Sehr geehrte CSU, Herr Unterländer, ich hätte von Ihnen mehr erwartet, als dieses Blindengeld nur als haushaltstechnisch richtig zu bezeichnen; denn es bleibt nur bei den notwendigen redaktionellen Änderungen, denen wir zustimmen werden. Aber Sie haben wieder die Chance verpasst, für schwerstsehbehinderte Menschen endlich ein Blindengeld einzuführen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist wichtig. Wir sind nicht nur auf einem guten Weg, sondern haben auch mit dem Haushalt, den wir nächste Woche verabschieden werden, den Rahmen für eine zügige, aber eben auch sozial ausgewogene, technisch haltbare und finanziell belastbare Gesetzgebung auf den Weg gebracht.
Herr Kollege Unterländer hat den Rahmen umfassend dargestellt. Ich möchte aktuell ein paar Takte ergänzen. Bayern war das erste Bundesland, das ein einkommens- und vermögensunabhängiges Blindengeld als reine Landesleistung eingeführt hat.
Bayern hat als eines der ersten und an der Spitze stehenden Bundesländer das Blindengeld zum 1. Januar 2013 verdoppelt. Allein im vergangenen Jahr haben wir gemäß Bayerischem Blindengeldgesetz insgesamt 13.300 blinde und 300 taubblinde Menschen mit über 78 Millionen Euro unterstützt. Mit einem Blindengeld von derzeit 579 Euro für Blinde und einer Unterstützung für Taubblinde von aktuell 1.158 Euro pro Monat steht Bayern bundesweit mit an der Spitze der Leistungen.
Frau Waldmann, Sie sprechen beim Ländervergleich davon, dass zum Beispiel Berlin hochgradig sehbehinderten Menschen Leistungen zahle. Schauen Sie doch auch auf die Größenordnung, die für sie gezahlt wird. Die Leistungen vieler Länder, ob Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Sachsen, liegen durchweg deutlich unter den Beträgen, die Bayern für taubblinde und blinde Menschen zahlt und festlegt.
Frau Waldmann, ich möchte auch deutlich sagen: Es ist falsch, dass in den letzten Jahren die Gesamtbeträge, die wir für blinde und taubblinde Menschen ausbezahlt haben, stark zurückgegangen sind; denn die Leistungen betrugen im Jahr 2010 81 Millionen Euro, im Jahr 2012 80 Millionen Euro, im Jahr 2014 80 Millionen Euro, im Jahr 2015 über 78 Millionen Euro, bedingt durch den Rückgang der Leistungsberechtigten. Insofern sehe ich in keine nennenswerte Reduzierung der Gesamtbeträge. Jetzt nehmen wir insbesondere hochgradig sehbehinderte Menschen mit gleichzeitiger Taubheit in den Blick.
Bei der Klausurtagung in St. Quirin hat die Staatsregierung im Entwurf des Doppelhaushalts einen Ansatz von 12 Millionen Euro, beginnend ab 01.01.2018, festgelegt. Über diesen Haushaltsansatz werden wir in der nächsten Woche abstimmen. In den nächsten Monaten werden wir in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund diese technischen Darstellungen belastbar und sozial ausgewogen erarbeiten, um dann mit der Planungssicherheit des Haushalts 2018 hochgradig sehbehinderte Menschen finanziell zu entschädigen oder zu unterstützen. Lassen Sie uns dies nach langer Diskussion als gute Grundlage sehen. Lassen Sie uns in der nächsten Woche zur Unterstützung hochgradig sehbehinderter Menschen den Haushalt als Fundament festlegen.
Ich möchte noch einen Punkt nennen, der in Ihrem Antrag auch angesprochen ist, aber nicht den Zahlen entspricht, sodass dieser Abgleich notwendig ist. Sie gehen von etwas über 5.000 hochgradig sehbehinderten Menschen aus. Wir haben die Zahlen gemeinsam mit dem Zentrum Bayern Familie und Soziales hochgerechnet und gehen von mindestens 8.500 Menschen aus. Auch das ist ein Beispiel dafür, wie notwendig es ist, eine belastbare Grundlage zu haben, um Menschen, die hochgradig sehbehindert sind, mit diesem Gesetz unterstützen zu können.
