Protocol of the Session on December 2, 2014

Wir sollten nicht einer Entwicklung Vorschub leisten, die die 8,50 Euro zu einer Regel werden lässt.

(Angelika Weikert (SPD): Wer will denn das?)

Deswegen ist es mir wichtig, den Zusammenhang zwischen dem gesetzlichen Mindestlohn und der Allgemeinverbindlichkeit herzustellen.

Wir sollten alle Bemühungen und Bestrebungen unterstützen, auch wenn die Wirtschaftsexperten jede Woche eine andere Meinung haben. Da bin ich auf Ihrer Seite und auf der Seite der Gewerkschaften. "Guter Lohn für gute Arbeit" muss die entscheidende Maxime sein. Deswegen sind finanzielle Verbesserungen im Arbeitnehmerbereich nicht zwangsläufig nur eine Kostenbelastung für die Betriebe, sondern sie sind vor allen Dingen ein Beitrag dazu, dass die Ar

beitnehmer motiviert sind und der soziale Frieden in unserem Land verbessert wird.

Ein Konfliktpunkt in diesem Bereich ist der Vollzug oder die Umsetzung eines Vergabegesetzes. Dieser Bereich ist ja sehr häufig die Grundlage für Tarifverträge, die auch an öffentlichen Tarifverträgen orientiert sind. Da aber gibt es keine Lohn- und Vergütungsstrukturen unter 8,50 Euro. Das muss man in diesem Zusammenhang sehen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir alles tun, damit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Einvernehmen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern so gestaltet werden, dass der wirtschaftliche und der soziale Fortschritt sowohl den Unternehmen als auch den Arbeitnehmern zugutekommen. Dann müssen wir die Diskussion über einen gesetzlichen Mindestlohn nicht in so vielen Bereichen führen, weil die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mehr erhalten. Ich sage, ein gesetzlicher Mindestlohn ist gut; besser aber ist, wenn die Tarifparteien zu einer vernünftigen und guten Einigung kommen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Unterländer. Nächste Wortmeldung für die Fraktion der FREIEN WÄHLER: Herr Kollege Häusler. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion fordert "Mindestlohn in Bayern konsequent umsetzen: Guter Lohn für gute Arbeit!" Wenn ich das genau interpretiere, komme ich zum Schluss: Das ist eigentlich eine Provokation, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist ein Mindestlohn kein guter Lohn für gute Arbeit; das muss man ganz klar sagen. Wenn zum anderen von einer konsequenten Umsetzung in Bayern gesprochen wird, muss man darauf hinweisen, dass diejenigen, die ihn mitbeschlossen haben, jetzt im Bayerischen Landtag fordern, zur Umsetzung oder auf den Weg zu kommen. Das konterkariert vieles, was in der Großen Koalition in Berlin auf den Weg gebracht wurde.

Wer die beiden Vorredner gehört hat, kann den Eindruck haben, dass das bedeutendste Reformvorhaben der letzten Jahre auf den Weg gebracht wurde. Dann hat aber nur ein Partner Beifall geklatscht, und der andere hat sich zurückgehalten. Da kann doch das Reformvorhaben in dieser Koalition in dieser Dimension nicht von beiden ernst gemeint gewesen sein.

Wenn ich die Angelegenheit rekapituliere, stelle ich fest, dass der Freistaat Bayern dem Mindestlohn erst

am 11. Juli 2014 im Bundesrat zugestimmt hat. Das ist weniger als ein halbes Jahr her. Heute befassen wir uns damit, dass sich die beiden Autoren des gemeinsamen großen Werkes nicht mehr zu ihrer Urheberschaft bekennen. Das haben wir vorher an den beiden Wortbeiträgen ganz klar gespürt. Das ist ein Armutszeugnis nicht der Bundesrepublik, sondern der sie tragenden Regierung. Großartige, jahrelang diskutierte Gesetzesvorhaben, die auf den Weg gebracht worden sind, werden so unterschiedlich ausgelegt, dass für uns im Bayerischen Landtag Handlungsbedarf besteht, dies zusammen zu organisieren. Frau Kollegin Weikert hat sogar den Freistaat aufgefordert, die Gesetze einzuhalten, die er mitbeschlossen hat. Das ist fast ein Stück weit Perversität; das muss ich ganz klar sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das kann doch nicht ernst gemeint gewesen sein. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass der Freistaat seine Gesetze einhält. In diesem Mindestlohngesetz ist alles festgeschrieben, zum Beispiel in § 19 der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Wir als Fraktion der FREIEN WÄHLER haben den Mindestlohn bereits seit Jahren gefordert; denn wer voll arbeitet, soll davon leben können. Das war bisher Konsens. Wer voll arbeitet, soll davon leben können.

(Angelika Weikert (SPD): Warum haben Sie sich dann bei den Abstimmungen immer enthalten?)

