Protocol of the Session on October 15, 2015

Frau Kollegin Kamm, ich möchte eine Bemerkung zu Ihrer Rede und zur Rede des Herrn Kollegen Rinderspacher machen: Sie sprechen nur über Maßnahmen zur Verbesserung der Verfahren und der Integration, aber nicht über eine Zugangsbegrenzung. Damit erwecken Sie den Eindruck, als wäre das Problem in unserem Land, unabhängig von den Zugangszahlen, zu bewältigen, wenn sich das Land nur genug Mühe gibt. Ich sage Ihnen: Das stimmt nicht. Wenn wir die Zugangszahlen nicht begrenzen, können wir uns noch so anstrengen; wir werden dann krachend hinsichtlich der Integration und der Verfahrensdauern scheitern. Deshalb fordere ich Sie auf: Schließen Sie sich unseren Bemühungen zur Zugangsbeschränkung an! Nur zu helfen, reicht hier nicht aus. Wer dabei nicht mitmacht, hat die Situation, die dann auf uns zukommen wird, zu verantworten.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Jetzt darf ich dem Vorsitzenden der Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort erteilen. Bitte, Herr Kollege Aiwanger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen geltendes Recht und Gesetz wiederherstellen. Das ist die zentrale Botschaft, um mit diesem Problem fertig zu werden. Wir diskutieren teilweise auch heute wieder auf ideologischem Niveau. Herr Seehofer, wenn Sie einen Ehekrach haben, dann lassen Sie sich scheiden. Es ist schwer erträglich, wenn heute Rot und Schwarz ihre Berliner Koalitionsstreitigkeiten hier im Bayerischen Landtag austragen. Sie werfen sich gegenseitig Unfähigkeit vor, benennen aber nicht des Pudels Kern: Die Bundeskanzlerin weigert sich nach wie vor, klare Signale zu setzen, wohin der Zug gehen soll.

Diese Kanzlerin macht sich jetzt langsam auf, mit der Türkei und anderen Ländern ins Gespräch zu kommen. Sie sendet aber nach wie vor nicht die klare Botschaft aus, dass sie am geltenden europäischen Recht wie dem Dublin-Verfahren festhalten will, selbst wenn diese Vorgaben momentan von der Realität "überrumpelt" worden sind. Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung lassen es zu, dass aus Salzburg Sonderzüge mit unregistrierten Flüchtlingen nach Deutschland fahren. Diese Flüchtlinge werden nicht einmal in Passau kontrolliert, sondern zu Wartebereichen weitergeschickt. Ich habe gestern mit einem Bürgermeister einer Gemeinde im Landkreis Straubing telefoniert. Er hat gesagt, dass auf dem Weg in diese Wartebereiche eine große Zahl von Menschen verschwindet, wobei niemand weiß, wer verschwunden ist und wohin. Derzeit wird geltendes Recht nicht angewendet. Deshalb wiederhole ich: Setzen Sie zunächst einmal alles in Bewegung, damit geltendes Recht wieder angewendet wird!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Andernfalls führen wir hier nur eine Diskussion auf hohem Niveau. Herr Seehofer, Sie haben noch nicht die letzte Karte gezückt. Ich appelliere an Sie, eine eindeutige Rote Linie zu definieren, die lauten könnte: Bevor das erste private Gebäude in Bayern beschlagnahmt werden muss, um Flüchtlinge unterzubringen, kündigen Sie einer Frau Merkel die Koalition auf. Das wäre ein Zeichen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sollte ein Bürgermeister draußen gezwungen sein, privaten Wohnraum zu beschlagnahmen, braucht er bei der nächsten Wahl nicht mehr anzutreten. Sie lassen diese Leute alleine. Bevor die Bürgermeister wegen des Versagens der Bundespolitik in letzter Konsequenz in das private Eigentum eingreifen müssen, sind Sie als Teil der Bundesregierung verantwortlich, das zu tun, was Sie tun können. Sie sollten nicht

