Protocol of the Session on September 28, 2016

(Zuruf von den GRÜNEN)

Diejenigen, die diese Flüchtlingspolitik gefahren haben, sind natürlich in erheblichem Maße für die Folgen verantwortlich, nicht diejenigen, die gewarnt haben.

(Beifall bei der CSU)

Was erwarten die Menschen? – Schnelles Abschieben 93 %, Einreise nur bei geklärter Identität, Befugnisse für Polizei und Verfassungsschutz, wirksamer Grenzschutz. Hierfür gibt es überall große Mehrheiten. 62 % der zu einer Begrenzung der Zuwanderung Befragten sind dafür, dies zu tun, sprich eine Obergrenze einzuführen. Herr Rinderspacher, sogar bei den SPD-Anhängern gibt es für diese Begrenzung und Obergrenze 60 % Zustimmung.

Bei den GRÜNEN sieht es im Übrigen nicht viel anders aus. Die GRÜNEN polemisieren lautstark gegen unseren Vorschlag, die Leitkultur zum Kompass der Integration zu machen. Als rechtspopulistisch werden all jene verunglimpft, die dies gutheißen. Laut der Umfrage sind dann auch noch die Anhänger der GRÜNEN mehrheitlich Rechtspopulisten; denn auch 78 % der GRÜNEN-Wähler finden, dass bei der Integration unsere Leitkultur zum Maßstab gemacht werden sollte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Herr Rinderspacher, unter Ihren Anhängern sind es im Übrigen 95 %. – Herr Aiwanger, wir werden über das Integrationsgesetz noch sprechen. Unter den Anhängern der FREIEN WÄHLER haben wir 98 % Zustimmung zur Leitkultur. Dies nur vorab, bevor wir diese Gespräche wieder in aller Freundschaft miteinander aufnehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD) – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Herr Rinderspacher, wer mit seinen Forderungen und Äußerungen so weit weg von der Meinung seiner eigenen Anhänger ist, der sollte sich eigentlich über Umfrageergebnisse von 18 % noch richtig freuen. Es kann noch viel schlimmer kommen, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der CSU)

Wir brauchen bei der Integration eine Richtung, und die heißt Leitkultur. Nur wenn man seinen Teil dazu beiträgt, wenn wir Chancen eröffnen, dann werden auch die Zuwanderer diese Chancen ergreifen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Jetzt erklären Sie doch mal, wo sie liegen!)

Zum Schluss, Herr Rinderspacher: Besonders rührend finde ich Ihre wirklich glaubhafte Sorge um die Bundeskanzlerin und um das Verhältnis der CSU zur Bundeskanzlerin.

(Markus Rinderspacher (SPD): Gut!)

Ich sage Ihnen ganz klar: Auch in Schwesterparteien der Politik insgesamt sollte es die Regel sein, dass man sich bei sachlichen Differenzen auseinandersetzt, dass man diese diskutiert und miteinander um den besseren Weg ringt. Dies haben wir getan, natürlich intern, aber bei diesem Thema dann auch in öffentlichen Debatten.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Dies war aus meiner Sicht richtig so. Niemand hat die Bundeskanzlerin als Person treffen wollen. Aber wir können doch nicht im Fall einer Fehlentwicklung bei der Zuwanderung oder bei der Sicherheit, wobei wir im Übrigen keine Differenzen haben, also hauptsächlich bei dem Maß der Zuwanderung, um des lieben Friedens willen einfach schweigen und die Thematik nicht mehr ansprechen.

Sie haben da natürlich andere Erfahrungen. Sie haben einen Landesvorsitzenden Pronold, der für Bayern einen Beschluss zu CETA herbeiführt, und der SPD-Landesverband Bayern stimmt mit überwältigender Mehrheit gegen CETA. Dann geht er nach Berlin, und dort stimmt er als Vorsitzender dem CETA-Abkommen zu.

