Protocol of the Session on June 18, 2015

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSUFraktion auf Drucksa che 17/6416 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhal tens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten sei ner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste ein verstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor der Mittagspause rufe ich noch Tagesordnungspunkt 7 auf:

Antrag der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Klaus Adelt, Florian von Brunn u. a. (SPD) Den guten Zustand aller bayerischen Gewässer erreichen Umsetzung der EU

Wasserrahmenrichtlinie in Bayern voranbringen (Drs. 17/5620)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Scheuenstuhl das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto risiert) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir sorgen uns um das bayerische Wasser. Den Freistaat durchziehen mehr als 100.000 Kilometer Flüsse und Bäche. Unser Land schaftsbild prägen mehr als 200 natürliche und künst liche Seen mit einer Größe von mindestens drei Hek tar und viele kleine Teiche und Weiher. Das Wasser Bayerns ist nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tier und Pflanzenarten, sondern bietet auch den Men schen eine Nahrungsgrundlage, es dient als Energie quelle und wird als Verkehrsweg genutzt. Ohne unser Grundwasser wäre die heimische Trinkwassergewin nung ebenfalls nicht realisierbar.

Doch unser Wasser ist in keinem guten Zustand. Der ökologische Zustand der Gewässer ist heute lediglich bei 23 % der Oberflächengewässer gut, und ungefähr 32 % der bayerischen Grundwasserkörper befinden sich nicht in einem guten chemischen Zustand. Laut einer Prognose der höchsten fachlichen Instanz, des Landesamtes für Umwelt, verschlechtert sich die Situ ation bis ins Jahr 2021 noch einmal deutlich. Dann werden nämlich fast 40 % aller bayerischen Grund wasserkörper mit Giftstoffen belastet sein.

Bereits heute muss das Wasser von einigen Brunnen von Pflanzenschutzmitteln gereinigt werden. Mittler weile dominieren Schadstoffeinträge aus diffusen Quellen in nahezu allen Bereichen die gesamte Menge von Schadstoffen in Gewässern. So birgt der Einsatz von terbuthylazin und bentazonhaltigen Pflanzenschutzmitteln erhebliche Risiken für das Grundwasser. Oder nehmen wir das krebserregende Pestizid Glyphosat, besser bekannt unter dem Namen Roundup. Schätzungen zufolge werden in Deutsch land auf 30 bis 40 % der Ackerflächen glyphosathalti ge Pestizide eingesetzt, und in einigen Grundwasser vorkommen Deutschlands werden mittlerweile Abbauprodukte dieses Pflanzengifts vorgefunden. Diese Entwicklung ist nicht länger hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiteres Problem stellen die zu hohen Nitratwerte im Grundwasser dar. Besonders Franken ist von die sen Schadstoffen bedroht. Im Oktober 2013 leitete die EU die erste und im Jahr 2014 die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen fehlender, aber dringend notwendiger Sofortmaßnahmen ein.

Auch unser Abwassernetz befindet sich in einem be denklichen Zustand. Bei 15,7 % der öffentlichen Ab wasserkanäle Bayerns liegt ein kurz und mittelfristi ger Sanierungsbedarf mit einem Volumen von circa 4 Milliarden Euro vor. Noch schlimmer sieht es bei pri vaten Kanälen aus. Mit einer Länge von schätzungs weise 190.000 Kilometern ist das private Kanalnetz ungefähr doppelt so groß wie das öffentliche Kanal netz. Man vermutet, dass bis zu 80 % der Leitungen beschädigt sind. Auch diese Schätzung stammt übri gens vom LfU, dem Landesamt für Umwelt. Schad hafte Kanäle stellen laut Ministerium ein Risiko für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, für die Orts hygiene und für die Umwelt dar.

