Protocol of the Session on March 26, 2015

Wir haben immer gegen Extremismus und für Toleranz geworben, und zwar gegen Extremismus jeder Couleur. Wir haben uns oft von Ihnen im Rechtsausschuss anhören müssen, dass es nicht wirklich eine Gewalt von Links gäbe, diese würde aufgebauscht, während die Gewalt von Rechts verharmlost würde.

Wären Sie dabei, wenn wir sagen, dass wir uns alle in diesem Hause gemeinsam gegen Linksextremismus aussprechen? Wären Sie dabei? Könnten Sie das unterschreiben?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Ein weiterer Punkt: Unsere Fraktion hat mit einem Antrag gefordert, dass die Staatsregierung diejenigen Menschen in ganz Bayern entschädigt, die Opfer von Ausschreitungen von Extremisten im Rahmen des G-7-Gipfels in Elmau werden. Dieser Antrag hat eine Mehrheit gefunden. Leider konnte sich Ihre Fraktion dem Antrag nicht anschließen mit der Bemerkung, dass auch Gewalt von Polizeibeamten gegen die

Menschen in diesen Antrag aufgenommen werden müsste. Wie stehen Sie dazu? Würden Sie den Antrag unterstützen, dass Menschen, die Opfer von Gewalt geworden sind oder deren Eigentum zerstört wurde, vom Freistaat Bayern entschädigt werden?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Vielen Dank für die Fragen. Problematisch ist, dass alles nicht so einfach ist, wie Sie es darstellen.

(Widerspruch bei der CSU)

Man muss die Dinge differenziert betrachten. Ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen soll, bis mir die CSU glaubt. Wir verurteilen jegliche Gewalt an Menschen und an Gegenständen seitens Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, ziviler Personen oder öffentlicher Einrichtungen. Das verurteilen wir. Wir verurteilen jedoch gleichzeitig auch Gewalt von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gegenüber Demonstrantinnen und Demonstranten. Verstehen Sie das?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Das können Sie nicht gleichsetzen! – Zurufe von der CSU)

Ich bitte um etwas Ruhe, damit wir die Rednerin verstehen.

Ich habe mir Ihre interessanten Fragen angehört. Jetzt bitte ich darum, dass Sie sich meine Antwort in Ruhe anhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollen diese beiden Punkte immer gegeneinander ausspielen. Ich sage, wir müssen das jeweils differenziert betrachten. Wir verurteilen Gewalt sowohl von der einen als auch von der anderen Seite. Wenn im Rahmen des G-7-Gipfels Eigentum der Menschen zerstört wird, muss man überlegen, wie der Staat helfen kann. Gleichzeitig muss man sich mit dem Thema beschäftigen und die Polizei unter Kennzeichnungspflicht stellen.

(Widerspruch bei der CSU)

Wenn es Gewalt von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gegen Demonstrantinnen und Demonstranten gibt, muss diese eingedämmt werden. Sie wollen die eine Seite nicht hören und werfen mir vor, ich wolle die andere Seite nicht hören. Ich versuche die ganze Zeit, differenziert mit Ihnen zu diskutieren. Ich komme bei Ihnen jedoch nicht weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU - Unruhe)

Schauen Sie, wie Sie sich aufregen. Sie regen sich wahnsinnig auf. Sie hören mir einfach nicht zu.

Ich bitte um etwas Ruhe. Frau Schulze, bitte warten Sie einen Moment. Der nächste Redner ist Herr Scheuenstuhl.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ich nehme Sie beim Wort! Sie stimmen gegen Ihre Fraktion!)

(Vom Redner nicht auto- risiert) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es handelt sich um eine Zwischenbemerkung, mit der ich vor allen Dingen auf die Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Heike eingehen will, der anscheinend noch nie an einer Demonstration teilgenommen hat.

(Jürgen W. Heike (CSU): Ich habe aber an mehreren Einsätzen aufseiten der Polizei teilgenommen!)

