Kolleginnen und Kollegen, wir hören seit Jahren von Ungerechtigkeiten bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Dass die Gemüter im Freistaat bei diesem Thema erhitzt sind, hat auch die Anhörung verdeutlicht. Sie ist auch vonseiten der Öffentlichkeit teilweise sehr emotional begleitet worden. Ich möchte darauf hinweisen, dass sie aufgrund einer interfraktionellen Initiative zustande gekommen ist. Anlass der Anhörung war, dass sich in der Bürgerschaft seit eini
ger Zeit Widerstand gegen die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen in Form einmaliger Beiträge regt, zumal sich diese nicht selten im fünfstelligen Bereich bewegen können. Einkommensschwache Menschen wie die viel zitierte alleinstehende ältere Dame mit einer monatlichen Rente von 600 Euro, die auf einem sehr großen Grundstück wohnt, bringt man so natürlich schnell in existenzielle Nöte, obwohl die Kommune auch heute schon eine Stundung gegen null beschließen könnte. Allerdings sind die bayerischen Kommunen – deswegen ist es gut, dass alle vier Gesetzentwürfe nicht die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge fordern – angesichts ihrer angespannten finanziellen Situation auf die Beiträge zur Durchführung der Straßenausbaumaßnahmen angewiesen. Das haben die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung deutlich gemacht.
Das Innenministerium prognostiziert für das kommunale Straßennetz aufgrund des Alters und des Zustands der Straßen einen jährlichen Investitionsbedarf von 500 Millionen Euro. Wir GRÜNE sind daher ebenfalls der Auffassung, dass eine ersatzlose Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nicht tragbar wäre, zumal das insbesondere finanz- und strukturschwache Gemeinden besonders hart treffen würde. Auch alternativen Finanzierungsmodellen aus allgemeinen Haushaltsmitteln erteilen wir eine Absage; denn sie hätten eine Erhöhung der Steuern zulasten der Allgemeinheit zur Folge. Irgendjemand muss den Ausbau schließlich bezahlen. Letztlich entsteht den Anliegerinnen und Anliegern durch Maßnahmen zur Verbesserung und Erneuerung der Ortsstraßen auch ein individueller Nutzen. Auch die Forderung, die Grundsteuer zu erhöhen, die von einigen Verbänden erhoben wurde, erscheint aufgrund des unterschiedlichen Steueraufkommens im Freistaat Bayern und fehlender Zweckbindung als ungeeignet.
Das Bundesverfassungsgericht hat im vergangenen Jahr wiederkehrende Straßenausbaubeiträge – diese fordern jetzt alle – bei konkret individueller Zurechnung eines Sondervorteils für zulässig erklärt. Daher stand diese Form der Beitragserhebung im Mittelpunkt der Anhörung; sie ist auch Kern aller vier Gesetzentwürfe. Das ist auch gut so. Klar ist aber auch, dass die Entscheidung darüber, welche Form der Beitragserhebung – einmalig oder wiederkehrend – gerecht und praktikabel ist, im Ermessen der Kommune liegen soll.
Die mangelnde Information der Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld der Planungen und der Durchführung der Straßenausbaumaßnahmen sorgt bei vielen Kritikerinnen und Kritikern der Straßenausbaubeiträge für Unmut. Ihr Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sieht eine Informationspflicht vor.
Auch wir GRÜNE halten die Einführung einer Informationspflicht im Sinne einer demokratischen und bürgerfreundlichen Verwaltung für dringend erforderlich. Durch eine frühzeitige Information über geplante Straßenausbaumaßnahmen können sich die Betroffenen auf den zu erwartenden Beitragsbescheid und die Abgabe einstellen.
Aus unserer Sicht ist auch das Recht, Einblick zu nehmen und Anregungen vorzubringen, ganz wichtig – am besten in einer Anhörung vor Beginn der Maßnahme und vor der Beschlussfassung im Gremium. Das würde die Akzeptanz entsprechend fördern und könnte zur Fehlervermeidung beitragen. – Schließlich ist uns noch wichtig, dass bei einer solchen Anhörung verschiedene Ausbauvarianten diskutiert werden können. Sonst kommt nämlich immer der Vorwurf, man betreibe Luxussanierung. Bei unserem Vorschlag kann man das diskutieren: Wollt ihr es so oder anders haben? – Zwar hat man dann am Anfang die Diskussion in der Kommune, aber später nicht mehr die Probleme, wie sie heute oft viele Kommunen haben.
