Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie pünktlich sind, und hoffe und wünsche, dass sich bald noch mehr einfinden werden. – Ich eröffne auf jeden Fall jetzt die 94. Sitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer vorab erteilt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte heute zu Beginn der Sitzung mit Ihnen des Ereignisses in unserer kanadischen Partnerregion Québec gedenken.
Vorgestern ist unsere kanadische Partnerregion Québec von einem schweren Terroranschlag erschüttert worden. Menschen islamischen Glaubens, die sich zum Gebet versammelt hatten, sind ihm zum Opfer gefallen. Sechs von ihnen sind bei diesem heimtückischen Anschlag getötet und 19 weitere verletzt worden; fünf schweben noch in Lebensgefahr. Wir verurteilen diesen Akt des Terrors aus Solidarität mit allen Menschen, die ihren Glauben friedlich leben wollen, aufs Schärfste und werden es nicht zulassen, dass Angst und Hass unser Zusammenleben bestimmen. Wir werden bleiben, was wir sind: eine mitmenschliche, solidarische und offene Gesellschaft, aber auch eine wehrhafte Demokratie, die sich den Gefahren stellt, denen sie ausgesetzt ist.
Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer. Den Verwundeten wünschen wir möglichst vollständige Genesung. Der Bayerische Landtag trauert mit den Bürgerinnen und Bürgern Kanadas und unserer Partnerregion Québec. – Ich danke Ihnen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einen Geburtstagsglückwunsch aussprechen. Am 27. Januar feierte Herr Kollege Ludwig Freiherr von Lerchenfeld einen runden Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute.
Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Zwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge
(Zwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Drs. 17/15018) Erste Lesung Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Ich schlage vor, den Staatsvertrag dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 b auf: Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Abkommen zur dritten Änderung des Abkommens über das Deutsche Institut für Bautechnik (3. DIBt Änderungsabkommen) (Drs. 17/15019) Erste Lesung
Eine Aussprache findet hierzu ebenfalls nicht statt. Ich schlage vor, das Abkommen dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Andreas Lotte, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Drs. 17/15020) Erste Lesung
Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. – Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile zunächst Herrn Kollegen Lotte für die SPDFraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in die heutige Sitzung einen Gesetzentwurf zu dem Thema Zweckentfremdung von Wohnraum eingebracht. Es ist ja bekannt, dass diese Zweckentfremdung dazu führt, dass dem Mietwohnungsmarkt systematisch Wohnungen entzogen werden. Bei den ohnehin schon knappen Wohnungsmärkten in Bayern hat das zur Folge, dass die Preise immer weiter explodieren. Genau aus diesem Grund gibt es auch schon ein Gesetz zur Zweckentfremdung. Es ist aber zum einen befristet, läuft also Mitte des Jahres aus. Da sind wir der Meinung, das Gesetz muss nun endlich entfristet werden. Es muss aber nicht nur entfristet werden, sondern die Erfahrungen, die wir in den zehn Jahren der Geltung des bisherigen Zweckentfremdungsgesetzes machen mussten, haben deutlich gezeigt, dass wir zum ande
ren eine Verschärfung dieses Gesetzes brauchen und dass es endlich zeitgemäß überarbeitet werden muss.
Wir haben das neue Phänomen, dass der "Medizintourismus" unter anderem oder besonders in München massiv zugenommen hat. Mit einer Wohnung in München können mittlerweile über Zweckentfremdung und touristische Vermietung 10.000 Euro und mehr pro Monat eingenommen werden. Da wundert es nicht, dass viele findige Leute sagen: Warum soll ich meine Wohnung noch an normale Mieter und Mieterinnen vermieten, wenn ich über eine touristische Vermietung 10.000 und mehr Euro verdienen kann?
Mittlerweile haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet, die sich durch eine touristische Wohnung in ihrem Wohngebäude zu Recht belästigt fühlen; denn da findet ein ständiger Wechsel statt. Da gehen Menschen mit Koffer hinein und heraus. Die Folge ist, dass mehr Müll anfällt und dass nachts Partys gefeiert werden. Das ist kein normaler und konformer Lebenswandel eines Mieters. Das ist auch ein Grund, dass wir bei Zweckentfremdungen endlich hart durchgreifen müssen.
Wir wissen alle, dass touristische Vermietungen primär über Internetportale wie Airbnb und Wimdu dazu benutzt werden, letztendlich gewerblich Wohnungen regelmäßig dauerhaft in Form von Ferienwohnungen zweckzuentfremden. Allein in München werden nach Schätzungen von Experten mindestens 4.000 Wohnungen dauerhaft gewerblich genutzt. Sie werden dem Wohnungsmarkt entzogen. Diese Zahl ist die niedrigste, die ich bei den Schätzungen gefunden habe. Diese gehen von bis zu 10.000 Wohnungen und mehr aus. Ich möchte auch daran erinnern, dass nicht nur die touristische Vermietung eine Zweckentfremdung ist, sondern auch der Leerstand von Wohnungen. Manche Medien sprechen mittlerweile von bis zu 17.000 Wohnungen, die allein in München leer stehen, also zweckentfremdet werden, weil man sich erhofft, dass man sie teurer verkaufen kann, wenn die Wohnungspreise weiterhin steigen. Man glaubt, dass man die Wohnungen teurer verkaufen kann, wenn sie nicht vermietet sind.
