub in Europa aus. Das Umweltbundesamt beziffert die Zahl der Todesfäl le allein in Deutschland auf rund 47.000. Die Zahl der durch Stickstoffdioxid bedingten Todesfälle soll bei uns circa 10.000 im Jahr betragen. Das sind erschre ckende Zahlen – deswegen auch ein dringender Handlungsauftrag an die Politik!

(Beifall bei der SPD)

Herr Ritt, ich finde es deswegen auch unangemessen, hier über Busse in Großstädten zu sprechen, die nur einen minimalen Anteil an den Belastungen durch diese Schadstoffe haben. Dazu möchte ich auch noch sagen: Die Busförderung des Freistaats ist geradezu mikroskopisch klein.

(Beifall bei der SPD – Hans Ritt (CSU): Vorbild funktion!)

Aus der Sicht der bayerischen Städte und Großstädte brauchen wir deshalb dringend einen rechtlichen Rah men, der es den Kommunen in Bayern ermöglicht zu handeln, wenn die Grenzwerte überschritten werden. Dementsprechend gab es im April 2016 auch einen einstimmigen Beschluss der Umweltministerkonfe renz, also der Umweltminister aller Bundesländer, auch von Bayern, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Leider ist aber der von der CSU gestellte Bundesverkehrsminister, der auch in dem Abgasskan dal schmählich versagt hat, nicht bereit, diese Mög lichkeit mitzutragen.

(Beifall bei der SPD)

Mit Einschränkungen und Verboten allein können wir das Problem aber nicht lösen, weil unsere Gesell schaft auf Mobilität angewiesen ist. Wir Sozialdemo kratinnen und Sozialdemokraten wollen auch keine Lösung, die Mobilität zu einem Luxusgut macht, das sich nur Reiche leisten können.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen brauchen wir eine Verkehrswende hin zu einem klima und umweltfreundlichen Verkehr, der zu gleich sozial gerecht und für alle Menschen bezahlbar

ist. Diese Verkehrswende lässt sich am besten ausge hend von den großen Städten organisieren. "Ver kehrswende" bedeutet konkret die schrittweise Redu zierung von Verbrennungsmotoren, den drastischen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, eine starke Förde rung der EMobilität und eine starke Förderung des Fahrradverkehrs. Leider finden wir bei der CSU Staatsregierung aber wenig Einsicht und Bewegung, die nach wie vor im fossilen Zeitalter lebt und fossile Politik betreibt.

(Beifall bei der SPD)

Die Entscheidung für die zweite Stammstrecke kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, den öffentli chen Verkehr in Bayern sträflich vernachlässigen. Die Förderung des öffentlichen Verkehrs aus Mitteln des Freistaates liegt heute pro Jahr um fast 60 Millionen Euro unter den Zahlen von 2003. Jenseits der zweiten Stammstrecke stockt zum Beispiel der Ausbau des Münchner SBahnNetzes. Das sogenannte 13Punk teSofortprogramm der Staatsregierung ist ein Rohr krepierer. Das hat der verantwortliche Minister Herr mann vor wenigen Wochen selbst erklärt. Er hat es nämlich für gescheitert erklärt.

Es geht aber nicht nur um München. Was ist mit der Weiterentwicklung der SBahn im Großraum Nürn berg – Fürth – Erlangen zur Stadtumlandbahn? Was ist mit einem SBahnVerkehr für Augsburg? Wo sind die Initiativen und Planungen der CSUStaatsregie rung? Fehlanzeige! Das Gleiche gilt auch für die E Mobilität. Horst Seehofer selbst hat 2008 angekün digt, dass bis zum Jahr 2020 in Bayern 200.000 Elektrofahrzeuge unterwegs sein sollen. Laut Pressemitteilung des Innenministeriums vom April 2016 waren damals gerade etwas über 4.000 Elektrofahrzeuge zugelassen. Angesichts Ihrer vollmundigen Versprechungen ist das ein kläglicher Wert.