Ich habe noch nicht an vielen Demonstrationen teilgenommen. Die letzte Demonstration, die ich erlebt habe, war in Scheinfeld im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim. Dort haben wir gegen Nazi-Aufmärsche demonstriert. Dort gab es auch einen Schwarzen Block. Die große Masse, 90 %, war friedlich. Wir sind mit unseren Schildern herumgelaufen und haben gesagt, dass wir damit nicht einverstanden sind. Diesen Schwarzen Block, den Sie so beschreiben, kann niemand, der friedlich demonstriert, aufhalten. Die Aufgabe eines Demonstranten mit seinem Schild kann es nicht sein, mit seinem Körper eine Meinung zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es kann nicht meine Aufgabe sein, mich dort hineinzustellen und eine Züchtigung vorzunehmen. Das muss man heute ganz klar darstellen. Ziel der heutigen Debatte ist es, sich grundsätzlich gegen Extremismus und Gewalt auszusprechen. Das werden wir heute mit unserer intensiven Diskussion nach außen zeigen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Als nächster Redner hat Herr Professor Dr. Gantzer das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere ein bisschen, wie die Diskussion im Augenblick läuft. Wenn ich alle drei Anträge lese, stelle ich fest: Wir wollen im Grunde alle dasselbe. Wir alle verurteilen die Gewalt, die dort stattgefunden hat. Ich bedauere, dass von der einen oder anderen Seite Schärfe in die

Debatte eingebracht wird, die dem Ziel, das allen drei Anträgen zugrunde liegt, nicht gerecht wird.

(Beifall bei der SPD)

Zur Klärung der geschäftsordnungsmäßigen Lage: Den Nummern 1 und 3 des CSU-Antrags stimmen wir zu. Die Nummer 2 des CSU-Antrags lehnen wir ab. Daher beantragen wir zum Antrag der CSU getrennte Abstimmung. Ich hoffe, das gewähren Sie uns. Nummer 1 und 3 des Antrags der CSU sind so vernünftig, dass man diesen nur zustimmen kann. Auf Nummer 2 gehe ich noch ein. Dem Antrag der GRÜNEN stimmen wir zu. Beim Antrag der FREIEN WÄHLER enthalten wir uns aufgrund von Nummer 3. Das führe ich anhand des Antrags der CSU aus.

In Nummer 1 des Antrags der CSU wird jegliche Gewalt abgelehnt.

(Beifall bei der SPD, der CSU und den GRÜNEN)

Das kann der gesamte Landtag einstimmig und einmütig feststellen. Das sage ich ganz deutlich, weil wir zum Schluss über den Schwarzen Block diskutiert haben. Jegliche Gewalt, egal ob vom Schwarzen Block oder anderen Organisationen ausgehend, ist eine Aushöhlung des Demonstrationsrechts. Darüber müssen wir uns alle im Klaren sein.

(Beifall bei der SPD, der CSU und den GRÜNEN)

Es ist aber auch richtig, dass die überwiegende Mehrheit der friedlichen Demonstranten für nachvollziehbare oder zumindest diskussionswürdige Ziele demonstriert. Ich weiß nicht, ob der Gewaltblock dazu imstande ist, das aufzunehmen. Man muss eines feststellen: Die ausgeübte Gewalt zerstört im Grunde alles, was die gutwilligen Demonstranten wollen. Die guten Ziele, die von den Demonstranten verfolgt werden, gehen durch die Gewaltausübung unter.

(Jürgen W. Heike (CSU): Da muss ich Ihnen recht geben!)

Das ist dem Schwarzen Block völlig egal. Das wissen wir inzwischen auch. Dem Schwarzen Block geht es nur noch um Gewalt und nicht um die Ziele. Deswegen sollten wir klar feststellen: Der Schwarze Block ist der Totengräber des Demonstrationsrechts und der Demonstrationsfreiheit.