Beim vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um eine Anpassung an das zum 1. Januar 2017 in Kraft tretende Pflegestärkungsgesetz II. Wegen des Wechsels von drei Pflegestufen zu fünf Pflegegraden muss die Anrechnungsregelung im Bayerischen Blindengeldgesetz angepasst werden. Dabei gilt der Grundsatz, dass kein blinder oder taubblinder Mensch durch die Umwandlung von Pflegestufen in Pflegegrade ein geringeres Blindengeld erhalten wird, als er bisher erhalten hat. Dies ist eine wichtige Botschaft für die besonders betroffenen Menschen.
In den nächsten Monaten wird eine Ergänzung des Gesetzes erarbeitet und dem Hohen Haus vorgelegt. Hinsichtlich der Unterstützung der hochgradig sehbehinderten und taubblinden Menschen ist es notwendig, dass wir Ihren Änderungsantrag ablehnen. Ich bitte um Zustimmung zur Anpassung des Blindengeldgesetzes an die bundesgesetzliche Regelung.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Zunächst möchte ich noch eine Ankündigung machen: Die CSU-Fraktion hat zum aufgerufenen Tagesordnungspunkt für die Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf namentliche Abstimmung beantragt. Jetzt kommen zuerst Frau Kollegin Waldmann und dann Frau Kollegin Celina zu einer Zwischenbemerkung.
Ich sehe die namentliche Abstimmung als ein Zeichen dafür, dass diesem Thema eine sehr große Bedeutung zugemessen wird. – Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage: Darf ich davon ausgehen, dass in Ihrem Hause alle Gesetzentwürfe und auch alle Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen aufmerksam gelesen, bewertet und eingeschätzt werden? Wir haben jetzt Ihre Absichtsbekundungen gehört, dass Sie im kommenden Jahr das Blindengeldgesetz ändern wollen, um Leistungen für hochgradig Sehbehinderte einzuführen. Genau das steht in unserem Gesetzentwurf, den Sie erst vor ein paar Monaten abgelehnt haben, und jetzt auch in unserem vorliegenden Änderungsantrag.
Daher meine Frage: Warum können Sie diesem Änderungsantrag nicht zustimmen, wenn Ihr Haus ihn aufmerksam gelesen hat? In diesem Änderungsantrag steht nichts anderes als das, was Sie uns jetzt als Absichtserklärung abgegeben haben. Sie kommen zu keiner grundsätzlich anderen Einschätzung.
Über die Zahlen, die Sie eben genannt haben, können wir uns gerne streiten. Das bringt aber gar nichts; denn in keinem derartigen Gesetz steht, um wie viele betroffene Personen es geht. Es geht um die Einführung eines neuen Leistungstatbestandes, bei dem wir dann sehen werden, wie viele Menschen je nach Definition des Grades der Sehbehinderung davon betroffen sein werden. Ihr Kernziel ist aber nichts anderes als das, was wir hier vorschlagen. Deshalb müsste doch auch Ihr Haus zu der Einschätzung kommen, dass es der einfachste Weg wäre, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Dann können Sie sich nämlich für das nächste Jahr viel Arbeit sparen.
Liebe Frau Waldmann, der Unterschied besteht darin, dass wir ein Gesetz brauchen, das seinen Namen verdient. Das heißt, die Zahlen müssen belastbar sein, um dann dem Haushalt ordentlich zugrunde gelegt werden zu können. Dieses Vorgehen beruht auf einem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung bei der Haushaltsklausur in St. Quirin. Danach sind im Haushaltsentwurf 12 Millionen vorgesehen. Darüber wird nächste Woche abgestimmt – ich hoffe, Sie stimmen auch zu –, und das wird dann die Grundlage dafür sein, dass wir zum 1. Januar 2018 das Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen einführen werden.
Sehr geehrter Herr Hintersberger, mich wundert es jetzt schon ein bisschen. Ich bin davon ausgegangen, dass wir inzwischen 5.000 hochgradig sehbehinderte Menschen in Bayern haben. Diese Zahl verringert sich aufgrund der glücklicherweise vorhandenen Fortschritte in der Augenmedizin jährlich um etwa 100. Vor drei Jahren hatten wir noch zwischen 5.200 und 5.300 hochgradig sehbehinderte Menschen, jetzt sind es etwa 5.000.
