Protocol of the Session on September 28, 2016

Gleiches gilt für die Ankündigung: Bayern wird bis 2023 für Menschen mit Behinderung barrierefrei sein. Auch hiervon sind wir noch meilenweit entfernt. Sehr geehrter Herr Seehofer, um es mit Ihren eigenen Wor

ten zu sagen: Im Bunkerbau sind Sie Weltspitze, beim Bau von Landeplätzen für die Zukunft spielen Sie in der gleichen Liga wie der neue Berliner Flughafen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um es gleich vorwegzunehmen: Wenn Sie versuchen, in München eine dritte Startbahn zu bauen, macht das die Sache nicht besser. Die Startbahn wird von den Menschen nicht gewollt. Sie sprachen vorher von einem Wachstum der Flugbewegungen. Das haben Sie sich teuer mit Steuermitteln erkauft: 18 Millionen Euro im Jahr 2015 als Anreiz für neue Fluglinien und 2016 weitere 10 Millionen Euro.

Einen Bereich haben Sie vor drei Jahren gar nicht angesprochen, nämlich Bildungsgerechtigkeit und bessere Bildungschancen für Kinder aus ärmeren Familien. Das haben Sie nicht versprochen. Aber genau hier haben wir in Bayern ein echtes Problem, und es wird nicht kleiner, weil Sie es seit Jahren ignorieren. Wer eine Migrationsgeschichte hat, wessen Eltern keinen Schulabschluss haben oder wer auf dem Land wohnt, hat es im bayerischen Schulsystem deutlich schwerer. Glauben Sie etwa, dass die Kinder auf dem Land dümmer sind als andere? – Wohl kaum. Sie wollen einfach nichts dagegen tun. Wer vom Schicksal nicht verwöhnt ist, kann von dieser CSU-Regierung kaum etwas erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein längeres gemeinsames Lernen und eine bessere individuelle Förderung würden helfen. Auch eine Frühförderung wäre ein richtiger Weg. Aber Ihnen ist es ja wichtiger, durch Ihr unsinniges Integrationsgesetz den Betrieb der Kindergärten zu reglementieren, und Sie geben Geld für ein überflüssiges Betreuungsgeld aus. Sie sagen zwar, das Betreuungsgeld hätten so viele Menschen angenommen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, egal welches Programm Sie auflegen, mit dem Sie Leuten im Land Geld anbieten, Sie werden immer eine bestimmte Quote von Menschen haben, die das Geld annehmen.

Meine sehr geehrten Kollegen der CSU, es war einmal eine Stärke der konservativen Parteien in der Bundesrepublik, unabdingliche Entwicklungen zu akzeptieren und sie zu gestalten. Bei der CSU hat es meistens etwas länger gedauert, aber sei‘s drum. Man muss nicht jede Veränderung begeistert begrüßen, aber man muss sie aufgreifen, darüber debattieren und sie gestalten. Diese Bereitschaft vermisse ich bei Ihnen immer mehr. Anpacken, Mut machen und die Zukunft gewinnen – dieses Motiv ist in Ihrer Politik kaum noch zu finden. Es dominiert der Versuch, den Lauf der Zeit anzuhalten. Daran sind aber schon ganz andere gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

"Konservativ sein, heißt an der Spitze des Fortschritts zu stehen." Ich hätte nie gedacht, dass ich hier einmal Franz Josef Strauß zitieren muss, um Sie an die Bedingungen Ihres eigenen Erfolgs zu erinnern. Fortschritt wird heute nur etwas anders definiert, als es Strauß damals getan hat.

Ich komme zum Schluss zu einem Thema, das mir persönlich sehr wichtig ist. Ministerpräsident Seehofer hat es in einem Nebensatz gesagt: Man müsse die Entwicklungshilfe stärken, was auch ein richtiger Ansatz ist. Wir müssen uns auch hier im Bayerischen Landtag dessen bewusst werden, dass die Welt im Guten wie im Schlechten enger zusammenrückt. Der Klimaschutz ist eine Überlebensfrage für uns alle. Gerechtigkeit ist letztlich nur im globalen Maßstab möglich. Dem müssen wir uns stellen, und zwar nicht nur vor der UNO-Vollversammlung, sondern gerade auch hier im Bayerischen Landtag. Wir exportieren Waren in alle Welt, leider auch Waffen an Diktatoren wie zum Beispiel in Saudi-Arabien. Wir importieren Rohstoffe auch aus Ländern, in denen wegen dieser Rohstoffe Krieg geführt wird.

