Protocol of the Session on December 11, 2014

Für mich war das bemerkenswert und erschütternd. Ich war damals noch Bürgermeister in meiner Heimatgemeinde – das ist schon über 15 Jahre her und war zuzeiten von Bundeskanzler Schröder –, da gab es einen parteilosen – nicht parteifreien – Bundeswirtschaftsminister Müller, und es wurde ein erster massiver, lobbygetriebener Vorstoß zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung unternommen. Damals sind wir Bürgermeister und Werkleiter aus ganz Bayern parteiübergreifend nach Iphofen in Franken gefahren, um mit einer massiven Demonstration klarzumachen, dass wir das nicht wollen. Damit war das Thema vorläufig erledigt.

Nach Monaten habe ich einen Bekannten im Ministerium angerufen und gefragt: Können wir davon ausgehen, dass das erledigt ist? Antwort: Innenpolitisch in Deutschland – ja, aber sei versichert, das Thema Trinkwasser ist noch viel wichtiger als das Thema Öl in den letzten 100 Jahren. Über den Umweg Europa wird das wieder kommen.

Bei der letzten Runde haben wir ja vor Kurzem erlebt, dass gerade noch die Notbremse gezogen werden konnte. Herr Pfaffmann, unsere Position ist klar. Ich denke, wichtig ist, dass Sie mit dem Bundeswirtschaftsminister an der Spitze – und das meine ich jetzt ganz ernst, jenseits aller parteipolitischen Betrachtungen –

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

auch aus Ihrem Verständnis als sozialdemokratische Partei heraus niemals etwas vorlegen, das diese Dinge infrage stellt.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Da können Sie versichert sein!)

Ich bin der Meinung, wir brauchen jetzt keine Resolutionen irgendwelcher Art mehr; die haben wir zuhauf.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Macht der Bayerische Ministerpräsident das auch im Bundesrat?)

Davon bin ich persönlich überzeugt. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel. Das war bisher auch immer die Position der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt bitte ich den Kollegen Harald Güller zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, Kolleginnen und Kollegen! Am Dienstag durfte die stellvertretende Ministerpräsidentin die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten verlesen und hat gesagt oder vorgelesen: Haushalt ist unser Kursbuch für die Zukunft.

Wenn der Haushalt Ihr Kursbuch für die Zukunft ist und wir uns dieses Kursbuch im Bereich Gesundheit und Pflege anschauen, um zu sehen, welche Richtungen und Geschwindigkeiten es vorgibt, dann ist leider festzustellen, dass es viele falsche Weichenstellungen gibt und dass Verspätungen schon im Plan vorgesehen sind. So manches Thema ist inhaltlich gleich ganz am Bahnhof stehen geblieben. Das darf ich an einigen Beispielen festmachen.

Thema Familienpflege: Verspätung schon eingeplant. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass die Haushaltshilfen bzw. die Familienpflege ein ganz wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der Familienförderung in Bayern sein muss. Sie stellen dafür auch Gelder zur Verfügung – allerdings nur halbherzig – und erhöhen um 100.000 Euro.

Wir als SPD-Fraktion schlagen eine zusätzliche Erhöhung um 90.000 Euro vor, damit man die Lücke zwischen den von den Primär- und Ersatzkassen gezahlten Stundensätzen von 21 oder 22 Euro und den tatsächlichen Kosten in Höhe von 35 Euro eher schließen kann.

(Beifall bei der SPD)

Sie, Kolleginnen und Kollegen der CSU, lehnen diesen Antrag im Ausschuss ab.

Thema ambulante Wohnprojekte – auch hier: Verspätung bereits im Kursbuch eingeplant. Ambulante Wohnprojekte und Betreuungsformen werden in Sonntagsreden immer hochgehalten. Wir brauchen andere Formen der Betreuung. Wir müssen es den Menschen ermöglichen, in ihrem Wohnviertel zu bleiben. Wir müssen dafür sorgen, dass Pflege auch dort möglich ist.

