Protocol of the Session on November 4, 2014

Danke schön. – Jetzt bitte ich Kollegen Herbert Woerlein zum Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Auf dem Weg in mein Bürgerbüro komme ich jeden Tag an einem Schaukasten des örtlichen CSU-Ortsverbandes vorbei.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Da würde ich einen anderen Weg wählen!)

Seit einiger Zeit hängt dort ein Plakat. – Ich kann Ihnen gleich ein Kompliment machen: Ich halte das Plakat für ausgesprochen gelungen. Es zeigt eine Gruppe junger Männer und Frauen in sichtlich guter Laune in einem Biergarten. Es ist alles so, wie es sein soll; jeder und jede der Abgebildeten hat einen Bierkrug vor sich stehen. Jene, die das Plakat in Auftrag gegeben haben, halten das für landestypisch. Die Aufschrift auf dem Plakat lautet: "Bayern. Das Land".

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich bin mir sicher, dass der fröhliche Gesichtsausdruck der jungen Leute schnell nachlassen würde, wenn sie befürchten müssten, dass über Auskreuzungen der Braugerste oder des Brauweizens das vor ihnen stehende Bier gentechnisch verunreinigt wäre oder dass das irgendwann einmal der Fall sein könnte. Dank des bayerischen Reinheitsgebots und engagierter Brauer, dank einer wachsamen Öffentlichkeit und nicht zuletzt auch dank einer bayerischen Politik, die bisher geschlossen agierte und immer auf der Hut war, können die Biergartennachmittage, die sich bei diesem schönen Wetter bis in den November ziehen, in Ruhe ausklingen. Alle politischen Parteien, auch die Kolleginnen und Kollegen der CSU, haben sich gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ausgesprochen.

Wie stellen wir aber sicher, dass dies auch in Zukunft so bleibt? – Diese Frage stellen wir uns, und auch die Bierbrauer als Fachleute machen sich darum Sorgen. Insofern ist die Petition der bayerischen Brauer und Mälzer mit dem Betreff "Bayerisches Reinheitsgebot – rein ohne Gentechnik", über die wir heute sprechen, eine Aufforderung, die bei uns allen auf offene Ohren stoßen sollte.

Ich danke den Brauerinnen und Brauern, dass sie sich in der Debatte um Gentechnik zu Wort melden. Die Reinheit des bayerischen Bieres ist eines der Identifikationsmerkmale des Freistaats, auf das unsere Bürgerinnen und Bürger stolz sind und um das uns viele Menschen auf der Welt beneiden. Das Reinheitsgebot wird in zwei Jahren 500 Jahre alt; das Haus der Bayerischen Geschichte plant dazu eine Landesausstellung in Aldersbach. Es wäre ein starkes Signal, wenn der Landtag unmissverständlich klarstellen würde, dass für uns selbstverständlich auch Gentechnikfreiheit Bestandteil dieses Gebotes ist. Dazu haben wir heute die Chance.

Die Sorge der Brauerinnen und Brauer, dass dieses Reinheitsgebot über kurz oder lang in Gefahr sein könnte, ist ernst zu nehmen. Die Petition ist ein Weckruf von der Basis; sie fordert Nulltoleranz beim Saatgut, sie fordert, den Mindestabstand beim Anbau gentechnisch veränderter Organismen auf 300 Meter zu erhöhen; sie fordert, dass der zu deklarierende Vermischungsschwellenanteil auf maximal 0,1 % gesenkt wird. Außerdem wird die Staatsregierung aufgefordert, ihren Einfluss geltend zu machen, damit Deutschland in Brüsseler Gremien gegen Anbauzulassungen gentechnisch veränderter Pflanzen stimmt. All diese Forderungen sind wohlbegründet, und wir können uns ihnen anschließen.

Die Behandlung der Petition im Landtag wirft allerdings Fragen auf. Ich bin dankbar dafür, dass wir heute die Gelegenheit haben, die Entscheidung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz zu revidieren. Dieser Entscheidung lag eine Stellungnahme aus dem Umweltministerium zugrunde, die nicht in allen Punkten zufriedenstellt. Darin wird erklärt, was alles für ein gentechnikfreies Bayern getan wurde. Auf einige Fragen aber, wie nach höheren als den geltenden Mindestabständen, geht das Ministerium gar nicht ein. Generell wird so getan, als befände sich Bayern unter einer großen Käseglocke, die Gefahr einer gentechnischen Verunreinigung wäre für alle Zeiten ausgeschlossen.

Zu der Bitte der Brauer, im Getreidehandel den gegenwärtigen Anteil von 5 % risikobehafteten Fremdgetreides zu senken, sagt das Ministerium gar nichts. Die Kennzeichnungspflicht bei Vermischungen sei

laut Umweltministerium schon bisher gegeben. Es wird aber nicht gesagt, was gegen den Wunsch der Brauer spricht, die Vermischungsschwelle von 0,9 % auf 0,1 % zu senken.