Was wir hier tun, hat Folgen für andere Länder und die Menschen, die dort leben. Hören wir endlich auf, so zu tun, als ginge uns die Situation in den anderen Teilen der Welt nichts an. Bayern ist ein starkes Land. Aus Stärke wächst Verantwortung. Das ist sicher nicht einfach. Die Haltung "Wir schaffen das" ist schon einmal ein ganz guter Ansatz. Mit Ihrer Haltung "Wir wollen es gar nicht schaffen" werden wir garantiert scheitern. Angst lähmt. Den Mutigen gehört die Zukunft.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Als nächsten Redner bitte ich nun Herrn Zellmeier zum Mikrofon.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vom Kollegen Hartmann gerade gehört, dass dem Mutigen die Zukunft gehört. Das ist eigentlich der Wahlspruch der CSU. Sie von der Opposition, insbesondere von der SPD und den GRÜNEN, schüren immer nur die Angst vor der Zukunft. Sie sind es doch, die in unserem Land alle Weiterentwicklungen blockieren.

(Margit Wild (SPD): Das seid ihr doch!)

Das beste Beispiel dafür ist die dritte Startbahn. Unbestritten ist, dass der Flughafen Franz Josef Strauß ein wesentlicher Punkt in der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns war und ist und dass wir dort auch wei

termachen müssen, wenn die Zahl der Flugbewegungen so steigt, wie es jetzt der Fall ist.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Was ist daran Zukunft?)

Meine Damen und Herren, mit "Kontinuität und Weitblick" hat der Ministerpräsident seine Regierungserklärung betitelt. Ich glaube, er hat in allen Punkten beides herausgearbeitet. Wir haben Kontinuität aufgrund der langjährigen Regierungserfahrung der CSU und der langjährigen Erfahrung der Menschen, dass die CSU für Bayern das Richtige tut. Den Weitblick brauchen wir, um in die Zukunft zu schauen, um Entwicklungen aufzunehmen und sie für unser Land und für unsere Menschen zu gestalten. Bayern ist das führende Land in Deutschland, ja sogar in der Europäischen Union. In ganz Europa, auch außerhalb der EU, heißt es, Bayern ist die zweite Schweiz Europas. Und das ist mit Sicherheit nicht von der Opposition erreicht worden, sondern von der Regierung und von der CSU, die im nächsten Jahr 60 Jahre Regierungsverantwortung in Bayern feiern kann. Seit 60 Jahren gibt es nur Ministerpräsidenten der CSU.

(Beifall bei der CSU)

Wir stehen auch für eine flächendeckende Entwicklung unseres Landes. Wir stehen nicht nur für starke Zentren, die wichtig sind, wir stehen auch dafür, dass sich der ländliche Raum flächendeckend entwickeln kann. Ich selbst komme vom Land und kann Ihnen sagen: Das, was die Staatsregierung und die CSULandtagsfraktion für den ländlichen Raum getan haben, ist sensationell.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Sensationen im Zirkus Seehofer!)

Genau! Sensationen! Bitte etwas mehr Euphorie, meine Damen und Herren!

Ich denke nur an die Hochschule für Biotechnologie und Nachhaltigkeit in Straubing. Straubing, eine Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern, wird damit nicht nur Hochschul-, sondern auch Universitätsstandort, weil die Einrichtung auch Teil der Technischen Universität ist. Das kann sich bundesweit und europaweit sehen lassen. Behördenverlagerungen, Hochschuleinrichtungen, digitale Gründerzentren, die Breitbanderschließung und vieles mehr zeigen, dass wir Bayern flächendeckend entwickeln und unsere Stärken nutzen.

Wir stehen auch zum Autoland Bayern. Da haben wir genügend Bremser in der Opposition, die zwar auf die technisch hochstehenden Fahrzeuge stolz sind, die in Bayern entwickelt und gebaut werden, die aber immer wieder blockieren und bremsen, wenn es darum geht,

Möglichkeiten für diese Weiterentwicklungen zu schaffen. Der ländliche Raum und die Landwirtschaft sind eine der Stärken Bayerns. Dazu stehen wir und bauen diese Stärken weiter aus.