Im Haushalt findet man einen mickrigen Ansatz. Sobald wir diesen Ansatz erhöhen wollen, erhalten wir mitfühlende Worte im Ausschuss, dass das leider nicht in die Gesamtkonzeption des Haushalts hineinpasst. Es passt schon in diese Gesamtkonzeption hinein, fast 100 Millionen Euro für einen G7-Gipfel auszugeben. Es passt schon hinein, dass allein in der

Staatskanzlei drei Millionen Euro für die Öffentlichkeitsarbeit und die Empfänge am Rande des G7-Gipfels verbraten werden. Aber wenn es darum geht, 2,5 Millionen Euro für ganz Bayern, für die Pflegebedürftigen und unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger einzuplanen, fällt Ihnen nur die Ablehnung unseres Antrags ein.

(Beifall bei der SPD – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Sehr gut!)

Zur Modernisierung der Altenpflegeeinrichtungen: Zuletzt gab es hierfür im Doppelhaushalt 2003/04 Investitionszuschüsse. Es gab dann verschiedene Gründe zu sagen, nein, diese sind ab dem Jahr 2005 nicht mehr notwendig. Nur müssen Sie zur Kenntnis nehmen: Die Situation in diesem Bereich hat sich grundlegend geändert. Bei bestehenden Pflegeeinrichtungen ist ein riesiger Investitionsstau entstanden. Wir müssen insbesondere zum Beispiel beim Thema energetische Sanierung eine Menge tun. Wenn der Freistaat hier den Trägern nicht helfend zur Seite steht, werden die zu Pflegenden als Bewohner der Einrichtungen durch erhöhte Pflegesätze die Zeche zahlen müssen.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle muss der Freistaat massiv eingreifen. Sie lehnen dagegen unseren Antrag ab und bringen den Zug erst gar nicht auf den Weg. Das ist für die Zukunft fahrlässig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Dann gibt es in Ihrem Haushalt Verbindungen, deren Wiederaufnahme Sie völlig übersehen haben. Sie haben sie gestrichen. Ich erinnere an das Thema Crystal Meth und Suchtbekämpfung. Wie groß waren im April dieses Jahres die Pressemitteilungen der CSU und auch des Ministeriums: Wir stellen 500.000 Euro zusätzlich zur Verfügung, um Projekte anzuschieben! Wenn man in den Haushalt hineinschaut, sieht man: Diese Verbindung wurde schlicht und einfach vergessen. Sie haben das Geld, das Sie dieses Jahr erst im Nachtragshaushalt bewilligt haben,

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

für den Doppelhaushalt 2015/2016 überhaupt nicht mehr eingestellt. Sie haben diese Verbindung komplett verpennt, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD)

Und wenn die SPD mit ihrem Antrag darauf aufmerksam macht, lehnen Sie diesen Antrag auch noch ab.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Hauptsache, es ist in der Zeitung gestanden. Passt doch!)

Danach sorgen Sie für eine abenteuerliche Begründung: Im Jahr 2015 brauchen wir gar nicht mehr Geld, wir können die angestoßenen Projekte aus anderen Mitteln finanzieren. Das heißt, Sie haben keine Projekte angestoßen, Kolleginnen und Kollegen. Es ist in diesem Bereich ein schweres Versäumnis vonseiten der CSU, nur Presseerklärungen zu machen und nicht zu handeln.

(Beifall bei der SPD)

Weil es ja gar nicht geht, einen Oppositionsantrag anzunehmen, schreibt man lieber ab, greift das Thema Crystal Meth in einem Nachtragshaushaltsantrag der CSU auf und wählt eine abenteuerliche Finanzierung, indem man Personalstellen aus dem Landgerichtsärztlichen Dienst in das Gesundheitsministerium umsetzt. Dort spart man dafür die Stellen für Infektiologie, also das, was wir für die Seuchenbekämpfung brauchen, ein und sagt, dafür stellen wir 406.000 Euro für Crystal-Meth-Suchtbekämpfung ein, allerdings erst im Jahr 2016. Das ist unseriös, Kolleginnen und Kollegen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD)

Darum werden Sie heute noch einmal über diesen Antrag betreffend Crystal Meth abstimmen. Klaus Adelt kümmert sich um das Thema für unsere Fraktion genauso intensiv wie Kathrin Sonnenholzner.

