Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte für mein Haus nur ganz kurz das klare Bekenntnis abgeben, dass wir die Umsetzung des Projekts "Bayern barrierefrei 2023" anstreben. Das möchte ich deutlich sagen. Ich möchte die Punkte, die bereits an dieser Stelle von meinen Vorrednern angesprochen worden sind, unterstreichen. Diese Punkte wurden von Herrn Kollegen Rotter, Herrn Kollegen Huber und Frau Ministerin Müller genannt. Ich möchte jetzt nur noch einmal einige Fakten herausgreifen.
Zunächst zu den Fördermöglichkeiten: Mit dem "Bayern-Paket 2013 - 2018" wurden 60 Millionen Euro für den Ausbau der Bahnhöfe bereitgestellt. Das ist eigentlich eine Bundesaufgabe, die jedoch vom Freistaat Bayern finanziert wird. Ich sage das noch einmal so deutlich, weil die Höhe der eingesetzten Finanzmittel kritisiert wurde. Im Jahr 2016 wird ein neues Konzept zur Fortführung des "Bayern-Pakets 2013 - 2018" ausgearbeitet.
Für das Bundesprogramm für kleine Bahnhöfe wird eine Million Euro an Kofinanzierungsmitteln zur Verfügung gestellt. Bayern steigt hier massiv ein. An Planungsmitteln werden 3 Millionen Euro vorfinanziert. Aus dem bayerischen Budget für den ÖPNV werden 30 Millionen Euro pro Jahr für die Förderung von barrierefreien Bussen zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, die Anschaffung von 400 barrierefreien Bussen wird gefördert.
Im Doppelhaushalt 2015/2016 werden 57,5 Millionen Euro für die staatlichen Liegenschaften zusätzlich zum gesamten Paket der Städtebauförderung und der Wohnraumförderung zur Verfügung gestellt. Damit werden die Grundlagen für die Schaffung der Barrierefreiheit gelegt. Hinzu kommt das Kommunalinvestitionsfördergesetz, das Fördermöglichkeiten für finanzschwache Kommunen bis zu 90 % und insgesamt Mittel in Höhe von rund 290 Millionen Euro allein für den Freistaat Bayern bietet. Meine Damen und Herren, hinzukommen all die Maßnahmen für die Mobilität. Das bedeutet, beim Straßenbau und beim Bau
Mit dem Entflechtungsgesetz werden last but not least auch noch die Busbahnhöfe gefördert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nur eine Zahl wiederholen: Im Doppelhaushalt 2015/2016 wendet Bayern für die Barrierefreiheit hinsichtlich der Mobilität, in der Bildung und in staatlichen Gebäuden 205 Millionen Euro auf.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einen letzten Satz anfügen: Bei den staatlichen Gebäuden, sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen, wird grundsätzlich auf die Barrierefreiheit geachtet. Zwischenzeitlich haben wir ein Qualitätssicherungsverfahren, bei dem alle Maßnahmen auf die Umsetzung der Barrierefreiheit geprüft werden. Wir haben den Gebäudebestand registriert, insgesamt 3.150 öffentlich zugängliche Gebäude. Ich sage ganz offen und deutlich: Wir haben bei etwa 70 % dieser Gebäude Defizite festgestellt. Wir müssen deshalb gemeinsam bestrebt sein, in diesem Bereich vorwärtszukommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, an diesen Fakten, die ich gerafft vorzutragen versucht habe, sehen Sie, dass wir auf einem wirklich sehr guten Weg sind. Deshalb darf ich für mein Haus darum bitten, die als Tagesordnungspunkte 9, 10, 11, 12, 14 und 15 aufgerufenen Anträge abzulehnen; denn diese Anträge sind nicht zielführend oder zum Teil bereits umgesetzt. – Ich bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Besteht damit Einverständnis, dass wir über die Anträge der Tagesordnungspunkte 9 bis 17 insgesamt abstimmen und der Abstimmung die Voten der jeweils federführenden Ausschüsse zugrunde legen: des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration, des Ausschusses für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie sowie des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen?
Ich sehe keinen Widerspruch. Dann machen wir das so, und ich lasse so abstimmen. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion in den jeweils vorgenannten federführenden Ausschüssen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU, die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es
Ich lasse nun über den Tagesordnungspunkt 18, das ist der Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/7768, abstimmen. Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen sind bereitgestellt. Ich eröffne die Abstimmung. Sie haben fünf Minuten Zeit.
Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.
Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen. Während Sie das tun, habe ich noch eine erfreuliche Pflicht zu erfüllen. Der Kollege ist jetzt leider nicht da, aber ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, ihm das auszurichten. Ich darf nämlich noch einen Glückwunsch aussprechen. Am 21. November feierte der Herr Kollege Thorsten Glauber einen halbrunden Geburtstag. Im Namen des gesamten Hauses und persönlich wünsche ich ihm alles Gute und viel Erfolg für seine weitere parlamentarische Arbeit. Vielleicht ist er ja heute Abend noch am Feiern. Bitte richten Sie es ihm aus.
