Protocol of the Session on March 26, 2015

Sehen wir uns einmal den Fortschritt an, den Sie mit Ihrer Biodiversitätsstrategie erreichen wollen: Sie haben erklärt, Sie wollen die Hälfte der knapp 4.500 Arten, die auf der Roten Liste stehen, um eine Stufe verbessern. Ich habe einmal nach Ablauf der Hälfte der Zeit, die Sie für die Strategie angeben, nachgefragt. Damals wurde mir gesagt, dass bei acht Arten eine Verbesserung, bei sieben Arten jedoch eine Verschlechterung eingetreten sei. Sie haben somit nur bei sechs Arten eine Verbesserung geschafft. Wir müssen also 4.500 mal 6 nehmen und können uns dann ungefähr ausrechnen, dass das Ziel der Biodiversitätsstrategie in knapp 30.000 Jahren erreicht sein wird. Sie sehen selbst, wie absurd Ihre Aussagen in diesem Zusammenhang sind. Ablehnung des Gesetzentwurfs!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich mit den Wortmeldungen fortfahre, möchte ich persönlich und in unser aller Namen einem Landtagsbeauftragten ein herzliches Dankeschön sagen, nämlich Ihnen, lieber Herr Dr. Detsch.

(Allgemeiner Beifall)

Sie sind heute zum letzten Mal in Ihrer Funktion als Landtagsbeauftragter der Staatskanzlei bei uns in der Plenarsitzung. Sie haben diese Funktion seit dem 1. September 2006 inne, also seit rund achteinhalb Jahren. Das ist für einen Landtagsbeauftragten eine ungewöhnlich lange Zeit. Uns kam natürlich zugute, dass Sie zu den dienstältesten Landtagsbeauftragten der Staatskanzlei gehören. Sie waren eine Institution, nicht nur im Plenum, sondern auch im Ältestenrat.

Ihre beruflichen Anfänge als promovierter Forstwirt haben diesen Weg nicht unbedingt vorgezeichnet. Sie sind im Jahr 1990 in den bayerischen Staatsdienst eingetreten und waren zunächst im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten und danach im Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen tätig. Am 1. August 2005 wechselten Sie in die Staatskanzlei. Als Landtagsbeauftragter sind Sie ein wichtiges Bindeglied zwischen der Staatsregierung und dem Landtag. Die reichen Erfahrungen, die Sie in dieser Zeit gesammelt haben, kamen Ihnen bei der nicht immer einfach zu lösenden Aufgabe zugute, Informationen, Wünsche und Anregungen zwischen Legislative und Exekutive möglichst diplomatisch und vor allem geräuschlos zu übermitteln. Wir haben das immer als sehr wohltuend empfunden.

Herr Dr. Detsch, die Zusammenarbeit mit Ihnen war bestens, sie war sachlich, sie war ruhig, und sie war vertrauensvoll. Für mich persönlich und für uns alle darf ich hinzufügen, die Zusammenarbeit war auch sehr, sehr angenehm. Dafür sagen wir Ihnen ein ganz herzliches Dankeschön.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Dr. Detsch, Sie werden mit Wirkung vom 1. April die Leitung des Büros des Ministerpräsidenten übernehmen. Das bedeutet für uns, dass wir weiterhin viel Kontakt mit Ihnen haben werden, persönlich und bei der Zusammenarbeit. Darauf freuen wir uns. Wir wünschen Ihnen für dieses Amt viel Glück und viel Erfolg. Ich bin dankbar, dass wir Sie nicht aus den Augen verlieren und Sie uns auch nicht. Alles Gute für Sie.

(Allgemeiner Beifall)

Kolleginnen und Kollegen, natürlich steht schon fest, wer künftig die Funktion des Landtagsbeauftragten der Staatskanzlei übernehmen wird, nämlich Herr Forstdirektor Sören Timm. Herr Timm kommt aus dem Bereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für das er gegenwärtig noch als Referent in der Staatskanzlei tätig ist. Herr Timm, Sie haben damit die besten Voraussetzungen. Wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit mit Ihnen. Alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Wir fahren mit den Wortmeldungen fort. Ich erteile Frau Kollegin Petersen das Wort.