(Beifall bei der SPD)

Auch den Fahrradverkehr fördern die großen Städte lieber selber, wie es München mit seiner Radlinitiative und den umweltfreundlichen Mobilitätskonzepten für seine Stadtviertel zeigt. Von der Staatsregierung kommt dazu herzlich wenig. Dabei ließen sich laut Aussagen des Umweltbundesamtes in den Ballungs räumen 30 % der PkwFahrten auf das Fahrrad verla gern.

Mein Fazit: Eine Verkehrswende hin zu einem um weltfreundlichen und sozial verträglichen Verkehr ist mit der CSU offensichtlich nicht möglich. Deswegen verwundert es nicht, dass Bayern in der aktuellen Be

wertung der "Allianz pro Schiene" beim Mobilitätsin dex wieder nur den vorletzten Platz einnimmt.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Die nächste Wortmeldung kommt vom Kollegen Zierer von den FREIEN WÄHLERN. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Prä sidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Überschrift der heutigen Aktuellen Stunde könnte von den GRÜNEN noch um folgenden Satz erweitert wer den: "Die GRÜNEN lassen ihr Auto stehen." Die Über schrift würde dann lauten: "Endlich wieder frei durch atmen. Für saubere Luft statt Feinstaub und Abgasen. Die GRÜNEN lassen ihr Auto stehen." Das wäre doch ein gutes Beispiel.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Mein Auto steht in der Garage!)

Dieses Thema wird in der Öffentlichkeit aber auf eine Frage zugespitzt: Soll es im Innenstadtbereich Fahr verbote für Dieselfahrzeuge geben? Die Aktuelle Stunde zu diesem Thema wurde heute von den GRÜ NEN angesetzt, weil am Donnerstag der Bayerische Verwaltungsgerichtshof darüber entscheidet, ob die Landeshauptstadt München für den Stachus und für die Landshuter Allee Luftreinhaltemaßnahmen schon früher als geplant einleiten muss. Ich stelle mir dabei die Frage, ob man die ausstehende Gerichtsentschei dung nicht abwarten konnte und ihr mit dieser Aktuel len Stunde vorgreifen musste. Wenn wir heute über die Belastung der Bürgerinnen und Bürger durch Feinstaub und Abgase sprechen, sprechen wir nicht über Lappalien. Feinstaub und Stickoxide machen krank. Wie viele Menschen jährlich an den Folgen der Luftverschmutzung sterben, lässt sich seriös kaum sagen. Eines ist aber sicher: Jedes Jahr sterben in Deutschland Menschen direkt oder indirekt an den Folgen der Luftverschmutzung.

Zum Feinstaub: Überall dort, wo sich besonders viel Feinstaub in der Luft konzentriert, steigt die Zahl der Herzinfarkte, die Zahl der tödlich verlaufenden Schlaganfälle, aber auch die Zahl der Atemwegser krankungen wie Asthma oder Ähnliches. Grundsätz lich gilt: Je kleiner die Partikelgröße, desto größer sind die Auswirkungen auf die Gesundheit. Allerdings muss man anerkennen, dass die Feinstaubbelastung mit PM10 im Jahresmittel abgenommen hat. 2015 wurde an der Landshuter Allee der Grenzwert nur noch an 13 Tagen überschritten, während es im Jahr 2013 noch fast 40 Tage waren. Richtig ist aber auch, dass es im Jahr 2017 bis Mitte Februar an 16 Tagen Überschreitungen gab.

Zu den Stickoxiden: Auch Stickoxide führen zu Atem wegserkrankungen. Mit einer zunehmenden Stick oxidbelastung steigt das Risiko, an HerzKreislaufEr krankungen zu sterben. Laut Europäischer Umweltagentur gibt es jedes Jahr allein in Deutsch land 10.000 vorzeitige Todesfälle, die auf zu hohe Stickoxidemissionen zurückzuführen sind. Im Gegen satz zum Feinstaub sieht es bei Stickoxid gar nicht gut aus. An fast 60 % der städtischen verkehrsnahen Luftmessstationen in Deutschland gab es Überschrei tungen des zulässigen Jahresgrenzwerts.

Die Problematik beschränkt sich aber nicht nur auf den Straßenverkehr. Auch im Luftverkehr kann trotz einer neuen sparsamen Triebwerktechnik die Fein staubbelastung zunehmen. Herr Magerl weiß, wovon ich spreche. Flugzeuge verbrennen Kerosin. Das ist dem Diesel ähnlich.