Jetzt sprechen Sie von 8.000 hochgradig sehbehinderten Menschen. Auf diese höhere Zahl kann man kommen, wenn man den Grad der Sehbehinderung von einem Sehvermögen von 5 % auf ein Sehvermögen von 7 % erhöht. Damit erhöht sich natürlich die Zahl der betroffenen Menschen.
Nicht verstehen kann ich Folgendes: Wir gehen davon aus, dass inzwischen nur mehr 8 Millionen Euro statt der 12 Millionen Euro gebraucht werden, die Sie in
den Haushalt eingestellt haben. Wenn unsere Berechnungen stimmen, bräuchten Sie nur mehr 8 Millionen von den 12 Millionen. Sie könnten also schon 2017 mit der Unterstützung der hochgradig sehbehinderten Menschen anfangen. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie eine Deckelung auf 12 Millionen wählen, weil Sie angefangen haben, auszurechnen, wie viel Geld den schwerstsehbehinderten Menschen zusteht, wenn es vielleicht doch 8.500 statt 8.000 sind. Wollen Sie dann die Leistungen für die einzelnen Menschen kürzen? Ich dachte, Sie gehen von dem aus, was die Menschen als Ausgleich für ihre Nachteile brauchen. Dann können Sie doch nicht die Zahl der Schwerstsehbehinderten als relevant darstellen und die Leistung davon abhängig machen, ob es 300 mehr oder weniger sind.
Liebe Kollegin, Ihre Aussage macht deutlich, dass belastbare Zahlen in enger Abstimmung mit den zuständigen Ämtern und den Vertretern der Behindertenorganisationen erhoben werden müssen, um eine belastbare Grundlage für dieses neue Gesetz zu bekommen. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen. Unsere Aufgabe in den nächsten Monaten ist es, das Gesetz so vorzubereiten, dass wir es dem Hohen Hause mit belastbaren Zahlen vorstellen können. Dies ist heute nicht möglich. Im Haushalt stehen auch erst ab 1. Januar 2018 die notwendigen Mittel zur Verfügung. Wir werden dieses Gesetz planungssicher vorbereiten, und ich gehe davon aus, dass Sie in der nächsten Woche dem Haushalt zustimmen werden, damit wir für die betroffenen Menschen ein planungssicheres Fundament bekommen.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.
Nachdem die Wartezeit für die namentliche Abstimmung noch nicht abgelaufen ist, werden wir jetzt die Sitzung unterbrechen und in die Mittagspause eintreten. Unmittelbar nach Beendigung der Mittagspause werden wir die Abstimmungen vornehmen.
Es besteht Einverständnis mit 13 Uhr. Dann kommen aber gleich die einfachen Abstimmungen, anschließend die namentliche Abstimmung und dann gleich das Integrationsgesetz.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Mittagspause ist zu Ende. Wir haben noch Abstimmungen über einen heute Vormittag behandelten Tagesordnungspunkt vorzunehmen. Es geht um die Zweite Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes auf Drucksache 17/11941. Meine Damen und Herren, ich bitte, die Plätze einzunehmen, weil wir jetzt abstimmen wollen.
Neben dem Gesetzentwurf liegen der Abstimmung der Änderungsantrag auf Drucksache 17/12274 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration auf Drucksache 17/14597 zugrunde. Der Antrag wird zur Ablehnung empfohlen.
Zunächst wollen wir über den Änderungsantrag abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem interfraktionellen Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/12274 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Gegenstimmen der CSU. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt Zustimmung. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, FREIE WÄHLER und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Enthaltungen? – Auch keine. Damit ist das so beschlossen.
Da kein Antrag auf Dritte Lesung vorliegt, kommen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort zur Schlussabstimmung. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.
Ja, es ist namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen stehen bereit. Sie haben fünf Minuten. Die Abstimmung ist eröffnet.
Vielen Dank, die Zeit ist um. Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, die Stimmen außerhalb des Saales auszuzählen. Wir geben das Abstimmungsergebnis später bekannt.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für ein Bayerisches Integrations- und Partizipationsgesetz (Drs. 17/11501) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) für ein Bayerisches Partizipations- und Integrationsgesetz (Drs. 17/13709) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Integrationsgesetz (Drs. 17/11362) - Zweite Lesung
Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Doris Rauscher, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) (Drs. 17/13211)
Änderungsanträge der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drsn. 17/13416 mit 17/13424)