Die FREIEN WÄHLER haben sich deshalb enthalten, weil dieses Gesetz – das haben wir in den beiden Vorträgen gehört – Murks ist. Dieses Gesetz ist insofern Murks, als es von den Koalitionären gar nicht gemeinsam vernünftig ausgelegt werden kann. Wir haben gesagt: Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn. Wir stehen dazu. 8,50 Euro sind in München aber eine Zumutung. Mit 8,50 Euro kann man die Miete nicht bezahlen – von wegen: davon leben können. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. München und die Uckermark sind zwei verschiedene Paar Stiefel.

(Zuruf von der SPD: Mindestlohn! Einheitslohn!)

Selbstverständlich vom Mindestlohn. Wir FREIE WÄHLER haben gesagt, dass der Mindestlohn branchenspezifisch und auch regionenspezifisch in Zusammenarbeit und in Einklang mit den Tarifpartnern auf den Weg gebracht werden muss. Das ist der Unterschied.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Man merkt an den Zwischenrufen den Unmut darüber, dass man mit seinem eigenen Gesetzeswerk nicht klarkommt.

(Zuruf von der SPD)

Auf der einen Seite bestehen Bedenken, auf der anderen Seite stehen aber die Umsetzungsforderungen. Das ist die momentane Situation.

Ich und viele andere aus diesem Haus waren in den letzten Wochen bei Handwerksbetrieben zu Gast. Von den Handwerksbetrieben ist keiner gegen den Mindestlohn, sondern sie sind gegen die überbordende Bürokratie, gegen die Dokumentationspflichten, mit denen man teilweise auch kriminalisiert werden kann. Die Umsetzbarkeit und die Realisierbarkeit des Mindestlohns sind doch entscheidend.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sagen Sie doch endlich einmal, was Sie wollen!)

Herr Kollege Kreuzer, wir wollen die Regionalisierung und den branchenspezifischen Ansatz. Dies muss von der Leitliniendebatte wegführen. 8,50 Euro bundesweit von Garmisch bis nach Flensburg, das kann in dieser Form nicht sein. Wir müssen auch mit den Betroffenen sprechen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Also sind Sie gegen den Mindestlohn?)

Nein, wir sind dafür. Sie können nicht einmal zuhören. Wir sind dafür! Wir haben gesagt, dass 8,50 Euro in verschiedener Hinsicht nicht ein Mindestlohn, sondern sogar ein Dumping-Lohn sind. Wir haben unterschiedliche Lebensverhältnisse und Lebenshaltungskosten. Diesen sowie den gegebenen Marktverhältnissen müssen wir uns ein Stück weit anpassen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Mindestlohn heißt Mindestlohn, weil er das Mindeste ist!)

Herr Kollege, und ich muss jetzt dafür sein, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Kolleginnen und Kollegen, ich darf zum Schluss kommen und noch einmal darauf hinweisen, wie wichtig es ist, diese Regelungen mit den Betroffenen zu treffen. Ein deutschlandweit einheitlicher Mindestlohn von 8,50 Euro stellt hinsichtlich der Sozialverträglichkeit den untersten Level dar. Das akzeptieren wir so nicht, weil wir glauben, dass gute Arbeit höher bezahlt werden sollte.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Deshalb heißt es auch Mindestlohn!)

Wir sprechen nicht von Höchstlohn.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Man sieht: Die Koalitionäre tun sich schwer, eigene Gesetze vernünftig zu interpretieren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin Celina. Sie ist schon bereit. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas Ruhe.

(Zuruf)

Ich habe genau in die richtige Richtung gesehen, Herr Kollege. Sie dürfen beruhigt sein. Bitte schön, Frau Kollegin.

Viele Jahre lang wurde ein Mindestlohn gefordert, und jetzt ist er endlich durch: 8,50 Euro Stundenlohn.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das hört sich doch erst einmal gar nicht so schlecht an. Da könnte man doch Hurra rufen. 8,50 Euro Stundenlohn im Monat bedeuten nur etwa 1.400 Euro brutto; so manchem Familienvater, der davon leben muss -

(Anhaltende Unruhe)

Frau Kollegin, einen Augenblick bitte. – Ich weiß, dass man viel Gesprächsbedarf hat, wenn Regierungsmitglieder anwesend sind. Führen Sie die Gespräche aber bitte nicht an der Regierungsbank. - Bitte, Frau Kollegin.

8,50 Euro Stundenlohn im Monat bedeuten nur etwa 1.400 Euro brutto im Monat; dann bleibt so manchem Familienvater, der davon leben muss, das Hurra im Halse stecken. Wenn man jetzt verfolgt, wie dieser Mindestlohn schon wieder ausgehöhlt und torpediert wird, will man nur noch Stopp rufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und zwar: Stopp, Herr Schäuble, hören Sie damit auf, den Mindestlohn zu torpedieren, und Stopp, Frau Nahles, hören Sie auf; lassen Sie das nicht einfach

geschehen. Wir alle müssen gemeinsam Stopp rufen; ansonsten verhallt der Ruf in Berlin ungehört, und das gute Gesetz zum Mindestlohn wird ausgehöhlt, und zwar schnell und gewaltig. Lassen Sie in Bayern und vor allem in Berlin nicht zu,