Die Weltmarktorientierung der Großmolkereien und die damit verbundenen Milchpreise sind Entwicklungen, die auf Kosten der Milcherzeuger gehen. Die exportorientierte bayerische Milchproduktion ist im Übrigen ersetzbar. Große Milchkonzerne wie "Fonterra", "Nestlé", "Arla Foods" und selbst die Müller-Gruppe haben begonnen, in China Megaställe aufzubauen. Irgendwann wird China seinen gesamten Milchbedarf selbst produzieren. Dann wird auch dieser Exportmarkt weg sein.
Ich hatte ebenfalls das Vergnügen, bei der Jahreshauptversammlung des Bayerischen Bauernverbandes dabei zu sein. Die Lösungen von Phil Hogan sind für die bayerischen Bauern nicht geeignet. Er hatte nur zwei Lösungen parat: Die erste Lösung waren verbilligte Kredite. Das ist ganz wichtig. Die zweite Lösung war eine Restrukturierung der Milchwirtschaft in Europa, um mit Neuseeland in den Wettbewerb treten zu können, so Phil Hogan wortwörtlich.
Bayern und Neuseeland? – Das kann nicht gut gehen. In Bayern herrschen doch andere klimatische Verhältnisse und andere geografische Bedingungen. Warum soll das eigentlich gut gehen? Warum soll die Landwirtschaft auf Biegen und Brechen nivelliert und vereinheitlicht werden? Wem dient das denn? – Den Erzeugern ganz sicher nicht, und auch nicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Eine Vereinheitlichung der Produktion führt zu einer Vereinheitlichung des Nahrungsangebotes. McDonald’s lässt grüßen.
Unsere Gesellschaft verändert sich. Immer mehr Menschen begreifen, welch schönes und wichtiges Kulturgut wir verlieren, wenn wir die Landwirtschaft gnadenlos und ausschließlich der Betriebswirtschaft unterwerfen. Wir können das tun; das ist unsere Entscheidung. Dann müssen wir aber auch so ehrlich sein und allen bayerischen Milchviehbetrieben sagen: Sperrt‘s einfach zu! Hört’s doch auf! - Die industrielle Landwirtschaft in Neuseeland, Australien und den Vereinigten Staaten wird immer günstiger produzieren als ein Milchviehbetrieb im Voralpenland. Aber genau dieser Milchviehbetrieb im bayerischen Voralpenland schenkt uns sehr viel mehr. Er schenkt uns eine schöne Kulturlandschaft, schützt die Ressourcen und geht sorgsam mit der Natur, dem Boden und den Tieren um. Darum kümmern sich unsere Bäuerinnen und Bauern.
Bayerische Bauern brauchen keinen Phil Hogan und keinen Christian Schmidt. Bayerische Bauern brauchen eine konsequente Umsteuerung auf nachhaltige
Danke schön, Frau Kollegin. – Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Mir liegt noch der Wunsch nach einer Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Steiner vor.
Frau Kollegin, ich habe einmal mehr den Eindruck gewonnen, dass Sie überhaupt nicht wissen, worüber Sie eigentlich reden.
Sie haben die Vermarktungsstrategie gelobt. Ich will das an einem Beispiel festmachen: Die Vermarktungsstrategie der Pidinger Milchwerke ist wirklich grandios, da gebe ich Ihnen recht. Aber wann kapieren, wann verstehen Sie es endlich, dass Piding in 18 Länder der Welt exportiert? - Ich habe Ihnen das schon zwanzigmal gesagt. "Bergader" exportiert in 35 Länder der Welt. Die kleinbäuerliche landwirtschaftliche Struktur, die Sie richtigerweise schildern, und der Milchpreis sind nur mit dem Export zu halten. Wir brauchen eine Kombination aus Regionalität und Export von hochwertigen Nahrungsmitteln und Milchprodukten. Wann verstehen Sie endlich dieses System?
Sie sprechen die ganze Zeit gegen den Export und gegen Exportstrategien. Das ist doch Unsinn, was Sie hier erzählen.
Herr Kollege Steiner, es ist sicherlich kein Unsinn, wenn man anderer Meinung ist. – Bitte schön, Frau Sengl.
