Danke schön. Damit ist die Aussprache geschlossen. Der Gesetzentwurf soll gemäß dem Beschluss des Ältestenrates dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zugewiesen werden. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist es so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung über die elektronische Verwaltung in Bayern (Drs. 17/7537) - Erste Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für ein Bayerisches Transparenzgesetz (Drs. 17/7550) - Erste Lesung
Den Gesetzentwurf der Staatsregierung begründet Herr Staatsminister Söder. Ihn bitte ich gleich zum Rednerpult. Später kommt dann die Kollegin Schulze und begründet den Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Redezeit für die gesamte Aussprache beträgt 24 Minuten. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Digitalisierung ist eine der größten Herausforderungen, die es in unserer Gesellschaft, in der Wirtschaft, aber auch im Staat zu bewältigen gilt. Eines ist dabei ganz klar: Wer in der Digitalisierung vorne liegt, liegt in der Welt vorne. Eine der großen Herausforderungen in Bayern haben wir schon aufgegriffen – das muss man einmal sagen: Während in den anderen Bundesländern immer noch versucht wird, ländliche Räume an die digitale Realität anzuschließen, rollt in Bayern mit dem Breitbandausbau und dem schnellen Internet eine neue Welle der Erreichbarkeit des ländlichen Raums auf uns zu. Man
kann sagen: Der Breitbandausbau läuft, und Bayern liegt vor den anderen Bundesländern. Dies ist eine positive Nachricht.
Wir ziehen nach. Wir ziehen nicht nur nach, indem wir die Infrastruktur verbessern, sondern wir wollen auch erreichen, dass die Digitalisierung im öffentlichen Raum Sicherheit und Vertrauen schafft. Deswegen legen wir heute dieses E-Government-Gesetz vor, ein Digitalisierungsgesetz, das es ermöglichen soll, vom Papier zum schnellen Netz zu kommen, den digitalen Kreislauf zu schließen und die Daten, nicht aber die Bürger und Unternehmen, laufen zu lassen. Unser Ziel ist es, ein Gesetz zu präsentieren, das schlank gefasst ist, das technologieoffen ist, das praxistauglich ist, das dem Bürger überall, unabhängig von Ort und Zeit, die Möglichkeit gibt, Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, und das gleichzeitig durch Bürokratieabbau eine Effizienzrendite von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr erzielt. Das ist das Spannende an der Digitalisierung. Wir schaffen es damit, überall im Land Leistungen abzurufen, Geld einzusparen und Bürokratie abzubauen. Ich meine, das ist der richtige Weg, den Bayern geht.
Andere Bundesländer hinken uns da hinterher; denn in den anderen Bundesländern wird bei diesem Thema in der Regel nur an Vorgänge innerhalb der Verwaltung gedacht. Bei uns geht es darum, auch mit Bürgern und mit Unternehmen die Nutzbarkeit des digitalen Kreislaufs auszuschöpfen.
Deswegen werden mit diesem Gesetz zum ersten Mal digitale Zugangs- und Verfahrensrechte für Bürger und Unternehmen festgelegt. Ein Anspruch auf elektronische Verfahrensdurchführung, ein Recht auf elektronische Rechnungsstellung und ein allgemeiner Auskunftsanspruch werden geschaffen. Die Federführung liegt für den Auskunftsanspruch beim Innenministerium.
Was heißt das im Einzelnen? Wir schaffen zum ersten Mal digitale Rechte. Das ist das Besondere, meine Damen und Herren. Diese digitalen Rechte bedeuten, dass der Bürger einen Anspruch hat, ortsunabhängig, rund um die Uhr und in einem schrittweise aufeinander aufbauenden Vorgehen Daten abzurufen, Anträge digital zu unterschreiben, digitale Verwaltungsverfahren und den digitalen Service zu nutzen sowie digitale Formulare abzurufen, die er ausfüllen kann.
Er bekommt das Recht auf digitales Bezahlen aller Verwaltungsleistungen. Er muss also nicht unbedingt den klassischen Weg gehen, sondern er kann auch
die digitale Bezahlung einfordern. Er kann das Recht auf einen digitalen Nachweis einfordern. Das bedeutet, dass es auch einen digitalen Urkundennachweis geben muss. Er hat das Recht auf eine digitale Rechnungsstellung und natürlich auf eine verschlüsselte und sichere Kommunikation.
All das zusammen enthält das neue Gesetz, das übrigens nur zehn Artikel umfasst und gleichzeitig dazu führt, dass 40 andere Vorschriften geändert, abgeschafft oder verbessert werden. Ein solches Gesetz zu beschließen, das gleichzeitig zu Bürokratieabbau führt, ist der bayerische Weg und der richtige für unser Land, meine Damen und Herren.
