Ich setze noch eins drauf: Sie haben bei der letzten Wahl im Zusammenhang mit der Ausländermaut, mit der Sie die Leute hinters Licht geführt haben, gesehen, wie gut es läuft. Die nächste Wahl wird heute schon wieder vorbereitet, diesmal durch eine Verschleppung der Asylsituation. Nächstes Mal wollen Sie eine Eskalation an der Asylfront, damit Sie sagen können: Wir räumen auf, und die anderen verschlafen es.
Sie verschleppen die Asylsituation. Sie sind nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass Sie sich weigern, die dringend benötigten Richterstellen zur Verfügung zu stellen. Beim Verwaltungsgericht in Regensburg hatten wir bisher rund 400 Fälle jährlich im Bereich Asyl zu bearbeiten. Momentan sind es in diesem Jahr schon 1.500 Fälle, und das bei gleichem Personalstand. Diese Leute schreien um Hilfe, und Sie sagen: Wir müssen Klartext reden. Jawohl, wir reden Klartext: Sie müssen handeln; denn Sie sind in der Lage, zu handeln, weil Sie regieren.
Meine Damen und Herren, aktuell haben in den letzten Monaten über 40.000 Menschen die Grenze nach Deutschland überschritten. Jetzt ruft auch die Polizei um Hilfe und sagt, sie könne das Ausländergesetz nicht mehr anwenden; auch die erkennungsdienstli
che Behandlung könne man nicht mehr vornehmen. Was wir bisher in Italien kritisiert haben, schafft unser Personal mittlerweile genauso wenig. Das bedeutet: Derzeit befinden sich 10.000 Menschen im Land, von denen niemand weiß, wer sie überhaupt sind, aus welchem Land sie stammen, welchen Status sie haben und dergleichen mehr. Dieses Staatsversagen haben Sie als Alleinregierung mitzuverantworten. Wir haben ein uniongeführtes Bundesinnenministerium. Dort sitzt kein Linker, dort sitzt keine böse Frau Nahles und auch kein GRÜNER – nein, dort sitzt ein Schwarzer und ist dort verantwortlich. Er ist dort genauso überfordert und genauso wenig willens, eine Lösung zu finden. Sie sind an dieser Stelle politisch gescheitert. Geben Sie das zu und tragen Sie dieses Thema nicht auf dem Rücken der Menschen aus, nur um eine neue Wahlkampfsituation für sich zu schaffen!
Hätten wir die Ehrenamtlichen nicht, wäre das System längst kollabiert. Sie sind hier gescheitert. Geben Sie es endlich zu, und ziehen Sie die Konsequenzen!
Liebes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von der CSU, was Sie in der Asylpolitik mittlerweile von sich geben, ist nicht Klartext, sondern das ist Stimmungsmache gegen Schutzsuchende.
Sie spalten und Sie vergiften, und das ganz bewusst und ganz gezielt. Sie spielen damit wirklich ein brandgefährliches Spiel. Ich hoffe, Sie erinnern sich noch an den Anschlag in Vorra. Heute Nacht ist in Reichertshofen im Landkreis Pfaffenhofen auch wieder eine Asylunterkunft in Brand gesteckt worden, die eigentlich demnächst bezogen werden sollte. Wollen Sie denn wirklich den Menschen, die das tun, noch die Argumente liefern, warum Sie das tun?
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU) und Josef Zellmeier (CSU))
Hören Sie endlich auf mit Ihrer schäbigen Politik! Sie schüren Vorurteile und Aggressionen, anstatt sich an die Fakten zu halten. Machen wir doch einmal den Faktencheck. Fakt ist erstens: Nicht bei uns herrscht der Ausnahmezustand und der Katastrophenmodus. Schauen Sie nach Syrien, schauen Sie nach Libyen und nach Eritrea, dann werden Sie sehen, was Ausnahme und Katastrophe ist.
Es ist doch unerträglich, wenn Sie das mit unserer Situation hier vergleichen. Die wirklich großen Probleme haben die Flüchtlinge und nicht wir hier.
Fakt ist zweitens: Die Schutzquote bei den Asylanträgen liegt bei knapp 35 % und nicht bei den 2 %, die Markus Söder im Moment immer wieder thematisiert und durchs Land trägt. Wenn man die sogenannten formellen Erledigungen einbezieht, dann sind wir momentan bei einer Gesamtschutzquote von 48,5 %.
Fast jeder Zweite genießt den Schutz aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention und anderer rechtlicher Übereinkünfte. Sehen Sie sich das endlich an, akzeptieren Sie es und hören Sie auf mit diesen verhetzenden Reden von 2 %!
