Protocol of the Session on April 7, 2016

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: 14 % der Schüler nehmen laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie Nachhilfeunterricht – 14 %! Fast 90 Euro geben die Eltern dafür durchschnittlich aus. Das kann sich

nicht jede Familie leisten. In der Ganztagsschule bestünde für alle Kinder die Möglichkeit, mehr zu üben und mehr zu lernen und sich auch gemeinsam zu erholen oder zu spielen.

(Beifall bei der SPD)

Für viele Kinder aus sozial benachteiligten Schichten oder mit Migrationshintergrund wäre dies eine riesige Chance.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich habe selbst drei Kinder und kann Ihnen sagen: Es ist nicht so, wie Sie darstellen, dass alle Kinder nach der Schule nach Hause gehen, dort bekocht und umsorgt werden. Nein, es ist leider nicht so.

(Zuruf von der CSU: Ja, das wissen wir doch! Lä- cherlich!)

Viele Kinder verbringen den Nachmittag allein zu Hause vor dem PC oder vor dem Fernseher, oder sie hängen gemeinsam in irgendwelchen Schnellimbissen oder Lokalen oder an Bushaltestellen ab. Dort haben sie im Übrigen viel Zeit für das Abschreiben von Hausaufgaben oder für anderen Unfug. So sieht die Realität in Bayern aus. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann Sie also nur aufrufen: Interpretieren Sie nichts in unseren Gesetzentwurf hinein, was nicht drinsteht, sondern machen Sie sich endlich auf, mit uns gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Tho- mas Gehring (GRÜNE))

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig von der CSU das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Wir haben diese Debatte hier schon 100-mal geführt. Ich wundere mich über einige Aussagen von Ihnen, Frau Strohmayr.

(Zuruf von der SPD: Wenn Sie sich bewegen würden, bräuchten wir uns nicht mehr zu rühren!)

Nein, Sie meinen: Nur, wenn wir uns nach Ihnen richten, dann ist alles gut. – Aber das lassen wir mal.

(Beifall bei der CSU)

Wie Sie wissen, hat der Freistaat Bayern in den vergangenen Jahren massiv in den Ausbau und in die Qualität der Ganztagsangebote investiert.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Ich habe Ihnen zugehört; jetzt seien Sie bitte still.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Mittlerweile machen über 80 % der allgemeinbildenden Schulen in Bayern ihren Schülerinnen und Schülern ein Ganztagsangebot. In den vergangenen Jahren wurden alle genehmigungsfähigen Anträge auf Bildungs- und Betreuungsangebote an Schulen tatsächlich genehmigt.

(Beifall bei der CSU)

Ich weiß nicht, wie oft wir das hier schon betont haben. Ich will Ihnen eines dazu sagen: Die Menschen wollen Angebote und keinen Rechtsanspruch.

(Beifall bei der CSU)

Die Ganztagsangebote werden von den Eltern und Schülern auch deshalb gerne angenommen, weil sie auf deren individuelle Bedürfnisse eingehen. Sie reichen von offenen Ganztagsgruppen über gebundene Ganztagsklassen bis zu Horten und zur Mittagsbetreuung. Eine breite Palette – genau das, was wir für die Menschen vor Ort wollen.

Die Zahlen zur derzeitigen Versorgung mit ganztägigen Angeboten in Bayern, die die SPD im Vorblatt des Gesetzentwurfs nennt, sind daher stark verzerrend und irreführend. Sie berücksichtigen ausschließlich Ganztagsschulen und übersehen die übrigen Angebote, vor allen Dingen Horte und Mittagsbetreuung. – Ich muss Ihnen in dem Zusammenhang auch sagen: Sie haben sehr viele Zahlen genannt, Frau Strohmayr; aber bei uns zählen die Menschen und nicht die Zahlen.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Horte und Mittagsbetreuung sind zentrale Bestandteile unseres bayerischen Ganztagskonzepts. Ich würde mich freuen, wenn Sie das endlich registrieren würden.

Ganz wichtig war und ist uns beim Ausbau der Ganztagsangebote, dass Schulfamilie und Kommune aus verschiedenen Modellen auswählen können, um vor Ort das gewünschte Angebot zu schaffen. Ob Mittagsbetreuung oder schulische Ganztagsangebote sowie Horte: In diesem Konzept sind das alles gleichwertige Bausteine.

Sie zitieren in Ihrem Gesetzentwurf auch die einschlägigen Gutachten. Wenn ich an das Vbw-Gutachten erinnern darf: Darin steht, dass es hinsichtlich der schu

lischen Leistungen an der Grundschule keinen Unterschied macht, ob die Schüler eine Halbtagsgrundschule oder eine gebundene Ganztagsschule besuchen. Das nur zur Info, weil Sie immer diese Gutachten zitieren.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Die von der Vbw sind ja die Bildungsspezialisten!)