Wir GRÜNE, Herr Kollege Adelt, sprechen uns tatsächlich für Höchstgrenzen, gemessen am Grundstückswert, aus, weil es eben Fälle gibt, in denen die Beitragshöhe in keinem Verhältnis zum eigentlichen Grundstückswert steht. Wir halten das für sachgerecht; so ist es.
Ein interessantes Ergebnis der Anhörung ist zudem, dass derzeit lediglich 72 % der bayerischen Kommunen Straßenausbaubeiträge erheben, obwohl von der Soll-Vorschrift laut Gesetz eigentlich nur in gut begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden sollte. Da tun sich auch große regionale Unterschiede auf. In Unterfranken verfügen fast alle Kommunen über eine Straßenausbaubeitragssatzung, und in Niederbayern sind es gerade einmal 39,1 %. Darin liegt natürlich ein gewisses Akzeptanzproblem, und hier wäre eine einheitliche Regelung für alle Kommunen wünschenswert, die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schafft. Weil das jedoch die kommunale Selbstverwaltung letztendlich zu stark einschränken würde, haben auch wir GRÜNE von einer Muss-Regelung abgesehen, obwohl wir das aus Gerechtigkeitsgründen fraktionsintern eingehend diskutiert haben. Das setzt allerdings auch voraus, dass die Vollzugsdefizite der Vergangenheit nicht fortgesetzt werden.
Kolleginnen und Kollegen, dass alle Fraktionen einen Gesetzentwurf zur Änderung des KAG vorgelegt haben, bestätigt, dass ein Festhalten am Status quo nicht länger vertretbar ist. Alle Initiativen stimmen darin überein, dass sie die Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge als Alternative zur einmaligen Beitragserhebung vorsehen. Bei der Ausgestal
tung der Informationspflicht und der Bürgerbeteiligung gibt es jedoch Unterschiede. Da geht der Gesetzentwurf der GRÜNEN deutlich weiter. Die Unterschiede gilt es dann im Ausschuss zu diskutieren.
Danke schön, Herr Mistol. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Lederer. Bitte schön, Herr Lederer.
Wertes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Einführung des Kommunalabgabengesetzes 1974 gab es immer wieder Änderungen, zuletzt vor eineinhalb Jahren, als wir die sogenannte Verrentung eingeführt haben, also die Möglichkeit, den Beitrag auf mehrere Jahre zu verteilen und so die jährliche Beitragsbelastung zu senken. Wir hatten das KAG also ein Stück weit bürgerfreundlicher gestaltet.
Aber aus verschiedenen Gesprächen mit Vertretern von Bürgerinitiativen, von kommunalen Spitzenverbänden und des Innenministeriums wurde uns klar, dass trotz der Möglichkeit der Verrentung weiterer Handlungsbedarf besteht – dies hat auch die Expertenanhörung vom 15. Juli dieses Jahres gezeigt –, zumal das Bundesverfassungsgericht wiederkehrende Beiträge unter bestimmten Umständen als verfassungskonform eingestuft hat.
Vor diesem Hintergrund wurden jetzt vier Gesetzentwürfe eingereicht, die in vielen wichtigen Punkten große Übereinstimmungen aufweisen. Ich möchte das an drei Beispielen erläutern.
Erstens. Alle Gesetzentwürfe halten an der Beitragsfinanzierung mit dem Begriff des Sollens fest, und sämtliche Überlegungen wie die Abschaffung der Beiträge und die Finanzierung über Steuern oder eine Infrastrukturabgabe wurden nach eingehender Abwägung von allen Fraktionen verworfen.