Humanität, Integration, Begrenzung – dieser Dreiklang ist von allen Rednern der Opposition kritisiert worden. Dabei ist er genau richtig. Humanität ist ein Markenzeichen Bayerns. Wir sind überall dafür bekannt und werden dafür auch anerkannt. Auch die Bundeskanzlerin und Ministerpräsident Kretschmann haben betont, welche großartigen Leistungen Bayern erbracht hat, um die hohe Zahl an Flüchtlingen im letzten Jahr aufzunehmen und ihnen eine angemessene Unterbringung zu gewährleisten. In den rot-grün regierten Ländern hat das nicht so funktioniert. Das haben auch die Regierungschefs dort zugegeben. Deshalb sollten wir auf die Leistungen stolz sein, die der Staat und die Ehrenamtlichen bei uns erbracht haben.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN, Sie sollten auch einmal zugeben, dass Sie in den vergangenen zwei Jahren einer völligen Fehleinschätzung der Dramatik bei der Flüchtlingsbewegung unterlegen sind, dass Sie blockiert und gebremst haben, dass Sie vernünftige Vorschläge, die vor allem von der CSU kamen, immer wieder hintertrieben haben und dass Sie hier im Landtag – übrigens auch heute – etwas anders reden als noch vor ein oder zwei Jahren. Ihre Fehler gestehen Sie allerdings nicht offen ein. Das würde Ihnen gut anstehen. Ich habe es sehr genau mitverfolgt, welche Änderungen Vizekanzler Gabriel immer wieder herbeizuführen versucht hat. Zum Schluss hat es in der Bemerkung von der "Obergrenze in der Integrationsfähigkeit" gegipfelt. Er hat immer wieder versucht, entgegen seiner eigenen Partei unseren Vorschlägen zuzustimmen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Na ja!)

Im November wurde der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt. Auf Druck Ihres linken Flügels hat er dann einen Rückzieher gemacht. Nach den Ereignissen in Köln hat er dem aber wieder zugestimmt. Dann wurde diese Maßnahme wieder vom linken Flügel verzögert. Schließlich wurde sie umgesetzt.

Seien wir doch einmal ehrlich: Wenn der linke Flügel der SPD und die GRÜNEN nicht so blockiert hätten, wären wir wesentlich schneller zu Ergebnissen gekommen. Dann hätten die Bürger wesentlich schneller gemerkt, dass im Land ein Umsteuern erfolgt und wir darum bemüht sind, die Flüchtlingskrise in den Griff

zu bekommen. Dass die CSU dabei der Taktgeber war, mag Ihnen zwar nicht gefallen, aber es ist so.

(Beifall bei der CSU)

Ihre Führungsspitzen in Berlin haben erst zugestimmt – die SPD im Bundestag, die GRÜNEN im Bundesrat –, als es offensichtlich nicht mehr anders ging. Die GRÜNEN blockieren leider nach wie vor eine Regelung, mit der die Maghreb-Staaten zu sicheren Drittstaaten erklärt würden. Ich verstehe es nicht. Werte Kolleginnen von den GRÜNEN, Sie legen doch – wie wir – großen Wert auf die sexuelle Selbstbestimmung der Frau. Ich erinnere an das, was in Köln passiert ist. Sie kennen die Herkunft der Täter; viele von ihnen stammen aus den Maghreb-Staaten.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

In diesen Staaten gibt es keinen Bürgerkrieg. Nur sehr wenige Menschen, die aus diesen Staaten zu uns kommen, können Asyl- bzw. Fluchtgründe nachweisen. Es ist höchste Zeit, diese Staaten als sichere Drittstaaten auszuweisen, auch um Frauen aus Ihren Reihen die Ängste zu nehmen. Sie verweigern sich der Einstufung als sichere Drittstaaten, weil Sie ideologisch verblendet sind.