(Beifall bei der SPD, der CSU und den GRÜNEN)

Mit Nummer 3 des Antrags der CSU wird gefordert, dass die Erkenntnisse aus Frankfurt und anderen Demonstrationsorten in das G-7-Sicherheitskonzept einfließen sollen. Das ist selbstverständlich. Das ist

schon fast eine Beleidigung gegenüber der zuständigen Polizeiabteilung im Innenministerium. Sie wird aufgefordert, sich die Ereignisse in Frankfurt zu Gemüte zu führen. Ich weiß, dass das schon lange geschehen ist. Alles wird analysiert. Der Antrag, den Sie gestellt haben, ist ein richtiger Blabla-Antrag. Trotzdem stimme ich ihm zu, weil Sie nicht unrecht haben.

Damit komme ich zu Nummer 2 des Antrags der CSU. Mit diesem wird die Wiedereinführung von Programmen gegen Linksextremismus und der Extremismusklausel gefordert. Ich komme zu den Ausführungen von Herrn Herrmann. Bitte unterbrechen Sie Ihr Gespräch mit dem Handy. Ich weiß nicht, wer Ihnen das aufgeschrieben hat, was Sie gerade vorgelesen haben.

(Widerspruch bei der CSU)

- Ich habe gesehen, wie er es abgelesen hat. - Programme gegen Extremismus gibt es genug. Es ist zwar richtig, dass es das spezielle Programm gegen den Linksextremismus nicht mehr gibt. Es wurde aber nicht gestrichen, sondern es wurde sozusagen umgeschichtet. Wir haben jetzt mehrere Programme gegen jeglichen Extremismus, und darunter fällt auch der Linksextremismus. Es stimmt nicht, dass dieses Programm gestrichen wurde.

Das Nächste – das ist noch viel schlimmer – ist die sogenannte Extremismusklausel. Ich sage Ihnen ganz klar: Das, was Sie hier fordern, ist der Wurmfortsatz des alten Radikalenerlasses.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch des Abgeord- neten Dr. Florian Herrmann (CSU))

Ich weiß gar nicht, ob Sie genau wissen, was die Extremismusklausel war. Ich weiß gar nicht, ob Sie die Geschichte kennen. Wissen Sie, wann die Extremismusklausel überhaupt erst eingeführt worden ist? 2011 wurde sie durch Ihre damalige Bundesfamilienministerin eingeführt. Worum ging es dabei? - Damals hat es drei vom Bund geförderte Programme gegen Rechtsextremismus gegeben. Die Geförderten mussten dabei unterschreiben, dass sie sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Das haben wir schon beim Radikalenerlass gekannt. Impliziert war damit aber der Generalverdacht, der schon einmal geäußert worden ist, dass jeder Antirechte automatisch ein Linksextremer ist. Das kann es wohl nicht sein. Das war eine klare Gängelung von Antinazi-Initiativen, der wir nicht zustimmen konnten.

(Beifall bei der SPD)

Das war 2011. Hören Sie genau zu, Herr Herrmann. 2014 ist diese Extremismusklausel von der jetzigen

Familienministerin Manuela Schwesig und von Ihrem Innenminister Thomas de Maizière abgeschafft worden. Die beiden haben gesagt, das macht überhaupt keinen Sinn, wir kehren zur alten Lösung zurück. Die alte Lösung vor 2011 bestand darin, dass in die Zuwendungsbescheide die Bedingung aufgenommen wurde, dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen. Das ist die Wahrheit. Die Extremismusklausel war ein Versuch, der gescheitert ist. Unsere gemeinsame Koalition hat diese Klausel abgeschafft und gesagt, wir kehren wieder zu den alten, sehr nachvollziehbaren und funktionierenden Regelungen zurück. Danach steht diese Bedingung jetzt wieder im Förderbescheid. Deswegen weiß ich gar nicht, warum Sie jetzt fordern, die Extremismusklausel wieder einzuführen.

Zusammengefasst: Daraus ergibt sich, warum wir die Nummer 2 Ihres Antrags ablehnen. Im Übrigen habe ich unser Abstimmungsverhalten dargestellt. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.