Danke schön, Frau Kollegin Sengl. – Nun hat sich noch Herr Staatsminister Brunner zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst freue ich mich, dass sich alle Parteien im Hohen Hause darüber Gedanken machen, wie wir die Existenz unserer Milchbauern sichern können und wie wir den Milchpreis wieder in die Höhe
bringen. Auch ich teile die Sorgen, die hier formuliert worden sind. Wir alle wissen aber auch, dass es in einer Sozialen Marktwirtschaft nicht einfach ist. Deswegen sollten wir bei diesem Thema differenziert diskutieren und vorgehen. Zunächst stellt sich die Frage, welche Weichenstellungen und Begleitmaßnahmen vonseiten der Politik beschlossen werden können. Welche Maßnahmen können wir zur Markterschließung im Hinblick auf den Binnenmarkt und den Export ergreifen, und was können wir möglicherweise in der Wertschöpfungskette optimieren?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Milchpreis ist das eine, die Produktionskosten sind das andere. Interessant ist der Unterschied zwischen dem Produktionspreis, den Produktionskosten, und dem Produktpreis. Diesbezüglich gibt es bei den verschiedenen Betrieben noch Optimierungsmöglichkeiten. Die Bildung, die Beratung und die Weiterbildung spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle. Im Hinblick auf die Preisgestaltung ist es richtig, dass wir einen im Durchschnitt um 3 Cent höheren Preis haben als in Norddeutschland oder im übrigen Deutschland. Das ist unter anderem unserem hohen Veredelungsgrad zu verdanken. Außerdem besetzen wir Nischen, stellen Spezialitäten her und bieten Premiumprodukte an. Diese Strategie ist von Erfolg gekrönt. Ich möchte hier sowohl die Milcherzeuger als auch die Verarbeiter, nämlich unsere Molkereien, positiv erwähnen.
- Danke, Frau Präsidentin. – Wir haben in Bayern einen überdurchschnittlichen Preis, der aber hinsichtlich der Produktionskosten trotzdem unbefriedigend ist.
Ich gehe jetzt nicht mehr auf das ein, was bereits gesagt worden ist, sondern möchte Sie nur noch über die neuesten Entwicklungen informieren. Ja, wir haben bei der Agrarministerkonferenz in Fulda zum Maßnahmenkatalog einen einstimmigen Beschluss gefasst. Ich behaupte in aller Bescheidenheit: Ohne Bayern wäre dieser Beschluss nicht zustande gekommen. Dieser Beschluss reicht von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, die einen höheren Zuschuss erhält, bis hin zu Liquiditätsprogrammen und zu Maßnahmen der Marktentlastung. Bayern hat dabei vorgeschlagen, kurzfristig Mengen aus dem Markt zu nehmen und die Produkte in die private Lagerhaltung oder in die zentrale Lagerhaltung zu überführen, um den Markt zu entlasten.
Diese vorhin angesprochene Arbeitsgruppe hat inzwischen auch getagt. Das heißt, alle 16 Bundesländer und der Bund setzen sich zusammen und versuchen, einen Fragenkatalog zu erarbeiten. Wir überlegen,
wie wir neben den begleitenden Stützungsmaßnahmen auch marktregulierende Instrumente realistisch umsetzen können. Es geht nicht um eine erneute Quoteneinführung. Da sind sich alle einig. Fakt ist, dass wir momentan erheblich mehr auf dem Markt haben, als verbraucht wird. Dafür gibt es verschiedene Gründe, vom Russlandembargo über die wirtschaftliche Schwäche Chinas bis hin zur Mehrproduktion in Australien. Fakt ist: Wir können eben nicht vom Binnenmarkt alleine leben. Bayern hat einen Selbstversorgungsgrad bei Milch von 174 % und bei Käse von 330 %. Das ist Fakt. Nun versucht also dieses Gremium, einen Fragenkatalog zu erarbeiten, den Berlin dann nach Brüssel weitergibt. Man kann sich Versicherungslösungen vorstellen, Molkereimaßnahmen oder eben auch eine kurzfristige Reduzierung der Menge. Brüssel wird dann prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, ob das politisch durchsetzbar ist, ob es finanzierbar ist und so weiter.
Diese Arbeitsgruppe hat vorgestern auch etwas vorgeschlagen, was ich schon seit Monaten tue, nämlich den Interventionspreis anzuheben, damit der Milchpreis nicht auf 21,5 Cent absinkt, bis er dann gestützt wird. Ich habe immer vorgeschlagen, dass der Preis bei mindestens 25 Cent liegen soll. Ich denke, auch das ist ein wichtiger Mosaikstein.
Insgesamt gesehen sollten wir aber noch einmal an die gesamte Wertschöpfungskette appellieren. Wenn wir nachhaltige und ganzheitliche Lösungsansätze dauerhaft verankern wollen, dann müssen wir auch den Verbraucher einbinden. Wir müssen ihn von der besonderen Qualität der Produkte überzeugen, die wir hier in Bayern erzeugen. Die Frische, die kurzen Transportwege, die Nähe, die hohe Qualität, das alles sind Vorteile für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir können nur an die Verbraucher appellieren, heimische Ware zu kaufen und den etwaigen Kostenaufwand für die Produktion mit einem vernünftigen Preis zu entgelten. 11% seines Einkommens für Nahrungsmittel auszugeben reicht vermutlich dauerhaft nicht aus, meine Damen und Herren, um unsere kleinteilige Landwirtschaft dauerhaft zu stützen und wettbewerbsfähig zu halten.