Wir haben daraufhin eine Vielzahl von Anträgen und Anfragen gestellt. Unsere Anträge hat die CSU in ihrer Ablehnungswut und Ignoranz bisher jedoch alle abgeschmettert. So wurde die Staatsregierung bereits aufgefordert, sich für die verbindliche Einführung eines mindestens fünf Meter breiten Schutzstreifens zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen und Gewässern einzusetzen, um der Eintragung von Schadstoffen wirksam entgegenzutreten.

Ein weiterer Punkt: Wir haben Sie aufgefordert, sich umgehend und auf allen Ebenen für ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika einzusetzen und die dafür notwendigen Initiativen zu ergreifen. Sie sollten zum Schutz der bayerischen Gewässer ein bedarfsgerech tes staatliches Sonderförderprogramm einrichten, wel ches den Erstanschluss öffentlicher Abwasserkanäle noch stärker fördert. Sie sollten endlich das Thema Umweltgefahren durch private Abwasserkanäle ange hen und durch Förderung seitens des Freistaats den Sanierungsstau beheben.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich sollten Sie sich auf allen Ebenen für ein Verbot von terbuthylazin und bentazonhaltigen Herbi ziden einsetzen. Und Sie sollten sich auf Bundes und Europaebene für eine strenge Reglementierung und ein teilweises Anwendungsverbot von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat einsetzen.

Anscheinend liegt Frau Ministerin Scharf von der CSU aber nicht viel an unserer Zukunft. So gibt es bereits heute einen merklichen Rückgang der einheimischen Fischpopulation. Wo aber noch Fische sind, da schwimmen sie in Phosphat, Glyphosat, Gülleresten und Mikroplastik.

(Lachen bei der SPD)

Auch unser Lebensmittel Nummer eins, das Trinkwas ser, ist in Gefahr. 92 % des heimischen Trinkwassers wird aus Grundwasservorkommen gewonnen. Dieses

ist aber akut gefährdet. Wir, die Landtagsfraktion der SPD, fordern deshalb, verbindliche Ziele für den Frei staat Bayern festzulegen. Alle Oberflächengewässer und alle Grundwasserkörper müssen schnellstmög lich, spätestens jedoch bis zum Jahr 2021 in den durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie gefor derten guten ökologischen und guten chemischen Zu stand versetzt werden. Das sind wir den kommenden Generationen schuldig.

Bedanken möchte ich mich bei Barbara Hendricks, unserer Bundesumweltministerin, die endlich gehan delt hat. Bayern muss jetzt nachziehen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb mein Aufruf an Frau Hendricks, in Ihren Be mühungen nicht nachzulassen. Danken möchte ich auch meinen SPDKollegen des Umweltausschusses in der vergangenen Legislaturperiode: Ludwig Wör ner, Natascha Kohnen und Kathrin Sonnenholzner haben sich vehement für die Verbesserung des Was sers eingesetzt. Eine Interpellation zum Thema Was ser hat uns wesentlich weitergebracht. Erwähnen möchte ich auch noch Christian Schmidt, unseren Bundeslandwirtschaftsminister, der die katastrophale Lage des Wassers und die Verantwortung seines Mi nisteriums und Deutschlands langsam erkennt. Etwas Nachsicht sollte man mit ihm aber schon haben; denn er hat Erfahrung mit dem Begriff "guten Zustand". Schließlich hat er auch die Bundeswehr in einem, das sage ich jetzt in Anführungszeichen, "guten Zustand" hinterlassen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Hünnerkopf. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Hünnerkopf.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kolle ge Harry Scheuenstuhl, uns verbindet sicherlich die Sorge um unsere Gewässer, um unser Grundwasser, um die Fließ und Stillgewässer. Insoweit sind wir d’accord. Wir wollen auch nichts beschönigen. Es gibt noch einiges zu tun und zu korrigieren. Manche Aus sagen werden aber nicht dadurch besser, dass man sie ständig wiederholt.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf darauf hinweisen, dass wir diesen Antrag sei nerzeit schon im Ausschuss für Umwelt und Gesund heit behandelt haben, ebenfalls im Ausschuss für Bundes und Europaangelegenheiten und im Aus schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Überall wurde der Antrag abgelehnt. Worum geht es?