Ich darf noch einen anderen Antrag ansprechen: Das Thema Schuleingangsuntersuchung. Herr Kühn, danke, dass Sie es angesprochen haben. Die SPD hat letztes Jahr hierzu einen Antrag eingebracht. Wie sagte die Kollegin im Ausschuss so schön zur Ablehnung unseres Antrags: Ihr sei nicht bekannt, dass es im Bereich der Schuleingangsuntersuchungen Probleme gebe. Ja, Frau Kollegin Dettenhöfer, so kann man sich irren. Ein Jahr später kommt selbstverständlich ein Antrag der CSU, wir müssen dringend etwas bei den Schuleingangsuntersuchungen ändern. Danke für dieses Plagiat, liebe CSU. Aber das nächste Mal stimmt doch unserem Antrag ein Jahr vorher zu! Das wäre für die Verbindung besser und schneller.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Kolleginnen und Kollegen, auch ich danke natürlich allen Kollegen. Und wie gut wir zusammengearbeitet haben! Kollege Kühn, Sie haben viele unserer Anträge positiv begleitet, um dann immer am Schluss in den Tisch zu schauen und zu sagen, ja, aber zustimmen werden wir an dieser Stelle nicht.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es immer!)

Noch besser wäre die Zusammenarbeit, wenn Sie die Größe hätten anzuerkennen, dass andere Fraktionen in diesem Haus gute Ideen haben, die es lohnt weiterzuverfolgen, und wenn Sie nicht immer erst ein Jahr später einen Antrag nachschieben würden.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Insgesamt betonen Sie immer, wie toll es uns in Bayern geht, wie schön wir es haben und wie viel Geld da ist. Sie bleiben mit diesem Haushalt, mit diesem Kursbuch in Pflege und Gesundheit weit, sehr sehr weit hinter den Möglichkeiten dieses Freistaats zurück. Dieser Freistaat und seine Bürgerinnen und Bürger, aber ich sage ausdrücklich auch die Mitarbeiter des Ministeriums, die Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern und, ich würde sogar sagen, auch die Ministerin haben den hier vorgelegten Murks nicht verdient. Zurück zur Planungsphase! Wir werden diesen Haushalt ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Ich bitte nun Herrn Dr. Vetter zum Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir FREIE WÄHLER stehen für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern, für leistungsfähige und finanzstarke Kommunen und für mehr Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

An diesen politischen Zielen haben wir auch die Änderungsanträge zum Entwurf des Doppelhaushalts 2015/16 ausgerichtet. Unserer Meinung nach hat der Entwurf der Staatsregierung nämlich einiges an Verbesserungspotenzial.

Kolleginnen und Kollegen, die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung mit Haus- und Fachärzten ist unabdingbar für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern. Ohne einen Hausarzt und Facharzt vor Ort ist das Ausbluten des ländlichen Raumes irgendwann nicht mehr zu vermeiden. Kolleginnen und Kollegen, inzwischen sind 33 % der Hausärzte älter als 60 Jahre. Es ist also absehbar, dass in den kommenden Jahren eine erhebliche Anzahl an Hausärzten ihre Praxis aus Altersgründen aufgeben werden. Die Nachbesetzung ist in vielen Regionen Bayerns unsicher.

Schon heute beginnt in unseren Kommunen in den Landkreisen ein Wettbewerb um Ärzte; denn nach dem Motto "Ärzte weg, Menschen weg" fürchten die Kommunen berechtigterweise um ihre weitere Entwicklung, Kolleginnen und Kollegen.

Was aber tat und tut die Staatsregierung? - Ich blicke kurz zurück. Der damalige Gesundheitsminister Söder hat bei einem Hearing hier im Bayerischen Landtag den Hausärzten lautstark versprochen, dass Hausarztverträge nach altem Recht kommen würden, die eine finanzielle Entlastung bringen sollten. Das war im Januar 2011, Kolleginnen und Kollegen! Das ist also vier Jahre her. Ich kürze jetzt ab. Daraufhin ist nichts passiert. Gott sei Dank hat mittlerweile der Bund die strittige Refinanzierungsklausel gestrichen. Kolleginnen und Kollegen, worauf ich hinaus möchte: Was vonseiten der FREIEN WÄHLER bei diesem ständigen Hin und Her damals vermisst wurde, war ein klares Signal der Bayerischen Staatsregierung, war ein Gesundheitsminister, Kolleginnen und Kollegen, der sich wirklich für die Belange der bayerischen Bevölkerung einsetzt.