Protocol of the Session on July 22, 2015

Leider ist meine Redezeit schon am Ende angekommen. Sie hatten 25 Minuten, ich habe nur 5. So ist das. Ich hätte noch viel zu sagen. – Ich wünsche mir, dass wir am Ende zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückkehren, wie das die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am 18. Juni besprochen haben.

(Jürgen W. Heike (CSU): Macht doch mit!)

Damals wurden verschiedene Maßnahmen beschlossen, unter anderem, dass wir uns das Thema "sichere Herkunftsländer" nach der Evaluierung noch einmal gemeinsam anschauen. Wir waren bereits auf einem guten Weg; die CSU, die CDU, die SPD und sogar der grüne Ministerpräsident waren mit im Boot. Was machen Sie? – Anstatt konkretes Regierungshandeln auf den Weg zu bringen, gab es in den nächsten Tagen parteipolitisch geprägte Töne hier im Bayerischen Landtag und auf Ihren Parteitagen, Rot-Grün solle sich endlich bewegen. Dabei waren die entsprechenden Beschlüsse bereits auf den Weg gebracht. Meine Damen und Herren, so kann man Politik nicht betreiben. Das kann aus unserer Sicht nicht funktionieren. Betreiben wir gemeinsam eine verantwortungsvolle und entschlossene Integrations- und Flüchtlingspolitik, die im Verwaltungs- und Regierungshandeln dem Rechtsstaat und der Humanität verpflichtet ist!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Stehen- der Beifall bei einigen Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CSU – Prof. Dr. Gerhard Wa- schler (CSU): Netter Versuch! – Volkmar Halbleib (SPD): Ihr lacht über euch selbst! Das ist euch bloß nicht aufgegangen!)

Vielen Dank. – Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will die Debatte wirklich nicht verlängern, aber ich muss auf einen Punkt eingehen. Diese immer wieder geäußerte Bemerkung über die vielen Gesichter berührt mich nicht besonders. Diese Strategie ist schon einmal gescheitert. Deshalb sitzen von 180 Abgeordneten 101 bei der CSU.

(Beifall bei der CSU)

Sie werden in meiner Amtszeit, in diesen sieben Jahren, bei dem, was ich gesagt, zugesagt oder versprochen habe, nichts finden, was nicht erfüllt wurde.

(Lachen bei der SPD)

- Sie können gerne so weitermachen. Sie befinden sich auf dem gleichen Weg wie Ihre thüringischen Kollegen. – Ich gehe nur auf den Punkt Sozialleistungen ein. Was sind wir und ich persönlich für den Satz "keine Zuwanderung in die Sozialsysteme" gescholten worden! Es gab eine große Empörung, das übliche Ritual. Man musste nur abwarten, bis sich die ganzen Empörungen wieder gelegt haben. Dann hat die Bundesregierung, die Koalition, in vollem Einvernehmen eine Kommission unter Führung der SPD eingesetzt.

(Markus Rinderspacher (SPD): So macht man das, Herr Ministerpräsident! – Thomas Kreuzer (CSU): Bei Ihnen passiert gar nichts!)

Dann ist alles abgeklopft worden, was in der deutschen Gesetzgebung verändert werden muss, damit es zu keiner Zuwanderung in die Sozialsysteme kommt. Das Gesetz ist vom Deutschen Bundestag verabschiedet und vom Deutschen Bundesrat durchgewunken worden. Am Ende dieser ganzen Empörung stand genau das, was wir wollten, nämlich die Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, damit es zu keiner Zuwanderung in die Sozialsysteme kommt. Das war die Realität.

(Beifall bei der CSU)

Nach den Gesprächen, die ich gestern in Berlin und mit den Ministerpräsidenten geführt habe, sage ich Ihnen voraus: Sie werden erleben, dass die Maßnahmen, die wir zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Herstellung der Gerechtigkeit beschlossen haben, in sehr kurzer Zeit allgemeiner deutscher Standard sein werden. Das wollte ich hier nur sagen.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Weil das in Berlin schon beschlossen wurde!)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Dabei werden die Anträge wieder getrennt. Die CSUFraktion hat für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Weikert, Rauscher und anderer und Fraktion (SPD) auf der Drucksache 17/7683 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Danke schön. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 17/7684 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. Das ist die CSU-Fraktion. Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 17/7675 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSUFraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was ist mit der SPD? – Volkmar Halbleib (SPD): Zustimmung! Das ist schon bestätigt! – Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben verschlafen!)

Herr Halbleib, es war nur Ihre Hand oben. Ich gehe davon aus, dass die gesamte Fraktion der SPD dem Antrag zugestimmt hat.

(Lachen bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Das war unnötig, weil ich es deutlich gemacht hatte!)

Entschuldigen Sie bitte, abstimmen müssen Sie alle schon noch selbst. Jetzt haben wir es aber. Herr Kollege Halbleib, bei Ihrer Fraktion hatten nur Sie die Hand oben.

(Thomas Kreuzer (CSU): Verschlafen, wie in der Asylpolitik! – Volkmar Halbleib (SPD): Ein sehr geistreicher Vortrag, Herr Kollege!)

Damit beenden wir das. Wir nehmen auf: Die SPD hat diesem Antrag auch zugestimmt. Dennoch ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen damit zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/7676.