Es geht um die Umsetzung der Europäischen Was serrahmenrichtlinie und den guten Zustand der Ge wässer, den wir alle erreichen wollen. Wir wissen, un sere Grundwasserkörper sind sensible Gebilde, und wir müssen aufpassen. Ein Thema, das derzeit häufig diskutiert wird, ist das Herbizid Glyphosat. Lieber Herr Scheuenstuhl, wir haben neulich gehört, dass Glypho sat in 99 % der Grundwasserproben nicht nachzuwei sen ist. Es ist nur in einem Prozent des Grundwassers ansatzweise nachzuweisen. Deshalb kann man nicht sagen, unser Grundwasser wäre durch Glyphosat akut gefährdet.

(Beifall bei der CSU)

Zur Sanierung der Abwasserkanäle: Bei diesem Thema sind wir gefordert, und das räume ich auch ein. Wir haben aber seit vielen Jahren unseren Kom munen klargemacht, dass nur die Erstinvestition in Wasserversorgungsanlagen und Abwasserkläranla gen staatlich gefördert wird und die Sanierung dieser Anlagen und damit auch der Kanäle aus den Gebüh ren und Beiträgen finanziert werden muss. Auch wir sehen, dass das vielen Kommunen Probleme macht. Wir sind deshalb dabei, eine Härtefallregelung zu defi nieren, um die Kommunen zu unterstützen.

Die Bewirtschaftungsziele sind im Wasserhaushalts gesetz des Bundes definiert und geregelt. Da werden die Bewirtschaftungsziele für die Gewässer formuliert und Fristen, aber auch Ausnahmen, festgelegt. Man muss auch sagen, dass zweimal Fristverlängerungen möglich sind, und zwar einmal von 2015 bis zum Jahr 2021; außerdem gibt es die Möglichkeit der Ver längerung bis zum Jahr 2027. Selbst dann ist es noch möglich, wenn es unter nach den gegebenen Umstän den nicht möglich war, die Ziele zu erreichen, die Fris ten weiter zu verlängern.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Warum sage ich das? – Jeder von uns, der mit dieser Arbeit in der Praxis zu tun hat, erfährt, dass diese Sache nicht einfach ist. Ich erinnere nur an die Fränki sche Saale. Jeder, der sich damit auskennt, weiß, dass wir dort seit Jahren versuchen, ordentliche Maß nahmen für das Gewässer umzusetzen. Bislang ist es aber noch nicht gelungen, alle, die betroffen sind, unter einen Hut zu bringen. Was ich eigentlich sagen will: Manche Arbeiten an Gewässerstrecken sind nicht von heute auf morgen und auch nicht in fünf Jahren im Sinne des Gesetzes zu bewältigen. Daher brau chen wir längere Fristen, und das muss man akzeptie ren. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist für uns sehr wichtig. Wir brauchen also nicht zwingend davon aus

gehen, dass wir bis zum Jahr 2021 alles abschließen müssen.

Außerdem ist anzumerken: Die Bewirtschaftungsziele in der zweiten Periode, also von 2016 bis 2021, wer den durch die Bayerische Staatsregierung in einem Maßnahmenumfang von rund 600 Millionen Euro fi nanziert. Das sind nicht zu vernachlässigende Zahlen. Außerdem kommen dazu noch Fördermittel im Rah men des KULAP – Kulturlandschaftsprogramms , die noch einmal 600 Millionen Euro umfassen, um diesem Wunsch und den Anstrengungen für den Schutz unse rer Gewässer nachzukommen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Steinber ger?

Am Ende darf gern jeder fragen. Eine Maßnahmenverstärkung ist aus unserer Sicht derzeit nicht erforderlich. Auch deshalb haben wir, lieber Herr Kollege, diesen Antrag abge lehnt.

