Protocol of the Session on June 18, 2015

versucht, Ihren Standpunkt darzulegen. Gleichzeitig haben Sie weit am Thema vorbei gesprochen und sich nicht vorab gründlich über die Sachverhalte infor miert. Unter anderem haben Sie der CSUFraktion un terstellt, sie würde den ehrenamtlich Tätigen, die bei der Asylproblematik eine segensreiche Arbeit leisten, nicht genügend danken. Jetzt frage ich Sie, ob Sie den Antrag, dessen Ablehnung Sie eben eloquent, aber argumentativ nicht sehr stimmig zu begründen versucht haben, gelesen haben; denn der Antrag lau tet, ich zitiere:

Der Landtag wolle beschließen: Der Landtag dankt der Staatsregierung, den bayerischen Kommunen und insbesondere auch allen Ehren amtlichen für die großen Anstrengungen bei der Hilfe für Flüchtlinge in Not.

Haben Sie den Antrag überhaupt gelesen? Wie kom men Sie dazu, der CSUFraktion zu unterstellen, dass sie diesen Dank nicht ausspricht? Wenn Sie den An trag nicht gelesen haben, würde mich interessieren, warum Sie ihm, wie ich Ihren Worten entnehme, nicht zustimmen wollen, obwohl Sie genau das Gleiche for dern.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Waschler, ich kann lesen, aber Sie können nicht zuhören. Ich habe den Kollegen Kreuzer angesprochen, und der Kollege Kreuzer hat in seiner wie auch immer elo quenten Rede kein einziges Wort des Dankes für die aufwendige und aufopferungsvolle Arbeit der Helferin nen und Helfer in den Unterkünften gefunden. Schrei

ben kann man vieles; Papier ist geduldig. Aber es wäre dann, wenn der Fraktionsvorsitzende über Flüchtlingspolitik spricht und darüber, welche Leistun gen sie von den Kommunen erfordert, gut, auch ein mal die Leistung derjenigen anzusprechen, die diese Arbeit tagtäglich erbringen und die sich tagtäglich über Schikane, bürokratische Hindernisse und Hürden ärgern, die ihnen von Ihrer Politik in den Weg gelegt werden. So ist es nämlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Einen Moment bitte. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Pfaffmann.

Nachdem der Wett lauf im Dankeschönsagen offensichtlich begonnen hat, frage ich Sie, Frau Bause, ob Sie mir den Gefal len tun, Herrn Dr. Waschler zu fragen, ob er und die CSUFraktion beim Wettlauf um die Dankesworte be reit wären, den Worten Taten folgen zu lassen und die Ehrenamtlichen als Dankeschön voll zu finanzieren und für eine ausreichende Personalausstattung zu sorgen,

(Zuruf von der CSU: Dann ist es kein Ehrenamt mehr! – Thomas Kreuzer (CSU): Sie wissen nicht einmal, was Ehrenamt ist!)

als Dankeschön an das Ehrenamt Koordinierungs zentren einzurichten und zu finanzieren und als Dan keschön an das Ehrenamt für schnellere Verfahren und humanere Situationen in den Unterkünften zu sorgen. Das wäre ein echtes Dankeschön, das weit über Worte hinausgeht.

Ich hoffe, dass die Hör fähigkeit von Herrn Waschler jetzt wieder zugenom men hat

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Besser als Ihre …!)

und er Ihre Frage tatsächlich gehört hat. Die Antwort muss er selber geben. Aber in der Tat ist es so, dass zur Unterstützung des Ehrenamtes natürlich auch die Stärkung der Hauptamtlichen in den Unterkünften ge hört. Wir brauchen Asylsozialarbeit, damit die Ehren amtlichen diese Aufgabe nicht auch noch überneh men müssen und überhaupt nicht mehr wissen, wohin sie zuerst langen sollen. Zur Unterstützung des Eh renamtes gehört genau, die Hauptamtlichen zu unter stützen und zu fördern.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): 1 : 300!)

Deswegen darf der Dank nicht nur ein nettes Wort sein, sondern dazu gehören auch geeignete struktu relle Maßnahmen, damit die Arbeit der Ehrenamtli chen die richtige Wertschätzung erfährt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Aiwanger.

Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Die bayerische Bevölkerung erwartet von uns, dass wir das Problem der steigenden Flüchtlings zahlen in den Griff bekommen. Ich hatte soeben eine Besuchergruppe hier, und da wurde spontan gefragt: Wie soll es denn weitergehen? So kann es nicht wei tergehen. Das ist eine Stimme aus dem Volk; so ist die Wahrnehmung draußen.

Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Die Realitäten sehen eben so aus, dass sich die Kommunen nach der Decke gestreckt haben und dass sie geholfen haben, den großen Ansturm abzufedern. An dieser Stelle geht ein großer Dank an die Ehrenamtlichen und an die Kommunalpolitiker dafür, dass sie bisher Schlimmeres verhindert haben. Das ist die Sachlage.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, es ist ebenfalls politische Sachlage, dass Summen von bis zu 3 Milliarden Euro in diesem Doppelhaushalt im Raum stehen, die der bayerische Steuerzahler auf den Tisch legen muss, damit das Flüchtlingsthema finanziell bewerkstelligt werden kann. Das sind ein paar Milliarden Euro mehr als anfangs errechnet. Geplant war eine Milliarde Euro, und das war schon eine ordentliche Summe. Jetzt sollen es drei Milliarden Euro werden. Meine Damen und Herren, wir sind von der bayerischen Be völkerung als Abgeordnete gewählt und werden der Bevölkerung erklären müssen, ob die drei Milliarden Euro zielgerichtet eingesetzt werden, ob sie nötig sind oder ob wir nicht an der einen oder anderen Stelle durch eine andere Vorgehensweise in der Asylpolitik zu einem Ziel kommen, das da lautet: Es geht auch mit weniger Geld. Das sind wir auch dem Steuerzah ler schuldig.

Lassen Sie uns das Thema einmal unter dem Ge sichtspunkt der kommunalen Betroffenheit und der fi nanziellen Möglichkeiten des Freistaats diskutieren. Meine Damen und Herren, wir FREIE WÄHLER kriti sieren, dass wir es bis heute nicht geschafft haben, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genü gend Personal bereitzustellen. Sie haben es zwar quasi über Nacht geschafft, genügend viele Kontroll

eure – 1.000 Leute und mehr – zur Kontrolle der Min destlohnbürokratie aus dem Zylinder zu zaubern. Hät ten wir sie aber an dieser Stelle, würden viele Fälle schneller, zielgerichteter und am Ende für die Steuer zahler und für den Flüchtling vielleicht humaner zum Ziel geführt. Eine Lösung, wie die Verfahren beschleu nigt werden können, steht weiterhin aus.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir stellen darüber hinaus fest, dass wir es bis heute nicht geschafft haben, sichere Herkunftsregionen poli tisch festzuzurren. Da richte ich einen Appell an Rot Grün, auch wenn wir hier im Bayerischen Landtag und nicht im Bundestag und im Bundesrat sind. Bitte wirken Sie auf Ihre Parteien dort ein, den Balkan als sichere Herkunftsregion zu sehen. Vielleicht läuft auch dort etwas im Sinne der Menschlichkeit schief; das wollen wir gar nicht bestreiten. Aber bei der übergro ßen Mehrheit der Asylbewerber vom Balkan können wir heute davon ausgehen, dass das Kriterium des politischen Asyls nicht anwendbar ist, was auch immer die Zahlen über Entscheidungen bringen wer den. Bitte nehmen Sie an dieser Stelle die Realitäten zur Kenntnis! Damit ersparen wir uns sehr viel Büro kratie und locken nicht Menschen in ein Asylverfah ren, an dessen Ende sie enttäuscht heimgeschickt werden. Hier ist eine klare Ansage von Anfang an die humanitärere und sinnvollere Lösung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, bleiben wir bei dem Ge danken, vor Ort tätig zu werden. Von mir kam ja schon vor sehr langer Zeit der Vorschlag, in Nordafri ka gezielt vor Ort tätig zu werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, am Ende meiner Ausführungen. Ich würde nicht pauschal sagen, das gehe nicht. Natürlich kann ich nicht nach Libyen oder Syrien, wo der Bürgerkrieg tobt, mit einem Zentrum gehen. Aber wir haben solche Auffan geinrichtungen bereits in Jordanien, im Libanon und in der Türkei. Ich würde also einmal die Frage stellen, warum es nicht auch möglich sein sollte, dort – es gibt schon humanitäre Aktionen, und die Leute werden teilweise medizinisch behandelt – zumindest den Ver such zu unternehmen, Asylverfahren vorzuschalten und zu entscheiden: Wer nachgewiesenermaßen poli tisch verfolgt ist und das dort schon dokumentieren kann, kann auf sicherem Weg hierher gebracht wer den.

