Protocol of the Session on October 15, 2014

Das schlage ich dann auf ihre Zeit drauf; denn man versteht ja sonst das Wort von Frau Schmidt nicht mehr.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist gegen die Geschäftsordnung!)

- Dann müssen Sie Ihre Fraktion dazu bewegen, dass nicht dauernd alle reinplärren, damit man auch etwas versteht; denn auch die Rednerin das Recht, hier vorne so zu reden, dass alle es verstehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön. – Ich höre seit Jahren, dass wir das beste, das modernste und das fortschrittlichste Land seien. Gehen wir das doch einmal im Einzelnen durch. Ich bin jetzt erst ein Jahr hier, aber ich kann meinen Kollegen, die vor mir da waren, nicht vorwerfen, dass es hier so etwas wie Sozialtümelei gäbe. Diese Kollegen haben sich jedoch schon 2009 und 2010 Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn man die Erstaufnahmestellen schließt, wenn die Spitzen weg sind. Es gab in den Jahren 2010 bis 2014 insgesamt 12 Anträge für ein Programm, das für den Fall aufgesetzt werden sollte, dass es mehr Flüchtlinge und größere Krisen auf der Welt geben würde. Sie haben diese Anträge einheitlich abgelehnt. Ich habe nirgendwo etwas von Ihnen zu diesem Thema gefunden.

Jetzt hat die Frau Ministerin den Auftrag, sich darum zu kümmern, und Sie boykottieren wiederum entsprechende Anträge, auch wenn sie aus dem Sozialausschuss kommen. Ich habe von Ihnen noch keine Anträge gesehen. Deshalb werden wir Ihnen die Anträge der GRÜNEN, der SPD und natürlich unseren Antrag empfehlen, damit sich endlich etwas tut. Wir brauchen jetzt sofort Hilfe.

Herr Ministerpräsident Seehofer, ich kam heute in der Früh vorbei, als Sie gerade Ihr Interview gegeben haben. Es reicht doch nicht, wenn man immer bloß redet! Da, wo ich herkomme, geht man zum Holzhacken, wenn man es warm haben will. Ich bitte sehr darum, dass irgendjemand nach irgendeiner Besprechung einmal die Ärmel hochkrempelt und irgendetwas anfängt.

In den letzten 14 Tagen wurden 300 Menschen in Zelten untergebracht. Wir sitzen hier in einem schönen warmen Raum. Vielleicht sollten wir den nächsten Krisengipfel einmal draußen abhalten, vielleicht würde es dann schneller gehen. Oder vielleicht sollten wir ihn in einer Erstaufnahmeeinrichtung abhalten, wo es dann vielleicht kalt und windig wäre. Wenn wir so untergebracht wären, würden wir vielleicht endlich etwas anfassen, und es würde möglicherweise schneller gehen.

Es gibt da eine wunderschöne Internetseite von einer Kollegin, die ich jetzt nicht zitieren will, weil sie heute nicht da ist; sie ist Kollegin von mir aus dem Sozialausschuss und Mitglied der CSU. Dabei muss es sich wohl um einen Textbaustein handeln. Bitte schauen Sie einmal alle auf Ihre Homepage, Sie haben das fast ähnlich: "Sozialpolitik zielt traditionell auf den Schutz vor Armut, Hilfe in Notlagen und die Prävention vor sozialem Abstieg." Das liegt mir am Herzen. So ähnlich oder ein bisschen anders haben Sie das alle auf Ihrer Homepage. Ich bitte Sie: Halten Sie sich daran. Setzen Sie die Prävention um, helfen Sie, die Maßnahmen pragmatisch schnell umzusetzen, oder löschen Sie das alle aus Ihrer Homepage; denn es stimmt schlichtweg nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben alle Anträge abgelehnt. Die Mitarbeiter der Sozialverbände, auch der Regierungen, der Ärzteteams arbeiten auf Hochtouren. Sie arbeiten Tag und Nacht. Ich habe das in Erlangen gesehen. Da kommen junge Leute zum Arbeiter-Samariter-Bund, und wir Politiker laufen betroffen vorbei und sagen, wir werden etwas ändern. Vier, fünf Wochen, ein halbes Jahr - es hat sich nichts geändert.

Sie haben von einem Notfallplan für den Winter gesprochen. Letztes Jahr um die Zeit hat es schon Schnee gegeben. Ich weiß nicht, wann Sie den Winter heuer eingeplant haben, ob der in diesem Haus geplant wird. Vielleicht würden Sie einem Antrag zustimmen, den Winter für den nächsten Juli zu planen. Das wäre vielleicht ein Antrag, der durchgehen würde. Ich hoffe darauf.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

- Ich habe noch Zeit. Seien Sie einfach tapfer.

Die Staatsregierung ist Antworten schuldig geblieben. Holen Sie sich bitte die richtigen Leute mit zu den Besprechungen, die das umsetzen müssen.

Meine Damen und Herren, wir fordern, unverzüglich ausreichende Kapazitäten zu schaffen. Ich habe Ihnen alle die Anträge zum Thema Asyl und Erstaufnahme mitgebracht. Wenn Sie möchten, schreiben Sie das einfach ab. Sie können es sich leicht machen: Stimmen Sie heute einfach zu.

Wir haben das Potenzial. Wir haben in diesem Land schon mehr geschafft. Ich bitte Sie: Wir haben eine ganz andere Flüchtlingsspitze hinter uns, die dieses Land auch bewältigt hat. Das waren auch keine anderen Menschen als Sie.

