Protocol of the Session on October 18, 2016

(Beifall bei der CSU und der SPD)

Wichtig war auch das Bündnis der Länder – 16 : 0. Vieles davon ist im Rahmen von Zusammenkünften in München entstanden. Das war der Bundesregierung ein Dorn im Auge: Ein 16 : 0-Länderbündnis kann doch nicht die Grundlage der deutschen Politik sein. Aber dieses Bündnis hat von der ersten bis zur letzten Minute gehalten. Der Bundesrat weist völlig unterschiedliche Mehrheiten auf. Niemand besitzt dort eine stabile Mehrheit. Aber mittlerweile sitzen alle wichtigen Parteien im Bundesrat, weil sie an den Länderregierungen beteiligt sind. Jedoch kann keiner für sich sagen: Ich habe diese politische Vorstellung und setze das im Bundesrat durch. Das ist weder uns noch der SPD oder anderen möglich. Deshalb haben wir offen darüber gesprochen und die Interessen der anderen berücksichtigt. Wir haben versucht, die Interessen untereinander auszugleichen.

Als Beispiel nenne ich die neuen Länder. In den Verhandlungen habe ich über die Strukturen der Länder etwas dazugelernt. Die niedrige Steuerkraft der neuen Länder im Vergleich zum Westen wird uns in den nächsten Jahren verstärkt beschäftigen. Ein Ministerpräsident hat mir gesagt, sein Land verfüge über eine Steuerkraft von 53 %. Ich könnte sagen: Das ist eure Angelegenheit. Aber ich kann mich auch für einen solidarischen Länderfinanzausgleich aussprechen, der diesen Umstand berücksichtigt. Die Bundesregierung war überrascht, dass der Freistaat Bayern nicht nur für sich selbst kämpfte, sondern auch das eine oder andere Interesse von Ländern, sofern sie unverschuldet in eine schwierige Lage geraten sind, berücksichtigt hat.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich über die strukturellen Veränderungen, die wir erzielt haben, und über das, was der Freistaat Bayern bekommt. Ich möchte aber auch betonen, dass wir immer das starke Argument gebracht haben: Es kann dem Freistaat Bayern auf Dauer nur gut gehen, wenn es auch den neuen Ländern gut geht. Deshalb haben wir Interesse daran, dass sie berücksichtigt werden.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Volk- mar Halbleib (SPD))

Es ist ein Schritt zur weiteren Stärkung der Glaubwürdigkeit der deutschen Finanzpolitik gegangen worden. Ich bin sehr froh darüber, dass auch der Bund mittlerweile einen ausgeglichenen Haushalt hat. Sie wissen, dass wir seit der Föderalismusreform einen Stabilitätsrat haben. Dessen Kompetenzen werden gestärkt. Er überwacht die Einhaltung der Schuldenbremse im Bund und in den Ländern. Es geht darum, dass auch die Länder, die sich in einer Konsolidierungsphase befinden bzw. die mit der Einhaltung der Schuldenbremse Probleme haben, ihre Hausaufgaben machen.

Damit stärken wir das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik. Wir realisieren in Deutschland das, was wir von anderen Mitgliedsländern der EU verlangen, wenn sie in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Das heißt, wir stärken auch das Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik insgesamt, wenn der Stabilitätsrat die Finanzpolitik von Bund und Ländern und die Einhaltung der Schuldenbremse intensiver kontrolliert.

Es freut mich auch, dass das Bundesprogramm zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz dauerhaft fortgeführt wird. Sie wissen, dass es vor allem den Nahverkehr betrifft. Das GVFG wird uns bei der anstehenden abschließenden Entscheidung über die zweite Stammstrecke im Großraum München sehr helfen.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD)

Dazu brauchen wir dieses Gesetz. Ich bin froh, dass das Bundesprogramm im Zuge der anstehenden Änderungen des Grundgesetzes über das Jahr 2019 hinaus fortgeführt wird.

