Protocol of the Session on June 14, 2016

Lieber Herr Kollege, in Grundschulen und in Kindergärten stellen wir diese Produkte sowieso kostenlos zur Verfügung. Zu den weiterführenden Schulen gibt es eine Schnittstelle. Dort setzen wir natürlich verstärkt auf die Betreuung in den Mensen, in denen jeder Zugang zu solchen Produkten hat. Wenn jemand – das wissen wir alle – Schwierigkeiten hat, die Kosten für die Mittagsbetreuung aufzubringen, gibt es staatliche Hilfe. Das ist uns allen bekannt. – Ich denke, damit ist allen Rechnung getragen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Kraus von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Wertes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hab mich jetzt wirklich sechs Minuten lang fast gefreut – das waren die ersten sechs Minuten der Rede des Kollegen Taubeneder. Er hat Zahlen genannt, die auch die Kollegin Müller schon erwähnt hat; er hat gesagt, alle Fraktionen seien sich einig – alle vier Fraktionen da herinnen im Bayerischen Landtag. Er hat die Zahlen zum angestiegenen Verzehr von Obst und Gemüse bei den Kindern und bei den Eltern genannt, und er hat das Programm ab 2017 erwähnt. Dann kam die Aussage: abhängig von den Finanzmitteln. – Für die restlichen zwei Minuten stand dann im Vordergrund: Die CSU lehnt ab. Klar. – Ich bin eigentlich immer wieder davon überrascht, auch wenn ich es eigentlich gar nicht mehr sein dürfte, wie viel Kraft, wie viel Zeit und Energie hier herinnen darauf verwendet wird, Oppositionsanträge abzulehnen,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

bei denen jeder normal denkende Bürger, wenn er draußen die Überschriften dieser Anträge liest, sagt: Das ist doch ganz klar; da sind wir alle der gleichen Meinung, und denen müssen wir zustimmen. – Aber wie viel Energie wird aufs Ablehnen verwendet!

Jetzt komme ich konkret zum SPD-Antrag. Wir werden dem Antrag, wie schon im Ausschuss, zustim

men. Allerdings sind wir nicht mit allen Spiegelstrichen des Antrags einverstanden. Den ersten Spiegelstrich des Antrags, wonach Kinder in allen Bildungseinrichtungen, von der Krippe bis zum Gymnasium, an dem künftigen Programm teilnehmen können sollten, unterstützen wir selbstverständlich. – Die im zweiten Spiegelstrich geforderte Regionalität – das ist schon erwähnt worden – ist uns ganz wichtig. Das gilt auch für saisonale Produkte. Zwar haben wir mit ökologischen Produkten kein Problem, aber wir legen das Hauptaugenmerk nicht auf die Ökologie wie die linke Seite des Hohen Hauses. Aus Verbraucherumfragen wissen wir, dass regionale Produkte mittlerweile besser als ökologische Produkte abschneiden.

Mit dem dritten Spiegelstrich des SPD-Antrags wird eine praktische Bildungseinheit zur Ernährungsbildung gefordert. In diesem Zusammenhang darf ich an einen Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER erinnern. Wir haben schon einmal das Fach "Lebenskunde" gefordert. Eine Schülerin hat einmal gesagt – das ist ein berühmtes Zitat –, sie könne sämtliche Texte in alle Sprachen übersetzen, aber zur Lösung von Alltagsproblemen sei sie nicht fähig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das kann ich bloß wiederholen. Das Fach Lebenskunde sollte erneut eingefordert werden. Obwohl ich dem Bundeslandwirtschaftsminister beileibe nicht sehr oft zustimme, gebe ich ihm speziell auf diesem Gebiet recht.

