Protocol of the Session on February 26, 2015

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Die Einzige, die weit von der Realität weg ist, sind Sie!)

Es geht nicht um die Lohnhöhe – dazu stehen wir. Wir dürfen die Leute aber nicht mit Bürokratie erschlagen. Wissen Sie, was es heißt, Unterlagen zwei Jahre lang aufzubewahren? – Man muss ein ganzes Hotelzimmer ausräumen, um die Ordner unterzubringen. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie regieren doch!)

Deshalb werden wir weiter für den Mindestlohn kämpfen, aber nicht für die Bürokratie, da wir sie nicht brauchen, da sie die Menschen vom Arbeiten abhält. So sieht es nämlich aus.

(Beifall bei der CSU)

Ein Zweites, meine Damen und Herren. Das ist auch deshalb eine Gemeinschaftsleistung, weil die Unternehmer – das sind nämlich die Entscheidenden – vor Ort investieren. Wir unterstützen sie dabei. Deshalb nehmen wir auch mehr Geld in die Hand, und das machen wir im ganzen Land. Es ist aber immer noch die Entscheidung der Unternehmer vor Ort. Deshalb war es richtig – das möchte ich noch sagen –, die Mehrwertsteuer für Hotels so zu senken, dass Investitionen möglich sind. Über eine Milliarde Euro wurden dadurch vor Ort investiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ein gutes Beispiel sind jetzt auch die Gastronomen!)

Wir werden dies auch weiterhin im ganzen Land mit institutioneller Förderung guter Programme unterstützen, von "WellVital" über "Sightseeing" bis hin zu einem Leuchtturmprojekt, das Sie auch einmal positiv begleiten könnten: Das G-7-Treffen wird für Bayern eine Werbung sein. Wenn wir uns gut aufstellen, werden die Leute sehen, wie schön es bei uns ist. Sie gehen dann eben nicht nur dorthin, wo das G-7-Treffen stattfindet, sondern sie kommen nach Bayern und werden in alle Regionen Bayerns reisen. Dafür kämpfen wir. Deshalb unterstützen wir die Infrastrukturförderung auch im gesamten Land. Ich gebe nur einige Beispiele: Wir unterstützen Bad Alexanderbad mit 8 Millionen Euro, die neue Anlegestelle in Nürnberg mit 1 Million Euro und den Kurpark in Grafenau mit

2 Millionen Euro. Das sind Förderungen, die in die Fläche gehen und vor Ort Investitionen auslösen, die wir wollen und unterstützen. Das wird Gäste zu uns nach Bayern locken.

Herr Leiner, natürlich ist es schön, wenn man bei uns zu Hause Urlaub macht. Wir wollen aber viele Menschen zu uns nach Bayern holen, die bisher außerhalb Bayerns Urlaub machen, meine Damen und Herren. Wir sind Tourismusland Nummer eins, wir wachsen auch ganz stark im Bereich ausländischer Touristen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Digitalisierung so voranbringen, dass auch die Werbung auf digital umgestellt wird und wir damit die Tourismusverbände zusätzlich unterstützen, damit sie sich digital entsprechend präsentieren können. Das unterstützen wir, und das wollen wir dementsprechend voranbringen.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen natürlich auch neue Impulse geben. Wir haben mit der "Filmkulisse Bayern" stark angeschoben. Auch das ist ein Schaufenster zur Welt, mit dem wir auf der einen Seite denjenigen, die zu uns kommen, um bei uns zu drehen, zeigen, wie gut man bei uns leben und übernachten kann – das ist das Entscheidende -, mit dem wir aber auch den Menschen mit den schönen Kulissen, die über ganz Bayern verteilt sind, zeigen, wie toll Bayern aussieht, und dass es sich lohnt, zu uns zu kommen. Wir werden das mit dem von den Häusern gemeinsam aufgelegten Programm "Herrschaftliches Bayern" fortsetzen. Darin geht es von den Schlössern angefangen über die gute Kultur der Hoflieferanten bis hin zu den schönen Parks, die wir in Bayern haben. Das alles zeigen wir und werden wir in ein neues Konzept einbringen. Auch das ist ein Punkt.