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bekanntermaßen hat die CSU nicht den Ehrgeiz, widerspruchsfreie Politik zu machen. Das demonstriert sie heute wieder in beeindruckender Weise; gelingt es ihr doch, einen Gesetzentwurf der von ihr getragenen Staatsregierung durch einen Änderungsantrag gänzlich zu konterkarieren.

Mit einer Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes will die Staatsregierung für eine rechtsverbindliche Ausweisung von Schutzgebieten zur Erhaltung natürlicher Lebensräume sowie von Flora und Fauna sorgen. Sie kommt damit einer längst überfälligen Forderung des Europäischen Rates nach und, wie wir schon gehört haben, einer drohenden Klage der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zuvor. Über die rechtlichen Bedenken und darüber, dass diese Regelungen nicht ausreichend sind, hat sich schon mein Kollege Florian von Brunn hinreichend geäußert.

Fakt ist aber: Die Staatsregierung will ausweislich dieses Gesetzentwurfs die Natur schützen. Die CSU beabsichtigt mit ihrem Änderungsantrag das genaue Gegenteil. Der "Hohe Buchene Wald" ist einigen Ihrer Exponenten, deren höchstes politisches Ziel offensichtlich die Verhinderung eines Nationalparks Steigerwald ist, ein Dorn im Auge. Mit dem juristischen Schachzug einer Verlagerung von Kompetenzen von der unteren auf die höhere Naturschutzbehörde lässt sich das Thema Steigerwald aber politisch nicht erledigen. Die bisher vorgebrachten Gründe, warum es keinen Nationalpark Steigerwald geben dürfe, überzeugen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wieso soll die Ausweisung eines Nationalparks im Steigerwald für die Region den wirtschaftlichen Ruin bedeuten, wenn zum Beispiel der Nationalpark Berchtesgaden der dortigen Region 14 Millionen Euro im Jahr bringt?

(Gerhard Eck (CSU): Nicht vergleichbar!)

Ähnliche Zahlen gibt es für den Nationalpark Bayerischer Wald. Wieso soll die Versorgung mit Brennholz gefährdet sein, wenn von den 51.200 Hektar Waldfläche des Steigerwalds der Nationalpark gerade einmal ein Fünftel umfassen würde, von dem nur 5.000 Hektar von der Holznutzung ausgenommen wären? Warum sollten private Waldbesitzer oder Landwirte in

ihrer Existenz bedroht sein, wenn doch ein Nationalpark für sie weder Enteignung noch höhere Auflagen bedeuten würde, da nur Staatswälder betroffen wären?

(Gerhard Eck (CSU): Die Menschen wollen es nicht! – Florian von Brunn (SPD): Sie selber wollen es nicht!)

Warum wehrt sich die CSU vehement gegen eine Machbarkeitsstudie?

(Zuruf des Abgeordneten Gerhard Eck (CSU) – Weitere Zurufe)

- Ach Herr Eck, das stimmt doch einfach nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas Disziplin. Wir führen hier keine Dialoge. Sie haben im Anschluss die Gelegenheit, jederzeit selber ans Rednerpult zu treten. Bitte lassen Sie die Frau Petersen doch einmal ausreden.

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) Hören Sie mir doch einfach einmal zu! – Wir haben wiederholt angeregt und beantragt, die Voraussetzungen und Konsequenzen eines Nationalparks oder auch Weltnaturerbes Steigerwald fachlich begutachten zu lassen. Dann hätten wir eine vernünftige Basis für eine sachliche Diskussion. Aber genau dies ist offensichtlich nicht gewollt. Das legt den Verdacht nahe, dass es den erklärten Gegnern eines Nationalparks nicht um Schützen und Nützen oder Schützen durch Nützen geht, sondern letztlich um Nützen statt Schützen.