Da habe ich auch eine Frage an RotGrün. Es wird gesagt: Das geht überhaupt nicht; der Betreffende

muss mindestens schon die Fahrt über das Mittel meer geschafft haben. Natürlich darf es keine Alterna tive sein, indem man sagt: Es geht nur noch in Nord afrika und nicht mehr in Deutschland. Das will aber auch keiner. Warum sollen wir um Gottes Willen nicht den Versuch unternehmen, für diejenigen, die es in Nordafrika in eine Aufnahmeeinrichtung geschafft haben, die Verfahren dort vorzuschalten?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge ordneten der CSU)

Genauso sollten wir, wenn UNMandate diskutiert werden, darüber nachdenken dürfen, Flüchtlingsboote dort zu zerstören, was ich übrigens für eher fragwür dig halte: Wie will man denn nachweisen, dass je mand mit den Booten nicht Fische fangen, sondern Flüchtlinge aufs Meer bringen will? Aber hier wird ernsthaft diskutiert.

Warum sollen wir nicht ernsthaft über den Vorschlag diskutieren, jemanden, der mit einem schnell zusam mengezimmerten Floß auf das Meer hinaustreibt und nach drei oder fünf Kilometern aufgelesen wird, nicht zwangsläufig nach Europa, sondern vielmehr in be stehende Aufnahmeeinrichtungen im Libanon oder in Jordanien zu bringen? Ich sage Ihnen: Das Ge schäftsmodell vieler Schlepper bräche zusammen wie ein Kartenhaus. Niemand würde mehr 5.000 Euro für die Fahrt auf den Tisch legen, wenn er wüsste, dass er fünf Kilometer weiter draußen aufgefischt und zu rückgebracht wird. Dann würde niemand mehr Geld für eine Fahrt mit dem Schlepper auf den Tisch legen.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Wenn der Betreffende in der Aufnahmeeinrichtung vor Ort humanitär bestens behandelt wird und eventuell einen ordentlichen Asylantrag stellen kann, dann ist das ein Versuch, über den wir zumindest diskutieren müssen. Es kann nicht sein, dass hier gesagt wird: Darüber reden wir überhaupt nicht.

Ich begrüße den Vorstoß der SPD, die fragt, wie das konkret aussehen soll. Vielleicht schaffen es CSU und Staatsregierung, dies darzustellen; vielleicht schaffen Sie es auch nicht. Die Chance sollten wir ihnen jeden falls geben. Daher sehen wir die Möglichkeit, dem An trag zuzustimmen. Ich will Aufklärung von der Staats regierung. Die CSU ist in der Bundesregierung vertreten und hat entsprechende Kontakte. Machen Sie sich Gedanken und stellen Sie uns dar, wie das laufen soll.