irgendwelche Selbstanzeigen androhen, sondern sagen: Frau Merkel, dann regieren Sie mit der SPD alleine weiter, Sie haben nicht mehr den Segen der CSU.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das hätten Sie im Kreuz. Wenn Sie diese Möglichkeit nicht ernsthaft in den Raum stellen, ist Ihre heutige Regierungserklärung leider wieder nur eine zahnlose Ankündigung und ein Hineinretten in die Weihnachtsferien. Wir haben die Sommerferien mit Ihren wohlfeilen Äußerungen überstanden. Damals wurden die Grenzkontrollen als Lösungsansatz angepriesen. Diese Grenzkontrollen haben nicht viel gebracht, außer dass die Schleuser die Menschen nicht mehr mit dem Lkw über die Grenze fahren, sondern dass die Menschen mit dem Sonderzug abgeholt oder jenseits der Grenze ausgesetzt werden. Wir brauchen jetzt Lösungen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die FREIEN WÄHLER sind die Partei der Kommunen und der Bürger. Ich habe heute Morgen mit dem Landrat des Landkreises Landshut telefoniert. Meine Damen und Herren, während wir hier sitzen und irgendwelche Luftschlösser bauen, bekommt dieser Landrat heute 70 Asylbewerber zugewiesen, die er in den nächsten Stunden unterbringen muss. Dieser Landrat ist jetzt draußen und versucht, diese Menschen unterzubringen. Täglich kommen zehn Personen im Landkreis Landshut an. Wöchentlich sind es 70.

Ich sage jetzt etwas, was die FREIEN WÄHLER als Partei der Bürger und der Kommunen sagen können und sagen müssen. Dieser Landrat hat mir gesagt, dass in der Gemeinde Ergolding – ich nenne diese Gemeinde – Fälle von sexuellen Übergriffen von Asylbewerbern auf Jugendliche im benachbarten Freizeitzentrum vorgekommen sind. Das steht dort mittlerweile auch in der Zeitung. Die Eltern dort haben Angst und fordern den Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten oder der Polizei, weil sie ihre Kinder dort nicht mehr hingehen lassen wollen.

Der Landrat des Landkreises Landshut hat mir gesagt, dass er vor diesem Hintergrund nicht mehr gewillt ist, in den nächsten Wochen Schulturnhallen zu beschlagnahmen und Flüchtlinge zu den Kindern auf die Pausenhöfe zu lassen. Ich weiß, dass das, was ich jetzt sage, politisch unkorrekt ist. Man dürfte und sollte es nicht sagen, aber es steht mittlerweile in der Zeitung, und das sagt mir auch der Landrat. Das sind die Vorfälle, die jetzt draußen auch dem Bürger auffallen. Das ist die eine Seite. Ich will nicht nur diese

Seite benennen. Ich will auch andere Beispiele nennen.

Ein Firmeninhaber sagt mir, er hätte einen syrischen Flüchtling, den er im Handwerk brauchen könnte, den er aber nicht anstellen darf, weil er die Arbeitserlaubnis noch nicht hat oder weil noch so viele Verfahrensschritte dazwischenliegen. Den darf er nicht anstellen. Damit scheitert die Integration, die in diesem einen Fall gelingen könnte, wieder an der Bürokratie. Ich weiß nicht, ob es jetzt das richtige Zeichen ist, die Dauer des Arbeitsverbots von drei auf sechs Monate zu verdoppeln. Natürlich will man verhindern, dass Leute ins Land gelockt werden. Das verstehe ich. Wenn die Wirtschaft die Leute im konkreten Fall aber brauchen kann, sind sie am Arbeitsplatz besser aufgehoben, als wenn Sie jetzt beschließen, das Arbeitsverbot wieder zu verlängern.

Gleichzeitig signalisiert die Regierung, das sind eure Lehrlinge, eure Facharbeiter von morgen, wie man bisher gesagt hat; jetzt sagt man, von übermorgen. Wann ist übermorgen? Auch das müssen wir sagen. Wir stehen dazu, die Leute mit allen Maßnahmen in den Arbeitsprozess zu integrieren, die wir auch integrieren können. Aber da stehen wir uns schon wieder selber im Weg und wollen das, was möglich ist, nicht möglich machen. Auch das ist ein falsches Zeichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Auch hier müssen wir den Nostalgikern entgegentreten. Vor einiger Zeit hat es geheißen: Den Mangel an Erzieherinnen lösen wir mit jungen Spanierinnen und Griechinnen, die in den Kinderbetreuungseinrichtungen arbeiten werden. Das ist grandios gescheitert. Jetzt sind es die Facharbeiter, und ich nenne wieder ein Beispiel vom heutigen Tag. Im Sommer habe ich mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband gesprochen. Die haben damals noch gesagt: Gebt uns die Flüchtlinge, gebt uns diese jungen Leute, wir bringen sie unter. Jawohl, einen gewissen Teil werden sie unterbringen, aber dabei stehen teilweise kulturelle Hürden im Wege. Ich nenne das als Beispiel, was mir heute vor zwei Stunden gesagt worden ist: Die Gastronomie hat Probleme mit muslimischen Jugendlichen, weil sie – ich nenne es beim Namen - kein Schweinefleisch anfassen dürfen. Den muslimischen Jugendlichen kann der Gastwirt im Zweifel nicht dort einsetzen, wo er ihn einsetzen will. Das alles müssen wir sagen, um das Problem differenziert zu lösen. Wir können nicht sagen: Zuwanderung ist per se gut, oder Zuwanderung ist per se schlecht. Wir müssen genau hinschauen, wir müssen jeden Einzelfall bewerten. Nur dann werden wir der Thematik gerecht. Nur im Einzelfall werden wir Lösungen finden. Pauschale Lö