Wie kann eine Lösung aussehen? – Ich sage vorweg: Wir sprechen uns ganz klar gegen eine pauschale Verbannung von Dieselfahrzeugen aus Innenstädten aus. Dies würde den zahlreichen Besitzern von Die selfahrzeugen, die Sprit sparen wollen, und dem pri vaten Handel und Handwerk nicht gerecht werden. Die ganz alten Dieselstinker dürfen ohnehin nicht mehr in die Umweltzonen hineinfahren, weil sie keine grüne Plakette bekommen. Der für die blaue Plakette wichtige Euro6Standard ist technisch sehr aufwen dig. Falls überhaupt, können die Fahrzeuge nur mit sehr hohen Kosten auf den Euro6Standard nachge rüstet werden. Somit würden wir gerade die Halter noch nicht so alter Fahrzeuge treffen. Das sind neben mittelständischem Handel und Handwerk die Men schen aus München und Umgebung, die ihr Fahrzeug für den täglichen Weg in die Arbeit brauchen. Deshalb ist aus unserer Sicht ein pauschales Fahrverbot abzu lehnen.

Wir haben aber eine Aufgabe für die Zukunft. Bei Fahrzeugen, die in München sehr viel unterwegs sind – das sind unter anderem auch Taxis –, sollte man daran denken, bei der Verlängerung oder Neuaus schreibung von Taxilizenzen oder des öffentlichpriva ten Busverkehrs die Ausschreibung so zu gestalten, dass kurzfristig bei Bussen auf Gasantrieb umgestellt und bei Taxis mehr auf Elektrofahrzeuge gesetzt wird.

Denken Sie bitte an die Zeit.

Ich könnte mir vor stellen, dass der MVV in der Innenstadt komplett auf Elektrobusse umstellt und im Einzugsgebiet von Mün chen Gasbusse verwendet. Diese Maßnahmen wür den eine rasche und konkrete Erleichterung bringen.

Sie würde nicht einzelne gesellschaftliche Gruppen benachteiligen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Zierer. – Für die CSU hat sich Kollege Dr. Hünnerkopf gemeldet. Bitte.

Herr Präsident, Kolle ginnen und Kollegen! Die aktuelle Wetterlage ist für die GRÜNEN und für die SPD günstig, um dieses in der Tat nicht einfach zu lösende Problem so drama tisch darzustellen.

(HansUlrich Pfaffmann (SPD): Alles nicht so schnell!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie es bei anderen Wetterlagen ist, hat der Kollege Ritt darge stellt. Wir hatten in den Jahren 2012 bis 2016 kaum Probleme mit zu hohen Werten an Feinstaub, Stick oxiden und dergleichen. Daraus wird deutlich, dass wir ein ganzes Stück des Weges hinter uns haben, wenngleich wir nicht zufrieden sein können – darin sind wir uns einig – und noch vieles von uns bewältigt werden muss. Allein die Tatsache, dass München im Jahr 2004 einen Luftreinhalteplan erstellen und die sen inzwischen schon sechs Mal überarbeiten muss te, weil die Werte jedes Mal nicht eingehalten werden konnten, macht deutlich, dass wir vor vielschichtigen Herausforderungen stehen, die nicht mit einfachen Lösungen, auch nicht mit einer blauen Plakette, be wältigt werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind uns einig, was geändert werden muss.

(HansUlrich Pfaffmann (SPD): Wir sind uns nicht einig!)

Kollege, seien Sie bitte mal ruhig und hören Sie zu!

(HansUlrich Pfaffmann (SPD): Nein, ich bin nicht ruhig!)

Ich lasse Sie auch reden, wenn Sie hier vorne ste hen.

Herr Kollege Pfaffmann, Sie kennen die Regeln für Zwischenrufe.

Was der Pfaffmann will, das wissen doch alle hier. Er verfolgt da sehr subtile Ziele.

(Volkmar Halbleib (SPD): Jetzt sind wir aber neu gierig! Wir sind in dieser Frage ganz wissbegie rig! – HansUlrich Pfaffmann (SPD): Subtil!)