Protocol of the Session on March 26, 2015

Zweitens. Was würde der SPD-Abgeordnete tun, damit offensichtlich nicht ausreichende handelsrechtliche Regelungen, nach denen die Unternehmen derzeit ihre Rückstellungen bilden, so geändert werden, dass sie in Zukunft ausreichen? Denn Unternehmer leisten bisher nichts anderes, als den gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen.

(Beifall bei der CSU)

(Vom Redner nicht auto- risiert) Erstens. Nach meinem heutigen Kenntnisstand müssen Anteilseigner – sei es die Landeshauptstadt München oder sonst jemand – natürlich gleich behandelt werden. Die entsprechenden Forderungen gelten natürlich auch für die Stadt München. Warum sollte hier eine Ausnahme passieren? Das ist zwar ein bisserl komisch, weil man sagt, hier sei auch die öffentliche Hand betroffen. Aber wenn sich die öffentliche Hand in den Bereich der wirtschaftlichen Aktivitäten begibt, gibt es manchmal größere Gewinner und manchmal kleinere Gewinner. Natürlich werden die Stromüberschüsse in der Regel den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt. Das ist der Unterschied zu privaten Gesellschaften.

Zweitens. Was die Sicherung in Bezug auf die Frage angeht, wie das die Stadt München oder andere machen können, wenn die Öffentlichen beteiligt sind, haben Sie natürlich recht. Wenn dieser Bereich nicht ausgegliedert ist und die Stadt komplett haftet, dann haften natürlich die Bürger indirekt mit. Ich nehme an, diese Frage wollten Sie beantwortet wissen.

Herr Scheuenstuhl, sind Sie fertig?

Ja, ich bin fertig.

Die zwei Minuten sind vorbei. Das passt; wunderbar.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, jetzt haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit den Gemeinsamkeiten anfangen, also damit, was Bund und Länder, aber auch wir hier im Parlament 2011 gemeinsam beschlossen haben, nämlich aus der Atomenergie auszusteigen, sofort sieben ältere und nach und nach alle weiteren Kernkraftwerke stillzulegen. In diesem Jahr wird, wie Herr Kollege Kirchner zu Recht gesagt hat, das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz gehen. Zudem haben wir auf Bundesebene mit dem Standortauswahlgesetz das Verfahren für die Endlagersuche neu geregelt.

Man ist sich darin einig, dass die Stilllegung dieser Kernkraftwerke, aber auch der Umstieg auf die erneuerbaren Energien die Energieversorger und die Kraftwerksbetreiber wirklich vor große Herausforderungen stellt. Dass dies auch zu Umstrukturierungen führt, werden wir – mit mehr oder weniger Mitleid, wenn ich Herrn Stümpfig sehe – vielleicht wieder unterschiedlich bewerten. Aber insgesamt wissen wir, dass das auf alle Fälle große Herausforderungen sind.

Klar ist aber auch – darin sind wir uns einig, auch Herr Scheuenstuhl hat das zu Recht gesagt -, dass hier die Energiekonzerne in der Verantwortung stehen. Nach geltendem Recht stehen sie in der Verantwortung – das ist auch die Erwartungshaltung der Staatsregierung -, die Kosten für die Stilllegung und den Rückbau genauso zu tragen wie die Kosten für die Entsorgung und die Endlagerung. Herr Stümpfig, das ist im Atomgesetz so geregelt. Hier gilt eindeutig das Verursacherprinzip. Wir sind uns darin einig, dass wir diese Kosten nicht auf den Steuerzahler abwälzen wollen, sondern dass das Verursacherprinzip gilt.

(Beifall bei der CSU)

Klar ist auch: Die Erwartungshaltung gegenüber den Energiekonzernen ist, hierfür die notwendigen Mittel vollumfänglich zur Verfügung zu stellen. Wie bereits gesagt worden ist, sind Rückstellungen in Höhe von 36 Milliarden Euro bereits erfolgt. Herr Glauber, diese gewaltige Summe entspricht 45 Mal der Landesstiftung. Wir wissen natürlich, dass diese Summe notwendig ist, weil wir hier das Verursacherprinzip klar sehen.

