Protocol of the Session on December 9, 2015

Wir haben eine Anhörung gehabt. Kempten zum Beispiel hat gemeldet, dass bürokratische Hindernisse da seien. Das darf nicht gemeldet werden, wenn es um eine Bündelungsabsicht geht und die landwirtschaftliche Verwaltung Schwierigkeiten macht. Hier besteht dringender Klärungsbedarf, aber auch das Bedürfnis nach Transparenz und Fürsorge von staatlicher Seite, das in diesem Zusammenhang zu betrachten.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu sehen, dass die landwirtschaftliche Verwaltung viel zu kurz kommt und immer noch unter dem Abbau leidet.

Heute Morgen habe ich von der Kollegin Stamm gehört, dass die landwirtschaftliche Verwaltung möglicherweise im Hinblick auf andere Bereiche einzusparen sei. Orientieren Sie sich mal in eine Richtung. Mit der Anbindehaltung ist es genau dasselbe. Sie haben versucht, die ganzjährige Anbindehaltung über Hessen verbieten zu lassen. Das ist die CDU. Was hörten wir? Anfang Dezember ist von Niedersachsen aus ein Stopp zu diesem Thema verfügt worden. Niedersachsen ist rot-grün. Ich kann Sie nur bitten: Wirken Sie auf eine einheitliche Positionierung bei Ihren Kollegin

nen und Kollegen hin, in diesem Zusammenhang auch bei den Kollegen von der CDU/CSU. Was die Hessen zu verbieten versuchen, wollen die anderen in diesem Zusammenhang nicht. Da kann man durchaus mal darauf achten, auf der Grünen Woche nicht nur gemeinsam zu feiern, sondern auch thematische Gemeinsamkeiten zu finden, um im Sinne der bayerischen, aber auch der deutschen Milchwirtschaft aufzutreten. Wir haben in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, auf die Erleichterung und Ermöglichung freiwilliger Mengenreduzierungen hinzuwirken. Das muss sein. Das geht auch durch Reduktion der Milchproduktion in Betrieben durch Verringerung des Kraftfuttereinsatzes. Solche Möglichkeiten bestehen.

Niemand will vorschreiben, was Sache ist, aber gleichzeitig will niemand dann, wenn alle Instrumente versagen, ein Insolvenzverfahren einleiten oder die Kleinteiligkeit der bayerischen Landwirtschaft beklagen und sagen, das hätte man anders machen können. Deswegen bitte ich um Zustimmung für beide Anträge. In diesem Sinne wünsche ich noch einen angenehmen Abend.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Arnold. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Schöffel. – Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Ihnen, lieber Kollege Arnold: Das war ein kläglicher Versuch, uns in die Nähe eines Verbotes der Anbindehaltung zu stellen. Sie wissen genau, dass die CSU-Fraktion, unser Staatsminister Brunner und die Bayerische Staatsregierung diese Ansinnen aus anderen Bundesländern immer konsequent abgelehnt haben. So brauchen wir uns hier eigentlich nicht zu unterhalten.

(Beifall bei der CSU – Horst Arnold (SPD): Mit Ihren Leuten!)

Es ist völlig klar, dass der Milchpreis derzeit ungenügend ist, zu niedrig ist. Ich darf darauf hinweisen, dass in Bayern immer noch mehr ausbezahlt wird als in Norddeutschland; aber es ist zweifellos so, dass derzeit kein oder fast kein Deckungsbeitrag erwirtschaftet wird. Gerade für Betriebe mit ungünstiger Kostenstruktur liegt eine sehr schwierige, in Einzelfällen existenzgefährdende Situation vor.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes hat heute darauf hingewiesen, dass für die Milchwirtschaft in Deutschland in diesem Wirtschaftsjahr ein Rückgang der Ergebnisse um im Durchschnitt 44 % zu beklagen ist. Das ist natürlich ein gewaltiger Betrag. Die Ursachen sind bekannt. Wir hatten in diesem Jahr in

der EU in den ersten acht Monaten eine steigende Milchmenge von 1,2 %. Wir haben Schwächen oder eine Stagnation beim Export. Wir haben das Russlandembargo, das vor allem beim Käseexport schwer zu Buche schlägt. Wir haben in China festzustellen, dass Vollmilchpulver nicht mehr in dem Umfang eingeführt wird, wie wir das schon hatten.

