Protocol of the Session on April 7, 2016

Ich zitiere den "Tagesspiegel":

Gute Nachricht für all die, die bauen wollen. … Das Kabinett hat eine verbraucherfreundliche Reform des Baurechts beschlossen.

Der Verband der privaten Bauherren hält die Reform für einen – Zitat – ganz entscheidenden Schritt für den Verbraucherschutz. Auf dem Deutschen Architektentag sprach Stefan Leupertz, ehemaliger Richter im Bausenat des BGH, von einem – Zitat – "Quantensprung für die planenden Berufe". Der Deutsche Richterbund kommentiert die Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung: "Die gefundene Lösung erscheint im Zusammenwirken mit dem entsprechend angepassten Rückgriffsanspruch in der Lieferkette … angemessen und praktikabel."

Fast schon bejubelt wird der Gesetzentwurf aber von den Bundestagskollegen der CDU/CSU. So schreibt Michael Frieser, meines Wissens Vorsitzender des Arbeitskreises der CSU-Landesgruppe für Innen, Recht usw. in einer Pressemitteilung: "Der Verbraucherschutz bei der Planung und Errichtung von … Wohnimmobilien wird damit ausgebaut." Der "sachgerechte Interessenausgleich" in dem Gesetzentwurf komme nicht nur den Verbrauchern zugute, sondern sei auch und gerade im Interesse der Bauwirtschaft und der Architekten. Das ist ein Mann aus der CSU-Landesgruppe.

Die rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Winkelmeier-Becker

sowie der zuständige Berichterstatter Hoppenstedt schreiben in einer aktuellen Pressemitteilung:

Mit dem Gesetz verbessern wir die Rechtsstellung von Handwerkern und Werkunternehmern bei Kaufverträgen. Damit setzen wir ein wichtiges Anliegen von CDU und CSU aus dem Koalitionsvertrag um.

gewährleistet, dass der Schaden letztlich von demjenigen getragen werden muss, der für den Produktfehler verantwortlich ist.

Das sind Ihre Leute.

Inhaltlich gibt es also nichts auszusetzen, wenn sich sogar Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundestag fast schon enthusiastisch zeigen. Aber Ihre Forderung nach einer rascheren Umsetzung und einer etwaigen Abtrennung in ein separates Gesetzgebungsverfahren ist aus unserer Sicht absurd; denn es geht ja hier nicht mehr um einen Referentenentwurf – dieser wurde bereits im letzten November mit den Verbänden erörtert –, nein, das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf bereits Anfang März verabschiedet, und zwar – das sage ich ausdrücklich dazu, Herr Straub und Kollegen – mit den Stimmen der Bundesminister der CSU. Seit Anfang März ist der Gesetzentwurf bereits im Deutschen Bundestag, und er ist auch schon dem Bundesrat zugeleitet worden. Ich habe mich gestern extra noch einmal im Bundesjustizministerium erkundigt: Das Gesetz soll noch in diesem Jahr beschlossen werden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)

Vor diesem Hintergrund kann man eigentlich nur schlussfolgern, dass es Probleme nur dann geben kann, wenn der Gesetzentwurf durch Blockade oder fragwürdige Veränderungsvorschläge aufgehalten wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ihr Dringlichkeitsantrag dient also nicht der Sache. Er kann nicht beschleunigen, er kann allenfalls verzögern und komplizieren. Es stellt sich schon die Frage, ob Sie nicht etwas ganz anderes wollen, nämlich im Lobbyinteresse mehr Schutz und Rechtssicherheit für Bauherren und Verbraucherinnen und Verbraucher verwässern und verhindern. Dann sollten Sie das aber in aller Wahrheit und Klarheit hier sagen, anstatt mit falschen Begründungen herumzumurksen.

