Die erste Frage muss ich an die Staatskanzlei weitergeben. Ich werde zusehen, dass ich sehr schnell eine Antwort darauf bekomme; ich habe die Informationen bei mir im Ministerium nicht vorliegen. Ich werde aber dafür sorgen, dass Sie alsbald eine Antwort bekommen.
Danke schön, Herr Staatsminister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Besteht damit Einverständnis, dass wir über die Anträge insgesamt abstimmen und der Abstimmung das Votum des jeweils federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport zugrunde legen? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich so abstimmen. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im federführenden Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist einstimmig beschlossen, dass der Landtag diese Voten übernimmt.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aufklärung NSA-Spähaffäre und Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland (Drs. 17/51)
Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) Abhörtätigkeiten in Bayern (Drs. 17/60)
Antrag der Abgeordneten Dr. Florian Herrmann, Manfred Ländner, Norbert Dünkel u. a. (CSU) Freiheit, Verantwortung und Vertrauen in einer vernetzten Welt (Drs. 17/62)
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) NSA-Abhörskandal: Verstrickung deutscher Behörden und Informationsstand der Bayerischen Staatsregierung - Auswirkungen auf Bayern (Drs. 17/64)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Als erste Rednerin sehe ich auf dem Bildschirm Frau Katharina Schulze von den GRÜNEN. Ist das richtig? – Gut, dann haben Sie das Wort.
Auch wenn man den Geheimdienst eines demokratischen Staates nicht mit der Stasi gleichsetzen kann, so ist es doch inakzeptabel, dass Millionen von Bürgern – darunter auch Familienmitglieder und Freunde – anfangen, sich am Telefon ähnlich zu verhalten, wie wir das früher in der DDR getan haben. Wenn es so weit gekommen ist, (…) ist die Verhältnismäßigkeit zwischen den erwünschten Abwehrmaßnahmen gegen terroristische Bedrohung und der Freiheit offensichtlich aus dem Blick geraten.
Das hat Bundespräsident Joachim Gauck vor ein paar Tagen gesagt. Und er hat mit seinem Urteil über den NSA-Skandal, den größten Datenschutz- und Grundrechtsskandal der Geschichte, völlig recht.
Erst heute konnte man wieder in der Presse lesen, dass die Geheimdienste nicht nur die Telekommunikations- und Bewegungsdaten von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern überwachen. Nein, sie haben auch noch Zugriff auf die Kartendienste und sogar auf Smartphone-Apps. Da war als Beispiel genannt, dass die Anwendung des Spiels "Angry Birds" nun auch überwacht wird. Mir muss irgendwann einmal jemand erklären, was das mit Sicherheitsinteressen oder der Terrorabwehr zu tun hat, wenn nachverfolgt wird, wer das Spiel "Angry Birds" wann und wo spielt.
Bisher habe ich von staatlicher Seite leider noch nichts von zielführenden Aktionen dagegen vernommen. Erst wird versucht, die Affäre kleinzureden. Dann beendet Herr Pofalla die ganze Sache, bis dann doch dummerweise herauskommt, dass auch das Privathandy der Bundeskanzlerin abgehört wird. Dann wird aber ein bilaterales No-Spy-Abkommen angesetzt. Ein bisschen blöd ist dabei nur, wenn der Partner, mit dem man zu verhandeln denkt, kurz danach erklärt, dass sich an der massenhaften Überwachung gar nichts ändert. Wenn dann auch noch der ehemalige Innenminister Friedrich zum Ende seiner Amtszeit verkündet, dass er, ich zitiere, wichtigere Themen als die NSA-Affäre hatte, dann kann man mit gesundem Menschenverstand nur den Kopf schütteln.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele das Ausmaß des Problems noch gar nicht erkannt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch Geheimdienste und bestimmte Konzerne wird der grundrechtlich verbriefte Datenschutz erodiert. Staatliche Überwachungsprogramme wie PRISM oder Tempora rühren am Kern unserer Verfassung, am Kern unseres Rechtsstaates.