Trotzdem – das wird im nächsten Redebeitrag eine Hauptrolle spielen – ist der Export für unsere Milchwirtschaft in Bayern und in Deutschland von größter Bedeutung. Er sichert die Strukturen in der bayerischen Milchproduktion und in der bayerischen Milchwirtschaft. Ohne den Export könnten wir nicht doppelt so viel produzieren, wie wir in Bayern verbrauchen. Man kann viele Beispiele aufführen: Die Molkerei Berchtesgadener Land exportiert unter anderem nach Afghanistan. Die Käserei Bergader liefert neuerdings nach Brasilien. Die Arla-Gruppe hat heute bekanntgegeben, dass sie ihr weiteres Wachstum zu über der Hälfte außerhalb der EU ermöglichen und entwickeln wird. Daraus kann man ganz klar ableiten, dass auch die kleinbäuerlichen Strukturen der Bergbauern und bayerischen Landwirte von diesen weltweiten Märkten profitieren.

Das wichtigste Ziel, das wir derzeit haben müssen, ist, neue Märkte zu erschließen und Exportbarrieren abzubauen. Da gibt es viele Ideen, dafür solle in Brüssel aus der Superabgabe Geld zur Verfügung stehen. Die Politik ist auf allen Ebenen, insbesondere auf Bundesund Europaebene, gefordert, Handelsbarrieren zu überwinden, die vor allem im phytosanitären Bereich liegen. Auf diesem Gebiet müssen wir beim Export etwas vorankommen.

Herr Ministerpräsident und Vertreter der Staatsregierung, es ist großartig und ein wichtiges Zeichen, dass man die Gespräche mit Russland nicht abreißen lässt und versucht, dort für den Milchsektor eine politische Lösung zu finden.

(Beifall bei der CSU)

Was wird in Brüssel vor allem angegangen? – Es sind die Finanzierung der privaten Lagerhaltung zur Marktentlastung und ein Liquiditätsprogramm für die landwirtschaftlichen Betriebe. Letzteres wurde umgesetzt und läuft bereits. Alle Betriebe, die ein Liquiditätsdarlehen aufgenommen haben, können mit einem Zuschuss von bis zu 10.000 Euro rechnen. Das hilft im Einzelfall gerade bäuerlichen Betrieben sehr.

Herr Staatsminister Brunner, es war unser Ansatz: Es war Ihr Ansatz, und es war der bayerische Ansatz, dass man von maximal 10.000 Euro spricht. Das ist kein Finanzierungsprogramm für ostdeutsche Großbetriebe, sondern ein Programm für die bäuerliche

Landwirtschaft in Deutschland. Dass dieses Programm so gestaltet wurde, ist das Verdienst der CSU.

(Beifall bei der CSU)

Wir starten in unserem Land aber auch für die regionale Vermarktung und zu deren Stärkung viele Initiativen. Das sind die Investitionsförderung VuVregio, das Marktstrukturprogramm, unser Bayerisches Biosiegel, unsere Initiative "BioRegio Bayern 2020", "Geprüfte Qualität - Bayern", die Unterstützung von Wochenund Bauernmärkten, die Homepage www.milchpreis.de und vieles andere mehr. Wir haben den Wochenmarkt und den Weltmarkt im Blick. Nur so können wir unsere Strukturen weiterentwickeln und erhalten.

(Beifall bei der CSU)

Aber es geht noch um andere, ganz konkrete Hilfen für die Landwirtschaft in dieser schwierigen Situation. Die CSU hat sich auf allen Ebenen dafür eingesetzt, dass der Bundeszuschuss für die landwirtschaftliche Unfallversicherung im Jahr 2016 um zusätzlich 78 Millionen Euro erhöht wird. Das bedeutet für Bayerns Bauern 20 bis 25 Millionen Euro.

Das Landwirtschaftsministerium arbeitet mit Hochdruck daran, alle Prämien und die Ausgleichszulage so schnell wie möglich auszuzahlen und einen Teil der KULAP-Gelder sowie die Direktzahlungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro noch vor Weihnachten dieses Jahres auszubezahlen. 90 % der Mittel werden in diesem Jahr ausbezahlt. Das ist in einem Jahr, in dem alles umgestellt und neu berechnet werden muss, eine große Leistung. Auch auf die Förderung der ersten Hektare, die wir durchgesetzt haben, möchte ich an dieser Stelle noch hinweisen. Wir lassen unsere Bauern und Bäuerinnen nicht im Stich, sondern tun alles, was wir tun können, damit eine schwierige Liquiditätssituation überwunden werden kann.

