Nach diesem Beschrieb komme ich jetzt zu den beiden Anträgen: Wir werden beide Dringlichkeitsanträge ablehnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass in Bayern spätestens ab 2020 alles zu unternehmen sei, "um ‚Kollateralschäden‘ finanzieller und sonstiger Art für den Freistaat zu unterbinden". Wir dürfen also bis heute in Bayern Kollateralschäden zulassen, aber ab 2020 nicht mehr? – Für mich ist es unbegreiflich, was
Sie hier in Ihren Antrag geschrieben haben. Sie sagen, der Kollateralschaden müsste erst im Jahr 2020 verhindert werden. Dieser Schaden tritt aber jetzt ein, wenn Sie diese Gesellschaft gründen. Das sage ich Ihnen voraus. Sie werden es nicht schaffen, die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft in der Hand des Bundes zu belassen. Das ist der Einstieg in ein Franchising, das Unternehmen Rendite verschafft.
Sie schreiben hier, Sie hätten im Landtag immer dafür gekämpft, dass es eine Auftragsverwaltung in Bayern gibt, und dass Sie den entsprechenden Anträgen immer zugestimmt hätten. Zum Antrag auf Drucksache 17/8416 haben Sie sich enthalten. So viel dazu.
Damit komme ich zum Dringlichkeitsantrag der CSU. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war der Einstieg. Aus den "Bundesfernstraßen" wurden jetzt nur noch die "Bundesstraßen" in Ihrem Antrag. Am Ende wollen Sie die Opt-out-Klausel ziehen. Das ist wunderbar, dass Sie die Opt-out-Klausel wenigstens noch erhalten wollen. Vor einem Jahr wollten Sie noch die Bundesfernstraßen gesichert sehen. Das ist schon Geschichte. Das wurde in Berlin anders verhandelt. Das wurde gegen den Willen der Fraktion verhandelt. Anscheinend ist Ihre Fraktion doch nicht so stark, wie sie immer tut. Der Ministerpräsident beschäftigt sich mit anderen Themen.
Am Ende nennen Sie in Ihrem Dringlichkeitsantrag noch die GVFG-Mittel. Herr Rotter wird dazu noch etwas sagen. Die Verknüpfung der GVFG-Mittel mit den Bundesfernstraßen ist nicht redlich; denn wir wissen, dass die GVFG-Mittel weiterhin für die Regionalisierung verwendet werden. Wir können weiterhin Regionalverkehr bestellen. Dies in einem solchen Antrag zu verknüpfen, ist nicht redlich, weil Sie damit nur vom Thema ablenken wollen. Sie haben auch den Länderfinanzausgleich mit einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft verknüpft.
Herr Kollege, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Baumgärtner.
Herr Kollege Glauber, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen sind zum Wohle Bayerns neu geregelt worden. Das ist ein riesiger Erfolg unseres Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Das muss man einmal in dieser Klarheit sagen.
Ich habe eine ganz konkrete Frage: Wo sehen Sie in der jetzigen Situation und zum jetzigen Zeitpunkt eine Benachteiligung Bayerns?
Herr Kollege Baumgärtner, das ist ganz einfach. Der Freistaat Bayern war mit seiner starken Verwaltung in den Staatlichen Bauämtern und den Autobahndirektionen immer in der Lage, Baureife zu erzeugen. Herr Kollege Sauter wird mir hier beipflichten. Er ist ein erfahrener Kollege im Landtag. Sie können ihn gern fragen. Sie können auch unseren bayerischen Verkehrsminister fragen. Der politische Wille, in Bayern Autobahnen zu bauen, war vorhanden. Wir konnten deshalb Geld aus einem Topf des Bundes, das für Projekte in den Bundesländern vorgesehen war, ziehen. Bayern hatte es im Kreuz, solche Projekte in den Regionen umzusetzen. Damit war Bayern immer der Gewinner.
Dieses Gewinnertum opfern Sie. Sie opfern die gute Verwaltung, und Sie opfern das Gewinnertum. Sie opfern damit auch die Erfolge, die in Bayern mit diesen Projekten erzielt wurden. Eines möchte ich Ihnen noch sagen: Mit Ihrer neuen Gesellschaft werden Sie den Bau-Mittelstand schädigen, da dieser in Zukunft bei ÖPP-Projekten nicht mehr zum Zuge kommen wird. Das wissen Sie, und Sie nehmen das gerne in Kauf. Ich habe es gesagt: Vorteile gibt es nicht. Sie wollen mit dieser Lösung um die Ecke kommen, um die Maut einzuführen. Der Bürger wird dabei der Verlierer sein. Mir stellt sich nicht dar, was der Erfolg des Ministerpräsidenten sein soll.