Allerdings verschließen wir die Augen auch davor nicht, dass es in der Zukunft große Herausforderungen gibt. Deshalb war es uns so wichtig, hier belastbare Grundlagen zu bekommen. Deshalb war es richtig, hier vom Bund Rechtsgrundlagen zu fordern. Sigmar Gabriel hat diese vorgelegt. Aber das 150 Seiten umfassende Gutachten ist noch nicht bewertet. Sie können sicher sein, dass die Prüfungen in Bezug auf das letzten Freitag eingegangene Gutachten in

der Staatsregierung auf Hochtouren laufen. Ich halte es nicht für sinnvoll, hier auf Schnellschüsse zu setzen. Auf sehr dünnem Eis mit großen Lasten zu hantieren, kann sehr gefährlich sein. Deshalb rate ich nicht zu einem schnellen Vorgehen.

(Beifall bei der CSU)

Der Abstimmungsprozess wurde vom Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung des Bundeswirtschaftsministers eingeleitet. Damit sind mehrere Bundesministerien betraut; denn es gibt ebenso wie in der Bayerischen Staatsregierung mehrere Zuständigkeiten, etwa das Umweltministerium und das Finanzministerium. Sie können sicher sein, dass es notwendig ist, hier einen entsprechenden Abstimmungsprozess durchzuführen. Das ist wirklich eine sehr ernste Angelegenheit. Hier müssen durchaus berechtigte Rechtsfragen geklärt werden, zum Beispiel die Fragen von Herrn Michael Hofmann. Hier ist an allerhöchster Stelle Sorgfalt angesagt. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass die Kosten nicht auf die Bürgerinnen und Bürger übergehen, sondern dass es beim Verursacherprinzip bleibt. Das ist eine sichere und wichtige Geschichte. Ich finde aber auch sehr wichtig, dass wir in einem speziellen Punkt noch weitergehen – das kann ich unterschreiben – und einen sogenannten Stresstest vornehmen. Diesen Vorschlag halte ich angesichts der unglaublichen finanziellen Dimension, über die wir sprechen, für mehr als angemessen, damit wir alle mehr Klarheit erhalten. Deshalb steht er ganz oben auf der Agenda und ist für meine Begriffe unverzichtbar, um Klarheit zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur sagen, wir stehen wirklich am Anfang von Verhandlungen. Wir stehen auch in einer gemeinsamen Verantwortung. Wir sehen aber auch ganz klar die Verantwortung bei den Konzernen. Ich sage Ihnen noch einmal, dass endgültig und definitiv immer wieder klar gesagt werden wird: Der Atomausstieg ist beschlossen, und zwar im Konsens mit allen, und er wird auch um keinen einzigen Tag verschoben werden. Mir ist es wichtig, dies in diesem Zusammenhang immer wieder zu betonen.

Ich kann Ihnen auch zusagen, dass wir Sie immer laufend informieren werden, was die Seite der Staatsregierung betrifft, und ich versichere Ihnen, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten, und zwar in unser aller gemeinsamem Interesse. Ich sage es noch einmal: Ich glaube, dieses Thema eignet sich nicht für Schnellschüsse. Deshalb werden wir unserem Antrag zustimmen und die anderen Anträge ablehnen. Ich hoffe, dass wir zu einer gemeinsamen guten Lösung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger kommen.

(Beifall bei der CSU)

Herzlichen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/5849 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/5878 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/5879 – das ist der Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das ist die CSU. Danke schön. Gegenstimmen? – BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. – Stimmenthaltungen? – SPD und FREIE WÄHLER. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Nun rufe ich zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Dr. Florian Herrmann u. a. und Fraktion (CSU) Wirksame Bekämpfung linker Gewalttäter sicherstellen (Drs. 17/5850)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Wirksame Bekämpfung extremistischer Gewalttäter sicherstellen (Drs. 17/5880)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Versammlungsfreiheit friedlicher Demonstrantinnen und Demonstranten

ermöglichen - gewalttätige Ausschreitungen bei Blockupy-Protesten verurteilen! (Drs. 17/5881)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Kollege Dr. Florian Herrmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hamburg im Dezember 2012, alle Jahre wieder am 1. Mai in Berlin oder Frankfurt im März 2015: Eine Schneise der vom linken Mob durchgeführten Gewalt zieht sich durch unsere Städte. Gewalttätige Randale hat mit einem demokratischen Verständnis von Demonstrationen aber nichts zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Daher verurteilen wir die gewalttätigen Ausschreitungen linksextremer Gruppen anlässlich der Einweihung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt aufs Schärfste.