Meine Damen und Herren, nicht zuletzt: Tourismus im ganzen Jahr. Dazu will ich auch noch ein Wort sagen, da in der Tat das, was über das Sudelfeld diskutiert worden ist, schon starker Humbug war – das muss ich ausdrücklich sagen. Meine Damen und Herren, ich kenne das Gebiet – ich wiederhole dies – von meiner Kindheit an. Ich kann Ihnen sagen: Die Vision ist sogar, in Zukunft mit dem Zug von München aus bis an die Liftanlagen zu fahren, ohne ein Auto besteigen zu müssen. Ich frage gerade Sie als GRÜNE, ob das denn nicht ein beispielgebender Tourismus ist. Das unterstützen wir.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann Ihnen nur immer wieder sagen: Ich halte es ökologisch nicht für sonderlich sinnvoll, alle Leute nach Österreich zum Skifahren umzuleiten. Sie sollen auch bei uns Skifahren können. Insbesondere die Ju

gendlichen sollen bei uns das Skifahren lernen und vor allem auch für die Olympiade oder für Weltmeisterschaften trainieren können. Auch das gehört zum Tourismus dazu.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Nicht zuletzt – das wollte ich zur Infrastruktur und auch zu den Investitionen sagen -, meine Damen und Herren, hätte ich an die Opposition eine Bitte: Sie vergießen teilweise Krokodilstränen; wenn es aber um konkrete Investitionen vor Ort geht, kämpfen Sie teilweise an vorderster Front dagegen, verhindern, dass Hotels gebaut werden oder die Infrastruktur verbessert werden kann. Das halte ich für falsch, meine Damen und Herren. Wir brauchen neue Infrastruktur; wir brauchen attraktive Hotels; denn auch das trägt dazu bei, dass die Leute bei uns und nicht anderswo Urlaub machen. Das wollen wir unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, zum Schluss noch einmal: Das ist wirklich eine Gemeinschaftsaufgabe. Ich möchte mich auch bei der Fraktion und insbesondere bei Klaus Holetschek und Klaus Stöttner, den beiden federführenden Touristikern unserer Fraktion, ganz herzlich für die Unterstützung bedanken. Ich möchte mich aber auch bei den Häusern bedanken, die jetzt mit einer gemeinsamen interministeriellen Arbeitsgruppe dafür sorgen, dass wir die PS ordentlich auf die Straße bekommen, was den Tourismus betrifft. Vor Ort möchte ich mich vor allem bei den Hoteliers, bei den Gastronomen und bei allen Touristikern bedanken, die dafür sorgen, dass sich die Gäste in Bayern wohlfühlen und immer wieder zu uns kommen und möglichst lange bleiben.

(Beifall bei der CSU)

(nicht autorisiert) Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich darf jetzt Tagesordnungspunkt 2 a aufrufen:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes, des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Drs. 17/5205) - Erste Lesung

Dieser Gesetzentwurf soll ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Gesundheit und Pflege überwiesen werden. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Gesundheit und Pflege einverstanden ist, den bitte ich

um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann wird der Gesetzentwurf diesem Ausschuss zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Arif Taşdelen, Franz Schindler u. a. und Fraktion (SPD) eines Bayerischen Partizipations- und Integrationsgesetzes und zur Änderung von Rechtsvorschriften zur Verbesserung der Partizipation und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (Drs. 17/5204) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird begründet. Ich gehe davon aus, dass Begründung und Aussprache zusammen stattfinden. Somit stehen der Fraktion der SPD elf Minuten zur Verfügung. Ich darf jetzt Herrn Kollegen Taşdelen das Wort erteilen.

(nicht autorisiert) Verehrte Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Bayern ist die Vorstufe zum Paradies."

(Beifall bei der CSU)

Das hören wir hier sehr oft. Ich gehe davon aus, dass die CSU-Fraktion in den nächsten zehn Minuten meinen Ausführungen weiterhin so wohlwollenden Applaus spenden wird.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben nämlich sehr gute Maßnahmen formuliert, die unser Land insgesamt voranbringen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten reicht es nicht, nur die Vorstufe zum Paradies zu sein. Wir waren jetzt lange genug die Vorstufe zum Paradies. Wir wollen endlich zum Paradies werden.

(Beifall bei der SPD)

Für diejenigen, die es vergessen haben: Wilhelm Hoegner war der erste Bayerische Ministerpräsident im Nachkriegsdeutschland. Er ist auch einer der Väter unserer Bayerischen Verfassung, und er war ein Sozialdemokrat. Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine ganz besondere Verantwortung, wenn es um Bayern geht. Bayern hat mit Wilhelm Hoegner und seiner Regierung ein sehr gutes Fundament gesetzt; und auf diesem Fundament lässt es sich auch gut bauen. Meine sehr verehrten