Mit dem vierten Spiegelstrich in dem Antrag der SPD, wonach zuckerhaltige Milchprodukte nicht in das Programm aufgenommen werden sollen, kann ich mich auch nicht anfreunden. Die Dosis macht das Gift – das hat schon Paracelsus gesagt. Vor Kurzem habe ich mit einer Dame ein längeres Streitgespräch darüber geführt, wie viel Salz in einen Hefeteig gehört. Jeder in diesem Saal, der schon einmal gebacken hat, weiß, dass Hefeteig ohne Salz nicht funktioniert. – Ich sehe Zustimmung. Die Dosis macht das Gift. Einige wenige Gramm Salz sind ganz wichtig für den Hefeteig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder, denen man Zucker ganz und gar vorenthält und die dann an Zuckerprodukte gelangen, ohne Rücksicht auf Bauchweh und Krankheiten alles in sich hineinstopfen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Minister- präsident Horst Seehofer: Zustimmung!)

Das ist nur ein Punkt. Ich kann auch aus Erfahrung als Kommunalpolitiker sprechen. Meine bescheidene Gemeinde mit rund 16.000 Einwohnern – der eine oder andere kennt die Gemeinde Ismaning im Landkreis München – hat vor vielen Jahren eine Schulkü

che gebaut. Am Anfang wurden dort 80 Essen am Tag gekocht. Nach mehrmaligen Erweiterungen kocht diese Küche mittlerweile täglich 1.400 Essen. Man könnte jetzt natürlich sagen: Das ist doch der Wahnsinn. Gibt es bei euch denn keine Kinder mehr, die daheim bei den Eltern mittagessen? – Das ist scheinbar aufgrund der allgemeinen Lebenssituation nicht mehr der Fall.

Ich weiß jedoch, dass diese Kinder ein gutes Essen bekommen, weil diese Küche ehrlich, anständig, ohne Fertigprodukte und mit regionalen Lebensmitteln kocht. Deshalb ist es schön, dass die 1.400 Kinder jeden Tag ein gutes Essen erhalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Hubert Ai- wanger (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Vielleicht kann mir jemand eine Frage beantworten. Kann sich einer der Anwesenden vorstellen, wann Kinder und Jugendliche das meiste Essen benötigen? – Dabei möchte ich keine Großküche, die Kinder und Jugendliche versorgt, ausnehmen. Ihr könnt daheim bei euch nachfragen. Mich würde es wundern, wenn etwas anderes herauskäme. – Das ist der erste Tag nach den Weihnachtsferien. Fragt einmal daheim nach. Das ist Tatsache. Die Kinder kommen am ersten Schultag nach den Weihnachtsferien wieder in die Schule und sind anscheinend nach den Feiertagen ausgehungert und sehnen sich nach einem guten und anständigen Essen. Deswegen – ich bin am Ende meiner Redezeit – stimme ich dem SPD-Antrag zu. Es wäre schön gewesen, wenn Sie signalisiert hätten, Sie wollten den Antrag einstimmig beschließen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Sengl von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute wieder einmal über das gesunde Schulessen. Diesmal geht es um die Zusammenlegung des Schulfrucht- und des Schulmilchprogramms. In dem Antrag der SPD geht es vor allem um eine sinnvolle Gestaltung des Programms. Die wichtigsten Prägungen finden in der Kindheit und Jugend statt. Das wissen wir alle. Das gilt vor allem für unsere Essgewohnheiten und für unseren Geschmack. Süße Erdbeeren, Gelbe Rüben, frische Milch, saftige Äpfel – diese positiven Geschmackserlebnisse sollten wir unseren Kindern und Jugendlichen möglichst oft gönnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb begrüßen wir den Antrag der SPD sehr und unterstützen alle fünf Spiegelstriche, da es dort um die Gestaltung des Programms geht. Wir müssen den Kindern und Jugendlichen in allen Schularten und Betreuungseinrichtungen die Möglichkeit und den Zugang zu gesundem Essen ermöglichen. Gesundes Essen ist regional, saisonal, ökologisch und fair. Damit Kinder und Jugendliche auch verstehen und nachvollziehen können, warum diese Erzeugnisse so gesund sind, wäre es sehr sinnvoll, zumindest einmal jährlich eine kleine Bildungseinheit über Ernährungskompetenz anzubieten. Dann wüssten sie auch, warum zuckerhaltige Milchprodukte nicht so gesund sind. Lieber Herr Kollege Kraus, um den Zuckerkonsum unserer Kinder und Jugendlichen müssen wir uns keine Gedanken machen. Sie bekommen insgesamt genug Zucker. In der Schule sollten wir nicht zusätzlich dafür sorgen, dass die Kinder noch mehr Zucker essen – ganz im Gegenteil. In der Schule verbringen die Kinder nicht den Großteil ihrer Zeit. Für mich haben zuckerhaltige Milchprodukte und zuckerhaltige Getränke in der Schule nichts zu suchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In dieser Bildungseinheit über Ernährungskompetenz könnte man auch vermitteln, dass der Verarbeitungsgrad der Lebensmittel möglichst gering zu halten ist. Immer wieder gibt es den Vorstoß – das hat Herr Kollege Kraus schon gesagt –, das Fach Lebenskunde, in dem auch Ernährung und Kochen eine wichtige Rolle spielen, fest im Lehrplan zu verankern, und zwar als Fach. Das Fach Lebenskunde sollte nicht nur in der Mittelschule, sondern auch in der Realschule und im Gymnasium eingeführt werden. Leider sind bis heute keine Fortschritte zu verzeichnen. Ich bin der Auffassung, dass gerade Gymnasiasten es nötig hätten, einmal richtig kochen zu lernen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Eigentlich ist es erstaunlich, dass es bis heute keine Fortschritte gibt; denn die Zahlen über ernährungsbedingte Krankheiten sind wirklich alarmierend. 60 % der Kinder, die vor der Pubertät übergewichtig sind, sind es auch noch als junge Erwachsene. Wenn man nichts dagegen tut, wird diese Rate bis zum Jahr 2030 auf 90 % steigen. Die Zahl der an Typ-1-Diabetes erkrankten Kinder steigt seit 20 Jahren kontinuierlich, und zwar um 3,5 bis 4,5 % pro Jahr. Was diese Zahlen für unser Gesundheitssystem bedeuten, brauche ich nicht aufzuführen. Schlechte Ernährung verursacht 70 Milliarden Euro jährlich an Folgekosten in Deutschland. Dieses Geld sollten wir uns sparen.