sungen werden scheitern. Das haben uns die vergangenen Jahre gezeigt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bei diesen Lösungen kann man durchaus sagen, dass Teilerfolge erzielt worden sind. Ich will Frau Merk durchaus loben, die am Balkan unterwegs war und gesagt hat: Bitte bleibt zu Hause, ihr habt keine Chance, bei uns Asyl zu bekommen; das macht keinen Sinn. Wenn man den letzten Statistiken glauben kann, gehen die Zahlen von dort zurück.

Jetzt müssen wir andere Ströme genau betrachten. Darunter können viele syrische Flüchtlinge sein. Bei genauem Hinsehen sind aber auch 30 % darunter, die sagen, sie seien Syrer, die aber keine Syrer sind. Auch das müssen wir sagen dürfen, um die Probleme lösen zu können. Wir dürfen nicht zu liberal sein und gar nicht hinschauen; denn auch das ist mir gesagt worden: Mittlerweile kommen über die Flüchtlingsroute auch noch Pakistaner aus Griechenland, die dort zehn Jahre lang schwarz gearbeitet haben, zu uns und sagen, sie seien Syrer, können aber kein Wort syrisch.

Deshalb ist es dringend nötig, genügend Personal zu haben, das hinsieht und die wirklich Bedürftigen von den anderen trennen kann. Wir müssen gezielte Lösungen anbieten, die das System nicht zum Kollabieren bringen, und den wirklich Bedürftigen Hilfe gewähren. Die Konsequenz heißt aber auch: Wir müssen denen, die das System ausnutzen, genauer auf die Finger sehen. Da haben Sie zu lange geschlafen.

Jetzt sage ich Ihnen Danke dafür, dass Sie unseren Forderungen nach mehr Asylrichtern endlich zugestimmt haben, nachdem wir das ein halbes Jahr lang gefordert haben. Soviel dazu, Herr Kreuzer. Nicht nur anderen haben wir es drei Monate lang sagen müssen, auch Ihnen haben wir drei Monate lang sagen müssen, dass wir die Probleme lösen müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich sage Ihnen noch etwas: Wir FREIE WÄHLER betrachten wirklich die Themen im Einzelfall. Wir betrachten sie aus der Sicht der Kommunen, aus der Sicht der Bürger und aus der Sicht der Wirtschaft mit Realitätssinn. Wir sind nicht wie andere Parteien ideologisch belastet, die traditionell gesagt haben, Zuwanderung sei immer gut, oder die, die gesagt haben, Schoten runter, und damit ist der Fall erledigt. Wir müssen passgenaue Lösungen entwickeln, und das haben Sie in der Vergangenheit nicht getan. Nach dem heute Gehörten habe ich auch keine Hoffnung, dass wir an Weihnachten aufatmen und sagen können, wir hätten die Lage im Griff. Herr Rinderspacher,

Sie sagten, Herr Steinmeier sei jetzt in den Transitländern und den Nachbarländern von Syrien unterwegs, und Deutschland würde seine Leistungen um 100 Millionen aufstocken oder einige Hundert Millionen zur Verfügung stellen. So hart es klingt und so leid es uns für unsere Geldbörse tut: Man wird dort nicht mit ein paar Hundert Millionen auskommen, man wird Milliarden brauchen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Markus Rinderspacher (SPD): 1,7 Milliarden zahlt die UNO!)