Wir führen eine Besonderheit ein; damit gehe ich zugleich ergänzend auf den Gesetzentwurf ein, der gleich vorgestellt wird. Wir schaffen auch einen allgemeinen Auskunftsanspruch. Wir haben in Bayern ohnehin schon einen Weg begangen, der für die Balance der Bürger wichtig ist. Auf der einen Seite besteht ein Höchstmaß an Sicherheit. Der Bayern-Server erreicht ein Höchstmaß an Sicherheit, was die Sicherheit der Daten betrifft. Jeden Tag werden unser Netz und unsere Daten 40.000 Mal angegriffen. All diese Angriffe werden abgewehrt. Wir haben nicht nur formale technische Lösungen, sondern auch personelle Lösungen parat, indem wir Anti-Hacker-Einheiten etablieren, die sich ganz gezielt mit Angriffen aus dem Netz auseinandersetzen.
Übrigens setzen wir bei Ausschreibungen bewusst auf Insourcing, um uns von technischen Lösungen, die uns aus dem Ausland angeboten werden, unabhängiger zu machen. Und wir verstärken das Personal, damit wir wissen, wie man auf die jeweiligen Herausforderungen reagieren kann.
Unabhängig davon stellen wir über 800 Datensätze, über 1 Million Seiten, über das sogenannte OpenData-Projekt ins Netz, damit öffentlich zugängliche Daten von jedermann genutzt werden können: von der Wirtschaft, von der Wissenschaft, aber auch von den Bürgern.
Zusätzlich führen wir einen allgemeinen Auskunftsanspruch ein. Er schafft Rechtssicherheit. Jetzt komme ich zu dem Unterschied zum Vorschlag der GRÜNEN: Dabei schützen wir auch die Daten der Personen. Zwischen Datensicherheit und Datenschutz besteht nämlich ein großer Unterschied. Wir wollen, dass Daten gesichert werden, dass Datenschutz erreicht wird und Zugänglichkeit besteht und zugleich der Betroffene seine Rechte behalten kann.
Der Gesetzentwurf, der von den GRÜNEN heute vorgelegt wird, wurde von ihnen in ähnlicher Form schon 2013 eingebracht. Dazu muss man sagen: Er ist im Wesentlichen von anderen Landesgesetzen kopiert. Wir sind der festen Überzeugung, dass damit Datenschutz vernachlässigt, gegen Europarecht verstoßen und überflüssige Bürokratie geschaffen wird. Unser Ziel muss sein, mit digitalem Recht Bürokratie abzubauen. Wir dürfen damit doch nicht umgekehrt zusätzliche Hürden aufbauen. Wir in Bayern wollen Bürger schützen, nicht belasten. Wir wollen Zugangsmöglichkeiten eröffnen, meine Damen und Herren, nicht neue Wege verschließen. Besonders wichtig ist uns, im ganzen Land dafür zu sorgen, dass Digitalisierung nicht nur ein Privileg der Großstädte ist. Der ländliche Raum hat genauso Anspruch auf all diese Leistungen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigen Sie, Herr Söder, Sie feiern Ihren Gesetzentwurf gerade, als gäbe es kein Morgen. Dabei ist er, ehrlich gesagt, nicht gerade fortschrittlich und nach den Maßstäben des 21. Jahrhunderts nicht gerade digitalisierungsfreundlich oder bürgerinnen- und bürgerfreundlich. Das muss ich schon einmal festhalten.
Heutzutage kann jeder Kunde und jede Kundin einfach nachvollziehen, wo sein bzw. ihr Paket sich gerade befindet. Da ist es doch seltsam, dass das noch nicht funktioniert, wenn man beispielsweise wissen möchte, was mit dem eigenen Bauantrag im Landratsamt los ist. Die Digitalisierung könnte all dies ermöglichen; aber dazu fehlt der CSU der politische Wille.
Dabei hilft auch ihr E-Government-Gesetz nicht; denn dieser Gesetzentwurf ist nicht zukunftsweisend, sondern zögerlich, halbherzig und schon heute inhaltlich überholt. Es ist wirklich peinlich, dass darin viele Dinge nicht stehen, die man im 21. Jahrhundert mithilfe der Digitalisierung gut lösen könnte. Beispielsweise haben Sie keinerlei Regelungen zum Thema Open Data aufgeführt, während in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Sachsen, das schon vor Jahren im jeweiligen E-Government-Gesetz besser geregelt wurde.
Ihr E-Government-Gesetz ist rein technokratischer Natur und berücksichtigt nicht, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Art des Regierens und Verwaltens insgesamt hat. Seien wir doch einmal ehrlich: In einer digitalen Gesellschaft kann eine digitale Verwaltung nicht ohne Bürgerbeteiligung möglich werden. Das Großartige ist ja gerade, dass es durch eine Digi
talisierung der Verwaltung zu einem politischen Kulturwandel und zu einem lebendigen Austausch zwischen der Verwaltung auf der einen Seite und den Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite kommt.