(Namentliche Abstimmung von 11.29 bis 11.34 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich beende die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Wir geben das Ergebnis später bekannt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) "Heldenhafte Spermien und wach geküsste Eizellen" (ber. Drs. 17/ 7677)

Wir werden jetzt erfahren, was sich dahinter verbirgt. Ich eröffne die Aussprache und darf gleich sagen, dass die SPD namentliche Abstimmung über ihren Antrag beantragt hat. – Ich darf Herrn Kollegen Dr. Förster das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der heutigen Sitzung beginnt die sitzungsfreie Zeit des Parlaments, und ich hoffe, dass Sie alle ein wenig Zeit haben, sich zu erholen.

Der eine oder die andere von Ihnen wird das vielleicht mit seinem Ehepartner oder seiner Ehepartnerin tun. Haben Sie sich schon einmal überlegt, was Ehe, Ehepartnerin und Ehepartner für Sie bedeuten? Ehe bedeutet Weitergabe von Leben, zumindest, wenn man der Definition einer aktuellen Publikation des Familienbundes der Katholiken im Bistum Augsburg folgen mag. Es wird befürchtet, dass diese Bedeutung geändert werden könnte; denn in der Publikation heißt es:

Es deutet … viel darauf hin, dass die Ehe in ihrer Bedeutung geändert werden soll. Nicht mehr Weitergabe des Lebens, sondern das Gefühl soll Grundlage der Ehe werden.

Einmal abgesehen davon, dass ich ein hoffnungsloser Romantiker bin und das Gefühl als Grundlage einer Ehe gar nicht so schlecht finde, hat es schon seinen Grund, warum ich mit Ihnen über dieses Zitat bzw. die Publikation sprechen möchte, aus der dieser Artikel stammt. Der Autor argumentiert nämlich weiter damit, dass eine allein auf die Weitergabe des Lebens ausgelegte Ehe von Natur aus nur für Heterosexuelle gedacht ist. In diesem Eheverständnis ist natürlich auch kein Platz mehr für späte Ehen oder für Ehen zwi

schen Menschen, die wissen, dass sie keine Kinder bekommen können oder wollen.

Das entspricht nicht den Vorgaben unseres Bürgerlichen Gesetzbuches; denn nach dem BGB kommt eine Ehe durch Willenserklärung vor einem Standesbeamten zustande und verpflichtet die Ehepartner zum gegenseitigen Unterhalt, zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zu Verantwortung füreinander. Das klingt aus meiner Sicht nicht unbedingt romantisch, sondern nach Recht und Verpflichtung. Aber wir sollten nicht vergessen, dass die Entscheidung für Ehe und Familie eine im Grunde zutiefst wertorientierte Entscheidung ist, die der Staat aufgrund der gegenseitigen Übernahme von Verantwortung stützen und nicht verhindern sollte. Das gilt für uns unabhängig davon, ob das eine hetero- oder eine homosexuelle Übernahme von Verantwortung und Pflichten ist. Gleiche Pflichten verdienen auch gleiche Rechte.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen setzen wir von der SPD uns schon seit Langem für die volle Gleichberechtigung und ein modernes Familienbild ein. Die Publikation kann ruhig eine andere Position beziehen, wäre da nicht der Ton, in den sie dann verfällt.

Ich habe nur noch 23 Sekunden Zeit und sage Ihnen kurz und bündig, dass das Pamphlet ganz fürchterlich ist. Ich erzähle Ihnen dazu später beim Kaffee mehr, zumal jetzt so viele draußen beim Kaffee sind. Schlimm war für mich eines: Als ich das Pamphlet gelesen habe, habe ich rechts unten gesehen, dass es vom Staatsministerium für Familie und Soziales gefördert wird. Ich sage Ihnen, dass das für mich ein Schock war; denn das Papier ist homophob. Ich erkläre es Ihnen, wie gesagt, nachher draußen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe auch unter den Leuten, denen ich es gegeben habe, niemanden gefunden, der dementiert hätte, dass darin Äußerungen enthalten sind, die weit über das Ziel hinausschießen. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass unsere Ministerin Emilia Müller, die leider nicht da ist und die ich gerne direkt angesprochen hätte, hinter solchen Aussagen stehen kann, wie sie in dem Pamphlet getroffen werden. Weil wir uns das nicht vorstellen konnten, haben wir uns gedacht: Na ja, wenn die Staatsregierung das gefördert hat, hat sie entweder nicht gewusst, was darin steht – das wäre schlimm; denn was ist dann die Grundlage der Förderung, selbst auch einer institutionellen Förderung des Familienbundes? –, oder sie wusste es. Dann aber wüsste ich von der Staatsregierung gerne, ob sie die in diesem Pamphlet enthaltenen Äußerun

gen akzeptieren oder tolerieren kann; denn diese sind hart an der Grenze.

Deswegen haben wir die Staatsregierung im Dringlichkeitsantrag aufgefordert, mündlich und schriftlich darüber zu berichten, ob sie das kannte und, wenn ja, ob sie das Menschen- und Gesellschaftsbild, das in dieser Veröffentlichung dargestellt wurde, teilen und akzeptieren kann und in welcher Höhe der Familienbund gefördert wird.

Ich sehe: Meine Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, danke schön. - Ich möchte nur unseren Zuschauern und Zuhörern zur Information sagen: Dass die Ministerin nicht da ist, hat nichts mit Desinteresse zu tun, sondern sie befindet sich in Mutterschutz. Ich denke, wir wollen auch, dass sie die letzten Wochen vor der Geburt des Kindes für sich persönlich gestalten kann.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Frau Kollegin, Herr Kollege Dr. Förster hat gesagt, dass die zuständige Staatsministerin leider nicht da ist. Wer zuständig ist, weiß ich. Er hat von Frau Staatsministerin Melanie Huml gesprochen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Nein, von Frau Müller!)