Das sind große strategische Weichenstellungen, die nach sehr harten Verhandlungen erfolgt sind. Ich habe Verhandlungen in dieser Form noch nicht erlebt. Trotzdem hat das gute Verhältnis zwischen den Ländern sowie zwischen Bund und Ländern keinen Schaden genommen; dies gilt jedenfalls für die Große Koalition. Es gehört zur Professionalität, dass man in der Lage ist, ohne persönliche Verletzungen Interessen hart wahrzunehmen.

Wir haben am Freitag noch ein Papier verabschiedet, das als Grundlage der weiteren Zusammenarbeit von Bund und Ländern dient. Es wird noch viel Arbeit zu leisten sein, um das Papier zu konkretisieren. Wenn Sie es lesen, stellen Sie fest: Dagegen ist ein Wahlprogramm eine Blüte an Konkretheit. Wir haben Absichten formuliert, die zwischen den Chefs der Staatskanzleien und dem Chef des Bundeskanzleramtes gemeinsam mit den Fachministern zu konkretisieren sind. Das ist auch gut so.

Ich halte es für selbstverständlich, dass Bund und Länder angesichts der weiter wachsenden Bedeutung der Digitalisierung auf diesem Gebiet noch enger zusammenarbeiten.

Ich halte es für selbstverständlich, dass der Bund bereit ist, finanzschwachen Kommunen in Deutschland bei investiven Maßnahmen stärker zu helfen. Das entsprechende Bundesprogramm gibt es schon; es wird fortgeführt. Das, was ich vorhin für die neuen Bundesländer gesagt habe, gilt natürlich auch für die Gemeinden. Einige sind von der schwierigen Situation in den Bereichen Stahl, Werften und Kohle besonders betroffen und haben dementsprechend spezielle Pro

bleme. Es ist gut, dass der Bund sein Programm fortführt und ausbaut.

Über einen Punkt wird bei uns wahrscheinlich intensiver diskutiert werden; das ist die Infrastrukturgesellschaft Verkehr. Das war ein großes Anliegen des Bundes. Ich darf darauf hinweisen, dass der Bund ein Junktim zwischen den Finanzleistungen und den strukturpolitischen Vereinbarungen hergestellt hat. Der Bund hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es zu den Grundgesetzänderungen zum Länderfinanzausgleich nur dann kommen wird, wenn die Strukturvereinbarungen – die Details müssen noch vereinbart werden – ebenfalls im Grundgesetz festgeschrieben werden. Insoweit ist noch viel zu leisten.

Im Zusammenhang mit der Infrastrukturgesellschaft Verkehr haben wir übereinstimmend vereinbart – auch der Bund hat zugestimmt; es geht hauptsächlich um die Bundesautobahnen –: Es gibt eine Garantie für die Beschäftigten, was den Arbeitsplatz, den Status und den Arbeitsort angeht. Dass sich die Bundesregierung bereit erklärt hat, auch Letzteres zu vereinbaren, hat mich etwas überrascht. Aber es ist ein gutes Signal für die Beschäftigten. Ich darf seitens der Bayerischen Staatsregierung unseren Beschäftigten versichern, dass wir dies – wie bei uns selbstverständlich – mit den Personalräten besprechen. Die Vereinbarung selbst muss innerhalb von Monaten erfolgen. Aber was deren Realisierung angeht, so bitte ich Sie schon heute, in Jahren zu denken. Wir brauchen sehr lange Übergangsfristen, damit die Dinge ohne Brüche vonstattengehen können.

Ich kann dem Bayerischen Landtag versichern: Es wird keine Rolle rückwärts geben. Alle Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, auch die Ministerpräsidenten aus der Zeit der Gründung des Freistaates Bayern – auch die SPD war beteiligt –, waren und sind glühende Verfechter, ja Patrioten des Föderalismus. Die Tatsache, dass wir heute einen starken Rechtsstaat mit einer stabilen Demokratie haben – sie ist so stabil wie nie zuvor in unserem Land –, ist auch auf das gute Zusammenspiel von Bund und Ländern im Rahmen des Föderalismus zurückzuführen. Das Prinzip lautet: Vielfalt in der Einheit.

