Jeder Stadtrat in Bayern würde sich wundern, wenn der Landtag die Kompetenz für die Gewerbesteuer plötzlich an sich ziehen und die Höhe der Hebesätze festlegen wollte. Der Deutsche Bundestag hält es zu Recht für absurd, dass in Europa über Steuern ent
Jetzt besteht zum ersten Mal die Chance, dass der Bayerische Landtag, in den die Bürger ihre Abgeordneten geschickt haben, damit sie für sie wirken, selbst über eine Steuer entscheiden kann, die die Länder selbst, jedes für sich, festsetzen können. Der Bund hätte keine Regelungskompetenz. Aber schon beim ersten Mal, wenn es um die Wahrnahme eigener Verantwortung geht, kneifen Sie. Seien Sie endlich für Bayern zuständig, nicht immer für andere! Kümmern Sie sich um die Regionalisierung!
Es gibt in Bayern keine Gewerbesteueroase. Aber es gibt Wettbewerb, und Wettbewerb ist in Ordnung. Auch Bayern steht in einem sehr harten Wettbewerb. Von der Opposition wird immer vom armen Norden, vom schwierigen Osten und von den geliebten nordrhein-westfälischen Freunden von Herrn Halbleib geredet. Angeblich würden wir mit unseren Vorschlägen eine bewährte Architektur durcheinanderbringen. Aber wie geht es eigentlich Bayern? Wir kämpfen bei der Erbschaftsteuer seit vielen Jahren gegen eine hoch aggressive Konkurrenz aus Österreich.
Klar ist: Wenn ich Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in Bayern halten will – und mich damit um bayerische Arbeitnehmer kümmere –, dann muss ich dafür sorgen, dass Bayern wettbewerbsfähig bleibt und nicht dauernd verliert. Deswegen ist die Regionalisierung ein wichtiger Ansatz. Wir wollen die Regionalisierung.
Wir wollen uns in die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts einbringen. Aber wir wollen keinen ideologiegetriebenen Richtungswechsel. Uns geht es um den Erhalt der Arbeitsplätze, nicht um eine neue Neiddebatte.
Herr Halbleib und Herr Mütze, Sie zitieren häufig die Verfassung. Lesen Sie sie ganz! Lesen Sie Artikel 153! Diesen sollten Sie auf jedem Parteitag vor sich hertragen und vor jeder Beschlussfassung zur Steuerpolitik lesen. Dort heißt es:
Die selbständigen Kleinbetriebe und Mittelstandsbetriebe in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie sind in der Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen.
Da wir den Verfassungsauftrag mehr als ernst nehmen, werden wir Ihre Vorstellungen nicht unterstützen, meine Damen und Herren von der SPD, sondern uns dafür einsetzen, dass Familienbetriebe auch weiterhin eine Zukunft in Bayern haben. Die Familienbetriebe schaffen Arbeitsplätze, fördern Wirtschaftswachstum und bringen Steuereinnahmen. Vor allem sorgen sie dafür, dass die Menschen in unserem Land auch eine attraktive Zukunft haben.
Herr Minister, ich nehme mit Erstaunen zur Kenntnis, dass all die Vorwürfe, die Sie soeben erhoben haben, zwar vermeintlich der SPD und den GRÜNEN galten, aber in Wirklichkeit gegen Ihren eigenen konservativen CDU-Bundesfinanzminister gerichtet waren. Das stelle ich an dieser Stelle fest.
All den groben Unfug, den Sie als Bewertung vorgetragen haben, können sie Ihrem konservativen Urgestein auch direkt sagen. Es ist in Ordnung, dass Sie Ihre Meinung vertreten. Aber wir fühlen uns in diesem Fall bei dem Bundesfinanzminister in ganz guter Gesellschaft.
Jetzt komme ich zu dem wichtigen Bereich der Regionalisierung. Schauen wir einmal genau hin: Kollege Fackler hat als Argument "Bürokratie" genannt. Ich darf Ihnen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Passage zitieren, die die Frage betrifft, welche Konsequenzen unterschiedliche Erbschaftsteuersätze in den Bundesländern hätten. Das Bundesverfassungsgericht weist nachdrücklich auf Folgendes hin: Es "würden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, welche die bereits bestehende Komplexität der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Förderung unternehmerischen Vermögens noch weiter steigern und damit die rechtliche Planungssicherheit erheblich einschränken würden." Hört, hört! Das sagt das Bundesverfassungsgericht. Dem kann man zustimmen.