Insofern können wir die Petition aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung nicht als erledigt betrachten. Zu meiner großen Überraschung hat sich die CSU im Ausschuss dieser Stellungnahme angeschlossen und erklärt, dass die Petition der Brauer unnötig sei. Weil in Bayern keine Agro-Gentechnik erlaubt sei, so heißt es dort, braucht es auch keine Petition. In der Debatte wurden die Brauer sogar schulmeisterlich beraten, sie sollten ihre Braugerste doch aus heimischen Quellen beziehen, das sei der sicherste Schutz vor gentechnischer Verunreinigung. Ich glaube, unsere Brauer und Mälzer brauchen solche Belehrungen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen draußen spüren, was leider manche hier im Haus nicht wahrhaben wollen: Es gibt auch in Deutschland Kräfte, die mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln keine oder wenig Probleme haben. Da heißt es: Gegensteuern! Wer, wenn nicht wir, könnte das tun? Der Bayerische Landtag ist ein Parlament, das der Agro-Gentechnik skeptisch gegenübersteht. Das Parlament hat Größe und Verantwortung gezeigt, als es vor einiger Zeit eine gemeinsame Linie bei der Gentechnik gefunden hat. Wir fallen dahinter zurück, wenn wir vor Problemen, wie sie die Brauer schildern, die Augen verschließen. Ob wir aber auf Dauer mit unserem Kurs Erfolg haben, hängt nicht nur von unseren Reden und Beschlüssen von gestern ab, sondern auch davon, dass wir für die Zukunft Grenzen und Leitplanken setzen. Die Brauer fordern uns dazu auf. Daher ist es nur vernünftig, wenn wir die Petition der Brauer nach § 80 Nummer 3 der Geschäftsordnung der Staatsregierung zur Berücksichtigung überweisen. Dazu bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Jetzt bitte ich den Kollegen Brückner zum Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wenn ich meine Vorredner höre, dann fällt mir bloß ein: Ist denn schon wieder Wahlkampf?

(Zurufe von der SPD: Oh! – Zurufe von den GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte zuerst die Wertschätzung der CSU-Fraktion für die Eingabe der

bayerischen Brauer zum Ausdruck bringen; denn Gentechnikfreiheit ist uns ein wichtiges Anliegen. Meine Damen und Herren von den Brauern, Sie unterstützen die Haltung der CSU-Fraktion, wenn Sie die Gentechnikfreiheit einfordern. Bier ist Bayern, und Bayern ist intakte Natur.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Warum stimmt ihr dann nicht zu? – Zurufe von den GRÜNEN: Dann stimmen Sie zu!)

Das Reinheitsgebot ist die Grundlage für unser bayerisches Bier, wie es sein soll und wie wir es haben wollen. Das wollen wir auch in Zukunft so erhalten.

Den Bierbrauern werden weiterhin genügend gentechnikfreie Ausgangsstoffe zur Verfügung stehen. In Bayern wird bereits alles dafür getan, um Bier von Gentechnik freizuhalten. Wir werden uns auch in Zukunft für die Bierbrauer einsetzen, die gentechnikfreies Bier brauen wollen.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Und für die anderen?)

Ich sehe die Feier am 13.11. in einem anderen Licht: Fünf Jahre gentechnikfreier Anbau heißt immerhin, dass Bayern fünf Jahre lang wirklich unter der Käseglocke war, auch wenn Sie es kritisieren.

Gehen wir auf die einzelnen Sachfragen der Brauer ein. Die Forderung nach Nulltoleranz bei der Vermischung von Saatgut mit GVO brauchen wir nicht mehr zu erheben; denn wir haben bereits eine Toleranz von 0,0 % bei gentechnisch verändertem Saatgut. Jedes Saatgut wird in Deutschland, also auch in Bayern, regelmäßig überprüft. Wenn im Saatgut nur ein gentechnisch verändertes Körnchen enthalten ist, wird die Partie verworfen. Diese Partie kommt also nicht in Umlauf. Das ist keine Frage.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächstes wird gefordert, den gentechnikfreien Anbau nicht durch Auskreuzung zu gefährden. Sie haben es richtig erkannt: Wir arbeiten weiterhin am Selbstbestimmungsrecht Bayerns beim Anbau gentechnisch veränderter Substanzen. Das ist der bayerische Weg, den wir erfolgreich weitergehen. Seit 2009 ist in Bayern kein Anbau von GVO, seit 2010 auch kein Versuchsanbau und somit innerhalb Bayerns auch keine Auskreuzung mehr erfolgt.