Ein zweites Beispiel. Alle Entwürfe sehen die Einführung wiederkehrender Beiträge als Alternative für die Kommune vor. Die Gemeinden sollen die Möglichkeit erhalten, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob sie von diesem Instrument Gebrauch machen oder auch nicht. Das stärkt die kommunale Selbstverwaltung. Nach Erfahrungen aus anderen Bundesländern belaufen sich die wiederkehrenden Beiträge in der Regel auf einige Hundert Euro pro Jahr. Damit werden sehr hohe, mitunter für die Grundstückseigentümer kaum finanzierbare Einmalbeiträge vermieden. Der bürokratische Aufwand für die Kommunen bei der Einführung wiederkehrender Beiträge ist zwar nicht zu unterschätzen, jedoch soll die deutlich geringere Be
Ein drittes Beispiel der Übereinstimmung. Alle vier Fraktionen sehen eine Informationspflicht der betroffenen Anlieger als sinnvolle Ergänzung des KAG an.
Wenn man sich jedoch die Gesetzentwürfe etwas genauer anschaut, erkennt man auch dort durchaus Unterschiede. So ist uns von der CSU bei der Informationspflicht nicht nur wichtig, die voraussichtlichen Beitragspflichtigen möglichst frühzeitig über das beitragsfähige Vorhaben und das Verfahren der Beitragserhebung zu informieren, sondern auch über eventuell in Betracht kommende Billigkeitsmaßnahmen. In anderen Entwürfen wird nicht explizit Wert auf die Information über Billigkeitsmaßnahmen wie Stundung oder Erlass gelegt. Dafür sollen die Anlieger Einblick in die Kosten- und Aufwandsrechnung erhalten. Die GRÜNEN sind der Meinung, dass auch eine Informationsveranstaltung zwingend durchgeführt werden muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns von der CSU war und ist es wichtig, die Beitragszahler zu entlasten. Aus diesem Grund haben wir eine Reihe von Veränderungen vorgesehen. Kommunen sollen künftig Eigenleistungen bei Planung und Durchführung von Straßenbauarbeiten für die technische Herstellung der Einrichtung auf die Anlieger umlegen können. Das wird zu einer Entlastung der Beitragszahler führen, weil die Kommune mit dem eigenen Personal in der Regel günstiger agieren kann als mit externen Büros und Baufirmen. Darüber hinaus soll zur Entlastung der Beitragszahler festgeschrieben werden, dass der Aufwand auf das Notwendigste zu beschränken ist. Der Grundsatz der Erforderlichkeit, den wir hier im Gesetz verankern möchten, stellt auf eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung ab. Dadurch wird der Bürger vor einer überzogenen Finanzierungsbeteiligung geschützt.
Des Weiteren sind wir der Meinung, dass zur Vermeidung von Härtefällen eine besondere Form des Erlasses als mögliche Option eingeführt werden soll. Die Kommunen hätten demnach die Möglichkeit, in ihrer Satzung zu regeln, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen sie im Einzelfall davon Gebrauch machen. Die Gemeinde würde dadurch in die Lage versetzt, Straßenausbaubeiträge zu erlassen, soweit diese eine Höchstgrenze überschreiten. Die Höchstgrenze orientiert sich dabei sinnvollerweise am Grundstückswert und soll unseres Erachtens 40 % des Verkehrswerts des beitragspflichtigen Grundstücks nicht unterschreiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein weiterer zentraler Punkt unseres Gesetzentwurfs, der für die Kommu
nen, aber auch für die Anlieger von besonderer Bedeutung ist und der interessanterweise in keinem anderen Entwurf enthalten ist, ist das Erschließungsbeitragsrecht. Dabei haben wir nicht nur aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vereinheitlichung einen neuen Artikel 5a im KAG eingeführt. Nein, wir haben zur finanziellen Entlastung der Anlieger und zur bürokratischen Entlastung der Kommunen eine zeitliche Grenze für die Erhebung der für die Anlieger deutlich höheren Erschließungsbeiträge eingeführt: Wenn seit dem Beginn der technischen Herstellung der Erschließungsanlage mindestens 25 Jahre vergangen sind, kann kein Erschließungsbeitrag mehr erhoben werden. Damit schaffen wir Rechtssicherheit für die Gemeinden und für die Anlieger. Man muss sich einmal vorstellen, wie es bisher läuft: Bislang mussten die Mitarbeiter der Kommune in Archiven auf die Suche gehen oder in alten Akten stöbern, um Hinweise zu finden, ob die Straße vor 50 Jahren, vor 100 Jahren oder vor 150 Jahren schon eine Erschließungsfunktion hatte und den damaligen Anforderungen genügte. Stellt sich irgendwann heraus, dass die Straße noch nie erstmals hergestellt wurde, müssen die Anlieger deutlich höhere Erschließungsbeiträge bezahlen, obwohl die Straße schon seit vielen Jahrzehnten existiert. Das fördert nicht gerade das Verständnis und die Akzeptanz bei den Bürgern.