Die Bausteine können dann von den Entscheidungsträgern vor Ort bedarfsgerecht und passgenau kombiniert werden, was diese als großen Vorteil betrachten; denn das erlaubt ihnen eine individuelle Lösung für die oft ganz unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Kommunen und an den einzelnen Schulen.

Darüber hinaus war uns von der CSU beim Ausbau der Ganztagsangebote besonders die Wahlfreiheit der Eltern sehr wichtig. Inwieweit diese durch Ihren Gesetzentwurf eingeschränkt wird, erkläre ich gleich. Nach unserem Verständnis ist es am sinnvollsten, wenn die Eltern entscheiden können, ob ihr Kind ein Ganztagsangebot bekommen soll oder nicht, und wenn ja, welches am besten geeignet ist und welches nicht. Gerade als Mutter einer schulpflichtigen Tochter sage ich, dass wir genau diese Wahlfreiheit erhalten wollen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Keiner will Ihnen die nehmen!)

Die nehmen Sie mit dem Rechtsanspruch. Hören Sie zu, dann wissen Sie es. – Wie bereits erwähnt, führen aktuell bereits über 80 % der allgemeinbildenden Schulen in Bayern ein Ganztagsangebot, Tendenz weiter steigend.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) – Thomas Kreuzer (CSU): Man kann kaum reden, wenn Sie da sind! Das ist unerträglich, dieses dauernde Dazwischenreden von der ersten Reihe!)

Er sitzt doch nur deswegen da, um zu stören. Inhaltlich völlig belanglos!

(Beifall bei der CSU – Thomas Kreuzer (CSU): Ja, da sitzt er! Sollen wir das auch machen?)

Das bedeutet, dass es überhaupt keine sachliche Notwendigkeit gibt, jetzt noch an den wenigen Schulen, an denen aus ganz verschiedenen Gründen noch kein Ganztagsangebot besteht, eines zu schaffen. Stellen Sie sich vor: Es gibt Eltern bzw. Schulfamilien, die das gar nicht wollen und deswegen auch nicht beantragt haben.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ja, und?)

Und Sie wollen es diktieren. – Außerdem beschneidet der Gesetzentwurf der SPD den lokalen Gestaltungsspielraum, den viele Kommunen auch als Instrument einer aktiven Standortpolitik begreifen. Ich bin sicher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, dass die große Mehrheit der Kommunalpolitiker Ihrer Partei das ebenso sieht.

Jetzt kommen wir zum Kernpunkt. Ein Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Ganztagsschulplatz an fünf Unterrichtstagen bis 16.00 Uhr hätte darüber hinaus zur Folge, dass Eltern zu diesen Zeiten keinen Hortplatz mehr in Anspruch nehmen würden. Die in aller Regel kostenpflichtigen Horte könnten damit nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, da sie nur noch für Rand- und Ferienzeitenbetreuung zuständig wären. Das würde auch das Ende der qualitätvollen und traditionsreichen bayerischen Schulkindbetreuung durch Horte bedeuten.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Entsprechendes gilt für die Schulkindbetreuung in altersgeöffneten Kindergärten und -häusern. Damit verbunden wäre auch der Wegfall von Vollzeitarbeitsplätzen für sozialpädagogisches Personal, insbesondere auf dem flachen Land. Dessen Anteil an den Vollzeitarbeitsplätzen für pädagogisch Tätige in Kindertageseinrichtungen schrumpft ohnehin. Er lag im Jahr 2014 nur noch bei 42 %. 1998 lag er noch bei 61 %. Zudem wäre damit zu rechnen, dass die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse weiter steigen würde. Derzeit liegt deren Anteil bereits bei 20 %.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Gehring (GRÜNE))

Wem wollen Sie das zumuten? Erklären Sie das den Arbeitnehmern vor Ort!

Ganztagsschulen, in denen für den Personaleinsatz andere Grundsätze als für Horte zum Tragen kommen, könnten den Wegfall von Vollzeitarbeitsplätzen in Kindertageseinrichtungen aber nicht vollständig auffangen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Der Untergang der Welt!)

Bei Ihrer Regierung mit Sicherheit. Das sieht man ja im Bund. – Auch die zu erwartenden Mehrkosten eines Rechtsanspruchs auf einen kostenfreien Ganztagsschulplatz wären erheblich und gingen voll zulasten des Freistaats. Sie wären laut Kultusministerium noch höher als in der Begründung der SPD dargelegt. In der Kostenbegründung halten Sie sich sehr zurück, da der Entwurf über die bisherigen vier Ganztagsun

terrichtstage hinausgeht und auch noch den Freitag als vollen Unterrichtstag einbezieht.