Doch leider muss ich feststellen, dass die CSUStaatsregierung immer noch an ihrem Obrigkeitsdenken festhält, nach dem amtliche Vorgänge wie Geheimnisse vor dem Bürger und der Bürgerin geschützt werden sollen. Das sehen wir GRÜNE ganz anders.
Besonders witzig – das meine ich jetzt ironisch – finde ich den Ausspruch von Ihnen, Herr Söder, andere Länder würden Ihnen in diesen Punkten hinterherhinken. Ganz ehrlich: Bayern ist in Sachen Informationsfreiheit ein Entwicklungsland.
In 11 von 16 Ländern gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz. Auch im Bund gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz. Bremen und Hamburg haben sogar schon weitergehende Regelungen eingeführt, sogenannte Transparenzgesetze, die die Verwaltungen dazu verpflichten, bestimmte Informationen aktiv im Internet zur Verfügung zu stellen.
Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Es gibt auch ein Flächenland, nämlich Rheinland-Pfalz, das jetzt ein Transparenzgesetz vorgelegt hat. Damit ist es dem Rechtszustand, den Bayern noch gar nicht erreicht hat, einen Schritt voraus.
Auch viele Kommunen in Bayern haben die Staatsregierung schon längst überholt. Rund 70 bayerische Kommunen haben inzwischen eine Informationsfreiheitssatzung erlassen. Sie sehen, überall sind die Menschen und die Verwaltungen schon weiter als die Staatsregierung. Der Austausch zwischen den Verwaltungen und den Bürgerinnen und Bürgern klappt anderswo schon viel besser; nur Bayern hinkt hinterher. Das ist eine typische CSU-Verweigerungshaltung gegenüber all dem, was die Digitalisierung und der Fortschritt ermöglichen könnten.
Wir GRÜNE finden das sehr schade, und wir möchten das nicht, sondern wir möchten Ihnen helfen. Deswegen haben wir einen tollen Entwurf für ein Bayerisches Transparenzgesetz geschrieben und hier einge
In unserem Gesetzentwurf wollen wir das Thema Demokratie aufgreifen und zeigen, dass die demokratische Gesellschaft von mündigen und gut informierten Bürgerinnen und Bürgern lebt; denn im 21. Jahrhundert ist das Informationsrecht gegenüber der Verwaltung ein anerkanntes Bürgerrecht. Es ermöglicht den Menschen, Einsicht in Vorgänge zu nehmen, die sie betreffen. Erst wenn man einen Einblick nehmen kann, warum Vorgänge so oder so ablaufen, wenn man Gutachten lesen kann, wenn man sich Berichte der Verwaltung näher ansehen kann und Verwaltungsvorgänge transparent und nachvollziehbar ablaufen, kann man als Bürgerin und Bürger in diesem Staat ein viel klareres Bild über Informationen und Vorgänge gewinnen. Diese Transparenz schafft natürlich auch Vertrauen in den Staat, in die Kommunen und in deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit eine bessere Akzeptanz von staatlichem und kommunalem Handeln.
Zum einen möchten wir mit unserem Transparenzgesetz also Informationsfreiheit erreichen. Zum anderen möchten wir ein proaktives Vorgehen vonseiten der Verwaltung. Wir möchten, dass alle Informationen, die in der Verwaltung vorhanden und von öffentlichem Interesse sind, beispielsweise Statistiken, Gutachten und Verwaltungsvorschriften, von der Verwaltung selbst proaktiv der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Bürgerinnen und Bürger sollen nicht danach suchen und Bittsteller sein müssen, sondern die Verwaltung soll diese Informationen von sich aus anbieten.
Wir wären nicht die GRÜNEN, wenn wir nicht den Datenschutz sehr ernst nehmen würden. Wir haben bei unserem Gesetzentwurf den Datenschutz sehr streng beachtet.
Für uns GRÜNE gilt die Regel: Öffentliche Informationen sollten öffentlich gemacht werden; private Informationen bleiben natürlich privat. Das haben wir in drei Artikeln in unserem Gesetzentwurf ganz klar geregelt. Wenn Sie das näher betrachten, werden Sie sehen, dass wir hier sehr vernünftige Lösungen gefunden haben.
Zusammenfassend kann man also sagen: Staat und Politik haben eine Bringschuld. Sie müssen sich erklären, Barrieren abbauen und sich öffnen. Das Recht auf Information und Transparenz steht im Vordergrund. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir dieses
Recht im Laufe der Beratung auch im Gesetzentwurf der CSU-Staatsregierung noch berücksichtigen könnten.