Die Stabilität ist auch darauf zurückzuführen, dass die Länder immer Wert darauf gelegt haben, Luft zum Atmen zu haben. Die Kanzlerin hat in einer Haushaltsrede vor zehn Jahren gesagt: Wer die Leidenschaft Schulpolitik hat, der ist im Bundestag falsch aufgehoben. Die Schulpolitik ist den Landtagen zu Hause. – Wir dürfen nichts unternehmen, was diesen schönen Grundsatz durchbricht. Die Bildungspolitik muss nahe am Menschen sein. Die Landtagsabgeordneten sind nun einmal näher am Menschen.

(Beifall bei der CSU und Vertretern der Staatsre- gierung)

Ich versichere ausdrücklich: Es darf und es wird keine Rolle rückwärts geben im Sinne von mehr Zentralismus zu Lasten der Länderkompetenzen, auch wenn dieses Ansinnen in Berlin gelegentlich mit Finanzen versüßt oder schmackhaft gemacht wird; das ist der berühmte "goldene Zügel".

(Volkmar Halbleib (SPD): Den "goldenen Zügel" kennen wir in Bayern ja überhaupt nicht!)

Wir geben euch Geld für die Schulsanierung, aber ihr müsst dann Folgendes machen – solche Denkweisen sind uns in Bayern fremd, lieber Kollege Halbleib.

(Beifall bei der CSU)

In den vergangenen Jahren habe ich mir hier von der Opposition viel darüber anhören dürfen, wie stümperhaft die Bayerische Staatsregierung bei diesem Thema angeblich vorgehe. Wir wurden dafür kritisiert, dass wir die Klage eingereicht haben. Uns wurde gesagt, es sei doch viel sinnvoller, wenn Menschen miteinander redeten und nicht gegeneinander klagten.

Angesichts dieser Kritik will ich heute feststellen: Unsere Strategie ist total aufgegangen. Wir haben die Klage eingereicht. Die Argumente unserer Klage haben in den Verhandlungen immer eine große Rolle gespielt. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es ohne unsere Klage Verhandlungen in dieser Tiefe nicht gegeben hätte. Deshalb war es richtig, die Klage einzureichen und gleichzeitig Verhandlungen zu führen. Wenn all die Vereinbarungen im Bundesgesetzblatt stehen – so lange wollen wir schon warten –, dann wird der Freistaat Bayern die Klage zurückziehen. Ich betone: erst dann, wenn durch die Änderungen des Grundgesetzes alle Vereinbarungen abgesichert sind.

(Beifall bei der CSU und Vertretern der Staatsre- gierung)

Das ist, so glaube ich, der richtige Weg. Unser Ansatz, Klage und Verhandlungen miteinander zu verbinden, ist aufgegangen. Das Ergebnis kann jeder gewichten und beurteilen, wie er will. Entscheidend ist immer, was zustande kommt, und damit sind wir sehr zufrieden.

Es gab und gibt eine Menge an Finanztechnik zu regeln und an juristischer Detailarbeit zu leisten. Ich möchte deshalb auch allen danken, die hinter den Kulissen beteiligt waren, auch und gerade unseren Spitzenbeamten in der Staatskanzlei und im Finanzministerium. Beim Risikostrukturausgleich der

Krankenkassen galt immer der Grundsatz: Den kapieren nur zwei Leute. – Einer davon ist gestorben.

Was den Länderfinanzausgleich angeht, so gibt es mehrere, die sich darin auskennen. Sie alle, sowohl die Beamten aus dem bayerischen Finanzministerium als auch die Beamten aus der Bayerischen Staatskanzlei, waren für uns sehr hilfreich. Unsere Beamten waren in den Verhandlungen immer die gefragtesten Gesprächspartner. Bayern hat wieder einmal gezeigt: Wir können es! – Dafür möchte ich unseren Mitarbeitern herzlichen Dank sagen.