Dass die mühsame Rekonstruktion von Vorgängen, die viele Jahrzehnte zurückliegen, nicht immer lückenlos gelingt, ist selbstverständlich. Die Rechtsunsicherheit, die trotz des enormen Verwaltungsaufwands des Öfteren entsteht, schwebt wie ein Damoklesschwert über den Beteiligten. Die finanziellen Folgen haben nicht selten die Anlieger zu tragen.
Nach unserem Vorschlag würde es künftig ausreichen, den Nachweis zu erbringen, dass zum Beispiel der Spatenstich zum Bau der Straße vor mehr als 25 Jahren erfolgte und dass die Straßendecke – nicht der Unterbau, sondern nur der obere Teil des Oberbaus – den geltenden technischen Vorschriften, zum Beispiel den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen – RStO -, entspricht. Dann kann kein Erschließungsbeitrag mehr erhoben werden, und für die Anlieger gelten die niedrigeren Sätze der Ausbaubeitragssatzung. Um den Kommunen jedoch ausreichend Zeit zu geben, sich auf die neue Rechtslage zum Erschließungsbeitrag einzustellen, soll der betreffende Artikel erst zeitverzögert, in fünf Jahren, in Kraft treten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass die CSU einen sehr ausgewogenen und ausgereiften Entwurf vorgelegt hat.
Ich darf mich an dieser Stelle Herrn Kollegen Mistol anschließen; denn auch wir haben mehr Wert auf Sorgfalt denn auf Schnelligkeit gelegt.
- Lieber Kollege Adelt, ich kann weder in unserem Gesetzentwurf noch in den Gesetzentwürfen der anderen Fraktionen erkennen, dass an irgendeiner Stelle besondere Belastungen oder Entlastungen der Kommunen erfolgen. Insoweit gehen die vier Gesetzentwürfe in ähnliche Richtungen.
Unsere Fraktion hat nicht nur als einzige das Thema des Erschließungsbeitrags aufgegriffen, sondern ist auch bei den "wiederkehrenden Beiträgen" einen eigenen Weg gegangen. Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen haben wir uns nicht nur an den Gesetzestext aus Rheinland-Pfalz angelehnt, sondern wir haben auch – natürlich neben eigenen Ideen – gute, sinnvolle Ansätze aus anderen Bundesländern wie Thüringen und Hessen in unseren Entwurf eingebaut. Dadurch ist ein Gesamtkonzept mit umfassenden Übergangsregelungen entstanden. Davon profitieren nicht zuletzt die Anlieger, da wir den Kommunen verschiedene Möglichkeiten an die Hand geben, den Anliegern entgegenzukommen.
Wir haben in unseren Gesetzentwurf bewusst nicht die Möglichkeit der Abrechnung von Teilstrecken aufgenommen, da wir die Gefahr sehen, dass vergleichsweise hohe Kosten auf vergleichsweise wenige Anlieger umgelegt werden. Dies würde genau den Bestrebungen, die wir mit der Regelung zu den wiederkehrenden Beiträgen zu forcieren versuchen, zuwiderlaufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch vor diesem Hintergrund freue ich mich auf die konstruktive Beratung in den Ausschüssen. Ich darf für die CSU-Fraktion empfehlen, die vier Gesetzentwürfe in den Innenausschuss zu überweisen. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Herr Kollege Lederer. – Der nächste Redner ist Kollege Hanisch für die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gab im Bayerischen Landtag wohl selten ein Anhörungsverfahren, das zu so fruchtbaren Ergebnissen geführt hat wie das zu Artikel 5 des Kommunalabgabengesetzes. Das wird schon an den vielen Ähnlichkeiten deutlich, die die vier Gesetzentwürfe aufweisen.
