Protocol of the Session on December 11, 2014

Was aber tat und tut die Staatsregierung? - Ich blicke kurz zurück. Der damalige Gesundheitsminister Söder hat bei einem Hearing hier im Bayerischen Landtag den Hausärzten lautstark versprochen, dass Hausarztverträge nach altem Recht kommen würden, die eine finanzielle Entlastung bringen sollten. Das war im Januar 2011, Kolleginnen und Kollegen! Das ist also vier Jahre her. Ich kürze jetzt ab. Daraufhin ist nichts passiert. Gott sei Dank hat mittlerweile der Bund die strittige Refinanzierungsklausel gestrichen. Kolleginnen und Kollegen, worauf ich hinaus möchte: Was vonseiten der FREIEN WÄHLER bei diesem ständigen Hin und Her damals vermisst wurde, war ein klares Signal der Bayerischen Staatsregierung, war ein Gesundheitsminister, Kolleginnen und Kollegen, der sich wirklich für die Belange der bayerischen Bevölkerung einsetzt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Staatsministerin, auch beim Thema Pflegekammer erwarte ich möglichst bald ein klares Signal der Bayerischen Staatsregierung.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Kein Signal, sondern eine Entscheidung!)

- Eine Entscheidung wäre mir natürlich auch lieber.

Kolleginnen und Kollegen, das Ganze ist jetzt vier Jahre her. Was ist seitdem passiert? Hat sich die Lage bei der hausärztlichen Versorgung verbessert? Damals war knapp ein Viertel der Hausärzte älter als 60 Jahre; jetzt ist es schon ein Drittel. Es müssen noch mehr Praxisnachfolger gefunden werden. Leider hat der medizinische Nachwuchs zahlenmäßig nicht im gleichen Maße zugenommen. Die Situation hat sich in diesen vier Jahren deutlich zugespitzt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Schon damals haben die FREIEN WÄHLER die Hausarztverträge nach altem Recht, eine finanzielle Förderung der Hausärzte auf dem Land, Lehrstühle für Allgemeinmedizin an allen bayerischen Universitäten und mehr Weiterbildungsverbünde gefordert. Auch letzte Woche haben wir erneut einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem wir die Lockerung des Numerus Clausus für das Medizinstudium fordern, damit tatsächlich der junge Mensch Medizin studieren kann, der anschließend auf dem Land am Patienten arbei

tet, der wirklich Arzt werden möchte und der nicht in die Forschung oder Industrie abwandert.

Ich bin auf die weiteren Beratungen im Ausschuss gespannt. Das alles dauert den FREIEN WÄHLER zu lange. Wo bleibt die vorausschauende Planung in der Gesundheitspolitik? - Die Politik kann nicht von heute auf morgen agieren. Die Altersverteilung bei den Hausärzten – bei den Fachärzten sieht es inzwischen nicht viel besser aus – ist seit Jahrzehnten bekannt, aber noch immer fehlt es an einer effektiven Strategie. Die Aktionen erschöpfen sich in befristeten Förderprogrammen. So sehr wir diese letztendlich auch begrüßen, ist das alles keine zukunftsweisende Gesundheitspolitik im Sinne der FREIEN WÄHLER.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Kolleginnen und Kollegen, wir werden den Einzelplan aus zwei Gründen ablehnen. Erstens weist der Einzelplan keine Visionen auf und blickt nicht in die Zukunft. Zweitens wurden alle Anträge der FREIEN WÄHLER abgelehnt.

Wir haben Anträge gestellt zur Umstrukturierung der Krankenhäuser im ländlichen Raum – abgelehnt. Unseren Antrag zur Förderung der Heilbäder haben wir mit konkreten Zahlen untermauert. Wir sagten nicht, die Bundesregierung möge irgendwann einmal darauf hinarbeiten. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Anträge auf Förderung der freiberuflichen Hebammen wurden ebenfalls abgelehnt, ebenso wie die Anträge zur palliativen Hospizversorgung oder zur Förderung der psychiatrischen Pflegedienste. Auch die Anträge zur Förderung der Suchtprävention – Herr Güller hat dies schon angesprochen – sowie zur Drogentherapie – Stichwort Crystal Meth – wurden abgelehnt, obwohl wir auch sie mit konkreten Zahlen unterlegt haben. Aus all diesen Gründen lehnen wir den Einzelplan ab.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Und nun noch eine Bemerkung zum gestrigen Abend. Ich hätte mich fast gegen den Willen meiner Fraktion für den Antrag der CSU auf Verlängerung der Redezeit für die CSU ausgesprochen; denn wer wirklich etwas zu sagen hat, kann auch kurz sprechen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der CSU: Der kann auch gleich aufhören!)