Sie haben es geschafft, über Nacht die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zusammenzutrommeln, um die nächsten Milliardentranchen für Griechenland freizugeben. Auch dort hat man nicht mit Hundert Millionen jongliert, sondern da war der Koffer deutlich dicker. Da wurden zig Milliarden von heute auf morgen freigegeben. Eine noch größere Herausforderung ist die jetzige Flüchtlingssituation. Hinter ihr steht eine noch größere humanitäre Katastrophe. Ich appelliere an Sie: Wenn Sie dort international etwas retten wollen, müssen Sie Milliarden und nicht nur Millionen anfassen, so leid es uns tut.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben auch mit den internationalen Hilfsorganisationen gesprochen. Ich war vorgestern bei deren Gespräch mit der Überschrift "Fluchtursachen bekämpfen". Es ist beschämend, von ihnen hören zu müssen, dass sie überhaupt kein eigenes Budget und keinen eigenen Haushalt haben, sondern dass sie Jahr für Jahr ihre Millionen neu erbetteln müssen. Sie sagen ganz klar: Hätten wir etwas mehr Geld, könnten wir innerhalb kürzester Zeit die humanitären Hilfen im Libanon, in Jordanien und in der Türkei verstärken; wir könnten von heute auf morgen mehr Lebensmittel kaufen und mehr Perspektiven vor Ort schaffen. Wir wissen doch, dass 70 % der Syrer gar nicht aus dem Land, sondern in ihrer Heimat bleiben wollen. Deshalb ist es ein Versagen der internationalen Politik von Frau Merkel bis zu Herrn Außenminister Steinmeier, wenn wir diese Länder bis heute im Stich lassen und die Hilfsorganisationen mit Peanuts abspeisen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, wir werden internationale Gespräche führen müssen. Wir sehen jetzt, dass wir ohne Assad wohl nicht über die Runden kommen werden. Auch mit Putin wird man darüber reden müssen, wer wo und wie eintritt. Man wird über Schutzzonen reden und sicher auch aufpassen müssen, dass wir dabei nicht zum Spielball werden, wenn die Türken die UNO-Schutzzone nur dort wollen, wo man kurdisches Gebiet zerschneiden kann, damit die Kurden

kein einheitliches Siedlungsgebiet bekommen. Wir werden auch unserem Freund Amerika sagen müssen: Wer international agiert, muss die Dinge zu Ende denken. Bei einer Bilanz des Arabischen Frühlings sehen wir, dass das nicht die große Erfolgsstory war, sondern dass dadurch viele Länder destabilisiert wurden. Heute ist dort die Menschenrechtslage katastrophaler als vor dem Eingriff, der damit begründet worden ist, die Demokratie sollte wieder hergestellt werden. Auch das müssen wir genau benennen.

Heute stellen wir fest, dass die Flüchtlingspolitik immer noch nicht von allen Entscheidungsträgern einheitlich gesehen wird. Es gibt immer noch viele, die meinen, damit sei der ganz große Reibach zu machen. Jetzt geht es auch darum, woran man verdienen kann. Wir erleben Kommunen, die sagen – und dabei mache ich mich zum Fürsprecher dieser Landkreise und ihrer Landräte -, die Jugendhilfestandards seien überzogen. Wir können nicht jedem, der behauptet, unter 18 Jahre alt zu sein, oder der es auch wirklich ist, den vollen Jugendhilfestandard gewähren und ihn mit 5.000 Euro ausstatten. Es gibt Landkreise wie Passau, die an die 2.000 unbegleitete Minderjährige haben. Meine Damen und Herren, in diesen Fällen müssen ordentliche Unterbringung und Betreuung gut genug sein, und es muss nicht 5.000 Euro im Monat kosten, meistens abgeführt an eine private Hilfsorganisation, die das nächste Heim aufmacht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen mit dem knappen Geld unserer Bürger und Kommunen sorgsamer umgehen, um die Dinge ins Lot zu bringen.