Es handelt sich also um ein weithin unterschätztes Problem, das die Spekulation auf den Wohnungsmärkten weiter befeuert. Dafür brauchen wir jetzt, sofort und dringend ein zeitgemäßes Gesetz, das diese Umstände berücksichtigt.
Sie alle wissen, dass das Verbot der Zweckentfremdung seit vielen Jahren ein Thema der Sozialdemokratie in Bayern und in Deutschland ist. Es ist aber in
Anbetracht der derzeitigen Wohnungsnot in Bayern nicht nur wichtig, weil es ein Thema der Sozialdemokratie ist, sondern vielmehr ist es eine Frage der Vernunft, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, um endlich auf diese katastrophalen Zustände auf dem Wohnungsmarkt zu reagieren.
Dass wir diesen Zustand schon lange im Landtag und an anderer Stelle anprangern – es handelt sich nicht nur um ein bayerisches Phänomen –, möchte ich Ihnen kurz deutlich machen. Die sozialdemokratisch geführten Bundesländer – wir schauen immer gern auf andere Bundesländer – Hamburg und Berlin haben unter sozialdemokratischer Führung bereits erfolgreiche Zweckentfremdungsgesetze vorgelegt. Es handelt sich einerseits um einen Gesetzentwurf und andererseits um ein Gesetz, das sich in der Praxis schon bewährt hat. Deswegen haben wir uns aus gutem Grund an dem Gesetz aus Hamburg orientiert.
Das ist nicht nur unsere Meinung. Wenn man die Hauptbetroffene unter den Kommunen, die Stadt München, fragt, bekommt man von dort klare Signale, dass das bisherige Zweckentfremdungsgesetz nicht ausreicht, um wirksam gegen Zweckentfremdung vorzugehen. Deswegen haben wir mit unserem Gesetzentwurf versucht, die bisherigen guten Erfahrungen anderer Bundeländer und die Bedürfnisse der Kommunen in einen Gesetzentwurf zu gießen.
Wir haben im Jahr 2008 – das war damals noch mein Vorgänger Ludwig Wörner – einen Gesetzentwurf eingereicht. Leider hat ihn damals die CSU-Mehrheit abgelehnt.
Ich hoffe, dass Sie nun, acht Jahre später, einen Schritt weiter sind und endlich auch die Notwendigkeit eines veränderten Zweckentfremdungsgesetzes befürworten und dass wir gemeinsam diese Frage der Vernunft konstruktiv klären können.
Wir haben immer wieder zu Anpassungen geraten, zuletzt 2012/2013 in der letzten Legislaturperiode. Ich habe immer wieder mit Anfragen versucht, deutlich zu machen, wo die Problematik liegt. Schon damals war klar, dass eine Entfristung notwendig ist. Wir wissen, dass das Gesetz leider in vielen Punkten viel zu schwammig ist. Deswegen brauchen wir im Gesetz klare Regelungen, die Richtschnur für die Kommunen und die Betroffenen sein müssen, damit dieses Gesetz auch präventiv wirken kann.
Ich habe aus der Presse vernommen, dass mittlerweile auch die CSU die Notwendigkeit sieht, sich mit diesem Thema zu befassen. Ich freue mich sehr, dass dieses Thema auch vonseiten der CSU gesehen wird und dass Eberhard Rotter in der Zeitung mit folgenden Worten zitiert wurde: Wir stimmen in vielen Punkten überein.
Lassen Sie uns also konstruktiv unseren Vorschlag diskutieren und eventuelle Differenzen deutlich machen!
Wie sieht unsere Lösung aus? – Wir wollen, dass das Gesetz entfristet wird. Wir wollen den Bußgeldrahmen bei Verstößen deutlich von 50.000 Euro auf 500.000 Euro erhöhen. Ein Bußgeld im richtigen Verhältnis zum entstehenden Schaden bzw. zum wirtschaftlichen Vorteil – Stichwort: 10.000 Euro pro Wohnung – führt aus unserer Sicht dazu, dass sich die Menschen gut überlegen, ob sie diese Zweckentfremdung weiterhin vornehmen wollen oder nicht. Wir brauchen dazu auch eine Konkretisierung des Tatbestands der Zweckentfremdung: Was ist Zweckentfremdung überhaupt? Wie können wir konkret dagegen vorgehen?
Wir wollen natürlich nicht, dass Privatpersonen, die für längere Zeit im Urlaub sind oder die sich vorübergehend anderswo aufhalten, nicht die Möglichkeit haben, ihre Wohnung zu vermieten. Wir wollen aber keine gewerbliche dauerhafte Vermietung, die Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzieht. Deshalb fordern wir, die Fremdbeherbergung auf maximal sechs Wochen zu begrenzen. Jeder in München und jeder in Bayern, der Urlaub macht und vorübergehend seine Wohnung vermietet, kann das nach unserem Gesetzentwurf bis zu sechs Wochen am Stück tun. Er kann diese Zeit auch beliebig auf das gesamte Jahr aufteilen. Diese Möglichkeit soll weiterhin bestehen, während der gewerbliche Bereich beschränkt wird.
Ein weiterer Aspekt ist die Abgrenzung: Wann liegt Zweckentfremdung vor? Wann liegt touristische Vermietung vor? Was ist eine temporäre bzw. vorübergehende Untermiete? Das Phänomen der möblierten Wohnungen nimmt immer mehr überhand, teilweise zur Umgehung bestehender Mietgesetze, teilweise legal und teilweise illegal. Wir müssen versuchen, durch das Zweckentfremdungsgesetz auch das Thema der möblierten Wohnungen zu bearbeiten. Deswegen schlagen wir vor, die Mieten für möblierten Wohnraum bei allen Wohnungen, die unter die Regelungen dieses Gesetzes fallen, im Rahmen des Zweckentfremdungsgesetzes auf maximal 15 % über der ortsüblichen Miete zu begrenzen. Damit verhin
dern wir, dass Vermieter das Gesetz durch möblierte Wohnungen umgehen können, da sie dadurch abgeschreckt werden.
Wir wollen ein wirksames Gesetz. Bisher wissen wir: Wenn jemand im Internet eine Wohnung anbietet, bekommen wir oft bestimmte Auskünfte nicht. Wir haben kein Recht, die Auskünfte zu bekommen. Die Kommunen tun sich sehr schwer bei der Ermittlung. Wenn jemand eine Wohnung über Wimdu, Airbnb oder andere Portale anbietet, weiß man oft nicht, wer eigentlich dahintersteckt. Man sieht falsche Namen, Künstlernamen und selten die realen Namen. Wir müssen eine Lösung finden, damit das in Zukunft besser wird. So etwas kann meines Erachtens funktionieren, wenn man die Möglichkeit formuliert, die bloße Einstellung von zweckentfremdeten Wohnungen im Netz zu entfernen. Ordnungswidrigkeit heißt letzten Endes also nichts anderes, als dass wir bei diesen Portalen durchgreifen können. Sie müssen uns Auskunft geben und können auch ein Bußgeld erhalten. Das ist ein ganz zentraler Punkt.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt ansprechen. Wir wissen aus den Erfahrungen in Berlin und Hamburg, dass allein dadurch, dass im Landtag dieses Gesetz beschlossen wird, eine präventive Wirkung erzielt wird. Das Gesamtangebot in Berlin hat sich durch dieses Zweckentfremdungsgesetz von 30 % auf 15 % verringert. Nachdem wir von Tausenden von Wohnungen sprechen, entlastet das den Wohnungsmarkt durchaus. Das ist eine Riesenchance. Lasst uns diese Chance nicht vertun; wir sollten jetzt entschlossen handeln. Wir brauchen dieses Zweckentfremdungsgesetz sofort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lasst uns jetzt entschlossen handeln. Damit hat Kollege Lotte seine Ausführungen geschlossen. Die Staatsregierung packt das Thema entschlossen an, und das wissen Sie ganz genau.
Sie wissen, dass Bayern doch eines der ersten Länder war, die ein eigenes Zweckentfremdungsgesetz beschlossen haben, als die Zuständigkeit vom Bund auf die Länder übertragen worden ist.
Sie wissen ganz genau, was hier im Landtag vor vier Jahren von mir gesagt wurde. Damals wurde das Gesetz beraten und befristet, und wir haben gesagt, dass wir selbstverständlich genau beobachten werden, wie es weitergehen wird. Ich habe schon damals prognostiziert, dass wir eine Verlängerung brauchen werden. Sie wissen genau, dass in dem Gesetzentwurf der Staatsregierung die Entfristung vorgesehen ist. Tun Sie also nicht so, als ob die CSU das Thema nicht genauso sieht wie Sie. Geben Sie das einfach zu und sagen Sie, dass wir uns hier einig sind.
Sie denken: Ich schreibe erst mal ab und dann bin ich der Primus, der diesen Entwurf als Erster einbringt. So kann es keine vernünftige Politik bei einem so wichtigen Thema geben.
Herr Kollege Halbleib, Sie kennen den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Er ist von der Staatsregierung beschlossen worden und in die Verbandsanhörung gegangen.