Die Bündelung wird derzeit aktiv vorangetrieben; denn diese ist wichtig. Die Rahmenbedingungen sind dafür bereits gut eingerichtet: Wir haben in Bayern die "Bayern MeG", die "Milchplattform e. V.". Das sind zwei leistungsfähige Organisationseinheiten. Die Bündelungsgrenze, die uns die Europäische Union vorschreibt, liegt in Deutschland bei 5,3 Millionen Tonnen. Die nichtgenossenschaftlich gebündelte Menge liegt in Deutschland bei 10 Millionen Tonnen. Das heißt, wenn man die Bündelung massiv vorantreiben wollte, könnte man deutschlandweit in zwei Organisationen bündeln. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Natürlich liegt es ein Stück weit an den Milcherzeugergemeinschaften, an der Landwirtschaft und den Verantwortlichen, sich stärker zusammenzuschließen und zu kooperieren. Wir erwarten von die

ser Bündelung einiges. Aber man sollte sich davon nicht zu viel erwarten. Das Landwirtschaftsministerium unterstützt überall dort, wo es Probleme gibt. Eines muss man an dieser Stelle auch einmal sagen: Unser großes Plus sind die Vielfalt an Produkten, unsere professionellen Abnehmer, die großen und kleinen Molkereien, die mit ihren vielfältigen Absatzwegen die Möglichkeit bieten, dass in Bayern für die Milch mehr bezahlt werden kann und die Produkte weltweit abgesetzt werden können.

Zum Thema Mengensteuerung will ich nicht mehr viel sagen. Die Agrarminister haben den Prüfauftrag gestellt. Fachleute auf deutscher und europäischer Ebene werden sich weiterhin damit befassen. Ich nehme zur Kenntnis, dass sowohl das Thünen-Institut als auch das Kieler Institut für Landwirtschaftsökologie dazu viele Fragen gestellt haben und im Ergebnis dazu kommen, dass es so nicht umsetzbar ist.

In Ihrem Antrag sprechen Sie von einer branchenfinanzierten, kurzfristigen und freiwilligen Reduktion der Milcherzeugung. Ich möchte nicht bewerten, wie realistisch das ist. Auf jeden Fall ist es kein Lösungsansatz für die derzeit schwierige Situation unserer Bauern. Aber wir werden hören, was die Fachleute nach eingehender Prüfung dazu sagen werden. Phil Hogan hat in der letzten Woche auf der Sitzung des Bayerischen Bauernverbandes in Herrsching deutlich gemacht, dass er bei einer Weiterführung der Quote oder einer Mengensteuerung nicht dabei ist. Bayern hat sich immer für die Quote ausgesprochen. Man muss auf jeden Fall auf EU-Ebene einiges im Auge behalten, zum Beispiel die niederländischen Milchviehhalter; denn man sieht, dass es verschiedene Probleme, etwa Umweltprobleme, jetzt schon gibt.

Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit.

Wir lehnen Ihre Anträge ab und fordern Sie auf, an allen Stellen dafür zu sorgen, dass die deutschen und bayerischen Bauern nicht mit neuen bürokratischen Hürden und neuen Kosten überzogen werden. Ich denke dabei nur an die Düngeverordnung.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Fordern Sie daher auch Ihre Bundesumweltministerin auf, Kostensteigerungen und Bürokratismus für die Bäuerinnen und Bauern abzuwenden.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Danke schön, Herr Schöffel. Können Sie bitte zurückkommen; denn wir haben noch eine Zwischenbemerkung. Sie haben es jetzt tatsächlich geschafft, Herrn Herz beim Überziehen der Redezeit zu übertreffen. Ich bitte die anderen, sich kein Beispiel daran zu nehmen. Auch hätte ich noch eine weitere Bitte: Drücken Sie die Knöpfchen an den Mikrofonen, wenn Sie sich zu Zwischenbemerkungen melden, weil wir – auch der Redner – dann Ihre Meldungen sehen. Dann finde ich auch das Mikrofon besser, das ich für die Zwischenbemerkung von Herrn Herz gleich freischalte; bitte schön.

Herr Kollege Schöffel, erstens haben Sie die 500 Millionen Euro und die jetzt bestehende Möglichkeit der Darlehen angesprochen. Soweit, nicht so gut; denn zum einen sind 500 Millionen Euro für ganz Europa ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum anderen sind die Landwirte angehalten, 900 Millionen Euro aus der Superabgabe abzugeben. Das sind also im Endeffekt Gelder von Landwirten für Landwirte. Es muss uns klar sein, dass es das im nächsten Jahr nicht mehr geben wird. Wie stehen Sie dazu? Stimmen Sie der Aussage zu, dass dies eine fragwürdige Finanzierung ist?