(Beifall bei der CSU, Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER und des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD) – Volkmar Halbleib (SPD): Den Dank an den Finanzminister!)

Was wollen Sie noch hören?

(Volkmar Halbleib (SPD): Den Dank an den Finanzminister haben Sie vergessen!)

Markus, auf Aufforderung einen großen Dank an den Bayerischen Finanzminister! Da will ich auch nicht zurückstehen.

(Beifall bei der CSU)

Ja, so sind wir.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Peter Winter (CSU): Heute könnt ihr wieder etwas von uns lernen! – Dr. Paul Wengert (SPD): Mehr Demut bitte! – Glocke des Präsidenten)

Herr Wengert, machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Wir werden nach der nächsten Wahl wahrscheinlich auch ein paar Plätze bei Ihnen brauchen.

(Beifall bei der CSU)

Ich will es Ihnen nur erklären, Herr Halbleib; denn so etwas bekommt Füße, und dann weiß wieder jeder genau, wie es war: Ich glaube, ich habe Markus Söder heute schon im Kabinett gedankt, wenn ich mich recht erinnere. Wenn nicht, dann hole ich es jetzt nach.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich sage aber nur: Macht euch keine falschen Hoffnungen. – Meinem Staatsverständnis wurde in den letzten Tagen jedenfalls entsprochen. Übrigens darf ich dem Parlament auch mitteilen, dass unter Führung der Kanzlerin und von Frau Bundesministerin Nahles jetzt das nächste große Projekt, nämlich die Rentenreform, in Angriff genommen wird. Da stellt sich die Frage, was wir in dieser Legislaturperiode noch leis

ten können, um die Rentenfrage aus dem Bundestagswahlkampf möglichst herauszuhalten. Ob das gelingt, werden wir sehen. Dabei geht es um mindestens so viel Geld wie bei dem Projekt, über das wir heute sprechen. Deshalb ist es gut, dass sich die Kanzlerin nach den Vereinbarungen über die Länderfinanzausgleichsleistungen entschieden hat, die Verhandlungen über die Rentenreform selbst zu führen und zu moderieren. Damit steigt natürlich die Chance, dass wir uns verständigen, enorm. So geht es jetzt weiter. Macht euch also keine falschen Hoffnungen!

Mein Staatsverständnis ist erfüllt. Mit dem, was wir jetzt gemacht haben, realisieren wir Einheit in Vielfalt. Wir bekennen uns klar zum Föderalismus und gegen den Zentralismus. Wir haben unsere Liebe zu WeißBlau, aber auch unsere Treue zu Schwarz-Rot-Gold eingebracht. Das ist unser Auftrag, und den haben wir erfüllt. Für unsere Bevölkerung haben wir einen bleibenden Erfolg erzielt.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, für diesen erfreulichen Bericht. – Ich eröffne die Aussprache. Die Fraktionen haben sich auf eine Gesamtredezeit von 108 Minuten verständigt, die sich wie folgt auf die Fraktionen verteilt: CSU 36 Minuten, SPD 27 Minuten, FREIE WÄHLER UND BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils 22,5 Minuten.

Das Wort hat zunächst Herr Kollege Rinderspacher von der SPD. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst den würdigenden Worten von Vizepräsident Bocklet anschließen und Barbara Stamm zu Ihrem 40-jährigen Bühnenjubiläum im Bayerischen Landtag sehr herzlich gratulieren.

(Allgemeiner Beifall – Volkmar Halbleib (SPD): Eine schöne Bühne!)

Frau Stamm, wir danken Ihnen für die gute Zusammenarbeit. Wir danken Ihnen für die heutige Einladung, und wir wünschen Ihnen als unserer Parlamentspräsidentin weiterhin gute Nerven, viel Energie in der Zusammenarbeit mit den Abgeordneten und den Fraktionen, Gesundheit, Glück und Erfolg. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit!