Protocol of the Session on April 7, 2016

(Christine Kamm (GRÜNE): Nein!)

Doch, das suggerieren Sie. Sie tun das deshalb, weil die GRÜNEN schon immer verursacht haben, Kapital daraus zu schlagen, wenn sie den Menschen vor irgendetwas Angst einjagen. Das halte ich für unverantwortlich.

(Beifall bei der CSU)

Punkt zwei: Nach dem Unfall in Fukushima, den wir alle mit Entsetzen beobachtet haben, wurde bei allen Kernkraftwerken in Deutschland eine Sicherheitsbewertung vorgenommen, auch in Gundremmingen, und zwar von mehreren unabhängigen Stellen. Dies waren die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, die Reaktorsicherheitskommission, die Bayerische Kommission für Reaktorsicherheit sowie der TÜV Süd und die EU-Kommission. Meine Damen und Herren, Sie behaupten jetzt, hier gebe es ein Sicherheitsrisiko. Ich halte das für Panikmache und für Angstmache. Das ist unverantwortlich.

Punkt drei: Soweit ich weiß, sitzt im Bundesumweltministerium keine der Union zugehörige Ministerin, sondern eine Ministerin der SPD, die sehr verantwortlich handelt. Hier geht es um Entscheidungen, die etwas mit dem Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum zu tun haben. Für solche Eingriffe sind sicherheitsrelevante Begründungen erforderlich. Solche Begründungen können nicht einfach so behauptet werden. Sie wissen, dass im Moment geklagt wird. Das ist nicht so einfach. Deshalb halte ich den Zeitplan unseres Vorgehens für geeignet und hoffe, dass wir uns gemeinsam daran halten werden.

Ich möchte noch etwas zum Zeitplan und zu den Grundlagen sagen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen gesagt hat, dass wir vor der Zeit wären. Das ist nett, dass Sie uns das zugestehen. Wir sind mit der Thüringer Strombrücke im Zeitplan. Sie sollte im Jahr 2015 fertiggestellt werden. Das ist die Grundlage für den Netzentwicklungsplan. Wir haben das Kraftwerk in Grafenrheinfeld ein halbes Jahr früher ausgeschaltet. Die kritischen Wintermonate waren nicht relevant, deshalb wurde dieses Kraftwerk im Sommer ausgeschaltet. Der Eigentümer hat dieses Kraftwerk freiwillig abgeschaltet. Deshalb können Sie das nicht vergleichen.

Sie argumentieren so, als ob mit der Fertigstellung der Thüringer Strombrücke alles in Ordnung wäre. In diesem Fall bräuchten Sie nach Ihrer Logik keine zusätzlichen Übertragungsleitungen. Hier muss ich Herrn Kollegen Glauber recht geben. Hier machen Sie logisch einen Fehler.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Isar 2 läuft noch!)

Wir haben zwei HGÜ-Leitungen. Wir diskutieren über zwei verschiedene Faktoren: Der eine Faktor ist die gesicherte Leistung für Bayern. Dafür haben wir noch ein Atomkraftwerk. Der andere Faktor ist die Menge. Wir haben über diese zwei Faktoren im Rahmen des Energiedialogs rauf und runter diskutiert. Ich gebe Herrn Kollegen Huber ausdrücklich recht: Es geht nicht nur um eine bestimmte Menge, sondern auch