(Beifall bei der SPD)

Wir können Ihrem Antrag aus diesen Gründen nicht zustimmen, werden uns aber mit Rücksicht auf Ihre und unsere Kollegen im Deutschen Bundestag, die dort eine Koalition bilden, enthalten. Wir werden allerdings dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen, weil er keine Abtrennung und keine Aufspaltung des Gesetzesvorhabens fordert und weil wir auch den Punkt, uns die AGB-Sache anzuschauen, für bedenkenswert halten.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Steinberger das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, Kollege von Brunn, dass im Bundestag ein Gesetzentwurf beraten wird, der einen Fortschritt bringt. Wir begrüßen das auch alle sehr. Aber jeder Gesetzentwurf kann noch etwas besser gemacht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich einmal vor, Sie lassen Ihr Bad neu fliesen und stellen schon nach kurzer Zeit fest, dass die Fliesen mangelhaft sind. Wer haftet für den Schaden, die einbauende Firma oder der Hersteller der mangelhaften Fliesen? Leider trifft es immer wieder die Handwerksbetriebe, die für einen Mangel haften müssen, den sie nicht unmittelbar selbst verursacht haben und den eigentlich der Hersteller zu verantworten hat. So muss der Handwerker in Bezug auf die Mängelhaftung für die Ausbaukosten des mangelhaften Produkts wie auch für die Einbaukosten des neuen Produkts allein aufkommen, ohne diese am Ende erstattet zu bekommen. Für kleine Handwerksbetriebe kann so ein Schaden existenzbedrohend sein.

Es versteht sich von selbst, dass dies für die Handwerksunternehmen nicht gerecht ist. Eine Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung könnte hier Abhilfe schaffen. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD wurde Folgendes vereinbart:

Im Gewährleistungsrecht wollen wir dafür sorgen, dass Handwerker und andere Unternehmer nicht pauschal auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben, die der Lieferant oder Hersteller zu verantworten hat.

Diese Absicht ist löblich und entspricht auch dem Wunsch des Handwerks. Allerdings wird diese gute Absicht nun leider konterkariert; denn der aktuelle Gesetzentwurf wird mit dem Bauvertragsrecht vermischt, und deshalb weiß man nicht, wie lange noch diskutiert

wird. Er hat – das ist der zweite Punkt – auch strukturelle Mängel.

Nun gibt es eine Petition von 50.000 Unterstützern, die eine Beschleunigung dieses Vorhabens fordern. Vielleicht ist das der Grund, warum die CSU-Fraktion einen Antrag gestellt hat. Aber dass die Fraktion diesen Umstand in einem Dringlichkeitsantrag aufgreift, ist schon verwunderlich. Wieder einmal muss man feststellen, dass die CSU Kritik an der Bundesregierung übt, an der sie selbst beteiligt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Warum hat sich die CSU in Berlin bisher nicht für eine solche Regelung eingesetzt? Wieso wachen Sie erst jetzt auf, wenn das Handwerk Alarm schlägt? Was machen eigentlich Ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin? Haben sie bisher vielleicht geschlafen? Man könnte es fast vermuten.

Der Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion greift allerdings nur eine Facette des Gesetzentwurfs auf, nämlich die Geschwindigkeit der Umsetzung. Dass der Entwurf selbst einige Mängel hat, wird leider nicht erwähnt – zumindest nicht von der CSU. So beklagt das Handwerk, dass es bei der praktischen Umsetzung Probleme geben wird; denn jede Regelung ist nur so lange gut, wie sie nicht umgangen werden kann. Der Gesetzentwurf bietet aber die Möglichkeit, die Haftung im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wieder den Handwerksbetrieben aufzudrücken. Wenn der Lieferant die kaufrechtliche Mängelhaftung im Rahmen der AGB ausschließt oder zumindest stark einschränkt, bleiben kleinere Handwerksbetriebe, die keine starke Machtposition auf dem Markt haben, wieder die Dummen. Wir sehen da, Kollege Straub, durchaus ein Problem in dem Gesetzentwurf.