Und noch eine Bemerkung. Kollege Piazolo hat gestern von der Zipfelmützigkeit der CSU gesprochen. Wenn man mit deutsch-nationalen Parolen fordert, Flüchtlinge mögen zu Hause deutsch sprechen, die Maut für Ausländer fordert oder Parolen bringt wie "Wer betrügt, der fliegt", schürt Ressentiments und

schädigt damit den Spitzenstandort Bayern. Davon betroffen wäre auch die Spitzenmedizin, für die es gilt, Leute aus Australien oder aus den USA nach Bayern zu bekommen. Glauben Sie mir, solche deutsch-nationalen Töne der CSU in Bayern werden im Ausland sehr wohl gehört.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Bravo! – Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich fasse zusammen: Die FREIEN WÄHLER setzen sich ein für gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern, für leistungsstarke Kommunen und für mehr Bürgerbeteiligung. Dazu gehört eine Bedarfsplanung, die eine flächendeckende Versorgung mit Hausärzten und Fachärzten sowie eine zukunftsfähige Strategie für die bayerischen Krankenhäuser garantiert, um eine bedarfsgerechte, wohnortnahe Versorgung der Menschen in Stadt und Land sicherzustellen.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Bravo! – Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Nächster Redner: Kollege Leiner.

Sehr geehrtes Präsidium, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kühn, ich bin von Ihren Ausführungen zu TTIP zutiefst begeistert. Ich hoffe, dass vor allem die Wirtschaftspolitiker in Ihrer Fraktion genau zugehört haben, was Sie uns da gesagt haben.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Wir stehen zur Fürsorgepflicht unseres Landes Bayern, und da können Sie ganz sicher sein, dass wir GRÜNE an ihrer Seite sind. Wir sind aber gespannt – das haben wir bei der Gentechnik gesehen –, wie sich die CSU in Berlin entscheiden wird.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das wissen wir heute schon!)

Sie dürfen hier nicht so reden und in Berlin anders. Auch Herrn Pfaffmann werde ich ausdrücklich unterstützen, in diese Richtung eine gemeinsame Initiative zu starten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme nun zum Einzelplan 14 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. Um es gleich vorwegzunehmen: Viele der dazugehörigen Anträge, die im Fachausschuss gestellt wurden, waren richtig und wichtig. Deswegen haben die GRÜNEN auch vielen Anträgen

zugestimmt. Mich wundert allerdings– Herr Güller hat dies schon angesprochen –, dass unsere Anträge häufig abgelehnt wurden. Ich sage das jetzt pauschal; denn ich will die Anträge nicht im Einzelnen aufzählen. Abgelehnt wurden sie häufig mit dem Beiwort "eigentlich". Herr Imhof, ich kann mich sehr gut erinnern, dass Sie sagten, eigentlich haben Sie recht, Herr Leiner, eigentlich stimmen wir Ihnen zu. Warum haben Sie dann bei der Abstimmung im Ausschuss unseren Anträgen doch nicht zugestimmt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Jahr haben wir jetzt das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Da können wir schon einmal fragen, was es uns gebracht hat. Richtig ist, dass sich viele Dinge in Berlin abspielen, die wir deshalb nur über unsere Ministerin Frau Huml beeinflussen können. Wir müssen mit diesen Entscheidungen leben. Aber wir halten diese Entscheidungen oft, zum Beispiel in Bezug auf das Pflegestärkungsgesetz, für nicht ausreichend. Wir hoffen, dass da nachgebessert wird. Auch bei der Krankenhausfinanzierung hoffen wir auf eine Nachbesserung. Wir sind auch mit vielen anderen Dingen nicht einverstanden. Frau Ministerin, Sie müssen ihre Hausaufgaben vor Ort erledigen. Und da fehlt es weit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seit dem Jahre 2008 warten wir auf die beschlossenen Pflegestützpunkte. 8 sind es heute; 60 sollten es sein. Wenn Sie die Mittel in Höhe von 2,4 Millionen dafür nicht im Haushalt bereitstellen – dies fordern wir –, werden diese Stützpunkte auch nicht kommen.