darum, wann diese Menge zur Verfügung steht. Wir haben einen Exportüberschuss, was auch damit zu tun hat, dass in der Zeit, in der zu viel Windkraftstrom vorhanden ist, die Kohlekraftwerke zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, wo Sie Verantwortung tragen, nicht abgeschaltet werden, sondern weiterlaufen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CSU – Dr. Florian Herrmann (CSU): Genau!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb möchte ich ausdrücklich sagen: Sicherheit zu haben, ist ein wichtiges Gut. Wir brauchen eine Gesamtschau von Leistung bis Menge, vom Ausbau der erneuerbaren Energien bis zur gesicherten Leistung. Der Netzentwicklungsplan auf der Bundesebene ist eine Grundlage, die wir mühsam erarbeitet haben. Wir haben einen Konsens, da wir wissen, dass wir auf die Preise achten müssen. Meine Damen und Herren, aus reiner Panikmache punktuell Elemente aus diesem Konzept herauszubrechen, halte ich für unverantwortlich und lehne ich ab.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Simone Strohmayr, Martin Güll u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbildung an bayerischen Schulen (Drs. 17/10580) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Damit ergeben sich insgesamt 11 Minuten Redezeit für die SPD-Fraktion.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat Frau Kollegin Dr. Strohmayr für die SPD das Wort. Bitte schön.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion bringt heute ihren Gesetzentwurf zum Ganztag an bayerischen Schulen ein. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf erreichen, dass für jeden Schüler und

jede Schülerin in Bayern, der oder die einen Bedarf hat, ein Ganztagsplatz an der entsprechenden Schulart zur Verfügung steht.

Auch unser Ministerpräsident hat sich in seiner Regierungserklärung Ähnliches vorgenommen. Da hieß es: Bis 2018 gibt es in allen Schularten für jede Schülerin und jeden Schüler bis zum Alter von 14 Jahren ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot. – Das klingt gut, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen. Leider ist aber bisher wenig passiert.

Ich darf Sie mit den aktuellen Zahlen konfrontieren. Gerade einmal 5,7 % der Schülerinnen und Schüler in der Grundschule können eine gebundene Ganztagsschule besuchen. Offene Ganztagsangebote gibt es jetzt, im ersten Jahr, an den Grundschulen 300. – 300 für 25.000 Klassen!

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört! Hört!)

Noch magerer sieht das Angebot an den weiterführenden Schulen aus. Realschulen machen für 1,1 % der Schülerinnen und Schüler gebundene Angebote und gerade einmal für 5,5 % der Schüler offene Angebote. Auch bei den Gymnasien sieht es nicht viel besser aus. Nur 1,5 % der Schülerinnen und Schüler können gebundene Angebote besuchen, 7,7 % der Schülerinnen und Schüler offene Angebote.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Bedarfsgerecht, Frau Kollegin!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Zahlen sind ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist Unsinn, Frau Kollegin!)

Da brauchen Sie sich nicht aufzuregen; lassen Sie uns in aller Ruhe darüber sprechen. Ich verstehe, dass das für Sie nicht so angenehm ist.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die lassen Sie ja nicht reden! Es wird schon Gründe dafür geben! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich glaube aber, dass es schon notwendig ist, sich die Zahlen einmal vor Augen zu führen.

Es ist ein Armutszeugnis, dass Bayern laut Bildungsmonitor 2015 den drittletzten Platz aller Bundesländer hinsichtlich der Angebote an Ganztagsplätzen in der Grundschule und den letzten Platz hinsichtlich der Angebote an Ganztagsplätzen in der Sekundarstufe I einnimmt. Der Freistaat – das kann man sagen – verschläft damit seit Jahren den Anschluss an einen ver

nünftigen, bedarfsgerechten Ausbau im Ganztagsbereich.

(Beifall bei der SPD)

Frau Brendel-Fischer, angesichts dieser Zahlen von der Einführung einer Ganztagspflicht zu sprechen, ist geradezu Hohn und Spott.

In der Sekundarstufe I ist das Angebot ganz besonders schwach ausgeprägt. In etlichen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es bis heute keinerlei Ganztagsangebote, weder offene noch gebundene, insbesondere an den Realschulen und Gymnasien. Das hat eine Anfrage der SPD-Fraktion ergeben. Sehr geehrter Herr Kollege, ich kann Ihnen diese Anfrage gerne zur Verfügung stellen und kann Ihnen anmarkern, wo das der Fall ist. Ich kann Ihnen nämlich konkret sagen: In 64 Landkreisen und kreisfreien Städten kann kein einziger Schüler ein gebundenes Angebot an einer Realschule oder an einem Gymnasium wahrnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss sich endlich ändern.