Es würde zu weit führen, den Gesetzentwurf hier zur Gänze zu diskutieren. Ich fordere aber die Staatsregierung auf, auch auf diese mögliche Gesetzeslücke hinzuweisen und im Bund für Rechtssicherheit zu sorgen. Der Antrag der CSU-Fraktion springt also etwas zu kurz, wenn er auch unserer Ansicht nach in die richtige Richtung geht. Der Antrag der FREIEN WÄHLER geht schon etwas weiter. Er hat auch die Problematik der Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgegriffen. Wir werden also beiden Anträgen zustimmen. Ich würde mir wünschen, dass wir auch von Ihnen einmal Unterstützung bekommen, wenn es um einen Appell an die Bundesregierung geht. Ich nenne nur das Stichwort Glyphosat, aber dazu nächste Woche mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, verbleiben Sie bitte am Rednerpult. – Herr Kollege von Brunn, bitte.

Frau Steinberger, ich möchte Sie an dieser Stelle schon darauf aufmerksam machen, dass Sie mit Ihrer Haltung, mit der Zustimmung zum Antrag der CSU, dazu beitragen können, dass eine Reform im Interesse der Bauherrinnen und Bauherren, der Verbraucherinnen und Verbraucher blockiert und verzögert wird. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist.

Herr von Brunn, das ist Ihre Interpretation. Die muss ich nicht unbedingt teilen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Es ist ein Auftrag, der an den Justizminister des Freistaats Bayern geht, und es gibt nun die Beratungen in der Länderkammer. Daher ist es durchaus sinnvoll, auf diese Problematik hinzuweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Florian von Brunn (SPD): Das ist schwach gewesen!)

Vielen Dank. – Ich darf jetzt für die Staatsregierung Herrn Professor Dr. Bausback das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir einige kurze Vorbemerkungen.

Die Rechtspolitik ist kein Gegenstand, der von sehr vielen in seiner Bedeutung und Schönheit erkannt wird. Deshalb ein ausdrücklicher Dank an die Kollegen, die vor mir gesprochen haben, die allesamt keine Juristen sind, aber sich dieses wichtigen juristischen Themas angenommen haben.

Die Frau Kollegin hat eben von einem Auftrag an den bayerischen Justizminister gesprochen. Es gibt Aufträge, die nimmt man als Belastung entgegen. Dieser Auftrag macht mir Spaß.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aufträge des Parlaments sind nie belastend, Herr Minister!)

Ich empfinde ihn als Unterstützung eines wichtigen, auch von mir massiv vorangetriebenen Anliegens.

Herr Kollege von Brunn, Sie sagen, der Kollege Maas in Berlin liefert. Ich möchte Sie, da wir ja beim Thema Kaufrecht und Kaufmängel sind, an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass wir in der Vergangenheit aus

Bayern den Kollegen Maas erfolgreich vor Schlechtlieferungen bewahrt haben.

Nur ein Beispiel: Bei der Bekämpfung des Nacktbilderhandels im Internet in Zusammenhang mit den Vorgängen um Herrn Edathy haben sich im Gesetzgebungsverfahren Gott sei Dank die bayerischen Vorschläge durchgesetzt.

Es ist sicherlich wichtig, dass Bayern bei der Rechtspolitik weiter mitspielt. Ich habe Ihnen ein Beispiel genannt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ein wirklich obskures Beispiel, wenn auch interessant! Wenn Sie keine anderen Beispiele haben, sehen wir das als Bestätigung!)

Wir werden auch künftig alles tun, um die bestmögliche Lieferung des Kollegen Maas im Interesse der Koalition in Berlin durchzusetzen, Herr Kollege Glauber.

Im Übrigen ist es schon wichtig und kein Populismus, dass sich Bayern als die Herzkammer des Deutschen Handwerks – das kann man sicherlich mit Recht so sagen, liebe Kollegin Aigner – mit dem Votum dieses Parlaments nochmals hinter dieses berechtigte Anliegen des Handwerks stellt. Das ist nichts, was obsolet wäre, sondern etwas, was auch in Berlin Wirkung entfaltet.

Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der CSU greift ein wichtiges rechtspolitisches Anliegen auf: die Haftungsregelungen im Verhältnis zwischen dem Werkunternehmer und seinen Lieferanten müssen überarbeitet werden. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine vom Ansatz her der Zielsetzung der Koalitionsvereinbarung entsprechende und praktikable Lösung der Problematik enthält. Wir werden uns in der weiteren Diskussion die Einzelheiten sehr genau anschauen.