Ich frage mich: Kann es in einem freiheitlichen Rechtsstaat massenhafte und vor allem anlasslose Erfassung von Kommunikations- und Bewegungsdaten aller Bürgerinnen und Bürger geben? Nein, kann es nicht!
Denn wer beobachtet wird, ist nicht frei. Die Staatsregierung hat eine klare Aufgabe: Die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, die Kommunikation von Abgeordneten, von Journalistinnen und Journalisten und
die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen und Firmen dieses Landes – denn ja, es geht dabei auch um das Thema Wirtschaftsspionage – müssen von ihr geschützt werden.
Da, liebe CSU, reicht es in meinen Augen nicht, wenn man nur ein schön klingendes "Maßnahmenkonzept für Freiheit, Verantwortung und Vertrauen in einer vernetzten Welt" verabschiedet. Und da reicht es auch nicht, wie wir im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit gehört haben, dass Bürgerinnen und Bürger bitte ihre E-Mails besser verschlüsseln sollen. Es gibt auch eine Bringschuld des Staates. Wir brauchen endlich auch ein starkes politisches Signal an die Staaten, die weiterhin denken, sie könnten uns allen mit ihren Geheimdiensten auf der Nase herumtanzen.
Jetzt komme ich zu unserem Antrag. Mir ist es besonders wichtig, dass wir heute diesen Antrag beschließen und als Bayerischer Landtag ein starkes Signal aussenden. Wir, der Bayerische Landtag, nehmen damit nämlich den Schutz der Rechte der Bürgerinnen und Bürger ernst. Wir als Bayerischer Landtag verteidigen die informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Privatsphäre sowie auf ungestörte Meinungsbildung und Kommunikation. Wir als Bayerischer Landtag stellen fest, dass die Praxis der wahllosen Überwachung und Speicherung von Telekommunikationsdaten und Inhalten der Bevölkerung durch Geheimdienste rechtswidrig ist. Deswegen fordern wir in unserem Antrag auch, dass die Bayerische Staatsregierung sich auf Bundesebene nach Kräften dafür einsetzt, dass Edward Snowden sichere Aufnahme in Deutschland nach § 22 des Aufenthaltsgesetzes bekommt.
Es ist wirklich eine Schande für die Rechtsstaaten in der westlichen Welt, dass Snowden im Moment nur in Moskau Zuflucht findet.
Wir sind diesem Mann für seinen Mut, den Machtmissbrauch staatlicher Institutionen öffentlich zu machen und somit eine demokratische Debatte darüber zu ermöglichen, zu Dank verpflichtet. Die Riege der Ministerinnen und Minister hier sagt immer, dass sie einen superguten Draht nach Berlin hat. Dann erwarte ich auch, dass dieser gute Draht und diese enge Zusammenarbeit dort auch genutzt werden und dass
man sich dafür einsetzt, dass dieser Mann hier sicheren Aufenthalt bekommt, damit wir ihn befragen können, damit wir wissen, was wir gegen die anlasslose und massenhafte Überwachung von uns Bürgerinnen und Bürgern machen können, und damit wir endlich auch mehr Informationen darüber bekommen, wie unsere Geheimdienste in diesen Datenringtausch eingebunden sind.
Irgendwann kommt es zum Schwur, und dann muss man sich entscheiden, auf wessen Seite man steht. Ich finde, dabei müssen wir als Volksvertreterinnen und Volksvertreter immer auf der Seite der Freiheit und der Rechte der Bürgerinnen und Bürger stehen.
Danke, Frau Kollegin. – Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Professor Dr. Peter Paul Gantzer von der SPD.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit bei meinen späteren Ausführungen kein Irrtum aufkommt, stelle ich klar: Was NSA und andere Geheimdienste gemacht haben und machen, das ist schlichtweg eine Sauerei!