Wir müssen auch pragmatisch genug sein, andere Dinge zu überdenken. Vielfach waren es Bürgermeister, die uns vor zwei Jahren zu den Essenspaketen gesagt haben: Meine zehn Asylbewerber schmeißen die Hälfte weg, weil sie das Essen nicht mögen; gebt denen Bargeld, das ist für uns praktischer, dann braucht man das Essen nicht hinzufahren. – Das mag in solchen Fällen sinnvoll sein. Heute stellen wir aber fest, dass diese Bargeldlösungen in vielen Fällen dazu führen, dass Flüchtlinge von der Tafel ihr Essen beziehen und das Geld nach Hause überweisen. Ich kann Ihnen den Bürgermeister nennen, der mir das gesagt hat. Wir müssen überlegen, ob wir an dieser Stelle mehr zum Sachleistungsprinzip übergehen, um Fehlanreize zu vermeiden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist nicht Inhumanität, nicht etwas, was irgendwie nicht verfassungskonform ist. Dafür müssen wir Lösungen finden.

Meine Damen und Herren, genauso sehe ich die Residenzpflicht. In Zeiten, in den wir wenige Zehntausend Flüchtlinge pro Jahr hatten, war es vielleicht überzogen zu sagen: Der muss in seiner Kommune und in seinem Landkreis bleiben, und wenn er mal in den Nachbarlandkreis will, muss er sich eine Sondererlaubnis ausstellen lassen. – Man hat das gelockert, um die Verwaltungen zu entlasten. Heute haben wir die Situation, dass wir nicht einmal mehr wissen, in welchem Landkreis sich jemand aufhält, in welchem Bundesland, wer das überhaupt ist, ob derjenige überhaupt noch in Deutschland ist oder ob er in einem halben Jahr wiederkommt, vielleicht in Berlin aufschlägt und sich dort meldet. Wenn wir die Kontrolle über dieses System verloren haben, dann müssen wir über eine Reaktivierung der Residenzpflicht für gewisse Personenkreise nachdenken, um das System steuerungsfähig zu erhalten. Das heißt nicht, dass man nicht an anderer Stelle, wo es passt, die Zügel wieder locker lassen kann.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich fordere hier eindeutig mehr Pragmatismus und weniger Ideologie. Das ist vor allem mein Appell an die beiden großen Lager hier in diesem Landtag. Im Bundestag wird es wohl ähnlich aussehen, vielleicht noch polarisierender.

Die Bürger wollen glaubhafte Lösungen. Was in den letzten Wochen und Monaten angeboten worden ist, hat leider die Wirkung verfehlt mit Ausnahme des klaren politischen Signals in den Balkan: Leute, das hat keinen Sinn. – Von einer Bundesregierung will ich dasselbe klare politische Signal an andere Länder erwarten können, auch an Länder, die sich über die EU Hoffnungen für eine engere Zusammenarbeit machen. Auch dorthin müsste die angeblich mächtigste Frau Europas klare Signale senden können, wenn sie denn wollte.

Sie, Herr Ministerpräsident, fordere ich dazu auf, Ihre letzte Waffe zu zücken und dieser Dame noch deutlicher zu sagen, wo der Hammer hängt. Sie müssen sagen: Frau Merkel, wenn Sie hier nicht auf eine vernünftige Politik einschwenken, sondern weiterhin Facebook-Partys auf Kosten Deutschlands veranstalten wollen, dann ist das nicht mehr unser Weg, dann gehen Sie diesen Weg alleine. – Diese Konsequenz haben Sie in der Hand.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen noch etwas diskutieren; das ist eine Frage der politischen Wahrnehmung und des politischen Transportierens: Auch die Medien haben eine wichtige – ich sage: eine mindestens so wichtige – Rolle wie die Politik in dieser Situation. Wir haben es

alle erlebt, als man vor einem Jahr davor gewarnt hat, dass uns die Flüchtlingszahlen über den Kopf wachsen, und man gesagt hat, wir müssen in den Herkunftsländern Lösungsansätze anbieten. Dann hat man sehr schnell Kommentare von jungen Journalisten bekommen, die es vielleicht ernst und ehrlich meinen, die einem gleich vorgeworfen haben: Wollt ihr denn in Wettbewerb mit irgendwelchen anderen dubiosen Parteien treten? Veranstaltet ihr hier einen Wettlauf? – Nein, meine Damen und Herren, wir Politiker wollen ehrlich auch einmal Lösungsansätze anbieten dürfen, ohne von den Medien ständig einen Spiegel vorgehalten zu bekommen nach dem Motto: Das ist alles nur taktisch. – Meine Damen und Herren, man muss der Politik auch zugestehen, einmal Entscheidungen im Sinne der Bürger zu treffen und Lösungsvorschläge nicht immer aus Parteitaktik zu machen.