(Beifall bei der SPD)

Leider hat der Ganztagsgipfel im vergangenen Jahr nur marginale Verbesserungen gebracht – gerade einmal 300 offene Ganztagsangebote für 25.000 Grundschulklassen. Die Sekundarstufe, die einen ganz besonders hohen Nachholbedarf hat, war gar nicht Inhalt dieses Ganztagsgipfels. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir es tatsächlich mit der Ganztagsgarantie ernst meinen, brauchen wir endlich, wie im Übrigen auch seit vielen Jahren bei der Kinderbetreuung, einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz, und zwar in allen Schularten.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Rechtsanspruch soll sich auf eine Kernzeit von 8.00 bis 16.00 Uhr beziehen, und in dieser Kernzeit ist dies für die Eltern dann selbstverständlich gebührenfrei.

Liebe Frau Brendel-Fischer, liebe Frau SchreyerStäblein, als Juristin möchte ich jetzt doch die Chance nutzen, um Ihnen einige Rechtsbegriffe zu erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Begriff des Rechtsanspruchs, liebe Kolleginnen, hat mit dem Begriff der Rechtspflicht rein gar nichts zu tun. Sie müssen da einfach etwas genauer hinschauen. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus der Kinderbetreuung nennen. Für Kinder unter drei Jahren gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz.

Dieses Recht nutzen 31 % der Kinder, der Rest nutzt es nicht. Eine Verpflichtung gibt es eben nicht und soll es auch nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

So viel dazu.

Jetzt noch zu einem weiteren wichtigen Punkt in unserem Gesetzentwurf; zur Ferien- und Randzeitbetreuung. Auch hier ist der Bedarf in den letzten Jahren unheimlich angestiegen. Ich kann Ihnen aus meinem Landkreis berichten. Wir führen seit vielen Jahren Erhebungen und Befragungen durch. Dabei kommt immer wieder heraus, dass die Eltern hier einen ganz besonders dringenden Handlungsbedarf sehen. Deshalb schlagen wir vor, dass außerhalb der Unterrichtszeiten die Kommunen gegen Kostenersatz des Staates ein Angebot an Ferien- und Randzeitbetreuung zur Verfügung stellen. Die Ferien- und Randzeitbetreuung wurde bisher beim Ausbau überhaupt nicht oder nur marginal berücksichtigt. Man kann sagen, dass es nur in den Horten Ferien- und Randzeitbetreuung gibt. Für die 23.000 Kinder an Grundschulen, die in Ganztagsklassen gehen, gibt es überhaupt keine Ferien- und Randzeitbetreuung, die staatlich kofinanziert wird. Wir brauchen endlich eine staatliche Kofinanzierung in diesem Bereich. Nur so können wir einen schnelleren Ausbau der Ferien- und Randzeitbetreuung erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen Guten Ganztag. Guter Ganztag braucht multiprofessionelle Teams in den Schulen und ausreichend Lehrer und Erzieher. Leider ist die Finanzierung der Ganztagsschule immer noch zu sehr auf Kante genäht. Der Qualitätsrahmen muss stimmen. Wir müssen die Qualität kontrollieren und weiterentwickeln. Auch diesbezüglich müssen wir in den nächsten Jahren sicherlich noch dringend nachbessern. Schließlich brauchen wir ein Sonderinvestitionsprogramm, damit aus Schulen Lebensräume werden, in denen die Kinder und auch die Lehrer gerne den ganzen Tag verbringen.

Ganztagsschule bietet so viele Chancen für Kinder, für Lehrer und für die Gesellschaft. Dort ist mehr Zeit zum Lernen, weniger Stress, mehr individuelle Förderung, mehr Integration und mehr Bildungsgerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD)