Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, haben weder den Gestaltungswillen noch die Gestaltungskraft, um alte Zöpfe abzuschneiden und damit eben wichtiges Neues entstehen lassen zu können.
Wir hingegen fragen zuerst: Was kann der Staat leisten, was muss er leisten, und was ist die staatliche Aufgabe? Das sind die Fragen. Deswegen schichten wir auch innerhalb des Haushaltes um, insgesamt 1,6 Milliarden Euro zugunsten von Energiewende, Klima, der Zukunft unserer Kinder und der Mammutaufgabe Inklusion, wobei Inklusion eigentlich gar keine Mammutaufgabe ist; denn mehr Teilhabe bereichert uns alle. Sie bereichert die Gesellschaft. Sie würde auch Sie bereichern. Aber man muss die Inklusion wirklich wollen, und man muss konsequent handeln.
Bei Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren der CSU, bleibt es bei politischer Rhetorik und haushaltspolitischer Kosmetik. Vor einem Jahr stand Ihr Ministerpräsident hier und gab große Versprechungen, die keineswegs durchfinanziert, geschweige denn durchgerechnet, geschweige denn finanziert waren. Und wenn Sie überall verkünden, dass in Ihrem Haushaltsentwurf 200 Millionen Euro in die Barrierefreiheit gesteckt wurden, nehmen Sie den Mund voll. Da haben wir genau hingeschaut und festgestellt, dass diese 200 Millionen Euro einfach Makulatur, eine Luftnummer sind.
Wenn man genau hinschaut, dann ist es sogar richtig dreist. Wir haben mehrfach nachgefragt und dann auch die Bestätigung durch das Ministerium bekommen. Es sind genau 20 Millionen Euro, die Sie in diesem Doppelhaushalt frisch in die Barrierefreiheit stecken.
Der Rest ist alter Wein in neuen Schläuchen. Es sind nicht einmal neue Schläuche, sondern Sie verkaufen einfach alles, wirklich alles, was bislang in die Behindertenarbeit gesteckt wurde, als Geld für die Barrierefreiheit, als Geld, das neu angesetzt wurde.
Wie wir inzwischen wissen, gab es offenbar einen relativ heftigen Streit im Kabinett. Es gab eine von zwei Ministerien abgestimmte Vorlage, die weit mehr Geld
verlangte und auch beantragt hat, damit man einigermaßen in die Nähe des vom Ministerpräsidenten ausgegebenen Ziels der Barrierefreiheit 2023 kommt. Doch ein Finanzminister kann meiner Meinung nach das Einkassieren einer interministeriellen Vorlage von zwei Ministerien, Sozial- und Innenministerium, nicht allein bewerkstelligen. Das muss schon mit der Rückendeckung des Ministerpräsidenten passieren.
Was heißt das konkret? - Hier steht der Ministerpräsident, macht seine Regierungserklärung und macht seine Versprechen, dass es die Barrierefreiheit 2023 in Bayern geben wird, hier vor Publikum. Dann arbeiten zwei Ministerien an dem, was der Ministerpräsident versprochen hat, und wollen es umsetzen. Er merkt dann irgendwann im Laufe der Zeit, wieviel das inklusive der kommunalen Ebene kostet und was es bedeutet. Das hat er bei der Regierungserklärung versprochen. Das ist ein Teil des Streits gewesen. Bayern inklusive der kommunalen Ebene barrierefrei zu machen, ist eben nicht zum Nulltarif zu bekommen. Dazu braucht es einen politischen Willen, entsprechend aufgeschlossenes Handeln und Geld.
Beides haben wir mit unserem Haushalt geleistet, Sie nicht. Wir haben über 100 Millionen Euro pro Jahr in die Barrierefreiheit, in die Inklusion, gesteckt. Das heißt, Ihre versprochenen 200 Millionen Euro stecken bei uns im Haushalt drin, und zwar innerhalb des Haushaltes gegenfinanziert, Herr Finanzminister.
Zweiter Schwerpunkt: Bildung. Wir investieren in diesem Doppelhaushalt zusätzlich 270 Millionen Euro. Wir sorgen innerhalb des Haushalts für eine Gegenfinanzierung. Und warum? - Weil wir ganz klar für dieses Hohe Haus feststellen müssen, dass das, was Sie vorgelegt haben, eben nicht für die Bildung unserer Kinder ausreicht. Fakt ist, dass die zusätzlichen Lehrerstellen nicht ausreichen, um die Unterrichtsversorgung in den Schulen wirklich zu verbessern. Deswegen gibt es von uns ein Paket: Unterrichtsversorgung plus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann es schier nicht mehr hören. Jedes Mal wird in der Debatte die berufliche Bildung hochgehalten. Wir als GRÜNE sollten nicht immer nur an das Gymnasium denken. Ich freue mich auch über unser duales System in Deutschland. Ich finde, es ist ein großartiges System. Tun Sie endlich etwas dafür und stimmen Sie unserem Antrag zu, Herr Steiner. Seit vier oder fünf Jahren beantragen wir jedes Mal 100 Stellen mehr für die berufliche Bildung, für die Berufsschulen, aber es passiert nichts auf Ihrer Seite.
Schwerpunkt Energiewende: Hier investieren wir zusätzliche 170 Millionen Euro. Das ist in unserem Haushaltsentwurf gegenfinanziert. Wir brauchen dieses Geld aus einem nachhaltigen, zukunftsgerichteten Haushalt. In die Energiewende zu investieren heißt, Arbeit in Bayern anzukurbeln. In die Energiewende zu investieren heißt, für die Zukunft unserer Kinder zu sorgen und uns unabhängiger von Rohstofflieferungen aus Krisenregionen zu machen.
In die Energiewende zu investieren - also endlich ordentlich Geld für die energetische Sanierung in die Hand zu nehmen - heißt, Energiekosten einzusparen. Dieses Geld, das wir durch die energetische Sanierung einsparen, haben wir bisher in unserem Haushaltsentwurf noch nicht berücksichtigt. Hier würden wir ein zusätzliches Plus verzeichnen können.
Wir sind es unseren Kindern schuldig, endlich das Ruder herumzureißen und die Energiewende voranzutreiben, die Gebäude wie den Haushalt "wetterfest" zu machen. Handeln Sie endlich! Mehr ehrliche Arbeit, weniger Blendwerk!
Generationengerechtigkeit? – Fehlanzeige! Bis zum Ende dieses Doppelhaushaltes wird die Pensionsvorsorge mit 2,1 Milliarden Euro unterfinanziert sein. Nur bei diesem laufenden Doppelhaushalt! Die geradezu panische Reaktion auf die neueste Steuerschätzung vom Herbst hat dies gezeigt. Der Kollege Thomas Mütze hat es vorhin erwähnt. Wir reden nicht von einem Einbruch der Steuereinnahmen, sondern wir reden lediglich davon, dass die Steuermehreinnahmen weniger geworden sind. Es geht um rund 800 Millionen Euro weniger Steuermehreinnahmen. Klar und deutlich noch einmal: Es werden nicht gut 5 Milliarden Euro Mehreinnahmen in die Staatskasse gespült werden, sondern lediglich 4,2 Milliarden Euro. Zusätzlich! Und schon kommt Panik auf.
Der Ministerpräsident hat gesagt, man müsse alles noch einmal überdenken. Es ist dann allerdings nicht wirklich etwas passiert, außer dass das sehr billige Rezept der Minderausgaben auf den Tisch gelegt wurde. Der Haushalt ist auf Kante genäht; er ist weder solide noch zukunftsfest. Das hat man an dieser panischen Reaktion genau gesehen.
Das liegt daran, dass Sie die Staatsausgaben seit 2008 um 37 % erhöht haben. Sie geben jeden Euro, der in die Kasse fließt, gleich wieder aus.
Ich frage mich, Herr Finanzminister: Warum so kraftlos? Ein guter Finanzminister würde einerseits nach Aufgabenkritik streichen und andererseits mehr Geld dort ausgeben, wo man Prioritäten identifiziert hat. Tun Sie das endlich! Auch in einem ganz anderen Punkt ist dieses Haushaltsgesetz längst Makulatur. Für die zweite Stammstrecke in Form der zweiten Röhre sind 1,95 Milliarden Euro angesetzt.
Bereits im Juli aber hat die Deutsche Bahn von Kosten in Höhe von 2,57 Milliarden Euro gesprochen. Heute verabschieden wir ein Haushaltsgesetz, in dem 1,95 Milliarden angesetzt sind. Welche Zahlen stimmen nun? Wie können Sie sich erklären, dass diese Stammstrecke so viel mehr kostet, als im Haushaltsgesetz ausgewiesen ist?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie endlich auf, so polemisch auf den Berliner Flughafen zu verweisen. Die zweite Stammstrecke wird seit den Neunzigerjahren diskutiert. Wirtschaftsminister Wiesheu, den ich hier nicht erleben durfte, weil ich damals noch nicht Mitglied des Hohen Hauses war, hat vor zehn Jahren gesagt: Die Stammstrecke kommt. Sie sollte vor vier Jahren bereits fertig sein. Also in der Vergangenheit! Er wollte sie 2010 eröffnen. Der jetzige bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann rechnete mit dem frühestmöglichen Baubeginn Ende 2013. Wo stehen wir jetzt? Weder der Baubeginn geschweige denn die Fertigstellung ist in Sicht.
Eigentlich muss man sagen, das ist gut so; denn käme die zweite Stammstrecke in Form eines Tunnels, könnte kein anderes Projekt in irgendeiner Region Bayerns finanziert werden. Da wundert mich schon, dass die restlichen CSU-Abgeordneten sich das gefallen lassen.
Mit diesen geplanten Stammstreckenmitteln blockieren Sie die Haushaltsreste seit mehr als zehn Jahren für andere, sinnvollere Maßnahmen. Es geht nichts voran, vor allem nicht für die Pendlerinnen und Pendler in und um München. Wir wollen, dass endlich etwas passiert. Also gehen Sie an eines der Alternativprojekte heran!
Im Haushaltsausschuss haben wir lange und intensiv getagt. Herr Peter Winter, vielleicht können Sie an dieser Stelle einmal kurz zuhören, denn jetzt kommt ein Lob.
Es gab viel Arbeit, besonders auch für Frau Fecke und Frau Bereczuk, aber auch für das übrige Team im Ausschussbüro. Vielen herzlichen Dank dafür. Dank auch dem Vorsitzenden Peter Winter und seinem Stellvertreter Volkmar Halbleib. Vorsitzender Winter hat die Sitzungen meist sehr souverän geleitet. Ich sage meist; denn es war etwas anders, als ein Mitglied aus seiner Fraktion einmal ausscherte und sich nicht so verhielt, wie erwartet wurde. Bei den Beratungen über den Bildungshaushalt hatte er kurz einmal die Contenance verloren, obwohl das Ausscheren der Kollegin ein ganz normales, demokratisches Prozedere war.
Nicht ganz so demokratisch ist Ihr Umgehen mit der sogenannten Fraktionsreserve, dem eigentlichen "Spielgeld" der Fraktion. Was Sie damit machen, ist eine Vermischung von Exekutive und Legislative. Das entspricht keineswegs der Gewaltenteilung. Wir, der Landtag, sind der Geldgeber. Das ist unser Königsrecht. Ich finde, Sie sollten sich und uns damit nicht so kleinmachen. Hören Sie endlich auf, von Fraktionsreserve zu sprechen! Diese Mittel sind keine Reserve der Fraktion, sie sind das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und ein Bestandteil des Haushalts.
Vor allem wünsche ich mir, dass Sie endlich den Landtag respektieren und sich nicht schon, bevor wir den Haushalt beschlossen haben, in der Region für diese Kleinstsummen feiern zu lassen, indem Sie davon reden, dass eine Finanzierung durch die Fraktionsreserve gesichert sei. Es heißt in den Erläuterungen zu Kapitel 13 03 Titel 893 06 "Verstärkung von Investitionsmaßnahmen": "Die Mittel sollen erst im Rahmen der Haushaltsberatungen auf konkrete Maßnahmen verteilt werden."
Sie als CSU verleiben sich diese 50 Millionen ein und suggerieren, dass das Geld Ihnen gehöre. Wenn schon, dann ist das eine Landtagsreserve.
Zurück zur Danksagung. Ich will mich vor allem auch bei meiner Fraktion bedanken, die stets den ganzen Haushalt im Blick hatte. Wir haben solide gehaushaltet und die solide Gegenfinanzierung immer im Auge behalten. Vielen Dank!
Ein Wort nun zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Was haben wir bisher erlebt? – Einen polternden Finanzminister, der manchmal die politischen Gremien hier im Hohen Haus, manchmal auch den Ausschuss mit einem Bierzelt verwechselt hat. Wir erlebten einen Finanzminister, der sich schon einmal mit
seinen Forderungen außerhalb des Grundgesetzes bewegt hat, indem er sagte, Bayern dürfe künftig lediglich 1 Milliarde Euro und keinen Cent mehr beim Länderfinanzausgleich leisten. Herr Minister, auch wenn es Ihnen schwerfällt, das endlich anzuerkennen: Das System des Finanzausgleichs hat nichts mit den Zahlungen eines Landes zu tun, auch nicht mit Bobby-Car oder Maxi-Cosi-Geschenken. Lieber Herr Finanzminister, es hätte Ihnen gut angestanden, den Fehler einzugestehen, statt heute von Lätzchen zu reden, die das Rathaus Neu-Kölln verteilt. Es hat definitiv nichts mit den Ausgaben eines Landes zu tun, sondern lediglich mit den Einnahmen. Ich habe gehofft, die Reise nach Berlin hätte einen Erkenntnisgewinn für den Finanzminister gebracht. Dem war nicht so, aber egal. Es hat dazu geführt, dass wir letzte Woche im Ausschuss einen kleinlauteren Finanzminister beobachten konnten, auch wenn wir da immer noch nicht von einem konkreten Konzept gehört haben.
Eines ist klar – das wollen wir alle hier im Hohen Hause, und das haben wir mehrfach betont: Der Länderfinanzausgleich muss einerseits reformiert werden, und Bayern muss und sollte entlastet werden. Nehmer- wie Geberländer müssen einen größeren Anreiz haben, Steuern einbehalten zu können. Bayern muss seine Steuerverwaltung endlich besser ausstatten und darf sie nicht wissentlich unterbesetzt lassen.
Andererseits müssen eben die Nehmerländer mehr Interesse haben, Einnahmen zu generieren. Aber es reicht nicht, wie im Bierzelt zu poltern oder eine Klage einzureichen à la "ich will aber" und vielleicht noch mit dem Fuß aufzustampfen. Man sollte vielmehr in Verhandlungen eintreten und die anderen Verhandlungspartner ernst nehmen. Im Grunde sind wir uns einig: Oberstes Prinzip muss sein, solidarisch mit den anderen Ländern zu sein. Das steht im Grundgesetz, das steht aber auch in der Klage, die Sie eingereicht haben. Ich kann es hier noch einmal klar und deutlich sagen, nachdem ich vorhin schon indirekt angesprochen wurde: Ziehen Sie die Klage endlich zurück und machen Sie den Weg frei für Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe und partnerschaftliche Verhandlungen.
Denn was passiert mit einer Klage? Sie haben im Ausschuss gesagt, Herr Söder, Sie rechnen im Frühjahr mit einer ersten mündlichen Verhandlung in Karlsruhe. Doch ein Konzept wird Karlsruhe nicht vorlegen. Das wird, sollte und darf auch nicht heraus
kommen, weil es nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist. Hier muss die Politik das Heft des Handelns in der Hand haben. Wir, die Politik, und Sie als Staatsregierung sollten ein Konzept vorlegen. Wir sollten neue Kriterien festlegen, wie es zu einem gerechteren Länderfinanzausgleich kommen kann.