Nun eine Anmerkung zur Erbschaftsteuer jenseits des Betriebsvermögens! Sie wollen die Steuersätze auch für diejenigen senken, die mit dem Erhalt mittelständischer Betriebe oder sonstiger Unternehmen überhaupt nichts zu tun haben, sondern bei denen es nur um die Vererbung von Geldvermögen geht.
Wenn Sie wissen, wie schnell ein Wohnsitzwechsel möglich ist – über Nacht –, dann wissen Sie auch, wie schnell der Run einsetzt, den Wohnsitz dort anzumelden, wo die Erbschaftsteuersätze am niedrigsten sind.
Langsam, langsam, Herr Kreuzer. Den intellektuellen Input sollten Sie mitnehmen. Der große Unterschied zur Gewerbesteuer besteht darin, dass ein Unternehmen nicht von heute auf morgen zu verlagern ist, der Wohnsitz des Geldvermögenden sehr wohl. Dann bekommen wir aber das, was wir gerade nicht wollen. Wenn wir die Steuersätze senken, dann müssen andere Bundesländer nachziehen. Wir senken weiter, andere müssen wieder nachziehen. Dann sind wir automatisch in einer Spirale nach unten. Das sind unsere Argumente, die haben wir auch genannt. Wir sind überzeugte Föderalisten, aber an dieser Stelle sprechen doch die Argumente klar dafür, von einer problematischen Regionalisierung die Finger zu lassen.
- Nein, nein. Das Institut der deutschen Wirtschaft, die Deutsche Bundesbank, beide befürworten seit Jahren regionale Steuersätze und einen regionalen Steuerwettbewerb. Das tun sie übrigens nicht nur bei der Erbschaftsteuer, nicht nur bei der Grundsteuer, sondern sogar bei der Einkommensteuer. Sie sagen, das wäre eine gute Idee.
Das sind aber keine Institutionen, denen man den ökonomischen Sachverstand absprechen könnte. Wir haben in Europa - und das ist doch eine Grundidee ein Stück Wettbewerb. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, dazu gibt es sogar unterschiedli
che Philosophien. Bei Ihnen kommt aber immer der Gedanke heraus, bei moderaten Steuersätzen könnten die Steuereinnahmen auf Dauer möglicherweise zurückgehen; wenn wir also viele und hohe Steuersätze machen, dann haben wir möglicherweise mehr Steuereinnahmen.
Die Realität ist doch genau das Gegenteil. Wer die Betriebe mit Steuern überlastet, der wird am Ende entweder Abwanderungen haben, Substanzverlust, und damit sogar niedrigere Steuereinnahmen. Wir wollen aber stabile Steuereinnahmen und keine Unternehmen aus dem Land treiben. Das ist doch die entscheidende Botschaft, meine Damen und Herren.
Wir glauben deswegen fest daran, dass eine Regionalisierung jederzeit möglich ist und eine Stärkung der föderalen Strukturen bewirkt. Ich bin auch sehr offen: Ich hätte kein Problem, wenn Baden-Württemberg beispielsweise sagt: Wir sind mal mutig, wir schaffen mehr Vermögensgleichheit, wir verdoppeln die Erbschaftsteuer. – Ich wage zu sagen, meine Damen und Herren: Wir würden ein Angebot finden, um auch den flüchtenden baden-württembergischen ordentlichen Existenzen in Bayern eine Heimat zu geben und hier für Arbeitsplätze zu sorgen. Davor habe ich keine Angst.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Finanzminister, Sie waren etwas vorsichtig im Umgang mit den Äußerungen des Bundesfinanzministers. Offenbar sind Sie da nicht so aggressiv wie uns gegenüber.
Ich möchte Sie aber gern mit zwei Aussagen des Bundesfinanzministers konfrontieren und Ihre Meinung dazu hören. Das erste ist folgendes Zitat von Herrn Schäuble:
Firmenerben können auch künftig von der Erbschaftsteuer freigestellt werden, um Arbeitsplätze zu erhalten. Dafür müssen aber Bedingungen erfüllt sein. Das ist eine großzügige Regelung, die ich mit Blick auf die mittelständische Struktur unserer Wirtschaft für richtig halte.
Karlsruhe hat in kluger Weise festgestellt, dass es richtig sein kann, auch große Unternehmen ohne Erbschaftsteuer zu übertragen, wenn die Erbschaftsteuer in irgendeiner Weise das Unternehmen beeinträchtigen würde. Ist dies aber nicht der Fall, können die Erben großer Vermögen nicht völlig von der Erbschaftsteuer freigestellt werden.