Auch zu diesem Tagesordnungspunkt ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat sich mit der Eingabe in seiner 39. Sitzung am 11. November 2015 befasst.
Er hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären mit der Maßgabe, dass sich die Petenten bei der zuständigen Ausländerbehörde über Rückkehrprogramme beraten lassen.
- Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas Ruhe. Es ist der letzte Tagesordnungspunkt. Es wird nicht mehr so lange dauern. – Laut dem Beschluss waren den Petenten die Stellungnahme der Staatsregierung
und ein Protokollauszug zu übersenden. – Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Der erste Redner ist der Kollege Stümpfig. – Bitte schön, Herr Stümpfig.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Fall der Petition Sanela und Aleksandra Redzepovic heute ins Plenum eingebracht, weil es sich um einen ganz besonderen Einzelfall handelt, der nach unserer Meinung auch als Einzelfall gewürdigt und entsprechend betrachtet werden muss. Das ist nach unserer Einschätzung im Petitionsausschuss nicht erfolgt. Erst in der letzten Plenarsitzung – Sie erinnern sich – hat Innenminister Herrmann wiederholt, dass stets Einzelfälle betrachtet werden. Einen Tag zuvor hat die CSU im Petitionsausschuss mit ihrer Mehrheit den Fall der Familie Redzepovic hauptsächlich mit der Begründung abgelehnt, es sollten keine Präzedenzfälle entstehen. Deshalb fragen wir uns: Was gilt denn nun?
Bevor ich aber den Fall genauer schildere, möchte ich eine Zahl in Erinnerung rufen. Im Oktober dieses Jahres sind 4.882 Menschen aus dem Westbalkan zu uns gekommen. Das sind genau 2,69 % der im Oktober eingereisten Flüchtlinge. Ich bitte, das im Hinterkopf zu behalten, wenn wir jetzt über Flüchtlinge aus dem Westbalkan sprechen.
Sanela Redzepovic hat fünf Kinder. Sie stammt aus dem Süden von Serbien, aus Vranje, einer Stadt an der Grenze zu Mazedonien. Sie gehört zu der Minderheit der Roma. Das ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig. Sie ist 32 Jahre alt. Sie hat ihren Mann verlassen, weil er mehrfach gegen sie gewalttätig wurde. Sie wurde im Jahr 2014 von drei Männern mehrfach besucht, die sich anfangs als Behördenvertreter ausgaben, sie misshandelten, regelmäßig zu ihr kamen und sie mehrfach vergewaltigten. Ihr jüngster Sohn, der jetzt im Juni in Scheinfeld geboren worden ist, ging aus einer dieser Vergewaltigungen hervor. Sie kann keine Hilfe von der Polizei in Serbien erwarten. Eine Aussage des Polizisten lautete, Roma-Frauen seien sowieso alle Prostituierte. Klar ist, dass Frau Redzepovic nicht mehr in ihre Heimatstadt zurück
Es ist aber noch nicht genug mit dem, was der Mutter zugestoßen ist. Die zehnjährige Tochter Aleksandra wurde krank. Ihr wurde letztes Jahr mehrfach schwindelig. Sie fiel in der Schule in Ohnmacht. Man stellte Kinderdiabetes fest, Diabetes mellitus Typ 1, eine besonders komplizierte Form, die sehr schwierig zu behandeln ist. Es gibt bei uns in Deutschland nur wenige Diabetologen, die die Zulassung haben, Kinder diesbezüglich zu behandeln. Ganz klar ist: Sie müssen ständig kontrolliert werden. Sie müssen engmaschig betreut werden. Auch in Deutschland gibt es dafür nur wenige Spezialisten. Die Familie konnte in Fürth einen Spezialisten finden. Sie wird engmaschig betreut. Das ist nach der Aussage des Arztes wichtig; denn ansonsten würde die Tochter wirklich schwerwiegende gesundheitliche Schäden davontragen.
Aleksandra erkrankte Anfang dieses Jahres zusätzlich an Hepatitis. Dank der guten gesundheitlichen Betreuung hat sie es gut überstanden. In Serbien wäre sie heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben.
Jetzt komme ich zur Empfehlung des Petitionsausschusses bzw. des BAMF, man könnte einen Vorrat an Insulin nach Serbien mitnehmen. Das könnte man durchaus machen. Aber nur der Wirkstoff wird bezahlt. Alles andere, zum Beispiel Messgeräte, durchgehende ärztliche Betreuung, Dosiergeräte, ist nicht vorhanden. Die Familie müsste sich auf dem Schwarzmarkt irgendetwas besorgen. In der Theorie ist das vielleicht noch machbar, in der Praxis aber nicht. Es ist mehr als unverantwortlich, sehr geehrte Damen und Herren, das Mädchen mit ihrer Familie nach Serbien auszuweisen. Deswegen von uns die klare Aussage: Duldung!