Christlich ist es nicht, und sozial ist es auch nicht. Der Union muss ich sagen: Ich bitte Sie, dass Sie darauf hinwirken, dass die Mitarbeiter in der BAMF aufgestockt werden. Bitte helfen Sie den Leuten. Sie haben das im Regierungsvertrag mit unterschrieben. Aber es müsste schnell sein. Vielleicht sind meine und Ihre Vorstellungen von Schnelligkeit anders. Ich wette, wenn ich einige von Ihnen fragen würde, wie viele Menschen wir da haben, die schon in Ausweichquartieren sind, und wie sie verfolgt werden, könnten Sie teilweise nicht einmal darauf antworten. Mir tut es leid für Sie, dass Sie nicht einen Schritt weitergehen können. Unsere Anträge können Sie haben, sicher auch die Anträge der Kollegen.

Bitte machen Sie mit; denn reine Interviews mit Betroffenen bringen uns alle nicht weiter. Es wäre jetzt Zeit zum Arbeiten, auch zum Zustimmen. Was Herr Söder gesagt hat – jetzt ist er leider nicht da -, diese Gelder freizustellen, wäre eine große Möglichkeit. Wir benötigen aber auch Mitarbeiter. Hier hinten sitzen einige, die haben sogar aus Versehen genickt. Die wissen ganz genau, um was es geht.

Herr Huber, ich hoffe, Sie passen weiter auf. Aber aufpassen alleine nützt nichts. Ab und zu braucht es "Bätscherl".

Das ist auch kein unanständiges Wort, das ist ein fränkisches Wort. Ich bitte Sie: Kümmern Sie sich darum.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Kollegin Schmidt, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Hofmann.

(Vom Redner nicht autori- siert) Liebe Frau Kollegin Schmidt, ich habe Sie vorhin so verstanden und möchte Ihnen die Gelegenheit geben, den Eindruck möglicherweise zu korrigieren. Es ging nicht um den fränkischen Ausdruck "Britschn"; den kennen wir miteinander schon, sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung.

Na, das kenn ich nicht. Da kenne ich niemand.

(Vom Redner nicht autori- siert) Dann ist es gut, dann sind Sie gut erzogen.

Sie haben vorhin gesagt wörtlich oder sinngemäß: Wenn die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg das erlebt hätten, was die Asylbewerber bei uns heute erleben, dann wären Sie nicht hiergeblieben, dann wären sie weitergezogen. Ich glaube, dass es absolut

unzulässig ist, die beiden Situationen auch nur annähernd miteinander zu vergleichen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Der Vergleich bringt uns im Übrigen bei der Lösung der Probleme von heute kein Stück weiter.

Wenn Sie wissen, wie damals die Flüchtlinge gelebt haben, wenn Sie wissen, wie sie sich ihr Essen auf dem Acker verdient haben und so weiter und so fort, wenn Sie das alles wissen, kann ich nicht ernsthaft glauben, dass Sie den Vergleich aufrechterhalten wollen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Wenn Sie ein Problem damit haben, kann ich das verstehen. Das muss ich einstecken.

Sie müssten auf die Anträge schauen. Wir wären auch für Arbeitsgenehmigungen. Das wäre kein Problem. Ich weiß, dass Kriege Not auslösen. Ich entschuldige mich gerne bei meiner Oma dafür. Wenn sie es verletzt, tut es mir leid. Man muss aber sagen dürfen, dass es ähnliche Zustände sind.

(Widerspruch bei der CSU)

Das ist eine Polemik, die Ihnen weh tut, aber wissen Sie, Sie haben mich auch schon getroffen. Damit muss man leben. Ich würde mich bei jedem dieser Generation persönlich entschuldigen, aber nicht bei Ihnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächsten rufe ich den Kollegen Neumeyer auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Pfaffmann, Frau Schmidt, es ist eigentlich schade: Sie machen Parteipolitik mit einem hohen gesellschaftlichen Thema. Das ist nicht nur schade, das ist auch peinlich.

(Beifall bei der CSU)

Frau Schmidt, Michael hat es gerade gesagt. Wenn Sie die Situation nach dem Krieg und jetzt vergleichen, dann ist das wirklich ein schiefer Vergleich. Vielleicht haben Sie heute Abend Zeit, den Film "Kurt Landauer" anzuschauen, der die Geschichte des FC Bayern zeigt.

Da werden Sie sehen, wie die Flüchtlinge gelebt haben, weil das ein sehr realistischer Film ist. Ich will

nur sagen, dass das eine ganz andere Situation ist. Ich würde ganz vorsichtig sein mit solchen Äußerungen.

Herr Pfaffmann, wenn Sie dem Herrn Ministerpräsidenten alles in die Schuhe schieben wollen, dann darf ich Ihnen sagen, dass die Kommunen die Aufgabe haben, die Örtlichkeiten für Unterkünfte zu suchen. Das wäre in München die Landeshauptstadt München, nicht die Staatsregierung.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Herr Rinderspacher, Sie sagen, dass die Erstaufnahmeeinrichtungen in den Neunzigerjahren geschlossen worden sind. Das liegt auch am Bayerischen Obersten Rechnungshof, der gesagt hat, wir müssen sie schließen, weil wir keine Flüchtlinge mehr haben.

(Beifall bei der CSU – Lachen des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

- Herr Pfaffmann, Sie können ruhig lachen. Das bringt kein Argument mehr. Das sind die Fakten, das sind die Tatsachen.

Ich muss Ihnen noch eines sagen. Ich bin ein bisschen in der Szene drin. Ich bin im Kabinettsausschuss. Ich muss ehrlich sagen, es wird Tag und Nacht gearbeitet.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Wird höchste Zeit!)

Ich möchte Danke sagen allen Regierungen, allen Landratsämtern, allen kommunalen Einrichtungen, die wirklich Tag und Nacht arbeiten.