Dennoch bin ich stolz darauf, dass quasi jeder zweite Milcherzeuger Deutschlands in Bayern angesiedelt ist, in Bayern produziert. Mit unseren Förderprogrammen, mit der Ausgleichszulage, dem Kulap, der Investitionsförderung unterstützen wir unsere Betriebe besser als irgendwo anders in Deutschland. In diesem Sinne hoffe ich, auch wenn ich den Silberstreifen am Horizont noch nicht erkennen kann, dass wir wenigstens im Laufe des nächsten Jahres, vielleicht des ersten Halbjahres, wieder eine Verbesserung der Markt
In diesem Sinne bedanke ich mich beim Parlament für die allgemeine Unterstützung. In den Detailfragen werden wir uns nicht immer einig sein. Wir versuchen aber, diese Meinungsvielfalt auch bei der Agrarministerkonferenz zu kanalisieren und zu bündeln. Ich denke, Bayern ist dabei immer seiner Verantwortung nachgekommen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt beide Anträge zur Ablehnung. Da für den Antrag der FREIEN WÄHLER namentliche Abstimmung beantrag worden ist, lasse ich zunächst über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion abstimmen, und zwar in einfacher Form.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/8095 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir führen nun die namentliche Abstimmung zum Antrag der FREIEN WÄHLER durch. Das ist die Drucksache 17/7784. Die Urnen sind bereitgestellt. Sie haben fünf Minuten.
Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Ich bitte, wieder die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Implementierung einer Koordinierungsstelle "Queer" in Bayern (Drs. 17/6817)
Bitte nehmen Sie die Plätze wieder ein, damit wir die Aussprache beginnen können. Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Stamm. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Bayern gibt es einen Beauftragten für die Pflege, es gibt einen Beauftragten für die Integration. Dieser ist gerade aufgewertet worden; das ist ganz in unserem Sinne. Es gibt auch eine Beauftragte für die Gleichstellung von Mann und Frau. Es gibt sogar eine Beauftragte für die Landesbank, wie ich vor Kurzem mitbekommen habe.
Für eine Gruppe aber gibt es nichts, null Komma null. In Bayern gibt es nicht einmal einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin in der Staatsverwaltung. Beim Thema queere Lebensweisen verlassen wir uns ganz auf die Kommunen beziehungsweise auf die großen Städte oder auf das ehrenamtliche Engagement. Mal wieder. Vorbildlich hingegen sind die Städte München und Nürnberg. Das ist von Herrn Kollegen Huber auch lobend im Ausschuss erwähnt worden. In München gibt es eine große Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, und das ist auch gut so. Aber die kleinen Städte und die noch kleineren Orte haben gar nichts. Deswegen muss es auf staatlicher Seite eine Stelle geben, an die sich die kleineren Orte wenden können, wenn sie Fragen haben und wo sie Informationen abrufen können.
Eine solche Stelle wäre übrigens eine staatliche Aufgabe. Wir haben heute schon darüber geredet, was staatliche Aufgaben sind und was nicht. Wir haben beim Haushalt länger darüber diskutiert, was staatliche Aufgaben sind. Im Moment wird die staatliche Aufgabe wieder auf Kosten kommunaler Mittel erfüllt. Das haben Sie auch zugegeben. Sie haben gesagt, dass es in München und in Nürnberg solche Stellen gibt, und dass die Leute dann nach München oder nach Nürnberg fahren sollen.
Im Ausschuss sagte ein Vertreter des Sozialministeriums bei der Beratung des Antrags, Sexualität sei doch eine Privatsache, das gehe überhaupt niemanden etwas an. Dem kann ich erst einmal zustimmen,
aber nur dann, wenn niemand aufgrund seiner Sexualität diskriminiert wird. Leider ist es aber sehr anders. Es gibt eine ganz frische Studie des Deutschen Jugendinstituts. Zum Glück gibt es endlich eine Studie, denn bisher war die Datenlage sehr mau. Dabei ist herausgekommen, dass knapp 55 % der Betroffenen sagen, sie seien beschimpft, beleidigt oder lächerlich gemacht worden. 34 % sagen immerhin, sie seien ausgegrenzt worden, weil sie schwul, lesbisch, bisexuell oder transsexuell seien. 12 % haben gesagt, ihnen sei Gewalt angedroht worden, ihnen seien Sachen weggenommen oder zerstört worden. Bei diesen Zahlen können Sie doch nicht sagen, Sexualität sei Privatsache.