Dieser Absatz 2, dieses zuletzt genannte Zitat, geht auf einen Änderungsantrag der Fraktionen von CSU und FDP vom Dezember 2010 zurück. In der Begründung Ihres Antrags heißt es:
Der Bedeutung dieser internationalen Vereinbarung auch im Rahmen des Vollzugs des Naturschutzrechts soll mit dieser Änderung Rechnung getragen werden.
In Ihrem Antrag steht zu Recht: Mit den deutschen Zustimmungsgesetzen zur Alpenkonvention von 1995 und zu ihren Durchführungsprotokollen von 2002 sind diese Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung. Das bedeutet in der Praxis: Die Alpenkonvention und ihre Durchführungsprotokolle sind von der bayerischen Verwaltung im Verwaltungsvollzug zu beachten.
Im Fall des Riedberger Horns greift das Bodenschutzprotokoll, Artikel 14 Absatz 1 3. Anstrich. Dort heißt es: Die Vertragsparteien wirken in der geeignetsten Weise darauf hin, dass Genehmigungen für den Bau und die Planierung von Skipisten in labilen Gebieten nicht erteilt werden.
Niemand, der bei klarem Verstand ist, kann in Zweifel ziehen, dass das betroffene Gebiet am Riedberger Horn labiles Gebiet im Sinne des Bodenschutzproto
kolls ist. Das Landesamt für Umwelt hat die Labilität in einem umfangreichen Gutachten im Juni 2015 dargelegt. Wörtlich heißt es in diesem Gutachten über die Gesamtsituation an der West- und Südwestflanke:
Der betroffene Südwesthang des Riedberger Horns ist somit im Sinn von Artikel 14 des Bodenschutzprotokolls der Alpenkonvention in größeren Teilen als labiles Gebiet zu bezeichnen.
Die Rutschanfälligkeit dort wird durch aktuelle Ereignisse wie einen größeren Abbruch erst im Jahr 2011 unterstrichen. Außerdem – das muss man festhalten – muss das gesamte Gebiet schon unter Vorsorgegesichtspunkten als labiles Gebiet eingestuft werden.
Auch die andere negative Tatbestandsvoraussetzung trifft zu; denn hier soll eine Skipiste gebaut und natürlich planiert werden, wenngleich der Sachverhalt vor Ort bestritten wird. Natürlich geht es um bauliche Eingriffe, um die Rodung von Bergwald – das ist übrigens ein Verstoß gegen den Bergwaldbeschluss dieses Hohen Hauses –, um die Errichtung von Betriebsinfrastruktur – Liftanlagen, Stromleitungen, Wasserleitungen zum Beschneien, Schneekanonen usw. – und um die Planierung, das heißt Präparierung, der geplanten Piste. Nichts anderes bedeutet Planierung. Auch der Deutsche Skiverband spricht in seinen Verlautbarungen von Planierung der Skipisten und meint damit Präparierung.
Deswegen ist die Rechtslage in diesem Zusammenhang ganz eindeutig. Die Bayerische Staatsregierung und alle beteiligten Behörden sind verpflichtet, Sorge dafür zu tragen, dass eine Genehmigung für dieses Projekt nicht erteilt wird, weil dieses Projekt nicht mit Artikel 14 Absatz 1 3. Anstrich des Bodenschutzprotokolls der Alpenkonvention in Einklang zu bringen ist.
Was bedeutet das in der Praxis für das anstehende Zielabweichungsverfahren? – Daraus folgt doch ganz klar, dass die Zulassung einer Zielabweichung durch den Heimatminister ein Verstoß gegen bindende rechtliche Vorgaben wäre. Das Gleiche gilt übrigens für die Genehmigung des Teilflächennutzungsplans durch das zuständige Landratsamt und die höhere Genehmigungsbehörde. Ergo ist dieses Projekt nicht genehmigungsfähig.
Die Staatsregierung und die befassten Behörden haben keinen Spielraum für Alternativplanungen. Es wäre schön, wenn manche CSU-Abgeordnete und die Staatsregierung dies endlich zur Kenntnis nehmen könnten und den Menschen vor Ort und der Öffent
Danke, Kollege von Brunn. – Die nächste Wortmeldung für die CSUFraktion stammt vom Kollegen Beißwenger. Bitte schön.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Bei der geplanten Verbindung zwischen den Skigebieten Balderschwang und Grasgehren handelt es sich um eine Maßnahme für einen Tourismus in gelenkten Bahnen. Man will Gebiete, die bereits touristisch erschlossen sind, verbinden und keine unberührten Gebiete neu erschließen. Der Gipfelbereich des Riedberger Horns bleibt von der aktuellen Planung gänzlich unberührt. Das Vorhaben soll als Ergänzung im Rahmen der familienfreundlichen, naturnahen und raumverträglichen Angebote dienen. Der alpine Skisport soll in seiner Attraktivität und Qualität optimiert werden, um die Übernachtungszahlen konstant zu halten. Im Sommer soll das Wanderangebot insbesondere für Senioren und Familien verbessert werden. Hier existieren Alpwirtschaft, Skitourismus und Wandertourismus in gleicher Weise nebeneinander. Trotzdem konnte sich am Berg eine der größten und stabilsten Populationen der streng geschützten Birkhühner – die Naturschützer weisen immer darauf hin, dass diese sehr bedroht sind – nicht nur bis heute halten, sondern auch entwickeln. Der Bestand hat sich von 4 Paaren auf 30 Paare erhöht.
Sommer- und Wintertourismus sind für die Region existenziell wichtig. Wir reden zwar immer von gleichwertigen Lebensverhältnissen, die wir für Bayern erreichen wollen, aber was sollen wir in den Alpen tun? – Sollen wir Fabriken bauen und Gewerbegebiete ansiedeln? Gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen, das bedeutet: Auch der ländliche Raum muss weiterhin Arbeits- und Lebensraum bleiben dürfen, und er muss Platz für die Existenzsicherung der Menschen vor Ort bieten.
Was sollen aber die Gemeinden tun, die in ihrem Gemeindegebiet 80 bis 90 % Landschaftsschutzgebiete oder Naturschutzgebiete haben? – Hier bleiben nur die Landwirtschaft und der Tourismus übrig. Alpwirtschaft, Tourismus und Landwirtschaft gehen hier Hand in Hand. Ohne den Tourismus könnten heutzutage kaum noch Bergbauern existieren. Ohne die Landwirtschaft, ohne die Bewirtschaftung durch Generationen von Alpbauern, ohne ständige Pflege und
ohne regelmäßiges Beweiden würde ein Großteil der Flächen wieder verbuschen und zuwachsen. Die Biodiversität im Alpenraum wird durch diese Nutzung gefördert. Es waren die Menschen vor Ort, die diesen einmaligen Artenreichtum, die Biodiversität, aber auch den Erholungsraum für den Tourismus geschaffen haben.
Allen muss es darum gehen, unsere schöne bayerische Heimat zu erhalten. Keiner von uns will die Landschaft zerstören, weder die Gegner des Vorhabens noch die Menschen vor Ort. Gerade die Menschen vor Ort sind doch schließlich mit ihrem Land verwurzelt.
Meiner Meinung nach wird der Naturschutz in keiner Weise ausgehebelt. Ich denke, hier geht es schon lange nicht mehr um das Riedberger Horn. Es geht allein um die Alpenzone C. Das Gebiet der Alpenzone C wird hier nur am Rande berührt. Genauer gesagt: Hier werden nur 2,1 Hektar von insgesamt 275 Hektar benötigt.
Das sind gerade einmal 0,8 % der Fläche. Wir müssen bei unserem Handeln eine Einzelprüfung durchführen und dürfen nicht generell über die Alpenzone C zu Gericht sitzen. Bestimmte Verbände stören sich an dieser Prüfung, die gerade durchgeführt wird. Interessant ist übrigens: Je weiter die Menschen vom Ort des Geschehens weg sind, umso mehr geht es ihnen ums Prinzip. Ich lade Sie ein: Gehen Sie einmal an einem Morgen bei Neuschnee aufs Riedberger Horn. Dann sehen Sie, was von dieser unberührten Alpenzone C noch übrig ist. Diese Bastion der Schutzwürdigkeit ist nämlich bereits von zahlreichen Schneeschuhwanderern gestürmt worden. Der schönste deutsche Skiberg, wie das Riedberger Horn von manchen bezeichnet wird, befindet sich in einem kleinen, schneesicheren Skigebiet. Dieser Berg ist im Winter einer der beliebtesten Anlaufpunkte für Skitouren- und Schneeschuhgeher und wurde von ihnen schon längst erschlossen. Ruhezonen für das Wild sehen anders aus, um noch einmal den Bezug zu den Birkhühnern herzustellen.
Meiner Meinung nach ist ein Präzedenzfall nicht zu befürchten. Jedes Gebiet – das betone ich noch einmal – wird und muss neu betrachtet werden. Die Situation am Riedberger Horn lässt sich nicht einfach auf alle Gebiete der Alpenzone C übertragen.
Nun zum Alpenplan: Als die heute betroffenen Gebiete in den Alpenplan aufgenommen und die Alpenschutzzonen eingeteilt wurden, sind die Gemeinden davon ausgegangen, dass sie auch in Zukunft noch Möglichkeiten für eine Entwicklung haben würden. Ich frage Sie: Was wäre gewesen, wenn damals der Strich mit dem spitzen Bleistift auf der Landkarte zur Eingrenzung der Zone C anders gezogen worden wäre? – Weil die Gemeinden in der Liftverbindung eine unbedingt notwendige Investition sehen, eine Investition in die zukunftsfähige Entwicklung des Tourismus vor Ort, haben sie sich entschieden, die Durchführung eines sogenannten Zielabweichungsverfahrens zu beantragen.
Ich verrate hier kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Abwägung schwierig ist. Für die Region steht dabei einiges auf dem Spiel. Auf der einen Seite stehen die Entwicklungsmöglichkeiten für das Allgäu generell, auf der anderen Seite stehen sensible ökologische Fragen. Umso mehr sollte hier jedem klar sein, dass eine Entscheidung umfangreiche Prüfungen erfordert. Ich bin aber auch der Meinung, dass die Gemeinde ein Recht darauf hat, dass das Verfahren jetzt durchgeführt wird. Gegenüber den Gemeinden und den Bürgermeistern vor Ort wäre es völlig respektlos, wenn einstimmige Beschlüsse für die Verbindung, die auch im Kreistag mit großer Mehrheit gefasst wurden, ohne eine ordentliche Prüfung einfach gekippt würden. Das wäre völlig respektlos.
Da wir einen vorzeitigen Stopp dieses rechtsstaatlichen Zielabweichungsverfahrens ablehnen, lehnen wir selbstverständlich auch den Antrag der SPD-Fraktion entschieden ab.
Danke schön. – Bleiben Sie bitte kurz am Rednerpult. Ich habe noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen von Brunn. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Kollege Beißwenger, eigentlich haben Sie nichts zu dem Inhalt unseres Antrags gesagt. In diesem Antrag ging es nämlich nicht um den Alpenplan, sondern um die Alpenkonvention. Ich würde gerne von Ihnen wissen, ob Sie persönlich der Auffassung sind, dass über die Geltung des internationalen Umweltrechts, des Umweltvölkerrechts, die Gemeinden und Investoren vor Ort entscheiden sollten. Außerdem frage ich Sie, wie es die CSU mit der Alpenkonvention hält. Ich habe es angesprochen: Im Jahr 2011 wurde mit den Stimmen der CSU und der FDP das Bayerische Naturschutzgesetz novelliert. Dabei haben Sie die Alpenkonvention
in ihrer Bedeutung noch einmal hervorgehoben und damit den Gesetzgeber und die Exekutive in Bayern daran gebunden. Wie steht es heute damit? Was sagt die CSU? Erkennt sie die Alpenkonvention weiterhin an? Wie wollen Sie in Zukunft damit umgehen?
Herr von Brunn, vielen Dank für diese Frage. Ich sage das ausdrücklich; denn im Ausschuss haben Sie ein bisschen was anderes gebracht. Sie haben damals den Hochvogel, der bei uns in Bad Hindelang liegt, mit dem Riedberger Horn verglichen und gesagt, an diesem Berg breche auch etwas ab. Dabei handelt es sich hier um eine völlig andere Gesteinsart. Diese Frage heute ist ausnahmsweise etwas sinnvoller.
Ich bin nicht der Meinung, dass die Alpenkonvention aus den Angeln gehoben wird. Das Zielabweichungsverfahren ist rechtlich einwandfrei. Dass in diesem Fall die Möglichkeit besteht, ein Zielabweichungsverfahren durchzuführen, wurde in diesem Gremium festgestellt.
Nun zu Ihrer Frage, ob ich der Meinung wäre, dass Gemeinderäte oder Investoren über das Umweltrecht entscheiden müssten. – Auf keinen Fall! Investoren wurden bisher überhaupt nicht gefragt; mir jedenfalls ist nichts davon bekannt. Aber noch einmal: Gemeinderäte und Bürgermeister haben sich einstimmig für dieses Verfahren entschieden. Deshalb bin ich der Meinung, dass dieses Verfahren zu Ende geführt werden sollte.
Damit sage ich nichts darüber, wie dieses Verfahren ausgehen wird. Hier handelt es sich aber um ein rechtsstaatliches Verfahren. Sie zeigen uns hier auf, welches Verständnis von Rechtsstaatlichkeit Sie persönlich haben.
Danke schön. – Die nächste Wortmeldung für die Fraktion der FREIEN WÄHLER kommt von Herrn Kollegen Dr. Herz. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Riedberger Horn ist ein schwieriges Thema, über das schon ewig lange und auch jetzt in der Presse berichtet wird. Die Entscheidung ist in diesem Fall nicht leicht; denn dabei sind verschiedene Punkte abzuwägen. Diese Abwä
Was spricht für den Antrag der SPD-Fraktion? – Dafür spricht, dass wir uns nach Auffassung einiger Fachleute in einem labilen Gebiet befinden. Dort gibt es seltene Vogelarten. Wir haben hier außerdem eine Höhenlage, die als problematisch angesehen werden kann, aber nicht als problematisch angesehen werden muss. Diesen Antrag könnte man auch als Antrag für ein Gesamtkonzept verstehen; denn wenn dem in diesem Antrag geforderten Zielabweichungsverfahren zugestimmt wird, könnte dies Folgewirkungen für weitere Gebiete im bayerischen Alpenraum haben. So viel zu den Fakten, die für den Antrag sprechen.
Gegen diesen Antrag sprechen aber auch sehr viele Argumente. Zunächst sollten wir in die Diskussion wieder ein bisschen Ehrlichkeit hineinbringen. Vorhin wurde erwähnt, dass in dieses nicht ganz unberührte Gebiet Gruppen von Schneeschuhwanderern und Tourengehern gelockt wurden. Dazu muss ich sagen: Das ist in der Alpenzone C nicht verboten. Für diese Zone ist nach wie vor ein Betretungsrecht gegeben. Die Touristeninvasion der letzten Zeit hat gezeigt, dass wir dieses Gebiet nicht abschotten können.
Wir müssen auch die Möglichkeiten sehen, die in diesen Gebieten gegeben sind. Ich kenne diese Gegend sehr gut. Die Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang leben zu 80 bis 90 % vom Tourismus. Im bayerischen Alpenraum ist seit Jahren zu beobachten, dass die Zahl der Wintersporttreibenden – der Einheimischen und der Gäste – zurückgeht, da sich diese mehr nach Süden orientieren.
Das hat verschiedene Gründe. In diesem Fall nicht die Höhenlage. Vor wenigen Tagen konnte man in den Gebieten, über die wir heute diskutieren, noch sehr gut Wintersport betreiben. Wir haben also eine sehr sichere Schneelage. Wir wissen, dass es in Bezug auf Schnee heuer im Alpenraum sehr problematisch war. Wenn es ein sicheres Gebiet gab, so war das das Gebiet um Grasgehren, das eine Schneelage geboten hat, die für weitere Wintersportprojekte sinnvoll genutzt werden sollte.
Ich komme zur Auffassung, dass mit dem jetzt abgespeckten Verfahren weiter vorangegangen werden sollte. Die Gemeinden haben schon vor 40 Jahren begonnen. Meine Forderung an Sie von der Staatsregierung und der CSU-Fraktion: Machen Sie Druck! Die Gemeinden warten auf eine Entscheidung. Ich sage nicht, ob sie so oder so ausfällt. Ich tendiere aber dazu – deshalb werden wir den Antrag ablehnen –,