Auch die Einrichtung einer Pflegekammer wurde bereits angesprochen. Herr Söder ist leider nicht da; im Jahr 2011 war die Gesundheit in seinem Ressort angesiedelt. Er hat damals gesagt, die Pflegekammer werde eingeführt. Seitdem warten wir auf die Pflegekammer. Es gab für deren Einrichtung eine Umfrage, die uns heuer zugänglich gemacht wurde. Danach hat sich die Mehrheit der Pflegenden eindeutig für eine solche Pflegekammer ausgesprochen. Auch wenn es nur eine kleine Mehrheit ist, waren doch über 50 % dafür. Die CSU wäre doch froh, wenn sie einmal 50 % hätte. Die Pflegekammer muss also dringend kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch gibt es noch immer keine Ausbildungsumlage. Das war ein besonderes Stück im Ausschuss. Wir haben im Februar diese Ausbildungsumlage verlangt, haben dann aber unseren Antrag zurückgestellt, weil für Mai ein Gutachten zugesagt worden war, in dem evaluiert werden sollte, ob wir Pflegekräfte brauchen.

Das war nahezu lächerlich; denn jeder, der sich in der Pflege auskennt, weiß, dass wir Pflegekräfte brauchen. Jeder weiß, dass in unseren Pflegeeinrichtungen "auf Kante" gepflegt wird. Der Notstand dort ist sehr groß. Dafür brauchten wir keine Umfrage.

Das Schlimme war dann, dass uns das Ergebnis der Umfrage erst im Oktober zugeleitet wurde. Das Verfahren war mehr als schändlich. Unser Antrag wurde ebenso wie der gleichlautende Antrag der SPD im Ausschuss abgelehnt mit der Begründung, dass wir keine Ausbildungsumlage fordern dürften, sondern darum bitten sollten. So etwas macht die Opposition nun wirklich nicht mit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gott sei Dank haben Sie immerhin das Schulgeld für die Altenpflegeschulen abgeschafft. Das war eine unselige Geschichte. Wenn sich die Opposition damals nicht so für die Abschaffung eingesetzt hätte, hätten wir dieses Schulgeld heute noch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Problem, das Kollege Güller auch schon angesprochen hat, ist die Erhöhung der Vorgaben des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes. Diese Vorgaben erschweren eine weitere Ertüchtigung unserer gesamten Einrichtungen. – Ich sage jetzt mit Fleiß nicht "stationäre Einrichtungen"; denn viele Pflegeeinrichtungen sind inzwischen umfassender. Um die neuen Anforderungen erfüllen zu können, brauchen wir dringend Investitionskostenzuschüsse für die Refinanzierung des zusätzlichen Sanierungsbedarfes in unseren Einrichtungen.

Im Jahr 2005 wurden diese mit der Begründung abgeschafft, dass wir über zu viele Pflegeplätze verfügen. Das war damals richtig. Aber was damals richtig war, ist heute falsch. Wir fordern, dass sich der Freistaat wieder an der Finanzierung der baulichen Investitionen beteiligt. Das ist dringend notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir alle müssen viel zur Stärkung der Pflege tun. An dieser Stelle haben wir kein Erkenntnisproblem. Meine Damen und Herren, wir haben ein Umsetzungsproblem. Das Umsetzungsproblem ist das zentrale Problem dieser Ihrer Regierung, Frau Huml,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und zwar auch deshalb, weil die Krankenhäuser den größten Teil ihrer Investitionen aus Eigenmitteln finanzieren müssen.

Wahr ist auch, Sie haben die Unterstützung bei der Finanzierung der Häuser auf 500 Millionen Euro erhöht. Das ist richtig. Aber wir waren auf einem Stand von 430 Millionen Euro, und das war der niedrigste Stand; im Jahr 2002 waren es noch 613 Millionen Euro. Die Krankenhausumlage muss dringend erhöht werden. Der Zuschuss für die Investitionen der Krankenhäuser muss dringend erhöht werden. Wir haben das in einer maßvollen Größenordnung von 8 Millionen Euro mehr verlangt. Darüber hinaus werden wesentliche Dinge nicht mehr in den Investitionskostenzuschuss mit einbezogen: Die Apotheken, die Küchen, die Außenanlagen der Kliniken werden nur noch begrenzt vom Freistaat gefördert. Genau auf diesem Betrag bleiben die Kommunen sitzen. Wenn sie das aus dem laufenden Betrieb zu refinanzieren haben, dann haben diese Häuser die Not in der Pflege. Man spart an Personal, man sieht keine andere Lösung. So haben die Krankenhäuser ihre Not, und die ist mit verursacht durch die Kürzung der Mittel beziehungsweise durch die Nichtausstattung mit Mitteln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN wollen nicht warten, bis eine Reform des Vergütungssystems auf Bundesebene durchgesetzt wird. Wir wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Probleme, die wir auf Landesebene beeinflussen können, angegangen und gelöst werden. Das ist unsere Pflicht.