Danke schön. – Bevor ich Herrn Kollegen Roos das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. – Bitte, Herr Kollege Roos.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir konnten letzte Woche ein Déjà-vu erleben. Vor vielen Jahren ist Herr Ministerpräsident Stoiber mit einem grandiosen Erfolg aus Berlin zurückgekommen, der sich als sehr teuer entpuppt hatte. Nun hat Ministerpräsident Seehofer mit stolzgeschwellter Brust seinen Verhandlungserfolg von 1,3 Milliarden Euro per annum verkündet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es spricht Bände, dass die CSU-Fraktion diesen Verhandlungserfolg begrüßt, allerdings mit Kollateralschaden. Wir alle haben immer wieder gesagt, dass sich die Auftragsverwaltung des Freistaats Bayern für die Bundesrepublik bewährt und uns in die Lage versetzt hat, zusätzliche Projekte nach Bayern zu holen.
600 Millionen Euro in diesem Fiskaljahr sind eine stolze Summe. Etliche andere Bundesländer hätten davon wunderbar leben können, wenn sie in der Lage gewesen wären, Projekte baureif zu machen. Das ist die Idee, nachdem Herr Dobrindt das im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zugunsten anderer Bundesländer quasi hineingeschoben hat. Vielleicht war das auch für die Kolleginnen und Kollegen der CSU überraschend. Nun steht das drin, und es ist nun einmal beschlossen.
Lieber Thorsten Glauber, wir haben uns enthalten. Das lag daran, weil sich die FREIEN WÄHLER fundamental gegen ÖPP gewandt haben. Diese Haltung konnten wir nicht mittragen. Deshalb haben wir uns damals enthalten. Ich kündige gleich an, dass wir uns auch diesem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER nicht anschließen können und ihn ablehnen werden, weil die Regelung mit den Bundesstraßen ohnehin draußen ist. Es geht jetzt nur noch um Bundesautobahnen.
Die Informationslage ist sehr dünn. Das ist ein Vorwurf in Richtung der CSU und ihres Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt. Wir wissen im Detail noch gar nichts. Wir wissen lediglich, dass eine Reform der Bundesauftragsverwaltung mit dem Fokus auf die Bundesautobahnen sowie eine Übernahme in die Bundesverwaltung vorgesehen sind, Klammer auf: übrige Bundesfernstraßen Opt-out, Klammer zu. Anglizismen schleichen sich immer mehr ein.
Eine unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft soll eingesetzt werden. Das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen soll im Grundgesetz festgeschrieben werden. Das haben wir in unserem Dringlichkeitsantrag fixiert. Die Ermächtigung dazu steht im Artikel 90 des Grundgesetzes. Eckpunkte für die Ausgestaltung sind festzulegen, Klammer auf: unter anderem Zeitplan, Regelungen in der Übergangsphase, Übergang von Personal-, Pensionsund Sachmitteln, Klammer zu.
Herr Kollege Thorsten Glauber, deswegen haben wir das Jahr 2020 aufgeführt, da all diese Punkte Zeit brauchen. Wenn wir realistisch denken, kommen wir zu diesem Zeithorizont.
Nun zu einem Spezifikum der SPD, das wir mit unserem Kollegen Sigmar Gabriel, dem Bundeswirtschaftsminister, hineinverhandelt haben: Dabei sollen die Interessen der Beschäftigten hinsichtlich Status, Arbeitsplatz und Arbeitsort beachtet werden. Die Personalvertretungen werden eingebunden. Das würde ansonsten bei den Schwarzen schnell unter den Tisch fallen. Oh Wunder, oh Wunder: Obwohl ich weiß, dass
die CSU-Fraktion unseren Antrag ablehnen wird, werden wir ihrem Antrag zustimmen, weil wir die Vorzüge in finanzieller und organisatorischer Hinsicht behalten wollen. Dazu haben wir viele Fragen. Ich kündige jetzt schon an, dass wir aus diesem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag etliche Berichtsanträge machen werden. Darin ist dann schon einiges enthalten, bei dem die Staatsregierung nicht umhinkommt zu berichten, wie das Ganze laufen soll, wenn die Nachrichtenlage aus Berlin etwas "dicker" sein wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Glauber, all die Punkte, die Sie vorhin sehr engagiert vertreten haben, glauben Sie doch wohl selber nicht.