Wir könnten es woanders sehr viel sinnvoller einsetzen. Prävention ist somit das Gebot der Stunde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht nur die Kinder und Jugendlichen fühlen sich wohler, wenn sie gesünder und beweglicher sind; die Maßnahmen entlasten vor allem unser Gesundheitssystem. Ernährungs- und Gesundheitsbildung in der Kindheit und Jugend sind auch eine wesentliche Voraussetzung für eine gute Entwicklung. Die Schulen, und zwar aller Schularten, können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.

Der Antrag unterstreicht dies ganz deutlich. Die Ablehnung dieses Antrags lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Die Staatsregierung will nur das Nötigste tun, aber auf keinen Fall mehr. Was ist uns eigentlich die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen wert? – Wenn wir uns diesem Antrag anschließen würden, zeigte dies, dass sie uns sehr viel wert wäre. Das würde deutlich rüberkommen. Wir sollten uns gemeinsam diesem Antrag anschließen und freiwillig mehr tun, weil wir uns damit später sehr viele Kosten sparen können. Das Argument, für die Ernährungsbildung sei die Familie und nicht der Kindergarten oder die Schule zuständig, sticht einfach nicht. Veränderte Lebensbedingungen und eine veränderte Lebenswirklichkeit müssen wir anerkennen. Wir Politikerinnen und Politiker haben die Verpflichtung, diese Herausforderungen anzunehmen und sinnvolle Lösungen zu erarbeiten. Dieser Antrag ist ein Baustein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die auf Antrag der SPD-Fraktion in namentlicher Form durchgeführt werden soll. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/10431. Die Urnen sind an den bekannten Stellen aufgestellt. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Dafür sind fünf Minuten vorgesehen.