(Zuruf von den GRÜNEN – Markus Rinders- pacher (SPD): Ich glaube, das ist ein Unterschied, Herr Kreuzer!)

Absolut konsequent! Ich kann mir gut vorstellen, wie von solchen Führungspersönlichkeiten am Ende

bayerische Interessen in Berlin vertreten werden, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU)

Das machen wir nicht, sondern wir versuchen mit aller Macht, die Interessen unserer Bevölkerung zu vertreten. Wir haben viel in Bewegung gebracht. Es gibt viel Übereinstimmung zwischen CDU und CSU, bei der inneren Sicherheit, aber auch darin, dass sich bei der Zuwanderung so etwas wie im letzten Jahr nie mehr wiederholen darf. Deswegen werden wir diese Gespräche fortsetzen, und ich bin sehr optimistisch, dass wir zu einem Ergebnis kommen.

Aber das Ergebnis kann nicht sein, dass sich alle wieder lieb haben, wie es vielleicht mit Ihnen und den GRÜNEN hier im Haus der Fall ist, sondern, Herr Rinderspacher, als Ergebnis müssen wir ein Konzept vorlegen, aufgrund dessen die Menschen uns vertrauen, dass wir Entwicklungen wie die im letzten Jahr verhindern, dass wir die Sache im Griff haben und dass in diesem Land auch bei dieser Frage in Zukunft wieder Recht und Ordnung herrschen. Sonst hat eine Einigung keinen Sinn.

(Beifall bei der CSU)

Am besten wäre es, Sie würden Ihre Zukunftskonzepte, die Sie heute vorgetragen haben, auf einem kleinen Blatt Papier aufschreiben. Dann würde selbst ein kleines Blatt Papier leer bleiben, Herr Rinderspacher.

(Heiterkeit bei der CSU)

Das ist nicht das, was wir an einem solchen Tag erwarten. Man kann doch wenigstens zwei, drei Vorschläge machen, wie man dieses Land weiterbringt, die die CSU noch nicht gemacht hat. Das war wirklich bedenklich schwach.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Markus Rinders- pacher (SPD): Sie haben sich jetzt 30 Minuten an mir abgearbeitet, Herr Kreuzer!)

Wir wollen die Identität unseres Landes bewahren und nicht aufgeben. Wir wollen diesen Freistaat für die Menschen hier weiter erfolgreich in die Zukunft führen. Wir wollen die Stärke Bayerns weiter ausbauen und den Menschen auch in Zukunft Sicherheit und Heimat geben.

Herr Rinderspacher, wir werden dafür sorgen, dass Bayern Bayern bleibt, und stellen die entsprechenden Weichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CSU – Ministerpräsi- dent Horst Seehofer beglückwünscht Abgeordne- ten Thomas Kreuzer (CSU) zu seiner Rede)

Vielen Dank. – Ich darf in der Wortmeldeliste fortfahren. Für die FREIEN WÄHLER folgt jetzt Herr Kollege Aiwanger. Bitte sehr, Herr Kollege Aiwanger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Regierungserklärung ist ja dazu da zu sagen, wo Bayern steht und wo die jeweiligen Fraktionen hinwollen. Für die FREIEN WÄHLER stelle ich ganz klar in den Raum: Wir FREIEN WÄHLER sind dafür, mehr Politik für die Heimat zu machen, für weniger Größenwahn und weniger leere Versprechen.

Das lesen wir aus all den Reden heraus, die wir jetzt gehört haben. Ein gewisser Größenwahn schwingt immer noch mit. Er hat seinen Höhepunkt in der heutigen Aussage gefunden, dass die dritte Startbahn doch kommen soll. Wir sind der Überzeugung, wir brauchen diese dritte Startbahn nicht, ja, sie schadet sogar der Entwicklung Bayerns, weil sie die Dezentralität Bayerns weiter schädigt, weil sie den Raum Franken und Nürnberg weiter schädigt. München braucht keine dritte Startbahn. Sie ist zu verhindern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir stellen in den letzten Jahren eine Politik der leeren Versprechen fest. Grundlage ist die große Regierungserklärung aus dem Jahr 2013, die auch die Zukunft für Bayern in der Überschrift getragen hat. Sie enthält ein gutes Dutzend an Punkten. Ich habe sie gestern noch einmal durchgeblättert und gelesen, was von Ihnen, Herr Ministerpräsident, damals alles versprochen worden ist.