(Beifall bei der CSU)

220 Personen wurden verletzt. Hauptleidtragende waren wieder einmal etwa 150 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Darüber hinaus kam es zu massiver Gewalt gegen Geschäfte, Haltestellen, Polizeifahrzeuge und sogar zwei Fahrzeuge der Feuerwehr. Es kann eingeweiht werden, was will, und man kann dazu stehen, wie man will; wer aber sogar Feuerwehrfahrzeuge zerstört, zeigt, dass es ihm ausschließlich um das Zerstören um des Zerstörens willen geht und um sonst gar nichts.

(Beifall bei der CSU)

Es gibt aber auch überhaupt keinen Grund – überhaupt keinen –, Polizeiautos, Haltestellen, Schaufenster von Geschäften oder Ähnliches zu zerstören. Wer andere Menschen angreift und verletzt, Menschen, die einfach vor Ort waren, oder eben Polizeibeamte, die vor Ort sein mussten, weil sie ihren Dienst getan haben, der positioniert sich außerhalb unserer Rechtsordnung, außerhalb jeglicher demokratischer Diskussionskultur. Solche Menschen sind schlichtweg Rechtsbrecher, und dafür gehören sie auch verfolgt und bestraft.

(Beifall bei der CSU)

Ich will auch ganz deutlich sagen: Solche Leute sind auch keine, wie es immer beschönigend heißt, Aktivisten, auch keine bunten Aktivisten; denn "Aktivisten" klingt so positiv; aktiv sein ist ja etwas Gutes. – Nein, das sind keine Aktivisten, sondern Polizistenhasser und letztlich Feinde unserer Demokratie.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Bravo!)

Genau an dieser Stelle scheiden sich bereits die Geister; denn in unserer Diskussion, in der politischen Diskussion und in der gesellschaftlichen Diskussion, wird diese klare Einschätzung, dass solche Ausschreitungen zu verachten sind, nicht rundweg geteilt, ganz im Gegenteil. Das ist das Problem, das wir politisch und gesellschaftlich und auch im Bayerischen Landtag diskutieren müssen. Zitat: "Das sind doch nur brennende Autos: Beruhigt euch mal wieder!" So überschreibt der Bochumer GRÜNEN-Stadtrat Karsten Finke einen Beitrag über die Krawalle in Frankfurt.

(Zuruf von der SPD: Den kennt doch keiner!)

Zu der Szenerie einer Stadt in Flammen merkt derselbe Stadtrat an, ihn wundere es "immer wieder, wie die Deutschen ausrasten, wenn hier Pkw angezündet werden. Das könnte auch etwas mit dem ‚Auto-Fetisch‘ der Deutschen zu tun haben."

(Zuruf von der CSU: Hört! Hört!)

Ich glaube, das ist eher eine pathologische Rechtsstaatsallergie, und zwar bei Herrn Finke und seinesgleichen. Die sollte er einmal behandeln lassen.

(Beifall bei der CSU)

Es handelt sich um eine akute Polizistenphobie, wenn er schreibt: "Noch verstärkend kommt dazu, dass sogar friedliche Proteste häufig mit harter staatlicher Gewalt niedergedrückt werden. Bei Wasserwerfern, Tränengas und Knüppelorgien durch die Polizei wächst die Verzweiflung noch mehr." – Aha; immer die gleiche Begründung, nämlich, die Polizisten sind doch selber schuld, dass sie verletzt werden. Das ist ein menschenverachtender, gefährlicher Ungeist, der sich hier breitmacht.

(Beifall bei der CSU)