Fakt ist, dass sich Bund und Länder am 14. Oktober 2016 in Bezug auf eine Neuordnung der BundLänder-Finanzbeziehungen insbesondere auch zugunsten des Freistaats Bayern geeinigt haben. In seiner Regierungserklärung hat unser Ministerpräsident Horst Seehofer in der letzten Woche darauf hingewiesen, dass gerade auch für den Freistaat Bayern eine sehr gute Einigung erzielt worden ist. Konkret bedeutet sie für Bayern eine Verbesserung beim Länderfinanzausgleich um 1,3 Milliarden Euro.
Das möchte ich auch als Haushaltspolitiker noch einmal ganz deutlich hervorheben und sage ganz bewusst: Das ist ein großartiger Erfolg für Bayern, logischerweise auch für unsere Haushalte der nächsten Jahre und auch ein großer Erfolg für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Deswegen gilt mein besonderer Dank nochmals unserem Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Er war gewissermaßen der Motor und Taktgeber bei diesen schwierigen Verhandlungen. Natürlich geht auch ein ganz besonderes Dankeschön an unseren Finanzminister Dr. Markus Söder für die großartige Vorbereitung. Herzlichen Dank dafür!
Liebe Kollegen Glauber und Roos, es muss doch auch in Ihrem Interesse liegen, dass wir künftig mehr Mittel haben, insbesondere für unsere Kommunen, aber auch zur Schuldentilgung, und dies in Höhe von 1,35 Milliarden Euro jährlich.
Sie wissen aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Politik immer wieder auch von Kompromissen lebt. Auch bei dieser Neuregelung, die ich soeben ange
sprochen habe, gibt es natürlich ein Geben und ein Nehmen. Für den Freistaat Bayern bedeutet es im Hinblick auf das Geben eine jährliche Entlastung in Höhe von 1,35 Milliarden Euro beim Länderfinanzausgleich und im Hinblick auf das Nehmen diese von Ihnen bereits angesprochene Infrastrukturgesellschaft Verkehr.
Natürlich ist es schade – liebe Kolleginnen und Kollegen, das möchte ich noch einmal ausdrücklich erwähnen –, dass es zu einer Zuständigkeitsverlagerung bei Planung, Bau und Unterhalt von Bundesautobahnen kommen wird. Aber ich sage auch ganz bewusst: Ursächlich ist aus der Sicht meiner Fraktion die Unwilligkeit einzelner Länder, die Bundesauftragsverwaltung ordnungsgemäß umzusetzen. Ich betone ausdrücklich: Ganz anders ist es bei uns in Bayern. Unsere bayerische Staatsbauverwaltung leistet mit ihren Autobahndirektionen und Autobahnmeistereien eine exzellente Arbeit. Dafür, Herr Staatssekretär, ein herzliches Dankeschön von unserer Seite.
Ich sage auch ganz bewusst: Wenn das in anderen Bundesländern genauso wäre, dann hätte der Bund diesen Weg mit Sicherheit niemals durchsetzen können.
Das hat natürlich auch ideologische Gründe. Insbesondere die rot-grün und auch die grün-rot regierten Länder sind dadurch aufgefallen, dass sie den Straßenbau teilweise sträflich vernachlässigt haben, und das logischerweise zulasten der Infrastruktur in diesen Ländern und am Ende auch zulasten des Freistaates Bayern.
Ich will Ihnen ganz kurz ein Beispiel nennen: eine aktuelle Pressemitteilung des Westdeutschen Rundfunks. Ich glaube, der WDR ist nicht unbedingt bekannt dafür, dass er sehr unionsfreundlich berichtet bzw. der Staatsregierung in Nordrhein-Westfalen besonders kritisch gegenübersteht. In der Überschrift heißt es, NRW habe beim Straßenbau Finanzmittel verschenkt. Im Text steht, NRW sei Stauland Nummer eins; viele Autobahnen seien in einem maroden Zustand. Und dann wird in dieser Pressemitteilung nach dem Warum gefragt: Von den ab 2001 geplanten 141 neuen Autobahnkilometern in Nordrhein-Westfalen sind bis zum Jahr 2015 nur 43 km fertiggestellt worden. Das sind 30 %.
