Frau Stamm, wir danken Ihnen für die gute Zusammenarbeit. Wir danken Ihnen für die heutige Einladung, und wir wünschen Ihnen als unserer Parlamentspräsidentin weiterhin gute Nerven, viel Energie in der Zusammenarbeit mit den Abgeordneten und den Fraktionen, Gesundheit, Glück und Erfolg. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit!
Gute Nachrichten gibt es auch wieder einmal von den FREIEN WÄHLERN. Wir gratulieren sehr herzlich Hu
bert Aiwanger und seiner Frau Tanja zur Geburt des Sohnes Adrian. Viel Glück und Gottes Segen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, bitte richten Sie unsere besten Grüße aus.
Tatsächlich haben Sie, Herr Ministerpräsident, in diesem Kontext heute eine richtige Wohlfühlrede gehalten. Sie sprachen von der Deutschland-Koalition, von der Handlungsfähigkeit der Großen Koalition. Sie haben sogar uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer wieder zum Applaus gezwungen, als Sie Sigmar Gabriel, Andrea Nahles oder Olaf Scholz gewürdigt haben. Sie sprachen von der guten Zusammenarbeit, von den gemeinsam erreichten Zielen, von Ihrem Staatsverständnis vom Föderalismus, von Ihrer Liebe zu Weiß-Blau und Ihrer Treue zu Schwarz-RotGold. Eine wunderbare Wohlfühlrede!
Dennoch möchte ich es mir und Ihnen und auch aus Respekt vor der 1.170. Plenarsitzung von Frau Stamm nicht so leicht machen, indem ich diesen Wohlfühlkanon jetzt in jeglicher Hinsicht übernehme.
Ja, wir freuen uns, dass der Bund 9,5 Milliarden Euro jedes Jahr zur Entlastung der Länder trägt. Es ist ein gutes Zeichen für den Föderalismus, dass alle 16 Bundesländer künftig entlastet werden. Darüber können wir uns freuen. Die Solidarität zwischen den Bundesländern hat zuletzt funktioniert, insbesondere seit die Entsolidarisierung, ausgelöst durch die Klage des Freistaates Bayern, der CSU und Hessens, ein Stück weit zurückgefahren wurde, seit man wieder in Kontakt miteinander trat, seit man Gespräche führte, seit man gut kooperierte und am Ende so zusammenarbeitete, wie es Herr Seehofer heute in seiner Wohlfühlrede im Bayerischen Landtag dargestellt hat.
Dennoch lohnt sich auch ein ganz akkurater Blick auf die Entwicklungen, erstens weil es um Zahlen geht, und zweitens weil Herr Seehofer schon zum zweiten Mal in seinem Leben einem Länderfinanzausgleich zustimmt und ihn beschließt. Im Sommer 2001 hatte der Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer – übrigens auch Frau Aigner, Frau Hasselfeldt, Peter Ramsauer und andere CSU-Abgeordnete – dem jetzt noch aktuellen Länderfinanzausgleich zugestimmt, einem Gesetz, von dem er später behauptete, es sei bayernfeindlich und verfassungswidrig und gereiche zum Nachteil des Freistaats, zum Nachteil des bayerischen Steuerzahlers, zum Nachteil der in Bayern lebenden Menschen und zum Nachteil unserer Heimat. Deshalb: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Wenn jemand Gesetze beschließt, um sie kurz darauf infrage zu stellen und zu bekämpfen, dann ist eine ge
Tatsächlich stellt sich heute die Frage, ob sich im Bayerischen Landtag die Geschichte wiederholt. Der damalige CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident Edmund Stoiber hat den Länderfinanzausgleich im Jahr 2001 ausgehandelt und ihn in einer im Landtag anberaumten Regierungserklärung als wegweisend für den Föderalismus gefeiert.
Dr. Stoiber feierte den von ihm maßgeblich ausgehandelten Länderfinanzausgleich als bedeutsam für den Föderalismus. Ähnliche Worte haben wir heute von Herrn Seehofer gehört. Stoiber sprach damals von einem guten Datum für Bayern und für Deutschland. Die Wortwahl von Herrn Stoiber war in vielen Teilen fast identisch mit der heutigen Rede von Herrn Seehofer. Stoiber sagte damals, er sei froh darüber, dass wichtige bayerische Positionen bei diesen Verhandlungen überzeugt und Eingang in die Ergebnisse gefunden hätten; die Arbeit und die Politik der Staatsregierung hätten sich als erfolgreich erwiesen; Bayern habe etwas bewegt und sei dort gelandet, wo es hinwollte. Wenige Jahre später polemisierte genau seine Partei gegen diesen Länderfinanzausgleich, den die CSU selbst beschlossen hatte, und bezeichnete ihn als verfassungsfeindlich und bayernfeindlich. Wiederholt sich hier heute Geschichte?