Die Forderung der GRÜNEN und der SPD nach einer Vergrößerung der Abstandsflächen nehmen wir heute zur Kenntnis. Damit fordern Sie in Bayern eine Regelung der Koexistenz. Aber wir wollen keine Koexis

tenz, wir wollen Gentechnik-Anbaufreiheit. Das ist nicht unser Weg.

(Beifall bei der CSU)

Wir diskutieren überhaupt nicht über eine Koexistenz. Wenn Sie hier über eine Koexistenz diskutieren wollen, dann diskutieren Sie auch über gentechnisch veränderten Anbau. Aber diesen wird es mit der CSU in Bayern nicht geben. Dazu stehen wir.

(Beifall bei der CSU)

Wir von der CSU bleiben dabei: Wir bewahren die Schöpfung. Wir wollen keinen Anbau gentechnisch veränderter Substanzen. Sie betreiben hier Politik, indem Sie den Menschen Angst machen.

(Zuruf von der SPD: Das ist eine Petition der Brauer!)

Sie haben die Petition in dieser Art und Weise erläutert. Wenn die Brauer größere Abstandsflächen fordern, sagen wir den Brauern: Wir wollen den gentechnisch veränderten Anbau nicht. Damit sind wir wesentlich weiter. - Wenn Sie so argumentieren, muss man Ihnen das deutlich sagen.

Dann fordert die Petition vollständige Transparenz auf allen Stufen der Wertschöpfungskette. Wir haben heute in aller Regel 0,1 % Toleranz. Diese 0,1 % gelten aber nur bei zugelassenen GVOs. Bei nicht zugelassenen GVOs haben wir sogar 0,0 %. Die 0,9 % sind eine absolute Ausnahme, wenn es technisch unvermeidbar ist. Aber dann ist derjenige, der das Nahrungsmittel in Verkehr bringt, nachweispflichtig. Diese ganz hohe Hürde reißt man also nur sehr selten. Im Übrigen kann jeder Kunde, der 0,0 % will, das Nahrungsmittel kaufen, das er haben möchte. Der Kunde bekommt diese Ware von seinem Lieferanten auf Verlangen geliefert, wenn er sie bezahlt. Wem Gentechnikfreiheit wichtig ist, dem bleibt nach wie vor die Möglichkeit – und dazu stehen wir von der CSU –, Braugerste aus gentechnikfreiem Anbau in Bayern zu kaufen. Wenn man wahrlich für Gentechnikfreiheit ist, dann braucht es diesen Schulterschluss und eine Förderung dieses Anbaus.

(Beifall bei der CSU)

Wenn man diesen Weg tatsächlich konsequent geht, hat man auch die Chance, sein Produkt als gentechnikfrei auszuzeichnen. Auch dieses Merkmal muss man in der heutigen Debatte nutzen.

Die Forderung, die Staatsregierung solle sich auf Bundesebene einsetzen, ist erfüllt; denn wir haben den Beschluss gefasst. Wir setzen da ein klares Zei

chen. Wir sind bereits dabei zu verhindern, dass Gentechnik weiterhin zugelassen wird. Damit ist unseres Erachtens die Petition gemäß § 80.4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

Vielen Dank für Ihren Wortbeitrag. Wir haben zwei Zwischenbemerkungen vorliegen, zunächst eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Steinberger.

Herr Kollege Brückner, ich hätte zwei Fragen. Erstens: Da Sie schon immer sagen, dass alles das, was der Bayerische Brauerbund e. V. oder Frau Krieger und ihre Anhänger sagen, auch die CSU möchte, frage ich mich schon, warum Sie dieser Petition nicht zustimmen können, sondern sie quasi mit einer Beerdigung erster Klasse als erledigt betrachten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Zweitens: Ich habe keine Antwort gehört auf meine Frage, was Sie tun, wenn nächstes Jahr der Mais 1507 zugelassen wird? Das passiert mit hoher Wahrscheinlichkeit, weil die Kommission immer alles zugelassen hat. Wie möchten Sie in Bayern dagegen vorgehen, dass dieser Mais angebaut wird? Ich habe von Ihnen nur einen Satz gehört, nämlich: Dann sagen wir, das möchten wir nicht. – Ich glaube aber, das wird nicht ausreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Wir diskutieren nicht nach dem Motto: Was wird sein? Aber wenn, dann, vielleicht doch. - Im Moment ist dieses Saatgut nicht zugelassen. Das ist Fakt. Wir haben in Bayern seit 2009 keinen Anbau gentechnisch veränderter Substanzen mehr.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Wir können dem Begehren nicht zustimmen, weil wir diese Sache erfüllen und unser Weg dahin ein anderer ist. Unseren Weg halten wir für richtig.

(Zuruf von den GRÜNEN: Welches ist der Weg?)