Es hat geheißen, die Ausländermaut werde bald kommen; dies sei bayerische Nachhaltigkeit. Es wurde angekündigt, die Asylverfahren auf sechs Monate zu reduzieren. Davon sind wir weiter entfernt denn je. Es wurde gesagt, dass es keine Mütter erster und zweiter Klasse geben dürfe und die Mütterrente deshalb unbedingt angepasst werden müsse. Es hat geheißen, die Dezentralität der Energieversorgung müsse in Bayern nach vorn gebracht werden. Heute haben wir die Stromtrassendebatte. Sie haben eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich angekündigt. – Herr Ministerpräsident, das waren jetzt fünf Punkte, die in keiner Weise verwirklicht worden sind.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Die Klage ist eingereicht!)

Ja, die ist eingereicht, aber liegt irgendwo auf Eis, und es geht nicht vorwärts. Auf alle Fälle sind Sie mit dem Thema nicht so beschäftigt, wie Sie es sein müssten. Sie kündigen es für die Zukunft wieder an, haben es vor drei Jahren angekündigt. Ich glaube, wir sind von einer Lösung weiter entfernt denn je.

Was den sechsten Punkt angeht, haben Ihnen – das muss ich sagen – vielleicht die FREIEN WÄHLER einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie haben im Jahr 2013 die Garantie abgegeben, dass es keine Reformen im Bildungsbereich geben wird, weil man hier ja Ruhe brauche. Jetzt steht eine Reform des Gymnasiums vor der Tür, die längst hätte kommen müssen, die von uns angestoßen worden ist. Heute ist von Ihnen kommuniziert worden, dass es hier Änderungen geben werde. Von Ihrer großen Regierungserklärung von 2013 übrig geblieben ist das Abrücken von dieser Garantie. Da sage ich Ihnen: Danke, dass Sie uns bei der Reform des Gymnasiums entgegengekommen sind. Das ist der einzige Lichtblick bei dem, was ich heute von Ihnen gehört habe.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf des Ministerpräsidenten Horst Seehofer)

Ja, an der Stelle danke ich Ihnen, dass Sie gegen Ihre Fraktion die Tür für eine vernünftige Entwicklung geöffnet haben. Leider sehen wir, dass Sie die Fraktion beim Thema dritte Startbahn eingesackt und den Sack oben fest zugebunden haben, damit ja nichts mehr herauskommen kann. Herr Kreuzer hat für Sie interpretiert und gesagt, wie Sie dazu denken. Er hat Sie dazu im Detail nicht reden, sondern Sie es nur am Rande streifen lassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben eine beeindruckende Zahl von wirtschaftlichen Erfolgen aufgezählt und gesagt, Bayern stehe an der Spitze, und dergleichen mehr. Jawohl, das respektieren wir. Wir sehen es auch so, dass viele wirtschaftliche Rahmendaten sehr gut sind, deutlich besser als in vielen anderen Regionen dieser Republik, was aber mit Sicherheit nicht nur auf die sehr gute bayerische Regierung zurückzuführen ist. Vielmehr haben wir eben auch eine Gesellschaftsstruktur, in der die Welt noch in Ordnung ist. Wir sind aus einer Agrargesellschaft herausgewachsen, und die jungen Hofnachfolger arbeiten heute bei BMW, während die Kinder des Ruhrgebiets einen Strukturwandel über sich ergehen lassen mussten und vielleicht deshalb auch keine Perspektive in der Form haben, wie wir sie in Bayern durch die beginnende Industrialisierung bekommen haben.