Zweitens. Herr Minister Brunner hat in verschiedenen Statements die Prüfung dieser kurzfristigen Mengenreduzierung empfohlen. Sie haben dies erneut abgelehnt. Wollen Sie heute Ihren Minister wirklich bloßstellen?

Bitte schön, Herr Schöffel.

Herr Kollege Herz, ich kann nur wiederholen: Nach meinen neuesten Zahlen stehen aus der Superabgabe 818 Millionen Euro zur Verfügung, die für den Milchsektor eingesetzt werden müssen. Derzeit haben wir eine schwierige Situation. Man muss also prüfen, wie man zum einen die Liquidität der Betriebe erhält, zum anderen aber auch Märkte entwickelt. Wie die Situation im nächsten und im übernächsten Jahr aussieht, können wir heute noch nicht sagen. Darüber wurde bereits viel spekuliert. In der ersten Säule und in der gemeinsamen Agrarpolitik ist vorgesehen, dass man auf besondere Krisen besonders reagiert.

Was die Mengensteuerung anbelangt, kann ich nur nochmals darauf hinweisen, dass von den deutschen Agrarministern ein Prüfantrag gestellt wurde. Dieser Antrag wird in einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern behandelt werden. Dabei werden alle Probleme und aufgeworfenen Fragen behandelt. Dann werden vielleicht auch Sie sich damit intensiv beschäftigen. Ich habe dies für mich bereits getan und komme

dazu, dass man da verschiedene Fragen aufzuwerfen hat. In der jetzigen Krisensituation braucht es andere Mittel, um den Markt schnell entlasten und neue Märkte entwickeln zu können. Ich gehe davon aus, dass dies auch im nächsten Jahr für unsere Milchwirtschaft einiges an guten Perspektiven ergeben wird.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Schöffel. Unsere nächste Rednerin ist Frau Kollegin Sengl. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen den beiden Anträgen zu; aber die Lösung in der Milchkrise muss viel grundsätzlicher gedacht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

"Milch aus Bayern" könnte eigentlich das Markenprodukt werden, gekoppelt mit Weidehaltung, hervorragender Qualität und gentechnikfreiem Futter. "Bayern" ist in vielen Bereichen ein hervorragender Markenname, nur nicht bei der Milch und auch nicht bei den Eiern. Für die Milchkrise gibt es eine Lösung, nämlich gutes Geld für ein gutes Produkt. Die "Milchwerke Berchtesgadener Land" machen es vor. Wenn wir uns die Milchauszahlungstabelle ansehen, dann sticht ein Balken hervor, nämlich die 38 Cent, die die "Milchwerke Berchtesgadener Land" für die konventionelle Milch aus dem Voralpenland mit gentechnikfreier Fütterung ausbezahlen.

Es geht also, wenn man will und wenn man sich eine Vermarktungsstrategie überlegt, die für beide Seiten funktioniert. Bei der Biomilch funktioniert diese Vermarktungsstrategie noch besser. Der Biomilch-Auszahlungspreis ist im Gegensatz zum konventionellen Milchpreis stabil geblieben; denn dieser ist seit dem Vorjahr im Durchschnitt um 7 Cent zurückgegangen. Ökologisch, regional und fair – so muss die Landwirtschaft der Zukunft sein, wenn wir alle noch eine Zukunft haben wollen. Schließlich geht es auch um die Wertschätzung von Lebensmitteln. Werden die Lebensmittel wertgeschätzt, dann werden auch die Menschen wertgeschätzt, die in der Lebensmittelerzeugung arbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist der Grundstock unserer Gesellschaft. Die Landwirtschaft sollte nicht nur Rohstofflieferant für billige Industrieprodukte sein. Das ist eine Degradierung der Landwirtschaft. Eine Exportoffensive, wie sie der Bundeslandwirtschaftsminister anpreist, ist keine dauerhafte Lösung. Sie hilft nur der Agrarindustrie, aber sicher keinem bayerischen Milcherzeuger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Weltmarktorientierung der Großmolkereien und die damit verbundenen Milchpreise sind Entwicklungen, die auf Kosten der Milcherzeuger gehen. Die exportorientierte bayerische Milchproduktion ist im Übrigen ersetzbar. Große Milchkonzerne wie "Fonterra", "Nestlé", "Arla Foods" und selbst die Müller-Gruppe haben begonnen, in China Megaställe aufzubauen. Irgendwann wird China seinen gesamten Milchbedarf selbst produzieren. Dann wird auch dieser Exportmarkt weg sein.