(Namentliche Abstimmung von 15.01 bis 15.06 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten Abstimmungszeit sind um. Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, die Stimmkarten außerhalb des

Saales auszuzählen. Das Ergebnis wird zu gegebener Zeit hier verkündet.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5:

Antrag der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Florian von Brunn, Klaus Adelt u. a. (SPD) Verschlechterung stoppen - Umweltziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis 2021 bayernweit erreichen (Drs. 17/10566)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Als Erster hat Herr Kollege Scheuenstuhl von der SPDFraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege, kommen Sie zum Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie lässt sich die Gewässerpolitik der Staatsregierung beschreiben? Mit einem Wort: CSU – chaotisch, schlampig und unfähig.

(Unruhe bei der CSU – Zuruf von der CSU: Das ist eine Unverschämtheit!)

Das bitte ich doch zu vermerken, Herr Präsident.

Seit 2002, also seit beinahe 15 Jahren, wissen wir, was im Bereich des Gewässerschutzes auf uns zukommt. Die im Jahr 2000 in Kraft getretene Europäische Wasserrahmenrichtlinie wurde nämlich zu jenem Zeitpunkt mit einer Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes in Bundesrecht umgesetzt. Das muss auch die CSU wissen. So viel zu der Zwischenbemerkung, die ich gerade gehört habe. – In dieser Richtlinie wird gefordert, dass der gute Zustand aller Grundund Oberflächengewässer in Deutschland herzustellen ist. Was ist auf diesem Gebiet in den vergangenen 15 Jahren geschehen? – Im Freistaat Bayern absolut nichts, jedenfalls nichts mit Wirkung.

(Beifall bei der SPD)

Nicht nur das, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn es wenigstens nur Stillstand wäre, mit dem wir unsere Gewässer und die darin vorkommenden Tiere und Pflanzen – und damit zu guter Letzt auch uns – abstrafen, nein, mit der CSU in Regierungsverantwortung gibt es sogar einen Rückschritt im Bereich des Gewässerschutzes. Die Staatsregierung macht bisher überhaupt keine Anstalten, Maßnahmen, die langfristig zu einer Verbesserung des Gewässerzustandes führen würden, einzuleiten. Keine!

Was sind die zentralen Ursachen für den schlechten Zustand unserer Gewässer? – Eine Ursache ist die zu hohe Belastung von Grund- und Oberflächenwasser mit Nitrat. Auch der Bayerische Gemeindetag, auf den Sie sich sonst immer berufen, hat die Problematik erkannt und auf einer Sitzung am 10. Mai 2016 – das ist noch nicht lange her – in Rothenburg ob der Tauber aufgegriffen. Laut Gemeindetag besteht angesichts der zunehmenden Nitratbelastung außerhalb von Wasserschutzgebieten mittelfristig und langfristig Handlungsbedarf. An einer Vielzahl von Messstellen wird der Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter Wasser bereits überschritten.

Ich komme zu einer weiteren Ursache. Die Umsetzung der ökologischen Durchgängigkeit in Bayern und der Verlust von natürlichen Gewässerstrukturen bereiten erhebliche Probleme. Insgesamt gibt es bayernweit 60.000 Querbauwerke und Wehre in kleinen und in großen Fließgewässern. 25.000 davon befinden sich in einem wasserrahmenrichtlinienrelevanten Gewässer. Von diesen sind wiederum über 50 %, also fast 13.000, nicht ökologisch durchgängig.

Wir stellen fest, dass im Freistaat 85 % der etwas mehr als 80 bayerischen Fischarten auf der Roten Liste stehen. Sie von der CSU und der Staatsregierung haben dieses Ergebnis zu verantworten. Es ist ein Ergebnis, das in die Liste Ihres Versagens – diesmal im Bereich des Gewässerschutzes – aufzunehmen ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir verkennen nicht, dass bei der Abwasserbehandlung durch die Städte und Gemeinden viel geleistet wurde. Wir brauchen aber immerhin noch fast vier Milliarden Euro, um die Rohre zu sanieren. Wie der Zustand der privaten Kanäle ist, die übrigens doppelt so lang sind wie die öffentlichen Kanäle, interessiert im Ministerium niemanden.