In meiner Zusammenfassung möchte ich darauf ein gehen, was wir aus bayerischer Sicht tun können. Man kann durchaus sagen, dass der Antrag die unge schriebene Überschrift trägt: "Was würde ich tun,

wenn ich Weltpolitik allein gestalten könnte?" Das gebe ich zu. Das ändert nichts an der Frage, was wir aus bayerischer Sicht tun können.

Herr Minister Herrmann, Sie werden nachher noch reden. Wir haben ein Gespräch geführt – das darf ich sicherlich so offen sagen; denn das ist kein Geheim nis , in dem wir nach Möglichkeiten gesucht haben, Rettungsmaterial in schon bestehende Hilfeeinrichtun gen zu verbringen. Da geht es auch um das berühmte Feuerwehrauto, das in ein Flüchtlingslager in Jordani en oder Syrien gebracht werden soll. Ich erwähne auch an dieser Stelle das humanitäre Engagement von Christian Springer vor Ort.

Aber der Freistaat Bayern hat bis heute keinen Topf eingerichtet, aus dem er solche Unterstützungsmaß nahmen finanzieren kann. Wir FREIEN WÄHLER sind an einem Feuerwehrauto dran, werden es mit Spen dengeldern aus dem eigenen Abgeordnetenkreis be zahlen und dann hinüberbringen. Geben Sie mir bitte einen Tipp, wie das zukünftig besser ablaufen könnte.

Ich kündige heute schon an, dass wir FREIEN WÄH LER in den nächsten Haushaltsverhandlungen den Antrag stellen werden, einen Haushaltsposten einzu richten, um gebrauchte Hilfsgüter, was auch immer, in Krisenregionen bringen zu können. Wenn wir drei Mil liarden Euro der bayerischen Steuerzahler ausgeben, um die Menschen bei uns unterzubringen, dann müs sen wir doch auch in der Lage sein, einen Topf mit ein paar Hunderttausend oder ein paar Millionen Euro aufzulegen, um den Kommunen gebrauchte Feuer wehrautos abkaufen zu können. Es wäre ein Armuts zeugnis, wenn wir das nicht schaffen würden.

(Zuruf von der SPD: Was sollen denn die mit Feuerwehrautos?)

Wenn Sie fragen, was die Menschen dort mit Feuer wehrautos wollen, dann sehe ich, dass Sie sich noch nicht über die Lage vor Ort informiert haben. Laden Sie Christian Springer zu sich ein; er erklärt Ihnen das. In diesen Flüchtlingslagern leben 100.000, manchmal 200.000 Menschen auf freiem Feld. Durch offenes Feuer brennen dort manchmal Zelte ab und dergleichen mehr. Die Verantwortlichen vor Ort sagen uns: Wenn wir dort mit Feuerwehrausrüstung einen geeigneten Brandschutz aufziehen könnten, wäre die sen Menschen geholfen. Diese Hilfe läuft.

(Lachen bei Abgeordneten der CSU)

Wenn Sie dort hinten nur lachen und den Kopf schütteln, dann zeigt das: Auch Sie haben die Realität dort nicht erkannt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Wir müssen das Flüchtlingsthema in den Griff kriegen, sodass den wirklich Verfolgten geholfen werden kann. Wir müssen den Kommunen hier den Rücken freihalten. Wir müs sen der Bevölkerung zeigen, dass auch wir als ge wählte Politiker noch in der Lage sind, die Realität zu erkennen und Probleme gezielt anzugehen. Deshalb werden wir FREIEN WÄHLER den Antrag der CSU unterstützen. Wir werden auch den Antrag der SPD unterstützen, die Staatsregierung solle erklären, wie diese Einrichtungen aussehen sollen. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Ich sage sehr deut lich: Wir sind es der Bevölkerung schuldig, hier ver nünftige Antworten zu finden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Aiwanger. Herr Kollege Länd ner.