Herr Kollege Adelt, es ist mitnichten so, dass wir uns in Bezug auf manche Punkte wie auf einem Basar verhalten hätten. Wir haben uns genau angehört, was uns die Fachleute zu sagen hatten bzw. was sie uns empfohlen haben. Dass wir alle das Anhörungsverfahren sehr ernst genommen haben, wird auch daran deutlich, dass die Fraktionen zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind. Im Rahmen einer guten Abwägung haben wir versucht, die Neuregelung so praxistauglich wie möglich auszugestalten.
In allen Vorschlägen tauchen die wiederkehrenden Beiträge auf. Der Begriff ist bereits erläutert worden. Der wesentliche Punkt für die Kommunen, aber auch für die betroffenen Beitragszahler besteht darin, dass für die Beitragsberechnung mehrere Straßenzüge zusammengefasst werden dürfen. Wenn bei Zugrundelegung einer Straße die Kosten für den einzelnen Beitragszahler bei 5.000 Euro lägen, würden diese sich bei Zugrundelegung von zehn Straßen auf ein Zehntel, das heißt auf 500 Euro, reduzieren. So ist das zu verstehen.
Die Kommunen müssen nun eine Abwägung vornehmen. Sie können die bisherige Regelung beibehalten. Das wollen wir jeder Kommune ermöglichen. Insofern gehen wir mit den Möglichkeiten, die wir anbieten, weit über die Regelungen in anderen Bundesländern hinaus. Einige haben sich für unsere bisherige Lösung entschieden, andere für wiederkehrende Beiträge. Wir wollen den Kommunen beide Möglichkeiten offenhalten. Falls jetzt alle jubilieren und wiederkehrende Beiträge als Lösung des Problems ansehen, so dürfen wir nicht verhehlen, dass der Verwaltungsaufwand für die Berechnung bzw. Erhebung wiederkehrender Beiträge kein geringer sein wird.
Im Gegensatz zur CSU schließen wir uns mit unserem Regelungsvorschlag zu den wiederkehrenden Beiträgen an die entsprechende Regelung in einem anderen Bundesland an, weil wir einer gesicherten Rechtslage für die Kommunen große Bedeutung beimessen. Erinnern Sie sich – nicht nur Herr Kollege Mistol, sondern auch andere Redner haben es angesprochen –, wie viele Gerichtsverfahren Artikel 5 des Kommunalabgabengesetzes ausgelöst hat? Die Praktiker werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass es eine Lawine von Gerichtsurteilen gab, bis wir eine einigermaßen gesicherte Rechtsprechung erreicht hatten. Wenn wir jetzt von dem durch die gesicherte Rechtsprechung aufgezeigten Weg abweichen, weil wir die eine oder andere Passage ändern, dann – das befürchte ich – wird eine Prozesswelle auf uns zurollen. Das wollen wir vermeiden.
Sogenannte "Luxussanierungen" auf Kosten der Beitragszahler soll es nach unseren Vorstellungen nicht
geben. Wenn der Gemeinderat, der Stadtrat oder der Marktrat meint, aus irgendwelchen Gründen Nostalgiestraßenlampen, Granitpflaster oder was auch immer haben zu müssen, dann mag er das so sehen und so entscheiden. Er muss allerdings wissen, dass die Mehrkosten die Allgemeinheit tragen muss und nicht allein auf die Anlieger dieser Straße abgewälzt werden dürfen. Insoweit gehen wir alle sicherlich konform. Es ist eine vernünftige Regelung, wenn der Anlieger die Kosten für den Standard-Straßenausbau zahlen muss, nicht aber für zusätzliche Leistungen – so sinnvoll sie manchmal sein mögen –, die zusätzlich Geld kosten.