Es ist uns wichtig zu sagen: Jawohl, die Wirtschaftsdaten passen. Aber wir stellen auch fest, dass den Menschen in diesem Land, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland, nicht mehr wohl ist. Man kann vielleicht sogar formulieren: Der Bauch ist voll, aber das Herz und das Hirn sind nicht mehr mit dem zufrieden, wie es läuft. Immer mehr Menschen haben Angst vor der Zukunft, immer mehr Menschen fragen sich: Wie geht es weiter? Hat die Regierung das, was auf uns zukommt, denn noch im Griff? Und bei immer mehr Menschen kommt es zu einem Verlust des Vertrauens in die Regierenden, weil sie sagen, diese sind offensichtlich von den großen Herausforderungen überfordert und nicht mehr Herr der Lage.

Das hat sich durch die Flüchtlingspolitik zugespitzt. Ich glaube, dass die Gemütslage der Menschen vorher in Ordnung war, aber spätestens seit Sommer des letzten Jahres und dann im Herbst des letzten Jahres, als wir Flüchtlingszahlen von 10.000 und mehr pro Tag zu verzeichnen hatten, musste die Bevölkerung erkennen: Die Regierung hat diese Entwicklung nicht mehr im Griff, und die Bevölkerung hat zunehmend gefragt: Ja, was tun die denn jetzt? Man hat mit einer gewissen Apathie auf dieses Thema geschaut.

Herr Ministerpräsident, ich erinnere Sie daran, dass auch Sie Teil dieser Bundesregierung sind. Auch wenn Sie sich heute von ihr distanziert haben, sind Sie doch Teil dieser Berliner Republik. Sie haben relativ früh gesagt, dass es so nicht weitergehen darf. Trotzdem werden Sie von den Menschen in dieser Dreierkoalition in Berlin gesehen, wo man bis heute die Kurve nicht glaubwürdig gekratzt hat. Ich glaube, dass dies das Problem ist, das die Bürger zu einer Polarisierung bringt, das radikale politische Parteien in die Parlamente bringt und das eine Spaltung der Gesellschaft nach sich zieht. Ich sage deshalb in aller Deutlichkeit: Wir müssen alles tun, um Recht und Gesetz wiederherzustellen und dem Bürger zu zeigen, dass der Staat weiterhin Herr der Lage ist. Andernfalls steht uns eine noch größere politische Polarisierung bevor, weil die Bürger dann noch mehr Vertrauen verlieren werden.

Herr Seehofer, ich sage Ihnen ganz klar: Das Bellen nach Berlin allein reicht nicht. Wir haben auch in Bayern sehr viele Aufgaben zu erledigen, die wir auch erledigen könnten. Auch wenn Sie es nicht mehr hören können, erinnere ich daran, dass die Zahl der Asylrichter nicht ausreicht, um die Verfahren ordnungsgemäß abwickeln zu können. Die Kommunen werden beim Thema Integration im Stich gelassen. Sie bleiben auf Kosten sitzen, beispielsweise für unbegleitete Minderjährige, die in Betreuung sind. Allein der Bezirk Oberbayern muss heuer 70 Millionen Euro und im nächsten Jahr befürchtet 170 Millionen Euro für unbe

gleitete Minderjährige in Betreuung oder für 18-Jährige stemmen, die als unbegleitete Minderjährige kommen und dann in der Betreuung bleiben. Die Kosten für diese Leute werden voll der kommunalen Schiene zugeordnet.

Das sind Versagensthemen der bayerischen Politik. Sie müssten dafür Bundesmittel an die bayerischen Kommunen weiterreichen. Ich rufe Ihnen zu: Lassen Sie die Kommunen nicht absaufen, sondern helfen Sie ihnen wenigstens finanziell!