(Beifall bei der SPD)

Dies geschieht, obwohl es ein höchstrichterliches Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gibt, wonach der Schutz des Waldes Vorrang vor der Holzgewinnung hat. Wie anders ließe es sich erklären, dass nicht einmal die sehr rudimentäre Schutzfunktion des sogenannten Trittsteinkonzepts, wie es der Forstbetrieb Ebrach verfolgt, rechtlich abgesichert wird? Wenn die CSU, wie sie immer wieder behauptet, tatsächlich die Tradition der Zisterzienser bewahren will, deren Hege und Pflege wir den wertvollen Buchenwald verdanken, muss sie diesen Änderungsantrag zurückziehen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Ich bitte jetzt den Kollegen Dr. Fahn zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FREIEN WÄHLER stehen zum Eigentum. Daher lehnen die FREIEN WÄHLER einen Nationalpark Steigerwald ab. Das ist die erste Aussage.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Staatseigentum! Das ist kein Privatwald!)

Es folgt die zweite Aussage: Wir FREIE WÄHLER stehen zum Trittsteinkonzept des Leiters des Forstamtes Ebrach, Herrn Ulrich Mergner. In diesem Trittsteinkonzept werden kleinere forstwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung genommen. Inzwischen sind es schon 11,7 % der Fläche. Dieses Trittsteinkonzept des Forstamtes Ebrach hat Vorbildwirkung für ganz Bayern. Jetzt kommen weitere 134 Hektar als neue Trittsteine dazu. Damit kommen wir auf einen Prozentsatz von 12 oder 13 %. Damit liegen wir im Steigerwald schon weit über den 10 %, die die Bundesregierung im Jahr 2008 als nationale Strategie gefordert hat. Warum soll dieses Konzept zum Steigerwald so schlecht sein,

(Florian von Brunn (SPD): Weil es fachlich nicht ausreicht!)

wenn wir heute schon über dem geforderten Anteil liegen und wenn wir beides umsetzen können, meine Damen und Herren?

(Florian von Brunn (SPD): Es geht doch um die Qualität des Naturschutzes!)

- Die Qualität reicht fachlich aus. Wir liegen schon über den 10 %, die bundesweit gefordert werden. – Wir können beides verbinden. Wir haben ein Konzept für die Natur, wir haben ein Konzept für die Menschen und können "Schützen trotz Nützen". Es ist richtig, dass der größte Teil der Bewohner der Gemeinden im Steigerwaldraum das insgesamt so sieht. Das bekommt man immer wieder mit, wenn man vor Ort ist. Ich war vielleicht schon öfter vor Ort als Sie, Herr von Brunn, mindestens zehn- oder zwölfmal. Man kann das bei der ganzen Angelegenheit immer wieder erkennen.

Wir meinen, dieser Änderungsantrag der CSU geht in die richtige Richtung. Aber wir haben natürlich eine andere Akzentsetzung; das möchte ich ganz klar sagen. Wir meinen, dass die Ausweisung des "Hohen Buchenen Waldes" insgesamt rechtswidrig ist. Das hat der Verein "Unser Steigerwald" bereits im Januar 2014 erklärt und entsprechende Gutachten eingeholt, zum Beispiel ein Gutachten von einem Professor Matthias Schneider, das ganz klar sagt, es müsse sich um den Schutz von einzelnen Elementen handeln.

(Zuruf von der CSU)

- Ja, ich weiß, das haben Sie auch schon gesagt. – Aber das ist hier nicht der Fall. Das sind 757 Hektar. Das ist einfach zu viel. Deshalb sagen auch wir, dass der frühere Landrat Denzler mit einem Trick gearbeitet hat, mit einem legalen Trick, das ist richtig.

(Florian von Brunn (SPD): Ein legaler Trick, sehr gut!)

Wir müssen aber trotzdem sagen: Es war ein Willkürakt, und zwar ohne einen entsprechenden Kreistagsbeschluss.