Wir haben hier eben keinen Präzedenzfall. Dieser Fall hat auch bei uns im Petitionsausschuss Seltenheitswert. Wenn der Petitionsausschuss einen Wert haben soll, darf er nicht pauschal nach dem Aktenzeichen urteilen, sondern muss den Einzelfall ganz genau betrachten. In diesem Fall muss die Familie hierbleiben. Hier müssen wir sagen: Eine Härte liegt vor; die Gesundheit des Kindes ist bedroht. Das gilt es abzuwägen. Hier gilt es, Menschlichkeit zu zeigen.
Hier die Frage an Sie, Herr Straub, und an Sie, Herr Neumeyer: Können Sie beurteilen, ob das Mädchen in Serbien wirklich eine ausreichende ärztliche Versorgung erhalten kann, ob die schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden, die der Arzt voraussagt, wenn sie
diese ärztliche Betreuung nicht bekommt, ausgeschlossen werden können? Warum muss diese Familie ausreisen? Warum können wir sie nicht an die Härtefallkommission verweisen? Machen Sie deswegen heute kein Politikum daraus. Handeln Sie verantwortlich, handeln Sie menschlich! Eine Abschiebung von Aleksandra und ihrer Familie wäre mehr als unverantwortlich. Deswegen bitte ich Sie, die Petition nochmals zu überdenken und das negative Votum des Petitionsausschusses abzulehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Stümpfig, auf Ihre Rede eingehend, verwahre ich mich dagegen, dass wir diesen Fall nicht als Einzelfall behandelt hätten. Wir haben uns sehr intensiv mit dem Fall beschäftigt, sowohl in der Arbeit vor dem Petitionsausschuss als auch jetzt wieder in der Arbeit vor dem Plenum. Wir haben die Eingabe nicht deswegen abgelehnt, weil damit ein Präzedenzfall entstehen könnte, sondern deswegen, weil deutsche Behörden so entschieden haben. Ihre Rede war mit vielen Unterstellungen gespickt; deutsche Behörden sehen das ganz anders. Ich vertraue unseren deutschen Behörden, dass sie verantwortlich mit der Situation umgehen. Wir sollten hier und auch im Petitionsausschuss nicht anfangen, zwischen guten und bösen oder menschlichen und unmenschlichen Mitgliedern dieses Hohen Hauses zu unterscheiden. Wir sollten uns vielmehr an den Rechtsstaat halten.
(Beifall bei der CSU – Thomas Gehring (GRÜNE): Sie können doch im Petitionsausschuss eine eigene Meinung haben!)
Die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde übrigens sehr frühzeitig getroffen. Die Familie reiste im Oktober ein, bereits im November ist die Entscheidung des BAMF gefallen. Das BAMF hat genau die Punkte, die Sie angesprochen haben, untersucht.
Serbien ist ein Rechtsstaat. Die Frau hätte sich wegen der schlimmen Verbrechen, die an ihr begangen wurden, an die Polizei wenden können. Sie hat im Gegensatz zu Ihrer Aussage in der Petition angegeben, dass sie sich nicht an die Polizei gewandt hat, weil sie dazu kein Vertrauen hat. Serbien ist ein Rechtsstaat. Serbien gibt sich sehr viel Mühe, und ich glaube, dass die Frau in Serbien auch sicher leben kann. Des Weiteren wurde die gesundheitliche Versorgung der Tochter angesprochen. Die Behörden in
Übrigens wurde im Petitionsausschuss schon etwas eigenartig abgestimmt. Serbien ist ein sicherer Drittstaat. Explizit wurde betont, dass die Gesundheitsversorgung nicht die gleiche sein muss wie in Deutschland. Sie muss ausreichend sein, und sie ist in diesem Fall ausreichend. Ich bitte doch, dass wir das, was in Berlin entschieden wird, auch hier im Landtag berücksichtigen. Wir können nicht in Berlin die großen Entscheidungen treffen und hier wieder nach menschlich und unmenschlich unterscheiden.
Der Fall ist ein Einzelfall. Er könnte zu einem Präzedenzfall werden, wenn wir im Landtag rechtliche Entscheidungen revidieren würden. Dann würden wir für solche Fälle Tür und Tor aufmachen. Auf der ganzen Welt gibt es viele Länder, die nicht eine ganz so gute gesundheitliche Versorgung haben.
- Hören Sie bitte zu. Wir haben diesen Einzelfall wirklich gründlich behandelt. Ich habe die Akten mehrmals intensiv durchgelesen. Ich habe jedes Verwaltungsgerichtsurteil durchgelesen.