Damen und Herren, dieses Fundament gilt es weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Wir dürfen aber nicht verkennen, dass es Menschen gibt, für die Bayern nicht die Vorstufe zum Paradies ist. Ich denke beispielsweise an die ältere Dame im Münchner Hauptbahnhof, die abends, wenn ich den letzten Zug Richtung Nürnberg nehme, im Mülleimer wühlt, um Pfandflaschen herauszuziehen, weil sie von ihrer Rente offensichtlich nicht leben kann. Für diese Menschen ist Bayern nicht die Vorstufe zum Paradies. Diese Menschen wollen auch gar nicht wissen, wie es im Paradies aussieht, wenn die Vorstufe schon so schlimm ist. Ich halte die Altersarmut für eine nicht tolerierbare Schande unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, diese Armut zu bekämpfen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir dürfen nicht weitere Generationen in die Arbeitslosigkeit und die Perspektivlosigkeit entlassen, wie wir das bisher getan haben. Ich weiß, wovon ich rede. Ich war lange am Arbeitsamt, in der jetzigen Arbeitsagentur, beschäftigt. Wir können es uns nicht leisten, dass wir heute die Armen von morgen produzieren. Deshalb haben die bayerischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein Bayerisches Partizipationsgesetz formuliert, das die Ansprüche an eine moderne Gesellschaft und ein modernes Bayern benennt. Wir wollen alle Potenziale in dieser Gesellschaft nutzen, um unser Land gemeinsam voranzubringen. Wir setzen dabei auf Partizipation, auf die Teilhabe von Migrantinnen und Migranten, die das Gefühl bekommen sollen, dass sie hier ernst genommen werden, dass sie dieses Land mitgestalten können und dass nicht über sie, sondern mit ihnen gesprochen wird.

Eine unserer zentralen Forderungen ist deshalb die Einrichtung eines Landesbeirats für Migration und Integration, der dann der Bayerischen Staatsregierung, dem Bayerischen Landtag und allen Ministerien zur Seite steht. Er soll sich aus Vertretern verschiedener Organisationen, verschiedener Verbände und Vereine zusammensetzen und unabhängig sein. Migrantinnen und Migranten sollen künftig ihre Zukunft in die eigene Hand nehmen können.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen auch die Kompetenzen der Beiräte und der Integrationsräte vor Ort stärken. Letztens hat mir ein Integrationsrat bei einer Unterhaltung ein schönes Beispiel gegeben. Er hat gesagt: Du Arif, das ist so: Als Integrationsrat bekommt man sozusagen ein Spielfeld, einen Fußballplatz, auf dem wir Fußball

spielen sollen. Wir bekommen einen Ball, aber die Tore werden zugeklappt. Wir dürfen zwar Fußball spielen, dürfen aber keine Tore schießen. - Das erklärt auch, warum die Beteiligung an den Wahlen der Integrationsräte so schlecht ist. Deshalb haben wir in unserem Integrationsgesetz geschrieben, dass sich Integrationsräte vor Ort bilden sollen. Außerdem sollen sie gegenüber dem Gemeinderat oder Stadtrat antragsberechtigt sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine interkulturelle Öffnung in unserem Integrationsgesetz festgelegt. Der Fraktionschef der CSU hat gestern eine Pressemitteilung herausgegeben. – Herr Kreuzer ist gerade nicht da. Ich gehe aber trotzdem darauf ein. Er wird das sicherlich mitbekommen. - Wir haben gefordert, dass der öffentliche Dienst interkulturell besser aufgestellt werden soll. Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, sollen interkulturell geschult werden. Außerdem sollen mehr Migrantinnen und Migranten in den öffentlichen Dienst eingestellt werden. Herr Kreuzer hat in seiner gestrigen Erklärung gesagt, dass dies ein Angriff gegen die öffentliche Verwaltung sei, und hat die Frage gestellt, ob wir davon ausgingen, dass die öffentliche Verwaltung nicht so aufgestellt sei, dass sie auf die Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten einginge. Er hat das ein bisschen schärfer formuliert. Ich nehme die weichere Formulierung.

Zu denjenigen, die glauben, es wäre ein Angriff gegen den öffentlichen Dienst, wenn wir wollen, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst interkulturell geschult werden, sage ich: Was wäre, wenn ich den Antrag gestellt hätte, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst mehr Computer- oder IT-Schulungen bekommen? Würde ich damit automatisch sagen, dass alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit einem Computer nichts anfangen können? – Nein. Das geht auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kreuzer hat seine eigene Presseerklärung im nächsten Satz schon wieder relativiert. Er hat gesagt, dies sei ein Angriff gegen den öffentlichen Dienst; es würden doch schon Schulungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst angeboten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Da widerspricht er sich!)

Somit hat er sein Argument selbst entkräftet. – Wir wollen in der Bildung eine Sprachbegleitung in allen Schulfächern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Lebenswirklichkeit sieht nicht so aus, dass wir nur Einser-Schülerinnen und -Schüler haben. Die Eltern können nicht mehr zu 100 % dahinter sein.