Bei unserem Vorschlag müssen die Kommunen mindestens 30 % der Ausbaukosten übernehmen. Mit dieser Regelung gehen wir am weitesten. Jetzt könnte jemand einwenden, das sei kommunalunfreundlich. Das sehen wir nicht so. Unser Regelungsvorschlag ist bürgerfreundlich. Wir haben in der Diskussion – sie war bei uns nicht einfach – durchaus geschwankt zwischen der Abschaffung dieser Regelung, der Forderung nach einer höheren Beteiligung an der Kfz-Steuer – auch das wäre legitim – und diesen harten Regelungen. Im Ergebnis meinen wir, dass die Einziehung einer Grenze von 30 % vernünftig ist. Die Entlastung des Bürgers ist jedenfalls gewaltig. Bisher konnten in der Regel 90 % der Kosten umgelegt werden, künftig wären es 70 %. Wir meinen, das ist vertretbar.
Wir haben einen Zahlungszeitraum von fünf Jahren gewählt, damit der Bürger, unabhängig davon, für welche Lösung die Gemeinde sich entscheidet, nicht den gesamten Betrag auf einmal zahlen muss.
Wir sind zudem der Auffassung, dass die Belastung für den Anlieger maximal 30 % des Verkehrswertes der Immobilie erreichen darf. Falls nun jemand einwendet, der Anteil von 30 % sei aus der Luft gegriffen, dann empfehle ich ihm, sich die Situation in einigen Regionen Bayerns anzuschauen. Als unsere Fraktion eine Klausurtagung in Oberfranken abgehalten hat, sind wir an Gebäuden vorbeigefahren, vor denen Schilder mit der Aufschrift "Zu verschenken" standen. Laut einigen Zeitungsinseraten können Sie auf dem Land für 40.000 Euro eine Immobilie mit Garten erwerben, wenn auch nicht in bester Lage. Es kann doch wohl nicht sein, dass ich als Anlieger unter Umständen mehr Beitrag zahlen muss, als mein Grundstück wert ist. 30 % von 60.000 Euro wären knapp 20.000 Euro. Das ist das maximal Zumutbare. Kosten, die darüber hinausgehen, dürfen jedenfalls nicht auf die Anlieger umgelegt werden, sondern müssen von der Kommune selbst getragen werden. Das ist sicherlich eine Selbstverständlichkeit.
Einen weiteren Punkt haben wir in Artikel 5 Absatz 8 aufgenommen: Wir wollen für alle jene Gemeinden, die bisher keine Satzung haben und jetzt eine Satzung erlassen, ausschließen, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine rückwirkende Beitragserhebung von Straßenausbaubeiträgen möglich ist. Auch das ist ein gewisser Schutz des Bürgers vor einer zusätzlichen Belastung, mit der er nicht rechnen konnte.
Auf eines legen wir sehr großen Wert. Das ist auch von den anderen Rednern so aufgezeigt worden. Auch für die meisten Bürgermeister und Kommunen ist dies eine Selbstverständlichkeit; das gestehe ich zu. In diesen Kommunen werden Bürgerversammlungen abgehalten, es werden Anliegerversammlungen abgehalten, und dem Bürger wird gesagt: Wir wollen nächstes Jahr die Straße ausbauen; das kostet vermutlich soundso viel, und auf dich wird voraussichtlich eine Belastung von x zukommen. Aber es gibt Kommunen, die sich weigern, dies zu tun. In solchen Fällen müssen wir, so meine ich, als Gesetzgeber reagieren. Wir fordern deshalb ganz klar eine Informationspflicht der Kommune und auch die Möglichkeit der Einsicht des betroffenen Anliegers in die Unterlagen, damit dieser weiß, was auf ihn zukommen kann, wie teuer der Ausbau ist und ob der Standard des Ausbaus, den wir fordern und der nur umgelegt werden kann, eingehalten wird. All das muss der Bürger vorher erfahren können.
Ich bin gespannt auf die Gespräche im Innenausschuss. Mich würde es nicht wundern, wenn sich alle vier Fraktionen doch noch auf eine gemeinsame Lösung einigen könnten; denn wir liegen, so glaube ich, alle dicht beieinander, und es ist an der Zeit, dass der Gesetzgeber hier reagiert.