(Beifall bei der CSU)

Etwas überrascht hat uns sicherlich alle die Aussage des Vizekanzlers zu "Obergrenzen". Diese Aussage tätigte er merkwürdigerweise vor zwei Wahlen. Vielleicht war es Taktik, vielleicht war es eigene Erkenntnis. Bis dahin hatte er sich jedenfalls nicht getraut, so etwas zu sagen. Immerhin ist es ein erster Ansatz, der in die richtige Richtung weist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Bemerkung des Kollegen Rinderspacher eingehen. Er hat bezweifelt, dass wir in der Lage sein werden, die Schulden bis 2030 abzubauen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das schaffen Sie nicht! Wie denn?)

Herr Kollege, welches andere Bundesland hat sich dieses Ziel gesetzt? Wer sonst war so mutig, dieses Thema überhaupt aufzugreifen? Wer setzt es konsequent um? Und: Wer verschweigt bewusst, dass uns die extreme Belastung durch die Flüchtlingszahlen in vier Jahren 9 Milliarden Euro kostet? – Sie! Das entspricht einem Drittel der Altschulden, die wir abbauen wollen. Seien Sie doch einmal so ehrlich und räumen Sie ein, dass es Mittel sind, die wir zur Verfügung hätten, um Schulden zu tilgen.

(Christine Kamm (GRÜNE): Warum lassen Sie die Flüchtlinge nicht arbeiten?)

Sie wissen genau, dass uns diese Sondersituation sehr viel Spielraum genommen hat. Aber wir werden auch diese Sondersituation meistern. Ich hoffe, dass Sie uns beim Länderfinanzausgleich besser unterstützen. Bisher war das nicht der Fall. Wir konnten uns leider nicht auf Sie verlassen, weder auf die SPD noch auf die GRÜNEN.

6 Milliarden Euro für den Länderfinanzausgleich, 2,1 Milliarden Euro für den Umsatzsteuervorwegausgleich – das ist eine Summe von mehr als 8 Milliarden Euro, die Bayern an andere Länder abgibt. Jedes Jahr 8 Milliarden Euro – eine gewaltige Summe! Ich danke unserem Ministerpräsidenten, dass er insoweit eine deutliche Verbesserung erreicht hat. Ich frage mich allerdings, welchen Beitrag Sie zu diesem Erfolg geleistet haben.

Ich darf Ihnen noch eines sagen, da es Ihnen anscheinend nicht bewusst ist: Die Einnahmen aus der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer werden zwischen Bund und Ländern ungefähr fifty-fifty geteilt. Jetzt frage ich Sie: Wenn wir bei der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer 8 Milliarden Euro an andere Länder abgeben, wie viel zahlen wir dann auch in den Bundeshaushalt mehr ein als andere Länder? – Ebenfalls mindestens 8 Milliarden Euro. Damit sind wir schon bei 16 Milliarden Euro! Den Gesundheitsfonds, in den die Bürger Bayerns ebenfalls überdurchschnittlich einzahlen, will ich gar nicht ansprechen.

Aus all dem folgt die Erkenntnis: Wir finanzieren nicht nur die anderen Länder, sondern wir finanzieren auch überdurchschnittlich den Bundeshaushalt mit. Gleichzeitig bauen wir Schulden ab. Das ist eine Leistung, für die wir Lob verdient hätten, nicht aber Kritik. Kein anderes Bundesland schafft es so gut wie wir. Die CSU ist wie immer konsequent. Wir werden diesen Weg unbeirrt weitergehen.

Wenn ich den Kollegen Aiwanger höre – er ist leider nicht da –, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass er vom Asylrecht nichts verstanden hat. Er fragt, wie die Obergrenze umgesetzt werden soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, Sie alle kennen doch das Asylrecht. Wir sind von sicheren Drittstaaten umgeben. Das heißt, auf dem Landweg dürfte niemand zu uns kommen, es sei denn illegal.

Sie wissen um das Versagen von Schengen. Jedes Land hat das Recht, den Grenzschutz selbst zu übernehmen, solange Schengen nicht funktioniert. Wir wollen das Funktionieren von Schengen. Aber solange es nicht funktioniert, ist es jederzeit möglich, die

Grenzen zu schließen und Menschen aus sicheren Drittstaaten zurückzuweisen. Das ist Ihnen bekannt. Nur so ließe sich eine Obergrenze umsetzen.