Zelebriert sich heute abermals ein CSU-Ministerpräsident für einen Länderfinanzausgleich, gegen den seine Nachfolger womöglich schon in wenigen Jahren wieder Front machen werden mit der Argumentation, er sei bayernschädlich; man müsse gegen diesen Länderfinanzausgleich in Karlsruhe klagen?
Ich wage die Prognose, meine Damen und Herren, dass die großen Lettern der heutigen Ansprache schon in wenigen Jahren noch nicht einmal mehr im Kleingedruckten von CSU-Positionspapieren vorkommen werden. Keiner von Ihnen wird aus dieser Rede in fünf bis zehn Jahren mehr zitieren.
Spätestens wenn der Länderfinanzausgleich – es gibt noch Mechanismen des Ausgleichs zwischen den Ländern – weitere schmerzhafte Grenzen überschrei
tet, werden sich die ersten CSU-Politiker nicht mehr daran erinnern, dass sie am 18. Oktober 2016 genau diesem Länderfinanzausgleich in großen, leuchtenden Buchstaben gehuldigt und ihn gelobt und gepriesen haben; denn eines steht schon heute fest: Die Zahlungen des Freistaates Bayern werden weiter anwachsen. Ja, für die Umsatzsteuerverteilung gelten neue Parameter, und mit dem linearen Tarif von 63 % ist die bisherige Dynamik im Länderfinanzausgleich auf zwei Drittel reduziert. Es wird nicht mehr so sein, dass sich die Zahlungen Bayerns innerhalb von sechs Jahren von zweieinhalb auf über fünf Milliarden verdoppeln.
Aber es gibt noch eine Dynamik. Diese Dynamik wird definitiv auch den Freistaat Bayern ab 2020 weiter belasten.
(Ministerpräsident Horst Seehofer: Wenn wir wei- ter so stark bleiben, können wir doch stolz sein! – Harry Scheuenstuhl (SPD): Deshalb zahlen wir ja auch so gerne!)
Herr Ministerpräsident, es wäre überraschend, wenn Berlin innerhalb von fünf Jahren so dramatisch aufholen würde. Sie haben richtig geschildert, dass es da gewaltige Unterschiede gibt. Die will niemand infrage stellen, und es kann auch niemand ernsthaft erwarten, dass ein Bundesland diese Unterschiede innerhalb kürzester Zeit aufholt.
(Ministerpräsident Horst Seehofer: Wenn wir wei- ter so stark bleiben, ist das doch etwas Gutes für uns!)
Wenn Sie das heute so sehen, ist das in Ordnung. Ich wäre überrascht gewesen, wenn Sie vor zwei oder drei Jahren, als Sie in bayerischen Bierzelten den Länderfinanzausgleich polemisiert hatten, einmal vor das Publikum getreten wären und gesagt hätten, Sie seien stolz darauf, dass wir so stark sind, und deshalb zahlen wir auch gern.
Dass die Einsparungen für Bayern, gemessen an den Ankündigungen, vergleichsweise bescheiden und überschaubar sind, ergibt sich aus den nüchternen Zahlen. Zieht man heute eine erste Bilanz gegenüber dem alten System aus Umsatzsteuer, Vorwegausgleich und Länderfinanzausgleich, so stellt sich Bayern auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung um
1,35 Milliarden Euro besser. Das ist ein bescheidenes Glück des mathematischen Augenblicks, das man durchaus auch erfreut zur Kenntnis nehmen kann. Aber es ist natürlich – so viel Wasser muss ich nun doch in den Wein gießen – weit weniger als die von der Staatsregierung anfangs geforderte Halbierung der Zahlungen im Länderfinanzausgleich.
Sie haben heute Ihren Finanzminister auf Aufforderung von Herrn Halbleib noch einmal gedankt. Aber ich darf daran erinnern, dass Herr Söder noch im Jahre 2014 gesagt hat, wir werden einem neuen Länderfinanzausgleich nur zustimmen, wenn sich unser Beitrag halbiert.