Es ist so, als ob ich einen guten Nachbarn hätte, mit dem ich befreundet bin, und dann stelle ich fest, der überwacht meinen Postkasten und liest jeden Tag meine Post.
Das ist wirklich eine Überschreitung vieler, vieler Grenzen: Grenzen des Anstandes, Grenzen der Freundschaft. Ich sage einfach nur: Ich bedaure es, dass die Bundeskanzlerin auf das, was sie erfahren hat, nur lasch reagiert hat.
Leider, muss ich sagen, können wir dem Antrag der GRÜNEN wegen des Punkts eins nicht zustimmen. Da war Frau Schulze nicht belehrbar. Sie hat beantragt, dass wir feststellen sollen, dass die wahllose Überwachungsspeicherung nicht zulässig sein soll; aber die ausgewählte, also die nicht wahllose, Überwachung ist danach zulässig. Wir haben gesagt, es ist nicht immer rechtswidrig, vor allem nicht, wenn es in Amerika stattfindet. Das sollte man doch auf Deutschland beschränken.
Und das Letzte ist: Sie haben den Antrag nur auf Geheimdienste bezogen, aber es gibt eben vor allem in Indonesien Champions, was das Hacken betrifft. Da gibt es die sogenannten Cyber-Söldner, die Daten hacken und sie dann verkaufen. Auch darauf hätte der Antrag sich erstrecken sollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Entscheidende, was wir mit unserem Berichtsantrag wollen, ist, dass einmal richtig aufgeräumt wird. Einige Dinge, die die Frau Kollegin gesagt hat, wollen wir damit auch aufnehmen, nämlich zum einen die Frage, was denn eigentlich unser Geheimdienst gemacht hat. Was hat unser Landesamt für Verfassungsschutz gemacht? Wenn ich in den entscheidenden Sitzungen höre, dass der Präsident sagt, wir wissen, dass östliche Geheimdienste uns abzuhören versuchen, aber für den Westen haben wir keine Erkenntnisse, dann sage ich nur: Dann scheint unser Landesamt auf dem westlichen Auge blind zu sein. Das kann doch wohl nicht sein! Denn bei dieser Masse von Abhörungen müsste eigentlich auch unser eigenes Amt Bescheid wissen.
Wie ist die Wirklichkeit? Die Wirklichkeit ist in allen Ländern so, dass die Daten von Ausländern vogelfrei sind. Sie werden in den Ländern selbst, ob in den USA, Great Britain, Russland oder China, abgegriffen, weil der Schutz an der Landesgrenze endet und die Leitungen zum Beispiel durch die USA führen. Dann werden die Daten dort gespeichert. Es ist für den USStaat oder Großbritannien legal, wenn sie dies tun.
Deswegen haben wir gesagt, dass der Schwerpunkt nicht nur auf der Klage, sondern auf der Cyber-Sicherheit liegen muss. Wir müssen etwas dafür tun. Nehmen wir einmal den jüngsten Fall: Sie haben sicherlich gelesen, dass Datendiebe 16 Millionen EMail-Kontakte samt Passwörtern geknackt haben. Gott sei Dank hat unser Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das BSI, eine diesbezügliche Warnung herausgegeben. Alle, die das gelesen haben, dachten, sie könnten sich beim BSI erkundigen. Das hat beim BSI dazu geführt, dass die Computer zusammengebrochen sind und keine Auskünfte mehr gegeben werden konnten. So viel zur Lage der Cyber-Sicherheit bei uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen einen einheitlichen europäischen Datenschutz. Das ist der erste Punkt, der wichtig ist. Amerikanische und andere ausländische Unternehmen müssten sich dann an unsere Standards halten. Wie sieht jedoch die Wirklichkeit aus? Die Novelle zur Europäischen Datenschutzverordnung, die wir auf den Weg gebracht haben, wird bis zu den kommenden Europawahlen