Wir wollen die Bereitschaft zur Umsetzung von Maß nahmen weiter erhöhen. Wir haben heute im Hause eine Ausstellung eröffnet, die den Titel trägt: "bo den:ständig". Auch da wurde deutlich, dass es wichtig ist, die betroffenen Menschen mitzunehmen. Manch mal bedarf es dafür auch einiger Jahre mehr.

Ich will auch noch darauf hinweisen, Herr Kollege: Die SPD hat in einem Gesetzentwurf im November 2014 die Einführung von durchgehenden Gewässerrand streifen gefordert. Gleichzeitig fordert sie nun, die Wasserrahmenrichtlinien voranzubringen und die Ge wässerrandstreifen zu komplettieren. Sie wissen, das sage ich jetzt in Anführungszeichen, "nur" an 36 % der Fließgewässer sind Maßnahmen im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie möglich. Alle anderen sind verbaut, oder es sind andere Maßnahmen erforder lich. Es sind also nicht an 100 % der Flächen Maß nahmen zu ergreifen. Wir haben schon vieles erreicht, durch unsere Ämter, vor allem durch die Wasserwirt schafts und die Ämter für ländliche Entwicklung.

Ich habe vor Kurzem darauf hingewiesen, dass wir seitens der CSU zuversichtlich sind, dass gerade die Greeningmaßnahmen greifen. Nachdem erste Zwi schenergebnisse vorliegen, will ich darauf hinweisen. Diesen Mehrfachanträgen, die im Frühjahr immer zu stellen sind, zufolge haben unsere Landwirte inzwi schen folgende Maßnahmen vorgesehen – ich bitte die Zahlen zu beachten –: Auf 3.500 Hektar Gewäs ser und Erosionsschutzstreifen, auf über 16.000 Hek tar die Umwandlung von Acker in Grünland, in der Regel an Gewässern, und 51.000 Hektar sollen der extensiven Grünlandnutzung an Gewässern zugeführt

werden. Diese Zahlen beweisen, dass unser Weg der Kooperation, der Freiwilligkeit und der Einbeziehung der betroffenen Besitzer und Nutzer wirklich ein schlägt. Das Kulturlandschaftsprogramm fördert diese Maßnahmen sehr intensiv.

Sie von der Opposition fordern, einen fünf Meter brei ten Streifen abzumarken. Es heißt immer, die anderen Bundesländer machen das. Dazu muss ich sagen: Ich war in der Pfingstwoche in Hessen unterwegs, und ich habe dort an vielen Stellen entlang von Gewässern keine Pufferstreifen gesehen. Womöglich gibt es da ein Umsetzungsdefizit. Ich will damit nur sagen: Auch hier in Bayern sind wir natürlich gefordert zu handeln; wir wissen das, wir tun das.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. Mir wur den zwei Zwischenbemerkungen gemeldet, zunächst einmal von Frau Kollegin Steinberger. Bitte, Frau Kol legin, wenn Sie mir Ihr Mikrofon anzeigen. – Bitte schön.

Herr Kollege Hünner kopf, ich möchte auf zwei Aspekte eingehen, die Sie angesprochen haben.

Der erste sind die Gewässerrandstreifen. Bayern ist wirklich das letzte Bundesland, das sie nicht verpflich tend vorschreibt. Wenn Sie in Hessen Gegenden be sucht haben, in denen das nicht durchgesetzt ist, ist das eine Frage des Vollzugs, keinesfalls des Geset zes. Auch wenn Sie noch so viele Flächen nennen, die in Bayern im Weg des KULAP tatsächlich in Rand streifen umgewandelt werden, muss ich fragen: Wieso machen wir es in Bayern nicht so wie alle anderen Bundesländer und schreiben das verpflichtend vor? Das ist für die Gewässergesundheit wesentlich effekti ver. Sonst dauert es, wie der Kollege Dr. Magerl schon gesagt hat, bis zum SanktNimmerleinsTag, bis wir die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie erfül len.