Schaut man sich das neue Ausgleichsystem zwischen den Ländern genauer an, stellt man fest, dass im Übrigen die gegenwärtigen Zahlerländer auch die zukünftigen und neuen Zahlerländer sind. Es war immer eine fundamentale Kritik in den Bierzelten, wo die CSU die Redner gestellt hat, dass es doch nicht solidarisch sein könne, wenn ausschließlich vier Länder für zwölf weitere Länder im Kern aufkämen und damit der Ausgleich finanziert werde. Das ändert sich nicht. Bayern bleibt mit riesigem Abstand Zahler Nummer eins und wird nach wie vor über die Hälfte der gesamten Ausgleichslasten zu tragen haben. Das gehört zu einer wahrheitsliebenden Regierungserklärung dazu.
Es liegt erst ein Jahr zurück, da traten Herr Seehofer und Herr Söder in bayerischen Bierzelten vor die Öffentlichkeit mit der Feststellung, Bayern zahle mehr als die Hälfte, mehr als 50 % in den Länderfinanzausgleich ein. Sie sprachen heute von fast 57 %.
Schauen wir uns die Neuerungen an: Bayern soll nach der Umsatzsteuer 8,3 Milliarden Euro abgeben. Das entspricht tatsächlich nicht mehr 56,6 % wie heute, sondern 51,5 % des gesamten Ausgleichsvolumens zwischen den Ländern. Da hat Herr Seehofer etwas erreicht.
Das will auch niemand in Zweifel ziehen. Der Freistaat Bayern zahlt nicht mehr 56,6 % in den Ausgleich für die anderen Länder, sondern nur noch 51,5 % im Jahre 2020. Das Volumen wird, wie der Herr Ministerpräsident selbst sagte, in den Jahren 2021, 2022,
2023 und folgende weiter anwachsen. Werden Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dann noch so sprechen wie Herr Seehofer heute? Oder werden sich dann die ersten Kollegen in Ihren Reihen entsolidarisieren? – Fazit: Der Freistaat Bayern bleibt mit großem Abstand Zahler Nummer eins.
Erfreulich ist – das möchte ich gerne hinzufügen –: Alle Bundesländer werden gegenüber dem heutigen Status quo entlastet. Die Länder haben sich zusammengerauft und gut zusammengearbeitet und damit dem Bund vieles abgetrotzt. Aber wie sieht denn die Entlastung der Länder im Detail aus? Sie haben über Jahre hinweg in diesem Hohen Haus davon gesprochen, dass der Freistaat Bayern, weil er die größte Summe trägt, die stärkste Entlastung haben müsste. Weil wir mit Abstand am meisten in den Länderfinanzausgleich eingezahlt hätten, müssten wir logischerweise auch am stärksten entlastet werden. Im Übrigen bauten Sie darauf auch Ihre Klage in Karlsruhe auf.
Schauen wir uns einmal genau an, meine Damen und Herren, wie die Länder nun pro Kopf und pro Bundesland konkret entlastet werden: Bayern als weiterhin stärkstes Zahlerland soll ab 2020 pro Kopf mit 106 Euro entlastet werden. Das ist in Ordnung. 106 Euro, das ist ein Wort. Darüber wollen wir nicht hinwegsehen. Aber das ist exakt der Durchschnitt aller Bundesländer; nicht ein Euro mehr, auch nicht ein Euro weniger.
Berlin, das in zahlreichen Bierzeltreden so ein bisschen als Zerrbild herhalten musste, auch mit dem Argument, dass ausgerechnet die Berliner mit ihrem Flughafen bayerische Steuergelder abgreifen, hat eine deutlich höhere Entlastung von 142 Euro pro Kopf zu erwarten. In Sachsen sind es 189 Euro pro Kopf, in Sachsen-Anhalt 202 Euro, in Thüringen 219 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern 229 Euro pro Kopf!
Herr Ministerpräsident, nichts für ungut. Wenn der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei in dieser Woche vor sein thüringisches Parlament tritt und sagt, ich habe zwar aus Thüringen heraus niemals mit einer Klage in Karlsruhe gedroht, aber als Ministerpräsident und Mitglied der Linkspartei habe ich mehr als doppelt so viel Entlastung für unser Land herausgeholt wie Herr Seehofer, dann hat er recht. Das gehört zur Gesamtdarstellung auch dazu,