Dem stehen die Leistungen im Freistaat Bayern gegenüber. Bayern konnte von den angestrebten 260 Autobahnkilometern satte 230 Kilometer realisieren. Das sind fast 90 %.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, zu Unruhe besteht dennoch kein Anlass. Zunächst müssen die erforderlichen gesetzgeberischen Schritte zur konkreten Ausgestaltung vorbereitet werden. Ich bin mir sicher, dass sich die Bayerische Staatsregierung bei den Verhandlungen zum Anwalt unseres Föderalismus und insbesondere zum Anwalt unserer Beschäftigten macht. Stichworte sind Arbeitsplätze und Standorte.
Ich sage auch, dass anschließend mein Kollege Eberhard Rotter, unser verkehrspolitischer Sprecher, noch einige wichtige Aussagen insbesondere zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, zum GVFG, und natürlich auch zur Bundesstraßenoption machen wird.
Ich sage aber als Haushalts- und Finanzpolitiker abschließend noch einmal: Das war ein großartiger Erfolg für Bayern. Diese 1,35 Milliarden Euro sind ein großer Gewinn für unsere künftigen Haushalte. Allein im Doppelhaushalt 2017/2018 müssen wir insgesamt 12,4 Milliarden Euro für den Länderfinanzausgleich aufbringen. Das sind über 11 % des gesamten Haushalts. Wenn man sich das anschaut, kann man sagen: Dies ist ein großartiger Erfolg für den Freistaat Bayern.
Herr Herold, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Es gibt zwei Zwischenbemerkungen. Zunächst hat der Kollege Pohl das Wort, dann der Kollege Roos.
Herr Kollege Herold, das Hosianna auf den neuen Länderfinanzausgleich haben wir letzte Woche schon gehört. Wir haben eine etwas andere Auffassung. – Sie haben zur Infrastrukturgesellschaft gesagt, es sei ein Vorteil für Bayern, dass jetzt in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern Straßen gebaut werden. Ich sehe diesen Vorteil nicht. Ich möchte das Geld, das die nicht verbauen, wieder wie bisher in Bayern haben, damit wir unsere bayerische Infrastruktur voranbringen. Das ist für Bayern wesentlich besser und wesentlich sinnvoller, im Übrigen auch für den einen oder anderen aus Nordrhein-Westfalen, wenn er durch Bayern in den Urlaub fährt.
Ich möchte Ihnen aber noch etwas sagen. Wir sehen Ihren Dringlichkeitsantrag durchaus kritisch, aber einen Teil kann ich unterstreichen, und dafür kann ich Sie loben: Sie fordern die Staatsregierung auf, sich für den Verbleib der Auftragsverwaltung für die Bundesstraßen einzusetzen. Es ist löblich, dass Sie das fordern und dass Sie dieses Problembewusstsein haben.
Als ich dem Herrn Ministerpräsidenten geschrieben und auf Gleiches hingewiesen habe, habe ich von einem Bundestagskollegen der CSU nur den Kommentar gehört, das sei Panikmache und Quatsch.
Herr Kollege Pohl, Sie müssen bei meinen Aussagen besser aufpassen. Ich habe ansprechen wollen, dass es mit eine Ursache für diese Entscheidung war, dass bestimmte Länder in Deutschland nicht in der Lage waren, die Baumaßnahmen durchzuführen. Deswegen nimmt der Bund logischerweise nun in diesem Bereich eine größere Verantwortung auf sich. Zum anderen steht auch in unserem Antrag, dass wir dafür plädieren, dass die Bundesstraßen ausgenommen werden.
Herr Kollege Herold, ich weiß nicht, ob die Nacht der Verhandlung über die BundLänder-Finanzbeziehungen auch zu den schönsten Nächten von Horst Seehofer gehört, aber vielleicht können Sie ein Rechenexempel durchführen. 1,3 Milliarden Entlastung minus 0,6 Milliarden, die wir heuer an zusätzlichen Mitteln für den Straßenbau in Bayern zur Verfügung haben – wie viel macht das, und wie sieht es damit für ein möglicherweise schuldenfreies Bayern im Jahr 2030 aus?