(Florian von Brunn (SPD): Legaler Trick und Willkürakt. Das wird immer besser! Reden Sie keinen Schmarrn, Herr Fahn! – Dr. Paul Wengert (SPD): Vorsicht, Sie sagen das vor Zeugen!)

Ich habe den Kreistagsbeschluss dabei. Das war nur die unverbindliche Bekundung eines Willens. Aber in diesem Kreistagsbeschluss ging es auf keinen Fall um die Ausweisung dieses Gebietes. Es gibt das Gutachten der Bayerischen Staatsforsten vom 18.09.2014. Dort steht ganz klar: Unsere rechtliche Prüfung hat das Ergebnis erbracht, dass die Verordnung des Landratsamtes vom 16.04.2014 durch die Ermächtigungsgrundlage des § 29 des Bayerischen Naturschutzgesetzes nicht gedeckt ist. Es gab Einsprüche vonseiten der Gemeinde Rauhenebrach, wo dies im Prinzip noch einmal insgesamt bestätigt wird. Am 27.11.2014 wurde auf Antrag der FREIEN WÄHLER hin der Beschluss gefasst,

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

dass dies von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt und rechtswidrig ist.

(Florian von Brunn (SPD): Das kann der Bayerische Landtag nicht beschließen! Das muss ein Gericht entscheiden!)

Dann hat der Herr Staatsminister Marcel Huber verschiedene Briefe geschickt. In einem Brief haben Sie zum Beispiel geschrieben, die Bayerische Staatsregierung wird im Februar 2015 die Aufhebung der Verordnung sicherstellen. Jetzt haben wir aber schon März. Am 05.02.2015 beschloss der Umweltausschuss eine Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes, wonach die untere Naturschutzbehörde bei Schutzobjekten bis einschließlich 10 Hektar Rechtsverordnungen erlassen kann. Dies ist natürlich eine Lex Steigerwald. Das sehen auch wir FREIE WÄHLER kritisch, weil dieses Gesetz jetzt für ganz Bayern gilt. Das kritisieren wir.

Es geht hier – ich glaube, das wird von der CSU bestätigt – um eine Fehlleistung eines ehemaligen Landrats, der diese Verordnung kurz vor Ende seiner Amtszeit schnell in Kraft treten ließ. Das soll jetzt durch ein Gesetz, das bayernweit gilt, ausgebügelt werden. Deswegen meinen wir: Wenn es schon eine Fehlleistung des ehemaligen Landrats war, soll derjenige die Verordnung aufheben, der das Ganze insgesamt in Bewegung gesetzt hat. Das wäre letztendlich das Landratsamt. Das Landratsamt müsste die Verordnung aufheben. Die Umweltministerin könnte sie durch eine rechtsaufsichtliche Anordnung auch aufheben. Deswegen haben wir FREIE WÄHLER einen eigenen Antrag am 12. März 2015 gestellt und genau das gefordert. Die Behörde, die das erlassen hat, soll das auch insgesamt wieder aufheben. Ein Vertreter des Umweltministeriums hat im Umweltausschuss ganz klar gesagt – ich zitiere: Die Verordnung ist rechtswidrig. Sie muss aufgehoben werden. Für dieses Verfahren ist die Behörde zuständig, welche die Verordnung erlassen hat. Das ist das Landratsamt Bamberg. Wir stellen fest, dass die CSU nicht den Mut gehabt hat, dem neuen Landrat zu sagen, dass die Verordnung rechtswidrig ist und deshalb aufgehoben werden muss.

Hinsichtlich der Klage der Bayerischen Staatsforsten stimme ich Herrn von Brunn zu. Wenn das Gesetz heute beschlossen wird, werden die Bayerischen Staatsforsten wahrscheinlich ihre Klage zurückziehen. Die Klage der Bayerischen Staatsforsten kann ich jedoch verstehen. Sie haben einen Schaden in Millionenhöhe erlitten. Sie haben das Recht, dagegen zu klagen.