(Beifall bei den GRÜNEN und SPD – Zuruf von der CSU: Was ist mit der anderen Seite? – Tho- mas Kreuzer (CSU): Das stimmt doch nicht! – Volkmar Halbleib (SPD): Doch!)
Fakt ist drittens: Sie lassen diejenigen vor Ort in Stich, die Hilfe leisten, die sich kümmern, sich engagieren und sich um Integration bemühen. Erst vor Kurzem gab es einen Brandbrief von Helferkreisen. Mittlerweile lösen sich einige Helferkreise auf – nicht, weil sie sagen, es kommen so viele Flüchtlinge, sondern weil sie sich von Ihnen und den Ministerien, von den offiziellen Stellen im Stich gelassen fühlen, weil Sie die Bürokratie aufbauen, gegen die die anderen ankämpfen müssen.
(Josef Zellmeier (CSU): Genau deshalb? - Das ist doch Quatsch! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Florian Herrmann (CSU))
Diese Helferkreise sind das Rückgrat der vielbeschworenen Willkommenskultur. Wenn wir das Wort "Willkommenskultur" nicht zur zynischen Floskel verkommen lassen wollen, dann müssen wir diejenigen stärken, die sich vor Ort engagieren und die Flüchtlin
ge unterstützen. Genau jene müssen wir unterstützen, damit wir den gesellschaftlichen Frieden erhalten.
Fakt ist: Sie sprechen davon, man müsse die Fluchtursachen bekämpfen. In der letzten Woche gab es einen Dringlichkeitsantrag der SPD im Europaausschuss. Dabei ging es darum, die Fluchtursachen auf dem Balkan zu bekämpfen – ganz genau, auf dem Balkan -, dort die Wirtschaftsbeziehungen und die Hilfsprogramme aufzubauen, damit die Menschen vor Ort eine Perspektive, eine wirtschaftliche Perspektive haben und sich etwas aufbauen können. Was tun Sie? – Anstatt zu sagen: Super Idee, müssen wir sofort umsetzen", lehnen Sie diesen Antrag mit fadenscheinigen Argumenten ab. Das zeigt: Es geht Ihnen nicht um konkrete Lösungen und die Bekämpfung von Fluchtursachen, sondern es geht Ihnen um schäbige Stimmungsmache.
Fakt ist: Durch Ihre Abschreckungsrhetorik werden Sie keinen Flüchtling davon abhalten, vor Krieg und Verfolgung zu fliehen. Dazu ist die Not vor Ort viel zu groß. Da mag sich Herr Söder noch so ins Zeug legen, mit den Diktatoren dort wird er es dann doch nicht aufnehmen – zum Glück!
(Zuruf von der CSU: Sie machen das doch! – Zu- rufe der Abgeordneten Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU) und Dr. Florian Herrmann (CSU))
Aber Sie schaffen damit, dass Sie hier vor Ort die Stimmung vergiften, dass Sie polarisieren und den gesellschaftlichen Frieden aufs Spiel setzen.
Da müssen Sie aufpassen. Das dürfen wir nicht zulassen. Deshalb fordere ich Sie eindringlich auf: Hören Sie endlich auf mit dieser Kampfrhetorik!
Fakt ist: Es gibt auch in Ihren Reihen besonnene Töne und Menschen mit aufrichtigem Engagement. Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass Martin Neumeyer in der heutigen Debatte spricht. Ich weiß nicht, ob er nicht mag oder nicht darf oder ob er schon aufgegeben hat.
Ich würde mir wünschen, dass der Wortführer in Ihrer Asylpolitik nicht Markus Söder, sondern Martin Neumeyer heißt.
Fakt ist: Was macht man, wenn man große Herausforderungen, große Aufgaben hat? – Man packt sie an. Man jammert nicht, man klagt nicht, man verschiebt die Verantwortung nicht auf andere, sondern man stellt sich ihr. Beim G-7-Gipfel konnten Sie sich selbst nicht genug loben, dass Sie mit großer Kraftanstrengung ein tolles Projekt geschultert haben.
Ja, nur einen Bruchteil dieser Kraftanstrengungen würde ich mir wünschen für eine menschenwürdige und menschliche Asylpolitik in Bayern.
Setzen Sie nicht noch mehr mutwillig den gesellschaftlichen Frieden aufs Spiel. Sie alle werden es nämlich später bitter beklagen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts von fast 60 Millionen Flüchtlingen in der Welt, angesichts einer dramatisch steigenden Zahl von Flüchtlingen in unserem Land ist es notwendig, dass wir mit diesen Herausforderungen ernsthaft umgehen und nicht Beiträge liefern, wie wir sie zuletzt vom Kollegen Aiwanger und der Kollegin Bause gehört haben. Das ist nicht der richtige Weg, sich mit den Themen auseinanderzusetzen.